Niedersächsisches FG: Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen
Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.5.2024 – 9 K 28/23
ECLI:DE:2024:0515.9K28.23.00
Volltext BB-Online BBL2024-2326-1
Amtliche Leitsätze
1. Die als Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG verstandene materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen umfasst den wesentlichen Teil seines Vermögens oder seiner Arbeitskraft, die es ihm ermöglicht, einen nachhaltigen Ertrag zu erzielen.
2. Eine Gefahr für die Existenzgrundlage und die Fähigkeit zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist jedenfalls bei der Berührung des steuerlichen Existenzminimums anzunehmen.
3. Eine Gefahr für die Existenzgrundlage und die Fähigkeit zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse ist über die Berührung des Existenzminimums hinaus auch anzunehmen, wenn der Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens des Steuerpflichtigen droht.
4. Der übliche Rahmen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG beschreibt nicht das sozialrechtlich Notwendige, sondern das innerhalb der Vergleichsgruppe des Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands Übliche.
5. Der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist nicht der allgemeine Rechtssatz zu entnehmen, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten oder Schenkungen den existentiellen Bereich des Steuerpflichtigen nicht zu berühren vermögen.
6. Der Verlust der Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG erfordert keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage.
7. Die Zwangsläufigkeit von Zivilprozesskosten im Anschluss an eine Schenkung entfällt nicht deshalb, weil die Schenkungsannahme auf einem freien Willensentschluss des Steuerpflichtigen beruht.
Sachverhalt
Streitig ist die Berücksichtigung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2018 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aus dem Forstbetrieb "Forstgut M". Daneben erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Er lebte im Streitjahr von seiner - in der Zwischenzeit geschiedenen - Ehefrau getrennt.
Für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus dem vom Kläger betriebenen Forstbetrieb war das Finanzamt B zuständig (Steuernummer: X).
Der Kläger stand in den Jahren 1990 bis 2012 in einem Arbeitsverhältnis zur L GmbH mit Sitz in D. Im Jahr 2013 war der Kläger zunächst arbeitslos und stand sodann in einem Arbeitsverhältnis zur K oHG in E. Ab dem Jahr 2014 war der Kläger als angestellter Forstwirt in dem von ihm zum 1. Januar 2015 übernommenen Forstbetrieb "Forstgut M" tätig, in dem er in etwa seit dem Jahr 1998 bereits die nebenberufliche Tätigkeit als Jagdaufseher übernommen hatte.
Mit notariellem Übergabe- und Altenteilvertrag vom ... November 2014 übertrug Frau N (nachfolgend auch: "Übergeberin") mit wirtschaftlicher Wirkung zum 1. Januar 2015 den Forstbetrieb "Forstgut M" (nachfolgend auch: "Forstbetrieb") unentgeltlich gegen Altenteilleistungen auf den Kläger. Der Forstbetrieb verfügte zum Zeitpunkt der Übernahme über in etwa XX ha Forstfläche. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen waren verpachtet. Mitübertragen wurden ebenfalls drei vermietete Einfamilienhäuser "M 2, 4".
Mit gesondertem notariellen Vertrag vom ... Februar 2015 kaufte der Kläger von der Übergeberin einen zum Forstbetrieb gehörenden Reiterhof zu einem Kaufpreis von XX,XX €.
Der Kläger führte den Forstbetrieb selbstständig fort, den Reiterhof verpachtete er. Er ermittelte den Gewinn aus seinem Forstbetrieb nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Einnahmen-Überschussrechnung. Dabei erfasste der Kläger die Gewinne aus dem Forstbetrieb und dem Betrieb des Reiterhofs in einer einheitlichen Gewinnermittlung. Die Einfamilienhäuser "M 2, 4" vermietete der Kläger.
Neben dem von der Übergeberin erworbenen Grundbesitz war der Kläger in den Jahren 2015 bis 2018 ferner Eigentümer eines Drei-Familienhauses "F" sowie einer weiteren Immobilie "G".
In den - dem Streitjahr vorhergehenden - Jahren 2015 bis 2017 erzielten der Kläger und seine geschiedene Ehefrau (EF) folgende Einkünfte (alle Beträge in €):
2015 2016 2017
Einkünfte aus § 13 EStG XX,XX XX,XX XX,XX
Einkünfte aus § 19 EStG (EF) XX,XX XX,XX XX,XX
Einkünfte aus § 21 EStG XX,XX XX,XX XX,XX
davon Vermietung M 2, 4 XX,XX XX,XX XX,XX
Summe XX,XX XX,XX XX,XX
Im Anschluss an die Übertragung des Forstbetriebs, des Reiterhofs sowie der drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" kam es zum Streit über die Wirksamkeit der von der Übergeberin abgegebenen Willenserklärungen. Die Übergeberin, vertreten von ihrem zum rechtlichen Betreuer bestellten Sohn, verlangte vom Kläger die Rückübertragung des Forstbetriebs, des Reiterhofs sowie der drei Einfamilienhäuser "M 2, 4", hilfsweise die Grundbuchberichtigung. Zur Durchsetzung ihres Rückübertragungsverlangens erhob die Übergeberin zwei Klagen beim Landgericht R (Az. U und X) sowie zwei weitere Klagen beim Landgericht S (Az. Y und T). Zur Begründung führte sie aus, bei Vertragsabschluss demenzbedingt geschäftsunfähig gewesen zu sei. Die Klage beim Landgericht R in der Sache U, welche im Jahr 2015 erhoben wurde, sowie die Klagen beim Landgericht S betrafen den Forstbetrieb, die Klage beim Landgericht R mit dem Aktenzeichen X den Reiterhof. Von dem Rückübertragungsverlangen vor dem Landgericht R (Az. U) waren auch die drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" betroffen.
Die Klage in der Sache U wies das Landgericht R mit Urteil vom ... Februar 2019 ab. Hiergegen legte die Übergeberin Berufung beim Oberlandesgericht T (Az. UZ) ein.
Am XX. August 2019 verstarb die Übergeberin, wobei aufgrund der vorzunehmenden Erbenermittlung zunächst ein Nachlasspfleger durch das Nachlassgericht bestellt wurde. Der Nachlasspfleger führte das Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht T fort.
In einem Prozessvergleich verpflichtete sich der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der Übergeberin, die beim Landgericht S anhängigen Klagen zurückzunehmen.
Der Kläger verpflichtete sich Teilflächen, unter anderem die mit den drei Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke "M 2, 4", auf die unbekannten Erben der Übergeberin zu übertragen und aufzulassen. Die Vergleichsparteien kamen überein, dass sich damit die Rechtsstreitigkeiten vor dem Landgericht R und dem Oberlandesgericht T erledigen sollten. Die Gerichtskosten der Verfahren sollten die unbekannten Erben der Übergeberin tragen. Jede Partei sollte ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Aufgrund des Vergleichs hatte der Kläger keine Forstflächen auf die Erben zurückzuübertragen, sodass er den Forstbetrieb ungeschmälert fortführen konnte. Seine Verpflichtung zur Rückübertragung der drei Einfamilienhäuser erfüllte der Kläger zu einem späteren Zeitpunkt durch Zahlung eines Ablösebetrags an den Erben der Übergeberin, Herrn O, wohnhaft in S.
In seiner Einkommensteuererklärung 2018 erklärte der Kläger einen gesondert festzustellenden Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von XX,XX €. Als Sonderausgaben machte er Altenteilleistungen in Höhe von 30.871,00 € geltend. Außergewöhnliche Belastungen erklärte der Kläger nicht.
Bei der Ermittlung seines Gewinns machte der Kläger Rechtsanwalts- und Prozesskosten in Höhe von 17.740,88 € als Betriebsausgaben geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus Zahlungen an die Prozessbevollmächtigte des Klägers in Höhe von 15.074,00 € sowie aus zwei weiteren Beträgen in Höhe von zusammen 2.270,88 €, die der Kläger im Streitjahr an einen von ihm beauftragten Privatgutachter leistete, welcher die von der Übergeberin behauptete demenzbedingte Geschäftsunfähigkeit widerlegen sollte. Der Privatgutachter wurde vom Landgericht R im Verfahren U in der öffentlichen Sitzung am ... Dezember 2017 angehört. Erstattungen aus einer Rechtsschutzversicherung erfolgten nicht.
Mit Bescheid vom ... Oktober 2019 veranlagte der Beklagte den Kläger erklärungsgemäß zur Einkommensteuer für 2018 und setzte die Einkommensteuer nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft für das Streitjahr 2018 stellte das Finanzamt B mit Bescheid vom ... November 2019 erklärungsgemäß in Höhe von XX,XX € gesondert fest.
