FG Köln: Auskunftsersuchen an die luxemburgische Steuerverwaltung aufgrund eines Ankaufs einer sog. Steuerdaten-CD
FG Köln, Beschluss vom 28.12.2020 – 2 V 1217/20, rkr.
ECLI:DE:FGK:2020:1228.2V1217.20.00
Volltext des Beschlusses://BB-ONLINE BBL2021-1690-1
Nicht Amtliche Leitsätze
1. Liegen die Voraussetzungen der nationalen Amtshilfe nach §§ 111 ff. AO vor, wofür ein an die Steuerbehörden Luxemburgs gerichtetes Auskunftsersuchen gemäß § 117 Abs. 1 AO zusammen mit den Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 EUAHiG und Art. 25 Abs. 1 DBA LUX ausreichend ist, stellt die Regelung des § 117 Abs. 1 AO auch ohne Hinzutreten einer weiteren speziellen Norm eine ausreichende Rechtsgrundlage für den grenzüberschreitenden Auskunftsverkehr zugunsten der deutschen Finanzverwaltung dar, durch die das Steuergeheimnis nicht verletzt wird.
2. Wird die Steuerfahndung objektiv und eindeutig erkennbar außerhalb des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens ausschließlich im Besteuerungsverfahren tätig, um Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, handelt sie im Rahmen des ihr zugewiesenen doppelfunktionalen Aufgabenbereichs zur Amtshilfe.
3. Stützt sich das Auskunftsersuchen auf tatsächliche Umstände/Erkenntnisse und ist ein Sachverhalt betroffen, der zur Besteuerung führen kann, ist die mögliche voraussichtliche Erheblichkeit für eine Besteuerung in dem um Auskunft ersuchenden Staat zu bejahen.
4. Die von der Finanzverwaltung im Wege des Ankaufs einer Daten-CD erlangten Erkenntnisse führen nicht zur Rechtswidrigkeit eines Auskunftsersuchens, selbst wenn der Datenbestand von einer nur den in den Datenankauf involvierten Finanzbeamten bekannten Person in möglicherweise krimineller Weise erlangt worden ist.
5. Weder im Steuerstrafverfahren noch im Besteuerungsverfahren besteht grundsätzlich keine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten bzgl. weiterer, auf möglicherweise rechtswidrig erlangten Erkenntnissen gestützte Ermittlungshandlungen.
FGO § 114 Abs. 1; EUAHiG § 6 Abs. 1; AO § 30 Abs. 4 Nr. 2, § 117 Abs. 1, § 111 Abs. 1, § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Antragsgegner berechtigt ist, aufgrund ihm vorliegender Erkenntnisse auf Basis einer sog. Steuerdaten-CD aus Luxemburg ein Auskunftsersuchen an die Steuerverwaltung in Luxemburg zu richten und damit weitere Informationen und Unterlagen über Geschäftsbeziehungen des Antragstellers zu einem in Luxemburg ansässigen Kreditinstitut zu erhalten.
Der im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Antragsteller, von Beruf Steuerberater, wird seit 2012 beim Finanzamt H unter der Steuernummer 1 geführt. Zuvor wurde der Antragsteller bis 2011 beim Finanzamt R unter der Steuernummer 2 bzw. davor beim Finanzamt R1 unter der Steuernummer 3 geführt. Für die Jahre 2010 bis 2015 gab er laufend Einkommensteuererklärungen ab.
Am 14. August 2019 übermittelte die Oberfinanzdirektion Y ein Ersuchen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K (nachfolgend: Steuerfahndung K) vom 8. August 2019 um Erteilung von Informationen durch das Großherzogtum Luxemburg bezüglich möglicher Kundenbeziehungen des Antragstellers zur früheren D Bank S.A. und jetzigen M Bank S.E., Luxembourg (nachfolgend: M Bank Luxemburg; vgl. Bl. 1 ff. der vom Antragsgegner geführten Verwaltungsakte -VA-). Konkret sollen betreffend Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für den Zeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2015 Bankinformationen betreffend den Antragsteller erbeten werden. Hintergrund des Auskunftsersuchens sind bankinterne Informationen (Kontonummer, Kundennamen, Geburtsdaten, Anschriften, Informationen zu Kundenbetreuern) über eine Vielzahl von Kunden der M Bank Luxemburg, die die deutsche Finanzverwaltung durch Ankauf einer sog. Steuerdaten-CD von einem Informanten erlangt hatte (vgl. Vermerk der Steuerfahndung K vom 17. Januar 2017, Bl. 30 der Gerichtsakte -GA-). In diesem Datenbestand fanden sich jedoch keine Angaben zu Anlagevolumina der einzelnen Bankkonten. Aufgrund eines solchen Ankaufs steuerlich relevanter Kundendaten erlangte die Steuerfahndung K auch Kenntnis davon, dass der Antragsteller am 18. Februar 2000 bei der M Bank Luxemburg unter der Kontonummer 4 ein Konto eröffnet hatte. Diese Kundenbeziehungen sowie die daraus erzielten Erträge seien in den Einkommensteuererklärungen des Antragstellers nicht angegeben worden (vgl. Gliederungspunkt B3-5. des Informationsersuchens, Bl. 7 der VA, sowie Bericht über die Ergebnisse der Vorermittlungen vom 16. Februar 2018, Bl. 45 der GA). Im Rahmen des beabsichtigten Auskunftsersuchens erbittet die Steuerfahndung K weitergehende Informationen zu der Geschäftsbeziehung zwischen dem Antragsteller und der M Bank Luxemburg, insbesondere zum aktuellen Inhaber sowie dem Verfügungsberechtigten des besagten Kontos, zum Kontensaldo zum Beginn und zum Ende des Ermittlungszeitraums (2010 bis 2015) und der Höhe der gezahlten Zinsen. Zudem bittet die Finanzbehörde um Übersendung von Kontounterlagen (vor allem Kontoauszüge, Erträgnisaufstellungen, Kontoeröffnungsunterlagen) und um Mitteilung, ob der Antragsteller über weitere Kontoverbindungen bei der M Bank Luxemburg verfügt (vgl. Gliederungspunkt C7 des Informationsersuchens, Bl. 8 f. der VA).
Auf der Grundlage der durch den besagten Ankauf der Steuerdaten-CD erlangten Informationen leitete die Steuerfahndung K gegen den Antragsteller wegen des Verdachts, das bei der M Bank Luxemburg angelegte Vermögen bzw. daraus erzielte Einkünfte steuerlich in seinen Einkommensteuererklärungen nicht erklärt zu haben, ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Hierüber wurde der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Februar 2018 (Bl. 48 der GA) informiert. Der Antragsteller wurde aufgefordert, Unterlagen bezüglich des bei der M Bank Luxemburg angelegten Vermögens vorzulegen. Seitens des Antragstellers erfolgte gegenüber der Steuerfahndung K insoweit keine Stellungnahme.
Bereits vor Weiterleitung des hier streitgegenständlichen Auskunftsersuchens an die Oberfinanzdirektion Y teilte die Steuerfahndung K dem Antragsteller mit Schreiben vom 23. April 2019 (Bl. 10 der VA) und nochmals mit Schreiben vom 18. Februar 2020 (Bl. 51 der GA) mit, dass ein Auskunftsersuchen im Rahmen des zwischenstaatlichen Informationsaustausches beabsichtigt ist. Während im ersten Schreiben als Rechtsgrundlage Art. 25 des Doppelbesteuerungsabkommen Luxemburg genannt wurde, wurde im zweiten Schreiben ergänzt, dass der Auskunftsverkehr nach Maßgabe der EU-Amtshilferichtlinie stattfinden soll. Hierauf antwortete der Verteidiger des Antragstellers mit Schriftsätzen vom 21. Mai 2019 (Bl. 11 der VA) bzw. vom 25. März 2020 (Bl. 17 der VA; Bl. 53 der GA) und wies darauf hin, dass das beabsichtigte Auskunftsersuchen rechtswidrig sei, insbesondere da dieses auf rechtswidrig erlangten Informationen beruhe, und die Beantwortung des Auskunftsersuchens in Luxemburg gegen dort geltendes Recht verstoßen würde.
Mit Schreiben vom 29. April 2020 (Bl. 19 der VA sowie Bl. 55 der GA) nahm der Antragsgegner zum geplanten Auskunftsersuchen Stellung und teilte dem seinerzeitigen Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass die Weiterleitung des Auskunftsersuchens gemäß § 6 Abs. 1 EUAHiG i.V.m. § 117 Abs. 1 AO rechtmäßig sei und er die Informationen am 1. Juni 2020 an die luxemburgische Steuerverwaltung weiterleiten werde, wenn nicht vorher ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt werde.
Der Antragsteller stellte am 29. Mai 2020 einen solchen Antrag beim erkennenden Gericht, den er im Wesentlichen wie folgt begründen: Dem Antragsteller stehe ein Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner zu, da das beabsichtigte Auskunftsersuchen das Steuergeheimnis des Antragstellers verletze und daher unzulässig sei. Das Auskunftsersuchen sei insbesondere nicht gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 1 AO, § 6 Abs. 1 EUAHiG gerechtfertigt.
Der Steuerfahndung K, die als inländische Finanzbehörde das Auskunftsersuchen initiiere, stehe bereits keine Befugnis zur Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Amtshilfe zu, jedenfalls wenn sie, wie vorliegend, lediglich im Rahmen ihrer Aufgabenzuweisung gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO, d.h. im Steuerstrafverfahren tätig werde. Ein Informationsaustausch in Steuersachen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 EUAHiG setze ein Besteuerungsverfahren voraus und ermögliche gerade kein Rechtshilfeersuchen im Strafverfahren. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens sei regelmäßig davon auszugehen, dass die Steuerfahndung in Ausübung ihrer Primäraufgabe im Rahmen des Steuerstrafverfahrens ermittle, selbst wenn dies zugleich dem Besteuerungsverfahren diene (Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 6. Februar 2001, VII B 277/00 [BB 2001, 561 Ls]). Ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens stelle eine Maßnahme zur Erforschung von Steuerstraftaten im Sinne von § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dar, auch soweit die Steuerfahndung gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO tätig werde, da die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen hiernach im Zusammenhang mit der strafprozessual zu verstehenden Aufgabe der Steuerfahndung zu sehen sei. Auch die Abstimmung der Steuerfahndung K mit der Staatsanwaltschaft in Bezug auf das streitgegenständliche Auskunftsersuchen belege, dass die Steuerfahndung K bisher nur im Strafverfahren tätig werde. Der Steuerfahndung stehe die Befugnis, ein Auskunftsersuchen im zwischenstaatlichen Informationsverkehr zu stellen, auch nicht gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 AO zu, denn auch insoweit nehme die Steuerfahndung eine ihr für die Erforschung von Steuerstraftaten übertragene Befugnis war (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 20. April 1983, VII R 2/82). Die Regelungen des EUAHiG seien leges speciales gegenüber den Regelungen in § 208 AO. Ein Besteuerungsverfahren, das für den Informationsaustausch in Steuersachen erforderlich sei, werde jedoch durch § 208 Abs. 1 Satz 2 AO weder begründet noch fingiert. Der Antragsgegner habe bislang auch nicht dargelegt, welchem konkreten Besteuerungsverfahren die Informationen dienen sollen. Vielmehr diene das Auskunftsersuchen allein dem Steuerstrafverfahren. Im Übrigen sei die Steuerfahndung K für den steuerlich in H geführten Antragsteller nicht zuständig.
Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen nicht dargelegt, da die hierfür angeführten tatsächlichen Umstände aus der Steuerdaten-CD aus Luxemburg herrührten und einem steuerlichen Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren unterlägen. In der Folge diene das Ersuchen einer unzulässigen Beweisausforschung („fishing expeditions“), die jedoch auch nach dem EUAHiG unzulässig sei. Vorliegend fehlten irgendwelche Anhaltspunkte für eine etwaige steuererhebliche Bankbeziehung der Antragsteller in Luxemburg, weil die diesen zu Grunde liegenden bankinternen Daten aus der Steuerdaten-CD steuerrechtlich nicht verwertbar seien. Ein qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot liege nach der Rechtsprechung vor, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletze. Im Zusammenhang mit dem Ankauf von Steuerdaten-CDs stehe eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes im Raum. Das Handeln eines privaten Informanten, der rechtswidrig bzw. strafbar ausländische Bankdaten erlangt und übermittelt habe, sei je nach Ausmaß und Grad der staatlichen Beteiligung, vor allem im Hinblick auf die Entstehung einer Anreizwirkung zur Beschaffung dieser Daten, der staatlichen Sphäre zuzurechnen. In der Folge könne aufgrund der aktiven Beschaffung von Daten durch hoheitlich tätige Stellen ein Verwertungsverbot in Betracht kommen (Verweis auf den BVerfG-Beschluss vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09; Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Februar 2014, VGH B 26/13).
Vorliegend begründeten die Gesamtumstände ein solches qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren. Das Handeln der privaten Informanten sei deutschen staatlichen Stellen zuzurechnen, da diese in den vergangenen zehn Jahren dauerhaft, bewusst und planmäßig „gestohlene“ Bankdaten ausländischer Banken und Finanzdienstleister von hierzu Unberechtigten entgeltlich erworben hätten. Durch staatliche Stellen sei zielgerichtet ein Markt für derartige Bankdaten begründet worden, ohne dass eine gesetzliche Grundlage für eine derartige Informationsbeschaffung bestehe. Hierdurch sei der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, weil auch Bankdaten personenbezogene Daten bzw. Daten seien, die ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstellten. Mit der Erlangung der Bankdaten sei der Straftatbestand der Beteiligung an einem Verrat von Geschäftsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG erfüllt worden. Diese Tat richte sich gegen die Interessen des betroffenen Kreditinstituts und deren Kunden. Die vermeintliche Straflosigkeit beruhe im Wesentlichen darauf, dass die Details der Abläufe bisher geheim gehalten worden seien. Die Steuerbehörden hätten sich nicht nur rein passiv verhalten und Daten entgegen genommen, sondern die Informanten im Rahmen längerer Verhandlungen aufgefordert, ergänzende Daten zu beschaffen. Zudem hätten die Beamten ihr Verhalten hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten an den deliktischen Plänen der Informanten angepasst, statt auf Grundlage der Strafprozessordnung zu agieren.
Das Auskunftsersuchen sei zudem deshalb unzulässig, weil dem Großherzogtum Luxemburg ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäß Art. 17 Abs. 4, 2. Halbsatz der EU‑Amtshilferichtlinie (entspricht § 4 Abs. 3 Nr. 4 EUAHiG) zustünde. Danach sei der ersuchte Staat nicht zur Auskunftserteilung verpflichtet, wenn dies seiner öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspreche. Zwar stelle § 4 Abs. 3 Nr. 4 EUAHiG diese Anforderung ausdrücklich nur für die Auskunftserteilung auf, nicht jedoch für ein Ersuchen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG. Jedoch müsse die Vorschrift richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass ein ausländischer Staat bereits nicht zu einer Auskunftserteilung aufgefordert werden dürfe, die seinem inländischen ordre public widerspreche. Soweit ein Auskunftsersuchen der deutschen Finanzverwaltung auf Daten, die zuvor unter Verletzung des luxemburgischen Bankgeheimnisses entwendet worden seien, gestützt werde, liege aus luxemburgischer Sicht in der begehrten Auskunft eine Verletzung des Bankgeheimnisses und damit ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, denn durch die Übermittlung der begehrten Informationen komme es zu einer Verfestigung der ursprünglichen Verletzung des ordre public. In Luxemburg sei das dortige Bankgeheimnis als Teil des ordre public anzusehen. Es sei im nationalen Recht in Art. 41 des Gesetzes über den Finanzsektor kodifiziert und mit der Strafvorschrift in Art. 458 des Strafgesetzbuchs strafbewehrt.
Dem stehe Art. 18 Abs. 2 der EU-Amtshilferichtlinie (entspricht § 4 Abs. 5 EUAHiG) nicht entgegen. Danach seien Informationen einer Bank zwar nicht absolut von einer Auskunftserteilung ausgeschlossen. Jedoch sei das Bankgeheimnis als Teil des luxemburgischen ordre public dadurch nicht aufgegeben worden. Vorliegend gehe es nicht um die Unzulässigkeit der begehrten Auskunft aufgrund der Tatsache, dass die Information bei einer Bank anzufragen sei, sondern vielmehr darum, dass bereits am Ursprung der Informationskette eine Verletzung des luxemburgischen ordre public stehe.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09) stehe dem nicht entgegen, da sich diese Entscheidung lediglich auf die Begründung eines Anfangsverdachts aufgrund rechtswidrig erlangter Beweismittel und deren spätere Verwertbarkeit im Rahmen eines Strafverfahrens beziehe. Aus der Entscheidung folge jedoch nicht, dass die Finanzverwaltung aufgrund rechtswidrig erlangter Informationen andere Staaten zur weiteren rechtswidrigen Preisgabe von Daten auffordern dürfe. Die Behörden hätten weiterhin bei Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme die Rechtmäßigkeit der Beweiserhebung zu beachten und dürften sich nicht lediglich auf die Prüfung eines Beweisverwertungsverbots beschränken.
Der Einwand des Antragsgegners, das Recht des ersuchten Staates sei vor dem Auskunftsersuchen durch inländische Behörde nicht zu prüfen, sei nicht überzeugend. Dies könne allenfalls für detailgenaue Fragen des luxemburgischen Rechts gelten, nicht jedoch für einen offensichtlich vorliegenden Rechtsverstoß. In der deutschen Fachliteratur werde in zahlreichen Beiträgen bestätigt, dass ein Auskunftsersuchen aufgrund von Informationen, die unter Verstoß gegen das luxemburgische Bankgeheimnis erlangt worden seien, unzulässig sei (vgl. zu den Nachweisen Bl. 23 der GA).
Der Antragsteller hätte schließlich ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der ihn betreffenden Daten dargelegt. Infolge eines unbefugten Auskunftsverlangens drohe dem Antragsteller eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Steuergeheimnis sei Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf informationelle Selbstbestimmung.
Ein Anordnungsgrund sei jedenfalls gegeben, da durch ein rechtswidriges Auskunftsersuchen das subjektive Recht des Antragstellers auf Wahrung des Steuergeheimnisses verletzt werde und dies ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht mehr rückgängig gemacht werden könne.
Hilfsweise trägt der Antragsteller vor, bei Weiterleitung des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens gegenüber der luxemburgischen Steuerverwaltung müsse jedenfalls die Herkunft der Informationen offengelegt und der Vorgang des Datenankaufs detailliert beschrieben werden. Dies folge aus dem Recht der Antragsteller auf vollständige Auskunftsübermittlung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 17 Abs. 1, 2 EUAHiG. In einem Auskunftsersuchen, das nach dem Standardformblatt zu übermitteln sei, seien die dem Amtshilfeersuchen zugrundeliegenden Tatsachen anzugeben. Des Weiteren habe der ersuchende Staat dem ersuchten Staat die Gründe für die Annahme, dass die ersuchten Informationen dem ersuchten Vertragsstaat vorliegen oder sich im Besitz oder in der Verfügungsmacht einer Person im Hoheitsbereich des ersuchten Vertragsstaats befinden sollen, mitzuteilen. Hierzu gehörten auch die Umstände, aufgrund derer der Antragsgegner die Informationen über den Antragsteller erlangt habe. Nur wenn die luxemburgische Steuerverwaltung vollständige Kenntnis der Umstände der Informationserlangung durch die deutschen Behörden habe, läge eine vollständige Entscheidungsgrundlage und die Möglichkeit vor, Auskunftsverweigerungsrechte gemäß Art. 17 Abs. 4, 2. Halbsatz der EU‑Amtshilferichtlinie zu prüfen. Eine sachgerechte Prüfung setze auch die Darlegung des Ankaufs der Daten in allen Einzelheiten voraus, damit insbesondere diejenigen Sachverhaltsumstände bekannt seien, die über die Strafbarkeit des Verhaltens der Steuerfahnder entscheiden würden.
Entsprechende Anforderungen ergäben sich zudem aufgrund der Vorschriften im Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Luxemburg (Art. 25) und dem dazugehörigen Protokoll (Art. 5 Abs. 1 Buchst. e). Aufgrund des die Verwaltung bindenden Rechtsstaatsprinzips habe die Übermittlung der Informationen wahrheitsgemäß und vollständig zu erfolgen. Soweit Beweise in einer vom Normalfall abweichenden Weise gewonnen worden seien, sei auch für das innerstaatliche Strafprozessrecht anerkannt, dass etwa zur Begründung von Ermittlungsmaßnahmen die Umstände der Beweiserhebung darzulegen seien (Verweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 24. Februar 2014, VGH B 26/13). Ansonsten werde durch eine möglicherweise unvollständige Übermittlung der Rechtsschutz beeinträchtigt. Aufgrund der bisherigen Korrespondenz stehe zu befürchten, dass der Antragsgegner den Steuerbehörden in Luxemburg die Herkunft der Informationen, auf denen das streitgegenständliche Auskunftsersuchen beruhe, nicht offenlege, wie dies jedoch nach den Rechtsvorschriften der EU-Amtshilferichtlinie erforderlich sei. Damit vereitelte der Antragsgegner das der luxemburgischen Steuerverwaltung zustehende Auskunftsverweigerungsrecht, wenn die Auskunftserteilung der öffentlichen Ordnung widerspreche. Insoweit drohe eine irreversible Verletzung der Rechte des Antragstellers, da nach luxemburgischen Recht gegen eine Auskunftserteilung kein Rechtsbehelf möglich sei. Lediglich dem Inhaber der Informationen, also etwa dem luxemburgischen Kreditinstitut, sei die Möglichkeit eröffnet, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die Anordnung der Informationserteilung in Anspruch zu nehmen.