In der Zeit vom 3. November 2020 bis zum 14. Juli 2021 führte das Finanzamt C im Auftrag des Finanzamts B beim Kläger eine steuerliche Außenprüfung für die Besteuerungszeiträume 2016 bis 2018 durch. Der Außenprüfer kam zu der Auffassung, dass die geltend gemachten Beratungs- und Prozesskosten weder als Betriebsausgaben des forstwirtschaftlichen Betriebs noch im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.
Denn Beratungs- und Prozesskosten teilten grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Gegenstandes der Beratung oder des Prozesses. Im Streitfall habe der Kläger den Forstbetrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Gewährung von Altenteilleistungen erworben. Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs gegen Altenteilleistungen sei ein Vorgang auf der privaten Vermögensebene.
Ferner könnten die Beratungs- und Prozesskosten auch nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, weil der Kläger ohne die Aufwendungen nicht Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Der Außenprüfer erhöhte den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für 2018 infolgedessen von XX,XX € um 17.740,88 € auf XX,XX €. Das Finanzamt B schloss sich der Auffassung des Außenprüfers an und änderte mit Bescheid vom ... August 2021 die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft.
Im Anschluss änderte auch der Beklagte mit Bescheid vom ... September 2021 die Einkommensteuerfestsetzung für 2018 unter Berücksichtigung eines Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von XX,XX €. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt danach XX,XX €. Außergewöhnliche Belastungen brachte der Beklagte im Bescheid nicht in Ansatz. Der Beklagte stützte die Bescheidänderung auf § 164 Abs. 2 AO und hob den Vorbehalt der Nachprüfung gleichzeitig auf.
Gegen den vorgenannten Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom ... Oktober 2021 Einspruch ein. Das Einspruchsschreiben war an das Finanzamt B adressiert und ging dort am ... Oktober 2021, beim Beklagten am ... Oktober 2021 ein. Mit dem Einspruch begehrte der Kläger die Berücksichtigung der Prozess- und Beratungskosten als außergewöhnliche Belastungen.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsbescheid vom ... März 2023 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Mit dieser verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Rechtsbehelfsverfahren weiter. Der Kläger bestreitet, dass er im Falle einer Rückabwicklung des Übergabevertrags wieder als angestellter Forstwirt im Forstbetrieb der Übergeberin beschäftigt worden wäre.
Die von ihm im Streitjahr geleisteten Zahlungen an seine Prozessbevollmächtigte stellten Vorschüsse für das vor dem Landgericht R als Leitverfahren geführte Verfahren U dar. Aufgrund der hohen Streitwerte in den Klageverfahren hätten sich der Kläger und seine Prozessbevollmächtigte darauf verständigt, dass der Kläger keinen Vorschuss in Höhe der zu erwartenden Anwaltskosten, welche allein für die erste Instanz im Verfahren U 67.594,98 € betragen hätten, leistete, sondern bis zur Rechtskraft der Entscheidung einen monatlichen Vorschuss in Höhe von 1.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer von 190,00 € zu zahlen habe.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die von ihm zur Abwehr einer Rückabwicklung des Übergabe- und Altenteilvertrags über das Forstgut aufgewandten Prozesskosten in Höhe von 17.740,88 € nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien. Es handele sich um Aufwendungen, ohne die der Kläger Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Der Kläger führe seit dem Jahr 2015 den Forstbetrieb als Einzelunternehmer. Der Forstbetrieb stelle seine Existenzgrundlage dar. Er hätte bei einem Erfolg der auf Rückabwicklung des Übergabe- und Altenteilvertrages gerichteten Verfahren das ihm zur Schaffung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage überlassene "Forstgut M" verloren und damit zugleich seine Existenzgrundlage. Ihm wäre die Möglichkeit genommen worden, aus dem übertragenen Vermögen einen nachhaltigen Ertrag zu erzielen. Die aus dem Forstbetrieb erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft stellten den weit überwiegenden bzw. wesentlichen Teil der Einkünfte des Klägers dar.
Aufgrund der durch die Prozesse entstandenen hohen Rechtsberatungskosten habe der Kläger in den Jahren 2015 bis 2018 einen erhöhten Baumeinschlag getätigt. Durch den enormen Arbeitsaufwand sei es für den Kläger zeitlich unmöglich gewesen, eine weitere Tätigkeit aufzunehmen.
Dass der Kläger bei einem Rückfall des Forstguts an die Übergeberin zugleich Gefahr gelaufen wäre, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, liege auf der Hand. Die lebensnotwendigen Bedürfnisse umfassten die Grundbedürfnisse. Umfasst seien sowohl physiologische Bedürfnisse, Sicherheitsbedürfnisse als auch soziale Bedürfnisse. Der Kläger hätte im Falle des Verlustes des Forstbetriebs seine physiologischen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen können. Er hätte mit dem Wegfall der Erwerbsquelle und der weiteren Unsicherheit über die eigene Zukunft kein gesundes, zufriedenes und würdiges Leben mehr führen können. Mit der Übertragung des Forstguts habe der Kläger sein weiteres Leben auf die Fortführung dieses Betriebs ausgerichtet. Auch die berufliche Zukunft seines Sohnes war unmittelbar an den Forstbetrieb geknüpft, da dieser als Erbe zu einem späteren Zeitpunkt selbst den Hof hätte erwerben sollen.
Im Falle einer Rückübertragung hätten dem Kläger im Streitjahr die erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von XX,XX € nicht zur Verfügung gestanden, ferner nicht die Einkünfte aus der Vermietung der drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" in Höhe von XX,XX €. Von den gesamten Einkünften in Höhe von XX,XX € wären dem Kläger zur Befriedigung seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse lediglich rund 14 % dieses Betrags, also 16.510,00 € (XX,XX € abzgl. XX,XX €), verblieben.
Ohne den Forstbetrieb hätte der Kläger wieder als angestellter Forstwirt arbeiten müssen. Diese Rückstufung von der Selbstständigkeit zur abhängigen Beschäftigung habe immense Auswirkungen auf die sozialen Bedürfnisse des Klägers (zum Beispiel fehlende Anerkennung von bisherigen Geschäftspartnern oder Freunden) gehabt.
Schlussendlich habe sich der Kläger auch in seinem Sicherheitsbedürfnis beeinträchtigt gesehen, da im Falle des Verlustes des Forstbetriebs sein Glaube an den Rechtsstaat stark erschüttert worden wäre.
Es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Rechtsgrundlage das Arbeitsverhältnis des Klägers zum Forstbetrieb im Rückabwicklungsfall wiederaufgelebt wäre. Bei der Beurteilung, ob abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen vorlägen, habe die Möglichkeit der Aufnahme einer nichtselbstständigen Tätigkeit aber auch außer Betracht zu bleiben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten hätte der Kläger im Kündigungsfall auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt. Selbst wenn der Kläger aber einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gehabt hätte, bestätige dies die Erwägung, dass er Gefahr gelaufen wäre, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
Das Tatbestandsmerkmal "in dem üblichen Rahmen" meine den finanziellen Rahmen, der für den Steuerpflichtigen im Streitjahr unter Berücksichtigung der Vorjahre üblich gewesen sei, um seine lebensnotwendigen Bedürfnisse wie Wohnen, Essen, Urlaub, Versicherungen usw. zu befriedigen. Lege man die Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG im Sinne des Beklagten aus, wären Zivilprozesskosten niemals abzugsfähig, sodass die Regelung ins Leere ginge.
In Bezug auf die im Streitjahr geleisteten Zahlungen sei auch die Zahlung an den Privatgutachter zwangsläufig entstanden. Die Übergeberin habe in dem Zivilprozess zum Nachweis ihrer Behauptung, bei Abschluss des Übergabe- und Altenteilvertrags geschäftsunfähig gewesen zu sein, eine Mehrzahl von Privatgutachtern aufgeboten. Um deren unzutreffenden privatgutachterlichen Feststellungen durch qualifizierten Sachvortrag entgegentreten zu können, sei die Beauftragung eines eigenen Privatgutachters und sachverständigen Zeugen zur Wahrung der Belange des Klägers den Umständen nach angemessen gewesen (mit Verweis auf Bundesgerichtshof - BGH -, Beschluss vom 20. Dezember 2011 VI ZB 17/11, BGHZ 192, 140, NJW 2012, 1370).
Dem Abzug der Beratungs- und Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen stehe auch nicht entgegen, dass durch die Überlassung des Forstbetriebs in der Person des Klägers eine Vermögensmehrung eingetreten sei.