Hilfsweise trägt der Antragsteller des Weiteren vor, das Auskunftsersuchen müsse auf Informationen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 beschränkt werden, da die EU‑Amtshilferichtlinie und die innerstaatlichen Umsetzungsvorschriften eine Amtshilfe in Bezug auf Bankinformationen im Verhältnis zu Luxemburg erst ab diesem Zeitraum erlauben würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 29. Mai 2020 und vom 17. Juli 2020 Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
1. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, das im Schreiben des Antragsgegners vom 29. April 2020 angesprochene Auskunftsersuchen des Finanzamts K (übermittelt durch Schreiben der OFD Y) in Bezug auf Unterlagen zu Bankinformationen des Antragstellers bei der M Bank S.E. (ehemals: D Bank S.A.) an die Behörden des Großherzogtums Luxemburg weiterzuleiten,
hilfsweise
2. dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache aufzugeben, bei einer Weiterleitung des Auskunftsersuchens an das Großherzogtum Luxemburg zu (vermeintlichen) Bankbeziehungen des Antragstellers bei der M Bank S.E. (ehemals: D Bank S.A.) in Luxemburg
a) darzustellen, dass deutsche staatliche Stellen die dem Auskunftsersuchen zugrunde liegenden bankinternen Daten der M Bank S.E. (ehemals D Bank S.A.) von einem nicht berechtigten Veräußerer entgeltlich erworben haben, der die bankinternen Daten ohne erkennbare Rechtsgrundlage erlangte,
b) den Vorgang des Ankaufs der Daten in allen Einzelschritten mit der dazu gehörenden Kommunikation mit dem Informanten den luxemburgischen Behörden gegenüber offenzulegen sowie
c) die Anfrage auf Angaben zu Bankinformationen ab dem Veranlagungszeitraum 2011 zu beschränken.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Es fehle bereits an einem Anordnungsgrund im Sinne von § 114 Abs. 1 FGO, da der Antragsteller nicht glaubhaft dargelegt habe, dass ihm wesentliche Nachteile entstünden, die nur durch den Erlass einer einstweilen Anordnung abzuwenden wären. Ein derartiger Nachteil könne insbesondere nicht in einer zutreffenden Besteuerung in Deutschland und auch nicht in der Gefahr nachteiliger Beeinträchtigungen für Geschäftsbeziehungen zu einem ausländischen Geschäftspartner liegen.
Zudem bestehe kein Anordnungsanspruch, weil vorliegend die Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen gemäß § 117 Abs. 1 AO i.V.m. § 6 Abs. 1 EUAHiG sowie gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg vorlägen. Für die zwischenstaatliche Amtshilfe müssten zunächst die Voraussetzungen der nationalen Amtshilfe gemäß §§ 111 ff. AO vorliegen. Gemäß § 111 AO dürfe die zur Durchführung der Besteuerung erforderliche Amtshilfe gefordert werden. Dies sei der Fall, wenn die deutsche Finanzbehörde aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Ermittlungen im Ausland nicht oder nur mit wesentlich größerem Aufwand als die ersuchte Ausgangsbehörde vornehmen könne (vgl. § 112 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 AO). Hierbei sei zu beachten, dass die Finanzbehörde gemäß § 88 AO den Umfang der Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen und bei der gemäß §§ 85, 88 AO zu erfolgenden Sorgfaltsermittlung zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch nehmen könne, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die inländischen Beteiligten nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Es komme daher sowohl gemäß § 6 Abs. 1 EUAHiG i.V.m. § 117 Abs. 1 AO als auch gemäß Art. 25 DBA Luxemburg auf die Erforderlichkeit bzw. die voraussichtliche Erheblichkeit des beabsichtigten Auskunftsersuchens an. Wie sich aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung auch des EuGH (Verweis auf das Urteil vom 16. Mai 2017, C-682/15, Rs. Berlioz [EWS 2017, 158, RIW 2017, 454]) ergebe, solle hierdurch ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang gewährleistet werden. Hierbei habe die die Ermittlungen führende, d.h. die um Auskunft ersuchende Behörde zu beurteilen, ob die erbetenen Informationen voraussichtlich erheblich seien, da diese Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungen die Informationen zu bestimmen habe, die sie mit Blick auf ihr nationales Recht für notwendig halte. Die ersuchte Behörde habe sodann lediglich zu prüfen, ob den erbetenen Informationen die voraussichtliche Erheblichkeit nicht völlig fehle. Vor diesem Hintergrund müssten sich die deutschen Finanzbehörden weder mit dem luxemburgischen Bankgeheimnis noch mit dem luxemburgischen ordre public auseinandersetzen.
Die vorliegend erbetenen Auskünfte seien für die Besteuerung nach deutschem Recht voraussichtlich erheblich. Sie hätten einen konkreten Fallbezug und stellten daher keine Ermittlungen „ins Blaue“ dar. Der vorliegende Sachverhalt sei hinsichtlich der Jahre 2007 bis 2015 bezüglich der tatsächlichen Umsätze bzw. Gewinne des Antragstellers noch nicht vollständig aufgeklärt. Zur weiteren Aufklärung sei, da sich die Ermittlungsbefugnisse der deutschen Finanzverwaltung auf das deutsche Staatsgebiet beschränkten, das vorliegende Auskunftsersuchen erforderlich, da nur auf diese Weise die auf die in Luxemburg geführten Bankkonten geflossenen Zahlungen bzw. daraus erzielte Einnahmen überprüft werden könnten. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch die deutsche Finanzbehörde mit den innerstaatlich zustehenden Ermittlungsbefugnissen führe nicht zum Ziel bzw. verspreche keinen Erfolg, insbesondere da der Antragsteller sich geweigert hätte, entsprechende Informationen zu den besagten Bankkonten offenzulegen.
Schließlich unterlägen die bisher gewonnenen Ermittlungsergebnisse insbesondere aufgrund der angekauften Bankdaten, die Grundlage des Auskunftsersuchens seien, keinem Verwertungsverbot. Der Erwerb der Bankdaten führe zu keinem absoluten Verwertungsverbot und stelle insbesondere keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes dar.
Im Übrigen seien alle Informationen, die ein Staat im Rahmen des Auskunftsverkehrs erhalte, aufgrund des sog. internationalen Steuergeheimnisses gemäß Art. 16 Abs. 1 der EU-Amtshilferichtlinie sowie gemäß Art. 25 DBA Luxemburg ebenso geheim zu halten, wie die aufgrund des innerstaatlichen Rechts beschafften Informationen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15. Juni 2020 Bezug genommen.
Aus den Gründen
Der Antrag ist unbegründet
II. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet.
Die Finanzgerichtsordnung sieht die einstweilige Anordnung vor
1. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist, dass der im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) bezeichnet und glaubhaft gemacht werden (§ 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung -ZPO-). Bezeichnung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs bedeuten, dass der Antragsteller den Anspruch rechtlich schlüssig darlegen und dessen tatsächliche Voraussetzungen glaubhaft machen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 294 ZPO).
Das Begehren ist auf eine Sicherungsanordnung gerichtet
2. Vorliegend begehrt der Antragsteller den Erlass einer Sicherungsanordnung, denn durch die gerichtliche Anordnung möchte er verhindern, dass der Antragsgegner die luxemburgischen Steuerbehörden um für die Besteuerung in Deutschland möglicherweise bedeutsame Informationen über die Geschäftsbeziehungen des Antragstellers zur M Bank Luxemburg ersucht.
Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag bleiben ohne Erfolg
3. Das Antragsbegehren hat sowohl mit dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag keinen Erfolg. Es mangelt bereits an einem Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat keinen Anspruch gegen den Antragsgegner, das beabsichtigte Auskunftsersuchen an die luxemburgische Steuerverwaltung einstweilen zu unterlassen. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 30 AO, denn der Antragsteller hat es gemäß § 1004 Abs. 2 BGB analog zu dulden, dass die beabsichtigte Auskunft bei der Steuerverwaltung Luxemburgs eingeholt wird, um weitere Auskünfte zu den möglichen Beziehungen der Antragsteller zur M Bank Luxemburg zu erhalten. Das vorliegende Informationsersuchen wurde von dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung K als zuständige inländische Finanzbehörde initiiert, basiert auf im Besteuerungsverfahren verwertbaren Informationen, ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden und verstößt insbesondere nicht gegen die Pflicht, das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO zu wahren. Schließlich hat der Antragsteller auch keinen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner im Auskunftsersuchen explizit darauf hinweist, dass die dem Amtshilfeersuchen zugrundeliegenden Erkenntnisse aus einer angekauften Daten-CD herrühren, dass der Antragsgegner im Auskunftsersuchen die Details des Datenankaufs mitteilt oder dass die erbetenen Bankinformationen auf Veranlagungszeiträume ab 2011 beschränkt werden.
Der Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB ist analog anzuwenden
a) Nach der höchstrichterlichen Finanzrechtsprechung, der sich der Senat anschließt, ist als Grundlage für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – in analoger Anwendung – i.V.m. § 30 AO anerkannt (vgl. BFH-Beschluss vom 29. April 1992, I B 12/92, BStBl. II 1992, 645 [BB 1992, 1203 Ls]). Die Voraussetzungen für einen derartigen Unterlassungsanspruch sind vorliegend jedoch nicht erfüllt. Der Anspruch des Antragstellers auf Wahrung des Steuergeheimnisses ist insoweit eingeschränkt, da sich aus § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO i.V.m. § 117 Abs. 1 AO sowie auch aus § 6 Abs. 1 EUAHiG und Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg eine Rechtfertigung für die mit dem Auskunftsersuchen verbundene Offenbarung von dem Steuergeheimnis unterliegenden Verhältnissen des Antragstellers ergibt.
Die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen kann gesetzlich erlaubt sein
b) Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO ist die Offenbarung der Verhältnisse eines Steuerpflichtigen erlaubt, soweit sie durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist. Zu diesen Gesetzen gehören auch die Rechtsgrundlagen des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs (vgl. Bozza-Bodden, DStJG Band 36, 2013, 133, 154). Vorliegend leitet der Antragsgegner seine Befugnis, das Auskunftsersuchen zu stellen, zu Recht aus § 117 Abs. 1 AO bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG und Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg ab; insoweit steht gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO das Steuergeheimnis nicht entgegen.
Die Rechtsgrundlage für den grenzüberschreitenden Auskunftsverkehr ist gegeben
aa) Gemäß § 117 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen. Die Regelung stellt auch ohne Hinzutreten einer weiteren speziellen Norm eine ausreichende Rechtsgrundlage für den grenzüberschreitenden Auskunftsverkehr zugunsten der deutschen Finanzverwaltung dar (vgl. Seer in Tipke/Kruse § 117 Rn. 10; Matthes in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO, § 117 Rn. 51). Durch eine Maßnahme, die sich in diesem rechtlichen Rahmen hält, wird das Steuergeheimnis nicht verletzt (vgl. BFH‑Beschluss vom 29. April 1992, I B 12/92, BStBl. II 1992, 645 [BB 1992, 1203 Ls]). Für Auskunftsersuchen der inländischen Finanzbehörden ist daher weder eine spezielle Ermächtigungsgrundlage, etwa nach dem EUAHiG oder einer vergleichbaren Umsetzungsvorschrift, noch eine DBA‑Auskunftsklausel erforderlich. Allerdings müssen zugleich die Voraussetzungen der nationalen Amtshilfe (§§ 111 ff. AO) vorliegen.
Gemäß § 111 Abs. 1 AO muss die Amtshilfe zur Durchführung der Besteuerung erforderlich sein. Eine Finanzbehörde kann gemäß § 112 Abs. 1 Nr. 1 AO insbesondere dann um Amtshilfe ersuchen, wenn sie aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann. Gemäß § 88 Abs. 1 AO hat die Finanzverwaltung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerungspflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, zu Gunsten und zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen. Die Finanzbehörde trägt also die Verantwortung für die Sachaufklärung, sie hat zugleich die Verfahrensherrschaft bei der Sachaufklärung. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rn. 1). Soweit eigene Sachaufklärungen im Ausland unzulässig sind, muss sich die Finanzbehörde der zwischenstaatlichen Amtshilfe bedienen, um dem Untersuchungsgrundsatz zu entsprechen. (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852 und vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rn. 6; Hendricks in Beermann/Gosch, § 117 AO Rn. 7; Schäffkes/Fechner/Schreiber, DB 2017, 1668).
Die Finanzbehörde kann ein Ersuchen stellen
bb) Gemäß § 1 Abs. 1 EUAHiG regelt das EU-Amtshilfegesetz den Austausch von voraussichtlich erheblichen Informationen in Steuersachen zwischen Deutschland und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 EUAHiG ist das zentrale Verbindungsbüro in den Fällen von § 5 Abs. 1 Nr. 5 Finanzverwaltungsgesetz (FVG) das Bundeszentralamt für Steuern. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG ist die (zuständige) Finanzbehörde befugt, ein Ersuchen zu stellen, welches das zentrale Verbindungsbüro dem anderen Mitgliedstaat nach den Vorschriften dieses Gesetzes weiterleitet. Darin kann um sachdienliche behördliche Ermittlungen ersucht werden; Originaldokumente können erbeten werden, soweit sie für das weitere Verfahren notwendig sind (§ 6 Abs. 1 Sätze 2, 3 EUAHiG). Gemäß § 6 Abs. 3 EUAHiG hat die Finanzbehörde, bevor sie ein Ersuchen stellt, alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen, es sei denn, die Durchführung der Ermittlungen wäre mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden oder stellt sich als nicht Erfolg versprechend dar.
Zwischen Deutschland und Luxemburg gilt die Auskunftsklausel des DBA
cc) Gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des deutsch-luxemburgischen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und Verhinderung der Steuerhinterziehung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA Luxemburg) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. II 2012, 1403; BGBl. II 2014, 728) tauschen die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die lnformationen aus, die zur Durchführung dieses Abkommens oder zur Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts betreffend Steuern jeder Art und Bezeichnung, die für Rechnung eines Vertragsstaats, einer seiner Gebietskörperschaften oder – im Fall der Bundesrepublik Deutschland – eines seiner Länder erhoben werden, voraussichtlich erheblich sind, soweit die diesem Recht entsprechende Besteuerung nicht dem Abkommen widerspricht. Die Norm entspricht insoweit mittlerweile dem Art. 26 des OECD-Musterabkommens.
Das Ansuchen um Amtshilfe an ausländische Behörden ist zulässig
dd) Wie sich aus § 117 Abs. 1 AO i.V.m. § 111 Abs. 1 Satz 1, § 112 Abs. 1 Nr. 1 AO ergibt, dürfen ausländische Finanzbehörden um Amtshilfe ersucht werden, wenn die begehrten Auskünfte für Zwecke der deutschen Besteuerung erforderlich sind, insbesondere wenn die inländische Finanzbehörde aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann, weil sie keine Sachverhaltsermittlungen im Ausland führen kann. Vergleichbar ist dies in § 6 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG geregelt, wonach eine Finanzbehörde befugt ist, um sachdienliche behördliche Ermittlungen zu ersuchen. Es muss ein Bezug zur Besteuerung im ersuchenden Staat bestehen. Das Erforderlichkeitsmerkmal verlangt in der Regel einen Einzelfallbezug, d.h. es muss die ernstliche Möglichkeit bestehen, dass die begehrten Informationen Bedeutung in einzelnen (oder mehreren) konkreten Steuerfällen haben können (FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769). Dies wiederum erfordert, dass die Finanzbehörde darlegt, aus welchen Gründen ein beabsichtigtes Auskunftsersuchen für die inländische Besteuerung relevant ist (vgl. hierzu auch EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C-682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158, RIW 2017, 454]).
Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit der Auskunftserteilung ist sowohl nach § 111 Abs. 1 AO als auch den Vorschriften des EUAHiG (vgl. § 1 Abs. 1 EUAHiG) und den DBA-Auskunftsklauseln (vgl. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 DBA Luxemburg; Art. 26 Abs. 1 Satz 1 OECD-Musterabkommen) maßgebliches Kriterium bei der Beurteilung, ob eine begehrte Information verlangt bzw. weitergeleitet werden darf. Das Merkmal ist in den einschlägigen Normen zwar unterschiedlich umschrieben, jedoch hat dies keine praktischen Auswirkungen. Trotz der unterschiedlichen Terminologie sind die Tatbestandsmerkmale „Erforderlichkeit“, „Sachdienlichkeit“ bzw. „voraussichtliche Erheblichkeit“ im Zusammenhang mit den Regelungen zum Auskunftsverkehr einheitlich zu verstehen und weisen keinen maßgeblichen Unterschied zu dem Erforderlichkeitskriterium i.S.v. § 117 Abs. 1 AO auf (vgl. FG Köln, Beschlüsse vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769 und vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351).
Es entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH, dass ein auf der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (EU‑Amtshilferichtlinie; ABl. Nr. L 64, 1) beruhendes Informationsersuchen eines Mitgliedstaates an einen anderen Mitgliedstaat voraussetzt, dass die begehrte Information für eine Besteuerung im ersuchenden Staat „voraussichtlich erheblich ist“. Dies verlangt, dass aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158]).
Beide Rechtsgrundlagen zur Auskunftserteilung sind erfüllt
c) Diese Voraussetzungen für ein an die Steuerbehörden Luxemburgs gerichtetes Auskunftsersuchen gemäß § 117 Abs. 1 AO sind hier – ebenso wie die entsprechenden Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 EUAHiG bzw. Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg – erfüllt.
Die Steuerfahndung ist zuständige Behörde
aa) Die Steuerfahndung K, auf deren Initiative und für deren Ermittlungen das Auskunftsersuchen ergehen soll, ist die für die im Inland geführten Ermittlungen zuständige Behörde, der die Befugnisse für den zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr in Steuersachen zustehen.
Die Zuständigkeit der Steuerfahndung berührt nicht die Zuständigkeit des Wohnsitzfinanzamts zur steuerlichen Veranlagung
(1) Die Zuständigkeit der Steuerfahndung K folgt bereits aus § 388 Abs. 1 Nr. 1 AO, da sich im Zuge der Auswertung der Daten-CD durch diese Behörde der gegen den Antragsteller gerichtete Verdacht der Steuerstraftat aufgrund möglicherweise nicht erklärter steuerpflichtiger Einkünfte aus der Geschäftsbeziehung zur M Bank Luxemburg ergab. Dies erstreckt sich primär auf das Steuerstrafverfahren, darüber hinaus aber jedenfalls auch auf damit im Zusammenhang stehende Ermittlungen bzgl. der Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Die Zuständigkeit wird von einer weiteren fakultativen Zuständigkeit für das Steuerstrafverfahren etwa gemäß § 388 Abs. 1 Nr. 2 AO des für die steuerliche Veranlagung zuständigen Wohnsitzfinanzamts des betroffenen Steuerpflichtigen nicht berührt.
Die konkrete Maßnahme ist zulässig, wenn das Auskunftsersuchen in den zugewiesenen Aufgabengbereich der Behörde fällt
(2) Bei der Überprüfung einer konkreten Tätigkeit der Steuerfahndung auf ihre Rechtmäßigkeit hin ist nach der Rechtsprechung BFH, der sich der Senat anschließt, zwischen der Aufgabenzuweisung einerseits (vgl. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 AO) und den zur Erfüllung dieser Aufgaben verliehenen Befugnissen andererseits (vgl. § 208 Abs. 1 Satz 2 AO) zu unterscheiden. Eine konkrete Maßnahme der Steuerfahndung ist hiernach rechtmäßig, wenn sich die Steuerfahndung dabei im Rahmen des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs gehalten hat und ihr die in Anspruch genommene Befugnis nach dem Gesetz auch zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 – II R 3/04, BFH/NV 2006, 1; Beschluss vom 21. März 2002, VII B 152/01, BStBl. II 2002, 495 [BB 2002, 1076]).
Die Steuerfahndung wird in ihrem Zuständigkeitsbereich tätig
(3) Mit dem vorliegenden Auskunftsersuchen wird die Steuerfahndung K im Rahmen des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs tätig.