Für die Abzugsfähigkeit der Beratungs- und Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen komme es ebenso nicht darauf an, ob der Kläger imstande gewesen wäre, die Aufwendungen durch Verwertung seines Immobilienvermögens aufzubringen. Der Gesetzgeber habe in § 33 Abs. 3 Satz 1 EStG eine spezielle Regelung dazu getroffen, welche Belastung dem Steuerpflichtigen zumutbar sei. Dementsprechend sei bisher weder in der Rechtsprechung noch im steuerrechtswissenschaftlichen Schrifttum die Auffassung vertreten worden, dass die Abzugsfähigkeit von außergewöhnlichen Belastungen, soweit sie die zumutbare Belastung im Sinne von § 33 Abs. 3 EStG übersteigen, vom Umfang des Immobilienvermögens des Steuerpflichtigen abhängen solle.
Sofern ein Steuerpflichtiger außerstande sei, Prozesskosten durch Einsatz seines eigenen Vermögens bzw. Verwertung seines Immobilienvermögens aufzubringen, regelten vielmehr die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, dass er solche Prozesskosten nicht selbst tragen müsse. In einem solchen Fall könnten dem Steuerpflichtigen von vornherein keine vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzugsfähigen Prozesskosten entstehen.
Der Kläger hat auf Anfrage des Berichterstatters die Verkehrswerte seines gesamten Grundbesitzes im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rückübertragungsansprüche wie folgt geschätzt:
Grundbesitz geschätzter Verkehrswert in € Belastungen in €
Forstbetrieb XX,XX
Reiterhof XX,XX
drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" XX,XX
Immobilie F XX,XX XX,XX
Immobilie G XX,XX XX,XX
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2018 vom ... September 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... März 2023 mit der Maßgabe zu ändern, dass Zivilprozesskosten in Höhe von 17.740,88 € dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Kosten der Rechtsverfolgung nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten.
Zum einen seien die streitgegenständlichen Prozesskosten schon nicht zwangsläufig entstanden. Denn der Kläger habe sich durch den Vergleich vor dem Oberlandesgericht T freiwillig der Rechtsfolge, die Prozesskosten zu tragen, unterworfen.
Zum anderen seien Aufwendungen nur dann zwangsläufig, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sei. Daran fehle es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (mit Verweis auf Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382). Es sei in der Regel der freien Entscheidung der Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozessrisiko aussetzten (mit Verweis auf BFH, Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Ließe sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, dass Prozessrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen. Es entspräche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko zu seinem Nachteil realisiert habe (mit Verweis auf BFH, Urteil vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726).
Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG greife das grundsätzliche Abzugsverbot für Prozesskosten nur dann nicht ein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Aufwendungen Gefahr laufe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine notwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Diese Voraussetzungen müssten kumulativ erfüllt sein. Sie lägen im Streitfall nicht vor.
Nach der gesetzlichen Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG seien Prozesskosten grundsätzlich nicht mehr zum Abzug zuzulassen. Der Zusatz "es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, (...)" sichere lediglich die Verfassungsmäßigkeit des totalen Abzugsverbots, indem der Abzug für extreme Ausnahmesituationen rechtlich äußerst vorsorglich zugelassen werde. Der Begriff der "Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse" stelle gesetzlich klar, dass es nicht ausreiche, wenn nur ein einzelnes Rechtsgut (zum Beispiel der Hausrat oder das Wohnen) bzw. ein einzelnes Bedürfnis betroffen sei. Vielmehr müsse eine Vielzahl von existenziellen Bedürfnisse in Gefahr sein. Diese seien jedoch grundsätzlich durch das deutsche Sozialsystem gedeckt (mit Verweis auf eine Verfügung des Landesamtes für Steuer Niedersachsen vom 25. November 2013 ...).
Nach der Entscheidung des BFH vom 18. Mai 2017 (BFH, Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16, BFHE 258, 142, BStBl II 2017, 988) sei die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen als Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG zu verstehen. Der Gesetzgeber habe zudem klargestellt, die Abziehbarkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen auf "einen engen Rahmen" beschränken zu wollen (BT-Drs. 17/10603, S. 45f.). Die vom Bundesrat vorgeschlagene Einführung eines § 33a Abs. 3a EStG, durch den die Abziehbarkeit von Prozesskosten - wie vom Bundesrat ursprünglich vorgesehen - auf "den bisherigen engen Rahmen" beschränkt werden sollte (BR-Drs 302/12, S. 34f.), sei demgegenüber nicht Gesetz geworden. Dies spreche dafür, dass der "enge Rahmen" durchaus enger sein dürfte als der bisherige, mithin der durch die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor der Gesetzesänderung gesteckte Rahmen weiter habe eingeschränkt werden sollen. Hieraus folge, dass nicht nur Scheidungskosten, sondern auch Aufwendungen für Streitigkeiten, die einen Kernbereich des menschlichen Lebens berührten, nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig seien (mit Verweis auf Baldauf, in: Brandis/Heuermann, EStG, 171. EL, § 33 Rz. 220; Schmieszek, in: Bordewin/Brandt, EStG, 435. Lfg. März 2021, § 33 Rz. 97a). Solche Kosten hätten im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden.
Bei einer Rückabwicklung des Übergabe- und Altenteilvertrags wäre die bisherige Situation vor der Hofübergabe wiederhergestellt worden. Der Kläger hätte wieder als angestellter Forstwirt gearbeitet. Im Falle seiner Kündigung hätte ihm ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zugestanden.
Ferner sei durch die Hofübergabe eine Vermögensmehrung in der Person des Klägers eingetreten. Der Grund für die Prozesskosten sei daher eher darin zu sehen, den Verlust des übertragenen Vermögens abzuwenden und nicht die Gefahr des Verlustes der Existenzgrundlage.
Wegen der Einzelheiten der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll.
Aus den Gründen
Die Klage ist begründet.
A. Der Einkommensteuerbescheid für 2018 vom ... September 2021 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... März 2023 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Zu Unrecht hat der Beklagte die Zivilprozesskosten des Klägers nicht als außergewöhnliche Belastungen in Ansatz gebracht.
I. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Abs. 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 EStG außer Betracht.
Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (vgl. BFH, Urteile vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9; und vom 18. Juni 2015 VI R 17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 80 [BVerfG 17.12.2014 - 1 BvL 21/12]).
1. Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (BFH, Urteile vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (vgl. BFH, Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (vgl. BFH, Urteile vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726; und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags-)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH, Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726; vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553; und vom 10. März 2016 VI R 80/14, BFH/NV 2016, 1266).
Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich des menschlichen Lebens berührte, sowie Scheidungskosten im Rahmen des Zwangsverbundes. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (vgl. BFH, Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553; und vom 20. Januar 2016 VI R 20/14, BFH/NV 2016, 1000).
2. Diese langjährige Rechtsprechung hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs mit seiner Entscheidung vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) geändert und die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung angenommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, streitige Ansprüche seien wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren.
3. Mit Urteil vom 18. Juni 2015 (vgl. BFH, Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) ist der VI. Senat jedoch unter Aufgabe seiner im vorgenannten Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) vertretenen Ansicht zu seiner früheren Rechtsprechung zurückgekehrt. Diese Rechtsprechung gilt - im Hinblick auf die nachfolgend dargestellte gesetzliche Neuregelung in § 33 Abs. 2 EStG - für Veranlagungszeiträume bis 2012 (vgl. BFH, Beschluss vom 21. Februar 2018 VI R 11/16, BFHE 260, 507, BStBl II 2018, 469).
4. Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809) hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) reagiert und dem § 33 Abs. 2 EStG einen Satz 4 angefügt. Danach sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes trat mit Wirkung vom 30. Juni 2013 in Kraft (BGBl I 2013, 1809) und ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 - mithin auch für das Streitjahr 2018 - anzuwenden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes).
II. Im Streitfall sind die vom Kläger geltend gemachten Prozesskosten in Höhe von 17.740,88 € als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig.
1. Die geltend gemachten Prozesskosten sind bei dem Kläger erwachsen, weil er mit ihnen endgültig wirtschaftlich belastet ist (sog. Belastungsprinzip).