Ermittelt die Steuerfahndung gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO Besteuerungsgrundlagen, kann es sich trotz des Zusammenhangs mit einem Strafverfahren um eine Abgabenangelegenheiten handeln, für die – wie auch vorliegend – überhaupt erst der Finanzrechtsweg eröffnet ist (vgl. Hessisches FG, Beschluss vom 29. April 2005, 6 V 2827/04, n.v., juris). Mit § 208 Abs. 1 AO ist der Steuerfahndung eine Doppelfunktion zugewiesen. Sie kann sowohl in Steuerstrafsachen als auch als Steuerermittlungsbehörde in Abgabenangelegenheiten tätig werden. Es hängt vom Einzelfall ab, ob konkret eine Abgabenangelegenheit oder eine dem Straf- oder Bußgeldverfahren zuzuordnende Sache zu entscheiden ist. Ist gegen die Person, gegen die sich die Maßnahme der Steuerfahndung richtet oder richten soll, ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet und noch nicht abgeschlossen, wird die Steuerfahndung regelmäßig im Strafverfahren tätig (vgl. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO), auch wenn sie im Zusammenhang mit dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren gem. § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO Besteuerungsgrundlagen ermittelt. Nur wenn die Behörde in solchen Fällen nach außen objektiv und eindeutig erkennbar außerhalb des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens ausschließlich im Besteuerungsverfahren tätig wird, handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit und ist der Finanzrechtsweg gegeben (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1986, I B 28/86, BStBl. II 1987, 440 [BB 1987, 1381 Ls]; vom 6. Februar 2001 VII B 277/00, BFH/NV 2001, 709 [BB 2001, 561 Ls]).
Eine Maßnahme im steuerlichen Ermittlungsverfahren liegt vor
(4) Vorliegend handelt es sich bei dem Auskunftsersuchen der Steuerfahndung K um eine Maßnahme im steuerlichen Ermittlungsverfahren gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Die Steuerfahndung stützt sich ausdrücklich auf die Regelung zwischenstaatlichen Informationsaustausches
α) Dafür spricht bereits der von der Finanzbehörde gewählte Weg des Auskunftsersuchens auf Grundlage der EU‑Amtshilferichtlinie, gegen deren Weiterleitung sich der Antragsteller wendet. Die Steuerfahndung K stützt sich ausdrücklich auf die Regelung zwischenstaatlichen Informationsaustausches in Steuersachen (vgl. Bl. 3 der VA). Ermittlungsmaßnahmen im laufenden Steuerstrafverfahren gegen den Antragsteller wurden seitens der Steuerfahndung im Ergebnis der Vorermittlungen am 16. Februar 2018 ausdrücklich als „nicht geboten, da (…) außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache“ stehend angesehen, insbesondere da aufgrund bekannter hoher Verlustvorträge in den von den Ermittlungen betroffenen Veranlagungszeiträumen (bisher) kaum Steuern festgesetzt worden seien und daher eine Durchsuchungsmaßnahme nicht geboten erscheine (vgl. Bl. 47 der GA). Die weitere Sachverhaltsaufklärung sollte daher explizit im Steuerverfahren erfolgen. In der Mitteilung über die Eröffnung des Steuerstrafverfahrens gegenüber dem Antragsteller vom 19. Februar 2018 wurde zudem auf die fortbestehenden, allerdings nicht mehr mit Zwangsmitteln durchsetzbaren, Mitwirkungspflichten im Bestellungsverfahren hingewiesen (vgl. Bl. 49 der GA). Spätestens aus dem Hinweisschreiben des Antragsgegners vom 29. April 2020 (Bl. 19 der VA) geht eindeutig hervor, dass es sich um ein Auskunftsersuchen im Besteuerungsverfahren handelt.
Zwar wurde dieses Auskunftsersuchen durch die Steuerfahndung initiiert, die gegen den Antragsteller auch ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren führt. Allerdings geht es hier gerade nicht um die Weitergabe von Erkenntnissen, die im Rahmen des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erlangt wurden. Vielmehr ist beabsichtigt, zum Zwecke der Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen den Sachverhalt weiter aufzuklären und hierzu die zwischenstaatliche Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Das Auskunftsersuchen stellt eine nach außen und eindeutig erkennbar außerhalb des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens liegende Maßnahme, die der Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen und damit dem den Antragsteller betreffenden Besteuerungsverfahren dient, dar. Die Steuerfahndung K macht insoweit in zulässiger Weise von der ihr mit § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AO zugewiesenen doppelfunktionalen Aufgabenzuweisung Gebrauch, da sie klar erkennbar mit den ihr gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 AO zustehenden Ermittlungsbefugnissen der Finanzämter – hier der Befugnisse der Amtshilfe gemäß §§ 111 ff. AO – die Besteuerungsgrundlagen ermitteln will.
Hierbei ist es unschädlich, dass die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Zusammenhang mit der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfolgt. Soweit die steuerlichen Ermittlungen ergeben sollten, dass den Antragsteller betreffende Besteuerungsgrundlagen aufgrund möglicherweise nicht erklärter Einkünfte im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zur M Bank Luxemburg bislang nicht zutreffend erfasst sind, würde dies auch Bedeutung für das laufende Steuerstrafverfahren haben. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Steuerstraftatbestand gemäß § 370 Abs. 1 AO unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen bzw. das pflichtwidrige Verschweigen derartiger Tatsachen gegenüber den Finanzbehörden voraussetzt und damit an einen steuerrechtlichen Tatbestand anknüpft. Die im Rahmen der steuerlichen Ermittlungen der Steuerfahndung K und insbesondere aufgrund des angestrebten zwischenstaatlichen Informationsaustausches gewonnenen Erkenntnisse könnten dann nicht nur für die Besteuerungsverfahren, sondern auch für das Steuerstrafverfahren Verwendung finden (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 4 EUAHiG; § 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b AO). Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich die Steuerfahndung K vorliegend erkennbar ausschließlich auf die ihr zugewiesene Aufgabe, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, stützt, mögen die daraufhin ergriffenen steuerrechtlichen Ermittlungsbefugnisse auch mittelbar dem Strafverfahren dienlich sein können.
Es liegt keine Maßnahme im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren vor
β) Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Steuerfahndung K gleichzeitig mit der Mitteilung über die Einleitung des Steuerstrafverfahrens den Antragsteller aufgefordert hatte, „im Falle der Kooperationsbereitschaft“ Unterlagen betreffend die Geschäftsbeziehung zu M Bank Luxemburg vorzulegen (vgl. Bl. 48 der GA). Soweit dies – worauf der Antragsteller hinweist – dahingehend verstanden werden könnte, dass es sich um ein Vorlageverlangen im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren und damit um keine Ermittlungshandlung im Besteuerungsverfahren handelt, wurde dies seitens der Steuerfahndung K jedenfalls mit den Schreiben vom 24. April 2019 (Bl. 10 der VA) und vom 18. Februar 2020 (vgl. Bl. 51 der GA) dahingehend klargestellt, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung mit den Mitteln des zwischenstaatlichen Informationsaustausches in Steuersachen erfolgen soll.
Die Entscheidungen des BFH streiten nicht für den Antragsteller
γ) Etwas anderes folgt schließlich auch nicht aus den von dem Antragsteller angeführten Entscheidungen des BFH vom 20. April 1983 (VII R 2/82, BStBl. II 1983, 482) und vom 6. Februar 2001 (VII B 277/00, BStBl. II 2001, 306 [BB 2001, 561 Ls]). Die erstgenannte Entscheidung betraf ein unter Hinweis auf ein eingeleitetes Steuerstrafverfahren gegen Bankkunden an eine Bank gerichtetes Auskunftsersuchen einer Steuerfahndungsstelle mit der Aufforderung, vollständige Kontounterlagen vorzulegen. Insoweit trat die Steuerfahndung – anders als vorliegend – explizit im Steuerstrafverfahren auf. Das der Entscheidung vom 6. Februar 2001 (VII B 277/00) zugrundeliegende Verfahren betraf einen Fall, in dem die Steuerfahndung im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen erlangte Unterlagen und angefertigte Aufzeichnungen an weitere örtlich zuständige Steuerfahndungsstellen und an die zuständigen Wohnsitz-Finanzämter der betroffenen Bankkunden weiterleiten wollte, und zwar zum Zweck der Besteuerung sowohl betreffend Steuerpflichtige, gegen die das Strafverfahren geführt wurde, als auch Steuerpflichtige, gegen die keine derartigen Ermittlungen geführt wurden. Hierzu hat der BFH ausgeführt, dass „jedwede Maßnahmen der Steuerfahndung“, die über eine Auswertung der im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beschlagnahmten Belege und Unterlagen im internen Bereich der Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und ihrer Dienststellen hinausgingen und die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei „nicht verfahrensbeteiligten“ Steuerpflichtigen zum Ziel hätten, Abgabenangelegenheiten i.S.d. § 33 Abs. 2 FGO seien, für die der Finanzrechtsweg eröffnet sei. Daraus ließe sich – worauf im Ergebnis auch der Antragsteller abstellt – u.U. der Umkehrschluss ziehen, dass eine Maßnahme der Steuerfahndung mit dem Ziel, die im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erlangten Erkenntnisse auch für die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen bei „verfahrensbeteiligten“ Steuerpflichtigen nutzbar zu machen, keine Abgabenangelegenheit darstellt, sondern sich noch im Rahmen des Steuerstrafverfahrens bewegt (so ausdrücklich Niedersächsisches FG, Beschluss vom 24. Juni 2003, 6 V 142/01, EFG 2003, 1799). Diese Schlussfolgerung ist indes nicht zwingend und greift zudem für die vorliegende Fallkonstellation nicht ein.
Zwar hat der BFH im Verfahren VII B 277/00 ausgeführt, dass die Steuerfahndung im Straf- oder Bußgeldverfahren gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO tätig wird, wenn ein steuerstrafrechtliches oder bußgeldrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet und noch nicht abgeschlossen ist, auch wenn sie im Zusammenhang mit dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO die Besteuerungsgrundlagen ermittelt. Allerdings ist der hier zu entscheidende Fall anders gelagert. Es geht nicht – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – um die Frage, welche Aufgabe die Steuerfahndung ausübt, wenn sie im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen erlangte Erkenntnisse weiterleitet, sondern darum, überhaupt erst mit den Mitteln des Besteuerungsverfahrens Erkenntnisse zu gewinnen, um die Besteuerungsrundlagen zu ermitteln. Zudem hat der BFH in der besagten Entscheidung vom 6. Februar 2001 (VII B 277/00 [BB 2001, 561 Ls]) ergänzend auf die vorstehend bereits dargelegte ständige Rechtsprechung abgestellt, wonach es für die Frage, in welcher Funktion die Steuerfahndung tätig wird, maßgeblich darauf ankommt, in welcher Funktion und in welchem Verfahren die Finanzbehörde nach außen objektiv und eindeutig erkennbar tätig geworden ist oder tätig werden will. Hiernach handelt es sich – wie bereits ausgeführt – (nur) dann um eine Abgabenangelegenheit und damit um steuerliche Ermittlungen, wenn die Steuerfahndung nach außen objektiv und eindeutig erkennbar außerhalb des eingeleiteten Steuerstrafverfahrens ausschließlich im Besteuerungsverfahren tätig wird. Dies ist hier der Fall.