Aus der Legaldefinition in § 33 Abs. 1 Halbsatz 1 EStG folgt, dass außergewöhnliche Belastungen nur solche Aufwendungen sein können, die den Steuerpflichtigen (endgültig) belasten (vgl. BFH, Urteil vom 30. Juni 1999 III R 8/95, BFHE 189, 371, BStBl II 1999, 766; BFH, Beschluss vom 13. Dezember 2016 VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569). Nach dem - unbestrittenen und in der mündlichen Verhandlung anwaltlich versicherten - Vortrag des Vertreters der Prozessbevollmächtigten des Klägers leistete der Kläger im Streitjahr 2018 Vorschüsse in Höhe von 15.470,00 € an die Prozessbevollmächtigte. Diese Vorschüsse standen im Zusammenhang mit dem als Leitverfahren geführten Rechtsstreit vor dem Landgericht R mit dem Aktenzeichen U, wobei die übrigen von der Übergeberin gegen den Kläger angestrengten Verfahren zunächst ruhen sollten. Auch die Aufwendungen für den vom Kläger beauftragten Privatgutachter wurden nach dem glaubhaften und vom Vertreter der Prozessbevollmächtigten des Klägers anwaltlich versicherten Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Streitjahr 2018 und für das Verfahren vor dem Landgericht R mit dem Aktenzeichen U geleistet. Der Privatgutachter wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung des landgerichtlichen Verfahrens auch angehört. Etwaige Kostenerstattungsansprüche konnte der Kläger für diese Kosten nicht geltend machen, weil nach dem Inhalt des vor dem Oberlandesgericht T geschlossenen Vergleichs jede Vergleichspartei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hatte. Versicherungsansprüche standen dem Kläger nicht zu.
2. Die geltend gemachten Prozesskosten sind dem Kläger auch zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Sätze 1 und 4 EStG entstanden. Ohne die Aufwendungen wäre der Kläger im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Gefahr gelaufen, seine Existenzgrundlage zu verlieren (siehe hierzu unter a)) und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr in dem üblichen Rahmen befriedigen zu können (siehe hierzu unter b)).
Der Zwangsläufigkeit der geltend gemachten Prozesskosten stand auch weder entgegen, dass die Annahme der Schenkung durch den Kläger auf einem freien Willensentschluss beruhte (hierzu unter c) bb)), noch, dass der Kläger die Prozesskosten nicht aufgrund einer gerichtlichen Kostenentscheidung, sondern aufgrund eines Prozessvergleichs zu tragen hatte (siehe hierzu c) cc)).
a) Der Kläger wäre ohne die Prozesskosten Gefahr gelaufen, seine Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG zu verlieren.
aa) Als Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ist nach übereinstimmender Auffassung in der Rechtsprechung und im steuerrechtlichen Schrifttum die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16, BFHE 258, 142, BStBl II 2017, 988; zustimmend Kanzler, FR 2014, 209, 216; Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 213; Nacke, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, 158. Lfg. Juni 2022, § 33 Rz. 136b; Lentfer, in: Lademann, EStG, 276. Lfg. Mai 2023, § 33 Rz. 496b).
Bereits vor der Einfügung der Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG und auch außerhalb des Bereichs der außergewöhnlichen Belastungen hat der Bundesfinanzhof den Begriff der Existenzgrundlage immer in einem materiellen Sinne verstanden. So wurden als Existenzgrundlage eines Steuerpflichtigen etwa ein Betrieb (vgl. BFH, Urteile vom 13. August 2003 II R 48/01, BFHE 203, 275, BStBl II 2003, 908; und vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499), ein Beruf und die daraus erzielten Einkünfte (vgl. BFH, Beschluss vom 16. März 2006 IV B 157/04, BFH/NV 2006, 1459), ein Arbeitsplatz (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 14/13, BFH/NV 2016, 1142) oder sonstige dem Steuerpflichtigen zur Verfügung stehende Mittel (vgl. BFH, Urteil vom 21. Juli 2004 X R 33/03, BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063) bezeichnet (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16, BFHE 258, 142, BStBl II 2017, 988).
Im Zusammenhang mit der Frage der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen hat der Bundesfinanzhof erstmals in seinem Urteil vom 9. Mai 1996 III R 224/94 (BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596) den Begriff der Existenzgrundlage verwendet und hierzu Folgendes ausgeführt:
"Berührt ein Rechtsstreit allerdings einen für den Steuerpflichtigen existentiell wichtigen Bereich, kann jener unter Umständen in eine Zwangslage geraten, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existentiell erforderlich ist (vgl. Urteil des Senats vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774) und sich folglich die Frage stellt, ob die Übernahme eines Prozesskostenrisikos nicht insoweit als i.S. des § 33 EStG zwangsläufig anzusehen ist. Ein solcher Ausnahmefall kann aber nur dann unter hier nicht näher zu erörternden engen Voraussetzungen in Betracht gezogen werden, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit trotz unsicheren Ausgangs einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Dieselbe Formulierung wurde in zahlreichen nachfolgenden Urteilen übernommen (z.B. BFH, Urteile vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726; vom 20. April 2006 III R 23/05, BFHE 213, 351, BStBl II 2007, 41; und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553).
Nachdem die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verwendete Formulierung wortlautgleich Eingang in den mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz neu eingeführten § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG fand, hat der Bundesfinanzhof auch die Existenzgrundlage in diesem Sinne als materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen ausgelegt (vgl. BFH, Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16, BFHE 258, 142, BStBl II 2017, 988).
bb) Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Auslegung des Begriffs der Existenzgrundlage an (siehe hierzu unter (1)) und konkretisiert den Begriff dahingehend, dass die als Existenzgrundlage verstandene materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen den wesentlichen Teil seines Vermögens oder seiner Arbeitskraft umfasst (hierzu unter (2)), die es dem Steuerpflichtigen ermöglicht, einen nachhaltigen Ertrag zu erzielen (hierzu unter (3)).
(1) Der Senat folgt der Auslegung des Begriffs der Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG durch den Bundesfinanzhof, wonach es sich bei der Existenzgrundlage allein um die materielle Lebensgrundlage handelt.
(a) Der Senat sieht keine Notwendigkeit, den Begriff der Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in einem abweichenden Sinne auszulegen, als dies in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor Einfügung des Satzes 4 von § 33 Abs. 2 EStG erfolgt ist (so auch Hettler, DStR 2018, 2307, 2308).
Der Gesetzgeber hat mit der Einfügung des Satzes 4 in § 33 Abs. 2 EStG den erkennbaren Willen verfolgt, die abweichende Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs, nach der Zivilprozesskosten in einem weitaus weiteren Umfang als zwangsläufig einzuordnen waren, aufzuheben (vgl. BT-Drs. 17/13033, S. 67; BR-Drs. 139/13, S. 128). Von den in der bis dahin gültigen Rechtsprechung anerkannten drei Ausnahmefällen der Anerkennung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen - Scheidungskosten sowie Prozesskosten, die existentiell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens betreffen (vgl. ausführlich Hettler, DStR 2018, 2307) - wollte der Gesetzgeber erkennbar nur die Fallgruppe als außergewöhnliche Belastung anerkennen, die einen existentiell wichtigen Bereich des Steuerpflichtigen berührt. Nicht anders wäre es zu erklären, dass der Gesetzgeber die Umschreibung dieser Fallgruppe in der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (erstmals in seiner Entscheidung vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; BFH, Urteile vom 23. Mai 2001 III R 33/99, BFH/NV 2001, 1391; und vom 10. März 2016 VI R 70/14, BFH/NV 2016, 1011), wortlautgleich übernommen hat (so auch Hettler, DStR 2018, 2307, 2309; Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 209; Baldauf, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 171. EL März 2024, § 33 EStG Rz. 220).
(b) Im Streitfall kann der Kläger eine Gefährdung seiner Existenzgrundlage demnach nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geltend machen. Soweit der Kläger - wie er vorträgt - mit dem drohenden Verlust des Forstbetriebs eine soziale Herabstufung sowie Ansehensverluste bei Freunden oder Geschäftspartner befürchtete, können diese immateriellen Beeinträchtigungen keine Berücksichtigung finden.
(2) Der Senat ist ferner der Auffassung, dass die als materielle Lebensgrundlage verstandene Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen nur dann bedroht sein kann, wenn ein wesentlicher Teil seines Vermögens betroffen ist.
Das Tatbestandsmerkmal der Existenzgrundlage kann nicht losgelöst von dem weiteren Tatbestandsmerkmal der Bedürfnisbefriedigung im üblichen Rahmen ausgelegt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG, der - mit dem zweiten Tatbestandsmerkmal - auf die Gefahr der lebensnotwendigen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen abstellt, muss sich die Gefahr auf einen Vermögensteil des Steuerpflichtigen beziehen, ohne den der Steuerpflichtige seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen könnte.