(5) Der Steuerfahndung steht auch die in Anspruch genommene Befugnis, ein Auskunftsersuchen gemäß § 117 Abs. 1 AO zu stellen, zu.
Wenn der Steuerfahndung gemäß § 208 Abs. 1 Satz 2 AO die den Finanzämtern zustehenden Ermittlungsbefugnisse zugewiesen werden, erfasst dies auch die in §§ 111 ff. AO geregelten, einschließlich der Befugnis zur Inanspruchnahme zwischenstaatlicher Amtshilfe gemäß § 117 Abs. 1 AO. Die Steuerfahndung ist damit unter anderem befugt, Auskunftsersuchen zu stellen, wie sich im Übrigen auch im Umkehrschluss aus der Regelung in § 208 Abs. 1 Satz 3 AO ergibt, wonach die von den Finanzbehörden grundsätzlich zu beachtenden Ermittlungsschranken (z.B. § 93 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2, § 97 Abs. 2 AO) für die Steuerfahndung nicht gelten.
Der Bezug zum betreffenden Besteuerungsverfahren ist ausreichend vorhanden
(6) Die steuerrechtlichen Ermittlungen der Steuerfahndung K weisen zudem einen hinreichenden Bezug zu konkreten, den Antragsteller betreffenden Besteuerungsverfahren auf. Dies folgt bereits daraus, dass die Finanzbehörde ausweislich der Ergebnisse der Vorermittlungen einen Abgleich mit den Angaben in den Steuererklärungen und den weiteren bei den für den Antragsteller in früheren Jahren und aktuell zuständigen Finanzämtern in den Steuerakten vorliegenden Informationen durchgeführt und hierbei festgestellt hat, dass in den Veranlagungsjahren des Ermittlungszeitraums keine Einkünfte aus Bankkonten bei der M Bank Luxemburg angegeben worden sind (vgl. Bl. 44 f. der GA). Je nachdem, zu welchen Erkenntnissen die weiteren Ermittlungen führen, können diese Auswirkungen auf die Steuerfestsetzungen für die verfahrensgegenständlichen Veranlagungszeiträume haben, wenn letztere aufgrund von für die Finanzverwaltung neuen Erkenntnissen über bislang nicht erklärte Einkünfte im Zusammenhang mit bei der M Bank Luxemburg geführten Konten ggf. zu ändern sind.
Es sind auch keine Bedenken dagegen ersichtlich, dass die Finanzverwaltung sich in Ausübung des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums dafür entschieden hat, die weiteren Ermittlungen durch die mit der Auswertung der erhaltenen Datensammlung betraute Steuerfahndung K zu führen und erst später die ggf. erlangten konkreten Erkenntnisse über Einkünfte aus Geschäftsbeziehungen mit der M Bank Luxemburg an die zuständigen Finanzämter weiterzuleiten, damit diese sodann ggf. die Korrekturen von Steuerfestsetzungen umsetzen. Insoweit obliegt es den Finanzbehörden, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen – unter Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen für Ermittlungshandlungen – effektiv einzusetzen. Die vorliegend getroffene Entscheidung, die Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen auch im Wege des zwischenstaatlichen Auskunftsverkehrs bei der Steuerfahndung K zu bündeln und ggf. erst später, wenn die Ermittlungsergebnisse überhaupt Anlass für die Korrektur von Steuerfestsetzungen bieten, die zuständigen Veranlagungsfinanzämter einzubinden, vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden.
Die weiteren Voraussetzungen für den Auskunftsverkehr liegen vor
bb) Die übrigen Voraussetzungen für ein Auskunftsersuchen gemäß § 117 Abs. 1 AO liegen in Bezug auf das hier streitgegenständliche Ersuchen der Steuerfahndung K vom 8. August 2019 ebenfalls vor.
Eine voraussichtliche Erheblichkeit ist zu erkennen
(1) Mit dem Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ i.S.v. § 111 Abs. 1 AO bzw. der „Sachdienlichkeit“ i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 2 EUAHiG ist – wie bereits ausgeführt – nichts anderes als eine „voraussichtliche Erheblichkeit“ i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG bzw. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 DBA Luxemburg gemeint. Mit dem Merkmal der voraussichtlichen Erheblichkeit wurde der OECD-Standard (vgl. Art. 26 OECD-Musterabkommen) in das EUAHiG übernommen. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass ein Informationsaustausch in Steuerangelegenheiten im größtmöglichen Umfang stattfindet (vgl. Schwarz in Schwarz/Pahlke, § 1 EUAHiG Rn. 3). Zugleich soll klargestellt werden, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen („Fishing Expeditions“) zu beteiligen oder um Informationen zu ersuchen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sind (vgl. hierzu bereits FG Köln, Beschlüsse vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769 und vom 13. April 2018, 2 V 174/18, EFG 2018, 1164 mit Anmerkung Hennigfeld; EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158] sowie die Begründung zum EU‑Amtshilfegesetz BT‑Drucks. 17/12375, S. 27).
Voraussichtliche Erheblichkeit bzw. Erforderlichkeit im vorstehenden Sinne setzt voraus, dass zum Zeitpunkt des Ersuchens und der Informationsweitergabe aus Sicht des ersuchenden Vertragsstaates eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass die begehrte Information für steuerliche Zwecke relevant sein wird (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158]; FG Köln, Beschluss vom 7. September 2015, 2 V 1375/15, EFG 2015, 1769; Hendricks in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 26 Rn. 29; Czakert in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 26 Rn. 55). Die mögliche voraussichtliche Erheblichkeit für eine Besteuerung in dem um Auskunft ersuchenden Staat ist schon dann zu bejahen, wenn das Ersuchen sich auf tatsächliche Umstände/Erkenntnisse stützt und einen Sachverhalt betrifft, der zu einer Besteuerung führen kann.
Der beabsichtigte Informationsaustausch ist ermessensfehlerfrei
(2) Nach diesen Maßstäben ist der im vorliegenden Fall vom Antragsgegner beabsichtigte Informationsaustausch und die Entscheidung, die luxemburgischen Steuerbehörden um Auskunft zu den Geschäftsbeziehungen des Antragstellers zur M Bank Luxemburg zu ersuchen, ermessensfehlerfrei ergangen und auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsteller hat demgemäß keinen Anspruch darauf, dem Antragsgegner die Weiterleitung des Auskunftsersuchens einstweilen untersagen zu lassen.
Die Voraussetzungen für eine Auskunftserteilung sowohl gemäß § 117 Abs. 1 AO als auch gemäß Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg bzw. § 6 Abs. 1 EUAHiG und die damit verbundene Befugnis zur Offenbarung der dem Steuergeheimnis unterliegenden Informationen liegen vor.
Der Antragsteller wendet sich lediglich gegen die Verwendung der Daten
α) Auf Grundlage der von der Finanzverwaltung Y erworbenen Daten‑CD besteht die Möglichkeit, dass der Antragsteller in geschäftlichen Beziehungen zur M Bank Luxemburg stand bzw. noch steht. Die dem Antragsgegner vorliegenden diesbezüglichen Informationen hat auch der Antragsteller nicht angezweifelt, denn er wendet sich insoweit lediglich gegen die Verwendung der durch den Datenankauf erworbenen Informationen zu dem Zweck, darauf weitere Ermittlungsmaßnahmen zu stützen. Ob der Antragsteller tatsächlich Geschäftsbeziehungen zur M Bank Luxemburg unterhalten hat, ist im Übrigen nicht im vorliegenden Verfahren zu klären, sondern diese Frage ist vielmehr gerade Gegenstand des streitgegenständlichen Informationsersuchens.
Dieses Auskunftsersuchen ist vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller bislang eine Mitwirkung bei der Aufklärung dieses Sachverhalts verweigert hat, für ein Besteuerungsverfahren in Deutschland erforderlich i.S.v. § 111 Abs. 1 i.V.m. § 117 Abs. 1 AO. Nur dadurch ist eine Aufklärung, ob und inwieweit der Antragsteller aus diesen Geschäftsbeziehungen im Inland steuerpflichtige Einkünfte erzielt hat, möglich. Weitere Erkenntnisquellen zur weiteren Sachverhaltsaufklärung im Inland sind nicht ersichtlich und auch vom Antragsteller nicht behauptet worden.
Der zwischenstaatliche Auskunftsverkehr soll eine ordnungsgemäße Besteuerung in einem der Vertragsstaaten sicherstellen. Um hierfür effektive Überprüfungsmöglichkeiten zu schaffen, existiert gerade der zwischenstaatliche Auskunftsverkehr. Für eine voraussichtliche Erheblichkeit bzw. Erforderlichkeit und damit für die Rechtmäßigkeit einer Auskunftserteilung genügt bereits, dass der Informationsaustausch dazu dienen kann, einen festgestellten steuerlich erheblichen Sachverhalt (z.B. eine dem Fiskus bereits bekannte Einkunftsquelle) oder überhaupt Sachverhaltsangaben des Steuerpflichtigen zu verifizieren (vgl. dazu FG Köln, Urteile vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322; vom 20. Oktober 2017, 2 V 1055/17, EFG 2018, 351 und vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852). Erst recht gilt dies, wenn – wie im vorliegenden Fall – Anhaltpunkte für eine dem Fiskus bislang unbekannte Einkunftsquelle vorliegen und grundsätzlich aufzuklären ist, ob in diesem Zusammenhang steuerlich relevante Sachverhalte verwirklicht wurden.
Das Auskunftsverfahren ist sachdienlich
β) Aus den dargelegten Gründen ist das beabsichtigte Auskunftsersuchen für ein Besteuerungsverfahren in Deutschland auch sachdienlich und voraussichtlich erheblich i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 EUAHiG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 EUAHiG sowie voraussichtlich erheblich i.S.v. Art. 25 Abs. 1 DBA Luxemburg.
Das Auskunftsersuchen ist rechtmäßig
cc) Der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens steht nicht entgegen, dass sich der Antragsgegner auf Erkenntnisse stützt, die von der Finanzverwaltung im Wege des Ankaufs einer Daten-CD erlangt worden sind und dieser Datenbestand zuvor von einer nur den in den Datenankauf involvierten Finanzbeamten bekannten Person in möglicherweise krimineller Weise von der M Bank Luxemburg erlangt worden ist. Insoweit besteht kein Beweisverwertungsverbot im Besteuerungsverfahren.