Für eine Existenzbedrohung genügt es insoweit nicht, dass der Verlust einer Vermögenseinheit droht, die für sich betrachtet zwar hinreichende Erträge für die lebensnotwendigen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen bereitstellt, der Steuerpflichtige aufgrund anderer Vermögenswerte aber in der Lage ist, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse weiterhin zu befriedigen (so auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 213). Erforderlich ist es deshalb, dass die bedrohte Vermögenseinheit den wesentlichen Teil des Vermögens des Steuerpflichtigen ausmacht.
(3) Des Weiteren muss es sich nach der Gesetzesauslegung des Senats bei den bedrohten Vermögensgegenständen um ertragbringendes Vermögen handeln.
Diese Auslegung ergibt sich für den Senat ebenfalls im Wege des Rückschlusses aus dem weiteren Tatbestandsmerkmal der Gefahr für die Bedürfnisbefriedigung. Zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse kommen nur solche Vermögensgegenstände in Betracht, die geeignet sind, laufende Erträge zu erzielen (so auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 213). Ertragloses Vermögen kann demgegenüber nicht die laufende Bedürfnisbefriedigung des Steuerpflichtigen fördern. Deshalb ist der Steuerpflichtige auch nicht verpflichtet, solches ertragloses Vermögen zur Befriedigung seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse einzusetzen (so auch Bleschick, FR 2013, 932, 934, der deshalb allein die Existenzgefährdung ausreichen lässt, weil ansonsten eine Schlechterstellung des Steuerpflichtigen drohe, der Rücklagen bilde).
(4) Nach den vorstehenden Grundsätzen nimmt der Senat eine Gefahr für die Existenzgrundlage und die Fähigkeit zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse jedenfalls in denjenigen Fällen an, in denen das sozialrechtliche oder steuerliche Existenzminimum berührt wird. Denn in diesen Fällen ist es offenbar, dass die lebensnotwendigen Bedürfnisse "im üblichen Rahmen" nicht mehr befriedigt werden können.
Soweit der Beklagte eine Gefahr für die Bedürfnisbefriedigung mit dem Hinweis auf die sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich verneint, kann der Senat dem nicht zustimmen. Hätte der Gesetzgeber ein Abstellen auf das sozialrechtliche oder steuerrechtliche Existenzminimum beabsichtigt, hätte er auf die entsprechenden sozial- oder steuerrechtlichen Vorschriften verweisen können. Der Bezug auf den "üblichen Rahmen" widerspricht dem Wortlaut nach der Zugrundelegung des sozialrechtlichen "Notbedarfs" (vgl. auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 213, der keine Einschränkung für besonders wohlhabende Steuerpflichtige sieht).
(5) Da § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG eine Berührung des sozialrechtlichen oder steuerlichen Existenzminimums aber nicht voraussetzt, sondern auf die Bedürfnisbefriedigung "im üblichen Rahmen" abstellt, ist eine Betroffenheit der Existenzgrundlage und der Fähigkeit, die lebensnotwendigen Bedürfnisse zu befriedigen, weitergehend zumindest auch in den Fällen zu bejahen, in denen der Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens des Steuerpflichtigen droht.
Der Senat hält eine Quote von 85 % für angebracht, um den wesentlichen Teil der materiellen Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu bemessen. Eine Quote von 85 % wird auch in anderen Rechtsgebieten, in denen es um den Schutz des Vermögens im Ganzen geht, in Ansatz gebracht. So erfordert § 1365 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwilligung des Ehegatten bei Verpflichtungen über das Vermögen im Ganzen. Dabei wird das Rechtsgeschäft von der Rechtsprechung als zustimmungsfrei angesehen, wenn mindestens 10 % Restvermögen, bei kleineren Vermögen mindestens 15 % Restvermögen verbleiben (vgl. Bundesgerichtshof, Urteile vom 25. Juni 1980 VI b ZR 516/80, NJW 1980, 2350 [BGH 25.06.1980 - IVb ZR 516/80]; und vom 13. März 1991 XII ZR 79/90, NJW 1991, 1739; Koch, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2022, § 1365 Rz. 30).
Auch der Bundesfinanzhof ist für die Frage, ob im Rahmen einer Vermögensübernahme im Sinne des § 419 BGB a.F. das gesamte Vermögen oder zumindest der wesentliche Teil des Vermögens an den Vermögensübernehmer übertragen wurde, von einer Restvermögensquote von 10 bis 15 % ausgegangen (vgl. BFH, Urteil vom 28. Januar 2009 X R 63/06, BFH/NV 2009, 1233).
Ebenso wird im Gesellschaftsrecht bei der Frage des § 179a Aktiengesetz (AktG), ob die Vermögensübertragung einer Aktiengesellschaft der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf, weil sie das ganze Gesellschaftsvermögen umfasst, auf Restvermögensquoten von 5 % bis 20 % abgestellt (vgl. Stein, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 179a Rz. 18 mit weiteren Nachweisen).
Der Senat hält eine solche Restvermögensquote von 15 % auch für die hier streitgegenständliche Frage für angemessen, ob die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen in einem Maße beeinträchtigt ist, dass er seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr im "üblichen Rahmen" befriedigen kann. Denn der "übliche Rahmen" im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG stellt nicht auf das sozialrechtlich Notwendige, sondern auf die Üblichkeit innerhalb der Vergleichsgruppe der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG ab (so auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 33 Rz. 212).
Dementsprechend ist bei der Frage, ob eine Gefahr für die Existenzgrundlage, das heißt den wesentlichen Teil des Vermögens, des Steuerpflichtigen droht, nicht auf den Verkehrswert des Vermögens, sondern auf die hieraus erzielten Erträge abzustellen.
cc) Nach diesen Grundsätzen drohte dem Kläger der Verlust seiner Existenzgrundlage, weil der Forstbetrieb den wesentlichen ertragbringenden Teil seines Vermögens darstellte.
(1) Im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Inanspruchnahme im Jahr 2015 erzielte der Kläger im Wesentlichen Einkünfte aus dem übertragenen Forstbetrieb. Seine übrigen Einkünfte, die weder den Forstbetrieb noch - die ebenfalls von der Rückabwicklung bedrohten - Einkünfte aus dem Reiterhof und der Vermietung der drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" betrafen, betrugen im Jahr 2015 lediglich 3.647,00 € und verblieben damit unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG. Demnach berührte das Rückübertragungsverlangen der Übergeberin das steuerliche Existenzminimum des Klägers.
Die - nicht von der Rückabwicklung bedrohten - übrigen Einkünfte machten auch nur 2,46 % der insgesamt im Jahr 2015 vom Kläger erzielten Einkünfte aus. Demnach verblieb das nicht vom Rückübertragungsverlangen betroffene ertragreiche Vermögen des Klägers unterhalb einer Restvermögensquote von 15 %.
(2) Wenngleich es nach der Auffassung des Senats auf die Ertragsverhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Inanspruchnahme ankommt und spätere Entwicklungen allenfalls im Rahmen einer Prognose zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden können, bestätigen auch die vom Kläger tatsächlich in den nachfolgenden Veranlagungszeiträumen 2016 bis 2018 erzielten Einkünfte die im Jahr 2015 bestehende Existenzbedrohung.
Die übrigen - nicht vom Rückübertragungsverlangen umfassten - Einkünfte des Klägers betrugen im Jahr 2016 15.834,00 €, im Jahr 2017 7.478,00 € und im Streitjahr 2018 14.710,00 € und machten damit 5,45 % im Jahr 2016, 3,08 % im Jahr 2017 und 12,78 % im Streitjahr 2018 der insgesamt vom Kläger erzielten Einkünfte aus. Demnach lagen die übrigen Einkünfte für 2017 erneut unterhalb des Grundfreibetrags und für alle drei Jahre unterhalb einer Quote von 15 %.
dd) Die Annahme einer Existenzgrundlage ist nach der Ansicht des Senats auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den rückübertragungsgefährdeten Vermögensgegenständen um solche aus einem Schenkungsvorgang handelt.
Der Senat ist der Rechtsauffassung, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten oder Schenkungen nach der Neuregelung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nach denselben Grundsätzen als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind, wie andere Zivilprozesskosten auch. Es ergeben sich - im Gegensatz zu Zivilprozesskosten im Zusammenhang mit anderen Zivilrechtsstreitigkeiten - keine Besonderheiten für Zivilprozesskosten mit Erbstreitigkeiten oder Schenkungen.
(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs fehlt es bei Zivilprozesskosten im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten im Allgemeinen an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, weil sie grundsätzlich keinen existenziell wichtigen Bereich berühren (vgl. zur früheren Rechtslage vor Einfügung von § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG: BFH, Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 20/14, BFH/NV 2016, 1000).
So hat der Bundesfinanzhof Kosten eines Zivilprozesses, in dem die Steuerpflichtige zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche gegenüber den Erben ihres verstorbenen Vaters geltend gemacht hat, nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt (vgl. BFH, Urteil vom 15. Juni 2016 VI R 29/15, BFH/NV 2016, 1550). Auch ließ der Bundesfinanzhof Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen unberücksichtigt, die aufgrund der Anfechtung der Annahme der Erbschaft entstanden, nachdem der berufene Erbe die Erbschaft zunächst angenommen hatte (vgl. BFH, Urteil vom 14. April 2016 VI R 14/14, BFH/NV 2016, 1441). Auch Kosten für einen im Zusammenhang mit einer Erbstreitigkeit geführten Zivilprozess, bei dem es um die Verhinderung der Schmälerung der im Rahmen der Vermögensnachfolge erlangten Vermögensposition des Steuerpflichtigen (im Streitfall ein Zweifamilienhausgrundstück) durch (vermeintliche) Rückübertragungsansprüche oder Ausgleichszahlungen geht, sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn eine Wohnung in dem Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird (vgl. BFH, Urteil vom 10. März 2016 VI R 70/14, BFH/NV 2016, 1011).
Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg sollen diese Grundsätze jedenfalls dann gelten, wenn dem Steuerpflichtigen ausreichend andere Einkünfte zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen und er durch eine Ausschlagung der Erbschaft, einen Antrag auf Nachlassverwaltung oder durch einen Antrag auf Nachlassinsolvenzverwaltung erreichen kann, dass durch die Erbauseinandersetzung keine Rechtsanwaltskosten entstehen (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 25. Juli 2018 3 K 99/18, EFG 2018, 2040).
Auch die Rückgabe von zuvor durch Schenkung erlangten Vermögenswerten oder ein entsprechender Wertausgleich stellen nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keine Belastung im Sinne des § 33 EStG dar (vgl. BFH, Urteile vom 12. November 1996 III R 38/95, BFHE 182, 64, BStBl II 1997, 387; und vom 19. Dezember 2000 IX R 66/97, BFH/NV 2001, 769).
(2) Nach der Auffassung des Senats ist dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hingegen nicht der allgemeine Rechtssatz zu entnehmen, dass Prozesskosten im Zusammenhang mit Erbstreitigkeiten oder Streitigkeiten über Schenkungen dem Grunde nach den existentiellen Bereich des Steuerpflichtigen nicht zu berühren vermögen.
Zwar ist die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 10. März 2016 (BFH, Urteil vom 10. März 2016 VI R 70/14, BFH/NV 2016, 1011) mit dem Leitsatz "Kosten für einen im Zusammenhang mit einer Erbstreitigkeit geführten Zivilprozess, bei dem es um die Verhinderung der Schmälerung der im Rahmen der Vermögensnachfolge erlangten Vermögensposition des Steuerpflichtigen durch vermeintliche Rückübertragungsansprüche oder Ausgleichszahlungen geht, sind nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn eine Wohnung in dem Haus zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird" überschrieben. Dieser Entscheidung könnte die Wertung entnommen werden, dass Streitigkeiten über das Erbe (oder das vorweggenommene Erbe oder über eine Schenkung) keine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zu begründen vermögen, weil lediglich die Schmälerung der Erwerbspositionen verhindert werden soll. Denn steht nur die Schmälerung einer Erwerbsposition im Raum, kann die - daneben bestehende - materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen nicht tangiert sein.
Auch kann der Senat der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs keinen einzigen Fall entnehmen, in dem das Gericht die Berührung des existentiellen Bereichs durch solche Streitigkeiten über das Erbe oder über eine Schenkung bejaht hätte. Ein Erbe oder Beschenkter, der sich Nachlassgläubigern oder Rückforderungsansprüchen des Schenkers ausgesetzt sieht, möchte in der Regel lediglich den Abgang einer in seiner Person eingetretenen Vermögensmehrung abwenden. Hat der Erbe oder Beschenkte eine - neben den Gegenständen des Nachlasses oder der Schenkung - ohnehin bestehende materielle Lebensgrundlage, zum Beispiel durch eine Angestelltentätigkeit, mit der er seinen allgemeinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt die drohende Gefahr der Rückübertragung von Gegenständen des Nachlasses oder der Schenkung die materielle Lebensgrundlage in der Regel unberührt.
Über einen Fall - wie den vorliegenden -, in dem der Steuerpflichtige das erworbene Vermögen zu seiner materiellen Lebensgrundlage wandelt, hatte der Bundesfinanzhof - soweit für den Senat ersichtlich - hingegen nicht zu entscheiden. Ein gesetzgeberischer Wille, Prozesskosten im Zusammenhang mit Erb- oder Schenkungsstreitigkeiten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen auszuschließen, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen.
ee) Mit der Verpflichtung zur Rückübertragung des Forstbetriebs bzw. der Zustimmung zur Grundbuchberichtigung hätte der Kläger seine Existenzgrundlage auch verloren. Dem Verlust steht nicht entgegen, dass der Kläger - allein mit seiner Arbeitskraft - eine neue Existenzgrundlage hätte aufbauen können.
(1) Denn der Verlust der Existenzgrundlage, wie er in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vorausgesetzt wird, erfordert keinen dauerhaften Verlust der materiellen Lebensgrundlage (so auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 213). Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige sämtliche Möglichkeiten zum selbständigen Unterhalt dauerhaft verliert.
Diese Auslegung ergibt sich allen voran aus dem Wortlaut, der keinen dauerhaften oder unwiderbringlichen Verlust der Existenzgrundlage fordert. Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal des Verlustes ist deshalb die Sicht des Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Anstrengung des Zivilprozesses (so auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 212).
Zu weit geht deshalb die Rechtsauffassung des Beklagten, wonach die materielle Existenzgrundlage aufgrund der sozialen Sicherungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland stets gewährleistet sei. Eine solche Auslegung des Gesetzes verkennt, dass es dem Steuerpflichtigen zuzugestehen ist, die Mittel für seine materielle Lebensgrundlage selbst zu erwirtschaften, ohne auf soziale Sicherungssysteme angewiesen zu sein.
(2) Der Verlust der Existenzgrundlage kann demnach im Streitfall auch nicht deshalb verneint werden, weil der Kläger im Falle des Verlustes seines Forstbetriebs eine Angestelltentätigkeit als Forstwirt möglicherweise wieder hätte aufnehmen können.
Denn im Zeitpunkt seiner gerichtlichen Inanspruchnahme durch die Übergeberin vor dem Landgericht R im Jahr 2015 bestritt der Kläger seine materielle Lebensgrundlage ganz überwiegend aus der Führung des übernommenen Forstbetriebs. Das Arbeitsverhältnis zum Forstbetrieb war - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte - aufgehoben worden.
Dem steht auch nicht entgegen, dass im Falle einer erfolgreichen Geltendmachung der demenzbedingten Unwirksamkeit des Übergabevertrags durch die Übergeberin möglicherweise auch die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Vertragsparteien aufgrund der Geschäftsunfähigkeit der Übergeberin nach § 105 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unwirksam gewesen wäre. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - das Arbeitsverhältnis des Klägers im Falle der Verpflichtung zur Rückübertragung des Forstbetriebs nicht wiederaufgelebt wäre. Denn nach § 613a BGB knüpft der Betriebsübergang zwar an eine rechtsgeschäftliche Übertragung des Betriebs - wie im Streitfall zwischen der Übergeberin und dem Kläger erfolgt - an. Die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs, zu denen auch das Erlöschen des Arbeitsverhältnisses des Betriebserwerbers zum Betriebsübergeber gehört (vgl. Müller-Glöge, in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 613a Rz. 77), treten jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Falle der Geschäftsunfähigkeit des Betriebsübergebers ein, wenn die Organisations- und Leistungsmacht willentlich auf den Betriebserwerber übergegangen ist (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 6. Februar 1985 5 AZR 411/83, NZA 1986, 286; Steffan, in: Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 7. Aufl. 2024, § 613a BGB Rz. 75; Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 24. Aufl. 2024, § 613a BGB Rz. 61). Dies ist im Streitfall gegeben. Der Kläger hat den Forstbetrieb zum 1. Januar 2015 selbst fortgeführt und damit die Organisations- und Leitungsmacht tatsächlich übernommen, sodass sein Arbeitsverhältnis zur Übergeberin - unabhängig von der vorgetragenen Aufhebung durch die Vertragsparteien - erloschen war.
ff) Mit der Rechtshängigkeit der von der Übergeberin gegen den Kläger angestrengten Klage vor dem Landgericht R hatte sich auch die Gefahr für die Existenzgrundlage des Klägers hinreichend konkretisiert.