Beweiserhebungs- bzw. Beweisverwertungsverbote sind grundsätzlich zu beachten
(1) Beweiserhebungs- bzw. Beweisverwertungsverbote können die Sachverhaltsaufklärung und damit den Amtsermittlungsgrundsatz und die Pflicht zur gesetzmäßigen und gleichmäßigen Besteuerung eingrenzen, um den besonderen verfassungsmäßigen Rechtsschutz zu gewährleisten. Auch im Steuerrecht gilt, dass es keine Sachverhaltsaufklärung um jeden Preis gibt bzw. ein Sachverhalt nicht durch unzulässige Methoden erforscht werden darf (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 88 AO Rz. 29; Roser in Gosch, § 88 AO Rn. 42).
Allerdings enthält die AO keine generelle Rechtsgrundlage für Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote. Auch sonst besteht nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 2002, XI R 10, 11/01, BStBl. II 2002, 328 [BB 2002, 1033]). Insbesondere führt nicht jeglicher Verstoß gegen Form- und Ordnungsvorschriften zwangsläufig zu einem Verwertungsverbot. Vielmehr ist zwischen einfachen verfahrensrechtlichen Mängeln, die nicht zu einem endgültigen Verwertungsverbot führen, und qualifizierten materiell-rechtlichen Verwertungsverboten zu unterscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006, VIII R 53/04, BStBl. II 2007, 227 [BB 2006, 2802 Ls]).
Ein materiell-rechtliches Verwertungsverbot kann anzunehmen sein, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt, oder bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen, etwa wenn die Tatsachen in strafbarer Weise von der Finanzbehörde erlangt worden sind. Die auf diese Weise ermittelten Tatsachen sind schlechthin und ohne Ausnahme unverwertbar; der Verstoß kann nicht durch zulässige, erneute Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden (vgl. BFH-Urteile vom 4. Oktober 2006, VIII R 53/04, BStBl. II 2007, 227 [BB 2006, 2802 Ls]; vom 19. August 2009, I R 106/08, BFH/NV 2010, 5). Im Übrigen obliegt es den Fachgerichten, nach den Umständen des Einzelfalles eine Abwägungsentscheidung zu treffen und dabei insbesondere die Art des Beweiserhebungsverbots bzw. das Gewicht des Verfahrensverstoßes einerseits und die staatlichen Interessen an effektiver Strafverfolgung bzw. Besteuerung andererseits zu gewichten.
Eine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten besteht nicht
(2) Nach diesen Grundsätzen besteht auch grundsätzlich keine Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten bzgl. weiterer, auf möglicherweise rechtswidrig erlangten Erkenntnissen gestützte Ermittlungshandlungen. Dies gilt sowohl im Strafverfahren (vgl. dazu etwa Lipsky, PStR 2011, 3) als auch im Besteuerungsverfahren. Ein Verwertungsverbot für Beweismittel, die durch andere, auf rechtswidrige Weise verschaffte Beweismittel mittelbar erlangt wurden, kommt insoweit wiederum nur bei einem qualifizierten, grundrechtsrelevanten Verfahrensverstoß oder bei in strafbarer Weise erlangten Erkenntnismitteln in Betracht. Fehlt es an einem derart schwerwiegenden Verfahrensmangel, insbesondere an einem grundrechtsrelevanten Verstoß bei einer unmittelbaren Ermittlungsmaßnahme, so ist es bei der gebotenen Abwägung zwischen den Individualinteressen von Steuerpflichtigen, nicht aufgrund verfahrensfehlerhafter Ermittlungsmaßnahmen mit einer materiell-rechtlich an sich zutreffenden Steuer belastet zu werden, und der Pflicht des Staates, eine gesetzmäßige und gleichmäßige Steuerfestsetzung zu gewährleisten, gerechtfertigt, eine Fernwirkung eventueller Verwertungsverbote auch auf spätere, rechtmäßig erlangte Ermittlungsergebnisse zu verneinen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 2006, VIII R 53/04, BStBl. II 2007, 227 [BB 2006, 2802 Ls]; FG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014, 2 K 3074/12 F, EFG 2014, 885).
Ein möglicher Verstoß gegen in- oder ausländische Rechtsvorschriften beim Erlangen der Informationen führt nicht zu einem Verwertungsverbot
(3) Ausgehend von diesen Grundsätzen unterliegen die dem Antragsgegner bzw. der Steuerfahndung K vorliegenden Informationen über Beziehungen des Antragstellers zur M Bank Luxemburg nicht deshalb einem Verwertungsverbot, weil die Informationen möglicherweise unter Verstoß gegen inländische oder ausländische Rechtsvorschriften erlangt wurden. Es liegen insoweit keine qualifizierten grundrechtsrelevanten Verfahrensverstöße vor. Hierzu hat die Rechtsprechung, der der Senat folgt, bereits entschieden, dass die Verwertung angekaufter ausländischer Bankdaten grundsätzlich zulässig ist und kein Beweisverwertungsverbot besteht (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09, HFR 2011, 98; FG Köln vom 15. Dezember 2010, 14 V 2484/10, EFG 2011, 1215; FG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014, 2 K 3074/12 F, EFG 2014, 885). Es bedarf zudem keiner gerichtlichen Klärung, wie die Finanzbehörden ihre Erkenntnisse erlangt haben. Denn die hier in Betracht kommenden möglichen strafbaren Handlungen im In- und/oder Ausland berühren den Antragsteller nicht im absoluten Kernbereich der privaten Lebensführung.
Ein absolutes Bewertungsverbot wird nur für den absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung anerkannt
α) Ein absolutes, aus der Verfassung ableitbares Beweisverwertungsverbot ist – wie ausgeführt – nur für Fälle anerkannt, in denen der absolute Kernbereich der privaten Lebensgestaltung (vgl. Art. 1 und 2 des Grundgesetzes) berührt ist. Der absolute Kernbereich privater Lebensgestaltung ist jedoch bei den hier betroffenen Bankdaten, die nur die Geschäftssphäre betreffen, nicht berührt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09, HFR 2011, 98).
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat für die Konstellation des Ankaufs einer sog. Steuer-CD mit Bankdaten entschieden, dass derartige Erkenntnisse Anlass für eine Hausdurchsuchung wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung bei dem betroffenen Steuerpflichtigen bieten können und dies keinen Verstoß gegen das von Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz darstellt (vgl. EGMR-Urteil vom 6. Oktober 2016, 33696/11, NJW 2018, 921).
Die etwaige deliktische Erlangung der Informationen führt nicht zu einem willkürlichen Verfahrensverstoß
β) Auch der Umstand, dass die Daten von dem Informanten möglicherweise deliktisch erlangt wurden, ändert daran nichts, soweit es sich nicht um einen willkürlichen Verfahrensverstoß handelt, also etwa wenn die Datenbeschaffung auf Initiative der Ermittlungsbehörden erfolgt wäre.
Beweismittel, die von Privaten erlangt wurden, sind grundsätzlich verwertbar, selbst wenn sie in strafbewehrter Weise erlangt worden sein sollten (vgl. FG Köln vom 15. Dezember 2010, 14 V 2484/10, EFG 2011, 1215; FG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014, 2 K 3074/12 F, EFG 2014, 885). Auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die rechtswidrige oder strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson nur in Ausnahmefällen zu einer Unverwertbarkeit dieses Beweismittels im Strafverfahren führt. Allerdings soll im Einzelfall nach den Gesamtumständen eines solchen Datenkaufs, insbesondere unter Berücksichtigung von Ausmaß und Grad der staatlichen Beteiligung hinsichtlich der Erlangung der Daten, für die Frage der Zurechnung ein ggf. erheblicher Anstieg von Ankäufen ausländischer Bankdaten und eine damit verbundene Anreizwirkung zur Beschaffung dieser Daten von Bedeutung sein (vgl. VGH Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Februar 2014, VGH B 26/13, NJW 2014, 1434).
Für den Ankauf von Daten durch den Bundesnachrichtendienst im Wege der Amtshilfe hat das BVerfG entschieden, dass dies keine Verletzung des sog. Trennungsgebots darstellt und auch kein Verwertungsverbot begründet, wenn der Bundesnachrichtendienst die Daten lediglich entgegengenommen und weitergeleitet, nicht aber ihre Herstellung, Beschaffung oder Erfassung veranlasst hat, sondern sich der Informant von sich aus an den Bundesnachrichtendienst gewandt hat (vgl. BVerfG‑Beschluss vom 9. November 2010, 2 BvR 2101/09, HFR 2011, 98; ebenso FG Köln, Beschluss vom 15. Dezember 2010, 14 V 2484/10, EFG 2011, 1215).
Vorliegend ist weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Bankdaten, auf denen das streitgegenständliche Auskunftsersuchen beruht, durch aktives und zielgerichtetes Handeln staatlicher Stellen, etwa dadurch, dass staatliche Stellen Zahlungen für die Beschaffung von Daten in Aussicht gestellt haben, beschafft worden sind. Ebenso wenig bestehen im Streitfall Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzbehörden Personen angestiftet haben, im Ausland Bankdaten von Kunden auszuspähen oder Beihilfe hierzu geleistet hätten. Der Antragsteller stützt seine Argumentation im Wesentlichen darauf, dass durch den wiederholten Ankauf von sog. Steuerdaten-CDs insbesondere durch die Finanzverwaltung des Landes Y und in diesem Zusammenhang öffentlichkeitswirksame Äußerungen aus Kreisen der Finanzpolitik, weitere Steuer-CDs ankaufen zu wollen, quasi ein Anreiz zum kriminellen Handeln gegeben worden sei und die staatlichen Stellen sich daher die rechtswidrige Datenbeschaffung zurechnen lassen müssten.
Selbst wenn dies zutreffend wäre, vermag dies jedoch kein Beweisverwertungsverbot rechtfertigen. Zum einen wäre der Ankauf von Daten nicht als Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB strafbar, weil Daten keine „Sachen“ im Sinne dieser Vorschrift sind. Zum anderen folgt auch aus dem Tatbestand der unbefugten Verschaffung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in der bis zum 25. April 2019 geltenden Fassung (vgl. zur vergleichbaren aktuellen Strafvorschrift § 23 des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen -GeschGehG- vom 18. April 2019, BGBl. I 2019, 466, 471) – soweit der Ankauf der Daten überhaupt als Beihilfe oder Anstiftung hierzu gesehen werden könnte – kein unmittelbares oder mittelbares Verwertungsverbot (vgl. FG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014, 2 K 3074/12 F, EFG 2014, 885). Die Vorschrift des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG schützt den Unternehmensinhaber vor einer Verletzung seiner Geschäftsgeheimnisse und Betriebsgeheimnisse sowie den Wettbewerb vor Verfälschung, nicht hingegen das Geheimhaltungsinteresse der Kunden – wie vorliegend des Antragstellers – (vgl. FG Köln, Beschluss vom 15. Dezember 2010, 14 V 2484/10, EFG 2011, 1215; FG Münster, Urteil vom 30. Januar 2014, 2 K 3074/12 F, EFG 2014, 885).