Läuft der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 20/14, BFH/NV 2016, 1000). Der Senat ist in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige als Beklagter auf Rückübertragung von Vermögensgegenständen in Anspruch genommen wird, die seine materielle Lebensgrundlage bilden, der Auffassung, dass sich die Gefahr bereits mit der Rechtshängigkeit der gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Klage hinreichend konkretisiert, ohne dass es auf hinreichende Erfolgsaussichten der Verteidigung gegen die Klage ankäme. Eine andere rechtliche Beurteilung kann sich der Senat in diesen Fallkonstellationen allenfalls bei einer mutwilligen Klageerhebung vorstellen, bei der dem Kläger von vornherein ein Kostenerstattungsanspruch zugestanden hätte.
Im Streitfall ist eine Gefahr für die Existenzgrundlage des Klägers zu bejahen. Eine mutwillige Klagerhebung durch die Übergeberin kann der Senat ausschließen. Dies zeigt sich allein darin, dass die Übergeberin in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgreich Widersprüche gegen die Grundbucheintragungen erwirken konnte.
b) Der Kläger wäre ohne die Prozesskosten auch Gefahr gelaufen, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
aa) Nach dem Wortlaut des Gesetzes müssen die Tatbestandsmerkmale der Gefahr für die Existenzgrundlage einerseits und die Gefahr für die lebensnotwendigen Bedürfnisse andererseits kumulativ erfüllt sein. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen der Wahrung der Existenzgrundlage und der Erhaltung der lebensnotwendigen Bedürfnisse ist jedoch regelmäßig nicht möglich (vgl. Bleschick, FR 2013, 932, 934; Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Lfg. 301 Dezember 2020, § 33 Rz. 212). In aller Regel dürfte der Verlust der Existenzgrundlage mit der fehlenden Möglichkeit, seine lebensnotwendigen Bedürfnisse zu befriedigen, einhergehen (vgl. Bleschick, FR 2013, 932, 934 f.).
Unter dem Begriff der lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - etwas anderes als der Notbedarf zu verstehen, der bereits durch den steuerlichen Grundfreibetrag abgedeckt wird (vgl. Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg. Dezember 2020, § 33 Rz. 214).
bb) Der Kläger hätte im Falle einer Verpflichtung zur Rückübertragung des erworbenen Vermögens seine lebensnotwendigen Bedürfnisse, so wie sie der überwiegenden Mehrzahl von Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehen, nicht mehr befriedigen können.
Nach der Rechtsauffassung des Senats indiziert die Gefährdung der Existenzgrundlage die fehlende Möglichkeit, die lebensnotwendigen Bedürfnisse befriedigen zu können. Denn die Frage, ob eine Gefährdung der Existenzgrundlage vorliegt, ist - wie dargelegt - unmittelbar an die Frage, ob die lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen noch befriedigt werden können, gekoppelt.
Hieraus folgt, dass - sofern eine Existenzgefährdung angenommen wird - die Gefährdung der lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen nur in Ausnahmefällen verneint werden kann. Ein solcher Ausnahmefall liegt im Streitfall nicht vor.
Nach der Übertragung des Forstbetriebs erzielte der Kläger - wie bereits gezeigt - in den darauffolgenden Veranlagungszeiträumen im Wesentlichen Einkünfte aus dem übertragenen Forstbetrieb. Seine übrigen Einkünfte, die weder den Forstbetrieb noch - die ebenfalls von der Rückabwicklung bedrohten - Einkünfte aus dem Reiterhof und der Vermietung der drei Einfamilienhäuser "M 2, 4" betrafen, verblieben unterhalb einer Restquote von 15 % und im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Inanspruchnahme im Jahr 2015 unterhalb des Grundfreibetrags nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG. Weitere Einkünfte oder Bezüge des Klägers sind weder vorgetragen noch aus dem Inhalt der Akten ersichtlich.
c) Auch kann der Senat die Zwangsläufigkeit der dem Kläger entstandenen Prozesskosten nicht aus anderen Gründen verneinen.
Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
aa) Nach der Rechtsauffassung des Senats legt § 33 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 EStG nicht abschließend die Voraussetzungen fest, unter denen von einer Zwangsläufigkeit der entstandenen Prozesskosten auszugehen ist. Die Regelung in Satz 4 ist vielmehr im systematischen Zusammenhang mit der Legaldefinition der Zwangsläufigkeit in Satz 1 von § 33 Abs. 2 EStG zu lesen (vgl. Bleschick, FR 2013, 932, 934; wohl auch Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg, Dezember 2020, § 33 Rz. 211, 212). Der Satz 4 von § 33 Abs. 2 EStG ist als Konkretisierung der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten zu verstehen (so auch Bleschick, FR 2013, 932, 934). Die allgemeinen Grundsätze zur Frage der zwangsläufigen Entstehung von als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG finden demnach auch bei Prozesskosten Anwendung.
bb) Im Streitfall entfällt die Zwangsläufigkeit der Zivilprozesskosten etwa nicht deshalb, weil die Schenkungsannahme auf einem freien Willensentschluss des Klägers beruhte. Denn die Annahme der Schenkung durch den Kläger kann nicht als eigenes Verschulden an der Entstehung der Prozesskosten gewertet werden.
(1) Für einen Rechtsstreit wegen Ansprüchen aus einem Vertrag, welchen der Steuerpflichtige selbst geschlossen hat, ist in die Beurteilung der Zwangsläufigkeit mit einzubeziehen, ob der Steuerpflichtige es versäumt hat, die später zu einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führenden Unklarheiten über das Bestehen und die Reichweite auf Vertrag beruhender Ansprüche durch eine entsprechende Gestaltung seiner zivilrechtlichen Beziehungen von vornherein auszuschließen. Versäumt der Steuerpflichtige dies, hat er die wesentliche Ursache für die ihm später entstehenden Prozesskosten selbst gesetzt und kann sich nicht auf eine Zwangslage berufen (vgl. BFH, Urteile vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 23. Mai 2001 III R 33/99, BFH/NV 2001, 1391; und vom 19. November 2015 VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902).
In seiner jüngsten, hierzu ergangenen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof dahinstehen lassen, ob in Fällen, in denen Gegenstand des Rechtsstreits Ansprüche aus einem durch den Steuerpflichtigen abgeschlossenen Vertrag sind, dieser Vertrag stets als die wesentliche Ursache der entstandenen Prozesskosten anzusehen ist (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2015 VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902). Eine wesentliche Ursache sei zumindest dann gesetzt, wenn sich der Steuerpflichtige auf eine Vertragsgestaltung eingelassen habe, die konkret mit Unsicherheiten behaftet ist, sodass anschließende zivilrechtliche Auseinandersetzungen naheliegend erschienen (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2015 VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902). Mit solchen Unsicherheiten sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Bauträgerverträge behaftet, wenn der Steuerpflichtige gegen den Bauträger Baumängel - auch gesundheitsgefährdende - geltend macht (vgl. BFH, Urteil vom 19. November 2015 VI R 38/14, BFH/NV 2016, 902 mit Verweis auf BFH, Beschlüsse vom 19. Juni 2006 III B 37/05, BFH/NV 2006, 2057; und vom 11. Februar 2009 VI B 140/08, BFH/NV 2009, 762, wonach Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind).
In Bezug auf Prozesskosten für Erbstreitigkeiten hat der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 14. April 2016 (BFH, Urteil vom 14. April 2016 VI R 14/14, BFH/NV 2016, 1441) offengelassen, ob die Annahme einer Erbschaft die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten im Zusammenhang mit der Anfechtung der Erbschaftsannahme bereits ausschließen kann, weil der Steuerpflichtige mit der Annahme der Erbschaft die wesentliche Ursache für das Entstehen der als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen selbst gesetzt habe. Entsprechend könnte auch die Schenkungsannahme die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten im Zusammenhang mit einer Schenkung ausschließen.
(2) Der Senat ist auch im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG der Auffassung, dass ein eigenes Verschulden des Steuerpflichtigen an der Entstehung der Prozesskosten zu berücksichtigen ist. Er hält ein Verschulden des Klägers an der Entstehung der hier im Streitfall geltend gemachten Prozesskosten hingegen nicht für gegeben.
Im Streitfall kann die spätere Geltendmachung der Geschäftsunfähigkeit der Übergeberin nicht als konkrete Unsicherheit des Übergabe- und Altenteilvertrags angesehen werden, auf die sich der Kläger bewusst eingelassen hätte, sodass spätere Auseinandersetzungen hierüber naheliegend erschienen.
So vermag allein das Alter der im Jahr 19XX geborenen Übergeberin eine Geschäftsunfähigkeit im Sinne des § 105 Abs. 1 BGB weder zu begründen noch naheliegend erscheinen zu lassen. Das Landgericht R, dessen Urteil vom ... Februar 2019 dem Senat vorliegt, konnte sich ebenfalls keine richterliche Überzeugung von der Geschäftsunfähigkeit der Übergeberin im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bilden. Des Weiteren war der beurkundende Notar nach § 11 Abs. 1 Satz 1 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) verpflichtet die Beurkundung bei Überzeugung von der fehlenden erforderlichen Geschäftsfähigkeit abzulehnen. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BeurkG war der Notar gehalten ("soll"), Zweifel an der erforderlichen Geschäftsfähigkeit der Übergeberin in der Niederschrift festzustellen. Beides ist im Streitfall nicht geschehen, sodass sich für den Kläger spätere Auseinandersetzungen aufgrund mangelnder Geschäftsfähigkeit der Übergeberin nicht aufdrängen mussten.
(3) Zudem beantwortet der Senat die vom Bundesfinanzhof offengelassene Rechtsfrage, ob die Annahme einer Erbschaft oder Schenkung einen wesentlichen Ursachenbeitrag zur Entstehung von Prozesskosten über spätere Streitigkeiten über das Erbe oder die Schenkung bildet, dahingehend, dass dieser Ursachenbeitrag zumindest bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 EStG unbeachtlich bleibt und eine Zwangsläufigkeit nicht ausschließt.
Zwar räumt der Senat ein, dass bereits bei Annahme einer Erbschaft oder Schenkung Rechtsstreitigkeiten über Gegenstände des Nachlasses oder der Schenkung prognostizierbar sein können. Sind dem Erwerber zum Beispiel Streitigkeiten des Erblassers oder Schenkers in Bezug auf übergehende Vermögensgegenstände bekannt, trifft den Erwerber mit der Annahme der Erbschaft oder der Schenkung regelmäßig ein Verschulden, welches für die Entstehung der Prozesskosten ursächlich geworden ist und damit der Zwangsläufigkeit der Prozesskosten entgegensteht.
Hingegen hat der Gesetzgeber mit der Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 EStG den Abzug für Prozesskosten bei existentieller Gefahr für den Steuerpflichtigen ausdrücklich zugelassen. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, inwieweit ein Steuerpflichtiger mit der Annahme einer Erbschaft oder Schenkung einen Verschuldensbeitrag zur Entstehung von Prozesskosten für solche Rechtsstreitigkeiten leisten kann, die seine gesamte wirtschaftliche Existenzgrundlage bedrohen. Zumindest erscheint es dem Senat fernliegend, dass ein Steuerpflichtiger eine Erbschaft oder eine Schenkung im Bewusstsein einer möglichen Existenzvernichtung annimmt. Vielmehr erachtet es der Senat als nicht sachgerecht, dem Steuerpflichtigen, der eine Erbschaft oder eine Schenkung - selbst im Bewusstsein möglicherweise drohender Rechtsstreitigkeiten - annimmt, den auf den Ausnahmefall der Gefahr der Existenzbedrohung eingeschränkten Abzug von Prozesskosten nicht zukommen zulassen. Eine andere Rechtsauffassung müsste zumindest sehr hohe Anforderungen an die Feststellung stellen, dass sich der Steuerpflichtige bewusst auf eine existenzgefährdende Vertragsgestaltung einließ.
cc) Ebenso kann die Zwangsläufigkeit auch nicht deshalb verneint werden, weil sich der Kläger in dem Vergleich vor dem Oberlandesgericht T auf eine Kostenregelung eingelassen hat, nach der er seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hatte.
Allein der Umstand, dass die Kosten für den Zivilprozess nicht auf einer gerichtlichen Kostenentscheidung, sondern auf einem gerichtlichen Vergleich gründen, schließt die Berücksichtigung dieser Kosten als außergewöhnliche Belastungen nicht aus (vgl. BFH, Urteil vom 20. Januar 2016 VI R 14/13, BFH/NV 2016, 1142).
Im Streitfall hat der Kläger den Prozessvergleich vor dem Oberlandesgericht T erkennbar geschlossen, um seine Prozessrisiken - die vollständige Rückübertragung des Forstbetriebs - zu minimieren. Ein solches Verhalten ist prozessual üblich und lässt die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht entfallen. Anhaltspunkte dafür, dass andere Erwägungen als die Abwägung der wechselseitigen Prozessrisiken Einfluss auf die Vereinbarung der Kostenregelung hatten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Bei den geltend gemachten Kosten handelt es sich um Prozesskosten im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG.
Der Kläger leistete im Streitjahr 2018 Vorschüsse auf das unter dem Aktenzeichen U geführte Verfahren vor dem Landgericht R in Höhe von 15.470,00 €. Hierbei handelte es sich um Vorschüsse nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), die als Prozesskosten nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG zu berücksichtigen sind. Denn zu den unter das Abzugsverbot des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG fallenden Prozesskosten zählt alles, was die Parteien unmittelbar aufwenden müssen, um einen Rechtsstreit zu führen. Hierzu gehören die Gerichtskosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) sowie die außergerichtlichen Kosten.
Daneben kann auch die Zahlungen an den Privatgutachter des Klägers in Höhe von 2.270,88 € als Prozesskosten steuermindernd Berücksichtigung finden, weil zu den außergerichtlichen Kosten neben den Rechtsanwaltsgebühren auch die Kosten für die Beauftragung eines Privatsachverständigen gehören, wenn sie nach dem Urteil einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei ex ante als sachdienlich anzusehen sind (vgl. hierzu Kanzler, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 301. Lfg., Dezember 2020, § 33 Rz. 210 mit Verweis auf Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Mai 2006 VI ZB 7/05, NJW 2006, 2415, 2416). Dies ist hier der Fall, weil die Übergeberin in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht R ihre demenzbedingte Geschäftsunfähigkeit geltend machte. Die Frage der Geschäftsunfähigkeit ist eine Tatsachenfrage, bei der der Kläger sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen durfte.
4. Die Prozesskosten waren nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG auch den Umständen nach notwendig und überstiegen einen angemessenen Betrag nicht. Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen ist auch im Anwendungsbereich des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG zu berücksichtigen (vgl. Beschick, FR 2013, 932, 937), denn § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG stellt nur eine Konkretisierung der Abzugsfähigkeit von Prozesskosten dar. Im Streitfall handelt es sich bei den vom Kläger aufgewandten Prozesskosten um notwendige und angemessene Aufwendungen, da diese die gesetzlich vorgesehenen Vergütungen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht überstiegen (vgl. auch zu Strafverteidigungskosten BFH, Urteil vom 18. Oktober 2017 VI R 42/04, BFHE 219, 197, BStBl II 2008, 223 [BFH 18.10.2007 - VI R 42/04]).
5. Die - nicht in Streit stehende - zumutbare Belastung beträgt nach § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer nach § 32 Abs. 1 EStG zu berechnen ist, bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von über 51.130,00 € 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte. Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen nach § 33 Abs. 3 Satz 2 EStG die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld hat.
Demnach beträgt die zumutbare Belastung im Streitfall, in dem Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG nicht zu berücksichtigen sind, auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Einkünfte von XX,XX € und einem Prozentsatz von 7 % insgesamt XX,XX €.
B. Der Senat war nicht gehalten, das Verfahren im Hinblick auf einen etwaigen Abzug der hier geltend gemachten Beratungs- und Prozesskosten als Betriebsausgaben nach § 74 FGO wegen Vorgreiflichkeit auszusetzen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 9. Juni 2015 X R 38/12, BFH/NV 2015, 1588). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, an der Geltendmachung der Prozesskosten als Betriebsausgaben im Rahmen der gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für den Forstbetrieb nicht länger festgehalten zu haben.
C. Die Berechnung der Einkommensteuer 2018 wird dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen.
D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
E. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bislang lediglich geklärt, dass die Existenzgrundlage im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in einem materiellen Sinne zu verstehen ist. Ob sich die erforderliche Gefahr hingegen auf eine vorübergehende oder dauerhafte Existenzvernichtung (zum Beispiel im Sinne einer Erwerbsunfähigkeit) beziehen muss, ist ungeklärt. Auch ist als ungeklärt anzusehen, in welchem Sinne das weitere Tatbestandsmerkmal der Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse im üblichen Rahmen auszulegen ist.