Etwas anderes folgt – entgegen der Ansicht des Antragstellers – nicht daraus, dass die Ermittlungsbeamten im Zuge des Ankaufs der Daten-CD Verhandlungen mit dem Informanten über die Datenannahme, das Entgelt hierfür und die Zahlungsmodalitäten geführt und ggf. sukzessive Daten angefordert hatten. Dies dürfte – wie sich auch aus dem Aktenvermerk der Steuerfahndung K vom 17. Januar 2017 (Bl. 30 der GA), auf den der Antragsteller verweist, ergibt – allein im Zusammenhang mit der Überprüfung der Authentizität des Datenmaterials vor dem Ankauf gestanden und im Übrigen dazu gedient haben, den Erwerb der Daten Zug um Zug gegen Zahlung des Entgelts sicherzustellen. Jedenfalls lässt dies keinen Schluss darauf zu, dass strafbare Anstiftungs- oder Beihilfehandlungen der Finanzbeamten vorliegen. Soweit der Antragsteller darauf verweist, die Finanzbehörden hätten die Daten unter Inanspruchnahme strafprozessualer Befugnisse erlangen können und müssen, dürfte er die Ausgangslage des Ankaufs der Daten-CD verkennen. Denn soweit ersichtlich dürften die Ermittlungsbehörden das Angebot, möglicherweise rechtswidrig erlangte, nach deutschem Recht aber verwertbare beweisrelevante Informationen gegen Entgelt zu erhalten, deshalb angenommen haben, weil diese aus dem Ausland stammenden Informationen allein aufgrund eigenständiger Ermittlungen der Behörden im Inland nicht hätten erlangt werden können. Die Möglichkeit einer Beweisbeschaffung mit den explizit gesetzlich normierten Befugnissen etwa nach der Strafprozessordnung bestand gerade nicht.
Der Grundsatz der Subsidiarität ist gewahrt
dd) Seitens des Antragsgegners ist vorliegend auch der Grundsatz der Subsidiarität gewahrt worden.
Das Amtshilfeersuchen ist subsidiär zu allen anderen Ermittlungsmöglichkeiten
(1) Gemäß § 6 Abs. 3 EUAHiG sind Amtshilfeersuchen gegenüber anderen Mitgliedstaaten subsidiär, d.h. vor einem Ersuchen muss eine Finanzbehörde alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft haben, es sei denn, die Durchführung der Ermittlungen wäre mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden oder stelle sich nicht als erfolgversprechend dar. Dieser Grundsatz der Subsidiarität gilt allgemein und folgt im deutschen Recht auch aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AO (vgl. FG Köln, Beschluss vom 23. Mai 2017, 2 V 2498/16, EFG 2017, 1322).
Das FA hat alle inländischen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft
(2) Vorliegend ist der Subsidiaritätsgrundsatz nicht verletzt.
Ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsgebot kommt in Betracht, wenn sich das inländische Finanzamt mit einem Auskunftsersuchen an die ausländische Steuerverwaltung wendet, ohne sich zuvor hinreichend um eine Sachverhaltsaufklärung im Inland insbesondere unter Inanspruchnahme des betroffenen Steuerpflichtigen oder weiterer im Inland als Auskunftsquelle in Betracht kommender Personen bemüht hat (vgl. Matthes in Pfirrmann/Rosenke/Wagner, BeckOK AO § 117 Rn. 81). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, denn die Steuerfahndung K hat den Antragsteller ohne Erfolg aufgefordert, an der Sachverhaltsaufklärung bzgl. seiner Bankkonten mitzuwirken. Weitere Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung im Inland sind nicht ersichtlich.
Etwas anderes folgt nicht aus dem Urteil des BFH vom 4. Dezember 2012 (VIII R 5/10, BStBl. II 2014, 220), wonach ein inländisches Auskunftsersuchen gemäß § 93 AO vorrangig durch das Veranlagungsfinanzamt statt durch die Steuerfahndung zu stellen sei. Die besagte Entscheidung betraf den Fall, dass die Steuerfahndung nach Abschluss des Strafverfahrens noch steuerliche Ermittlungen führte, die statt dessen vom Veranlagungsfinanzamt hätten geführt werden können, und dabei den Eindruck erweckte, dass weiterhin wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt werde. Diese Fallkonstellation ist mit der hier zu beurteilenden nicht vergleichbar, in der die Steuerfahndung K explizit ein steuerliches Auskunftsersuchen im Rahmen des zwischenstaatlichen Informationsaustausches in Steuersachen stellt.
Auskunftsverbote der luxemburgischen Steuerbehörden sind nicht ersichtlich
ee) Der Weiterleitung des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens vom 8. August 2019 stehen keine Auskunftsverbote für die luxemburgischen Steuerbehörden entgegen. Insbesondere hindern möglicherweise in Luxemburg geltende Regelungen zu Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnissen, insbesondere dem Bankgeheimnis, sowie Einschränkungen aufgrund des ordre public den Antragsgegner nicht, das Auskunftsersuchen nach Luxemburg zu übermitteln. Zwar ist die Grenze zulässiger Informationsweitergabe überschritten, wenn durch die Auskunftserteilung ein Handels-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgegeben oder die öffentliche Ordnung verletzt werden würde (sog. ordre public-Vorbehalt). Derartiges liegt hier jedoch nicht vor.
Eine Auskunftsverweigerung lässt sich aufgrund des Schutzes von Handels-, Gewerbe- und Berufsgeheimnissen nicht ableiten
(1) Zunächst erlaubt der Schutz von Handels-, Gewerbe- und Berufsgeheimnissen oder von Geschäftsverfahren keine Auskunftsverweigerung allein mit der Begründung, dass sich die betreffenden Informationen bei einem Finanzinstitut bzw. einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden. Ein Bankgeheimnis in dem um Auskunft ersuchten Staat hindert daher den zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr nicht. Dies ist sowohl in § 4 Abs. 5 EUAHiG bzw. Art. 18 Abs. 2 EU-Amtshilferichtlinie als auch in Art. 25 Abs. 5 DBA Luxemburg (entsprechend Art. 26 Abs. 5 OECD-Musterabkommen) klargestellt. Des Weiteren stellt die Art der Abwicklung der Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Personen, die vom Informationsaustausch betroffen sind, kein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis im vorstehenden Sinne dar (vgl. Czakert in Schönfeld/Ditz, Art. 26 DBA Rn. 81), so dass auch insoweit kein besonderer Schutz der die Antragsteller betreffenden Informationen eingreifen würde.
Ein Verstoß gegen den ■Ordre-public-Vorbehalt liegt nicht vor
(2) Ebenso wenig ersichtlich ist ein Verstoß des Auskunftsersuchens gegen den ordre public-Vorbehalt gemäß Art. 17 Abs. 4 EU-Amtshilferichtlinie, § 4 Abs. 3 Nr. 4 EUAHiG bzw. Art. 25 Abs. 3 Buchst. c DBA Luxemburg.
Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung bzw. den ordre public liegt vor, wenn die Auskunftserteilung mit den grundlegenden Wertungen des innerstaatlichen Rechts des um Auskunft ersuchten Staats nicht vereinbar wäre, d.h. wenn eine Auskunftserteilung nur im Konflikt mit den dort geltenden grundlegenden Gerechtigkeitsvorstellungen vorgenommen werden könnte. Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn die steuerliche Ermittlung in dem ersuchenden Staat durch politische, rassische oder religiöse Verfolgung motiviert wäre. Ebenso wäre die Offenbarung eines Staatsgeheimnisses, sensibler Geheimdienstinformationen oder die Preisgabe von lebenswichtigen Interessen des ersuchten Staats zu bewerten (vgl. Czakert in Schönfeld/Ditz, Art. 26 DBA Rn. 82).
Unabhängig davon, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegend im Hinblick auf möglicherweise rechtswidrig erlangte Bankdaten gegeben sein könnte, steht das Recht, sich auf eine drohende Verletzung der öffentlichen Ordnung und damit auf den Grundsatz des ordre public zu berufen, allein dem um Auskunft ersuchten Mitgliedstaat bzw. Vertragsstaat zu. Den Behörden des Auskunft ersuchenden Staates steht hingegen keine Kompetenz zu, das Eingreifen des ordre public im Auskunftsstaat zu beurteilen.
Die deutschen Finanzbehörden, insbesondere der Antragsgegner als zentrales Verbindungsbüro, sind im Falle der Beantwortung eines Auskunftsersuchens aus dem Ausland nicht verpflichtet, Ermittlungen zum ausländischen Steuerrecht, deren Beurteilung oder gar eine Prüfung der Bedeutung der angefragten Informationen durchzuführen. Dies würde dem Sinn und Zweck des zwischenstaatlichen Informationsaustausches zuwiderlaufen; vielmehr setzt ein effektiver Auskunftsverkehr eine frühzeitige Auskunftserteilung geradezu voraus (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Mai 2005 I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503; FG Köln, Urteil vom 23. August 2007, 2 K 3911/06, EFG 2009, 80). Es genügt vielmehr, dass die Erheblichkeit der begehrten Auskunft nach einer ex‑ante-Betrachtung möglich erscheint. Die tatsächliche Erheblichkeit kann und muss sich erst nach Abschluss der Ermittlungen im ersuchenden Staat herausstellen. Der inländischen Behörde obliegt insoweit lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung (vgl. BFH‑Beschlüsse vom 10. Mai 2005, I B 218/04, BFH/NV 2005, 1503; vom 17. September 2007, I B 30/07, BFH/NV 2008, 51; FG Köln, Beschluss vom 23. Februar 2018, 2 V 814/17, EFG 2018, 852 sowie grundlegend EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158]). Entsprechendes muss auch für die Frage gelten, ob einer Auskunftserteilung Belange der öffentlichen Ordnung des um Auskunft ersuchten Staats entgegenstehen können.
Vorliegend obliegt es allein der Steuerverwaltung in Luxemburg zu beurteilen, ob die Herkunft der Informationen, auf die das Auskunftsersuchen gestützt wird, aus einem Ankauf möglicherweise deliktisch erworbener Bankdaten die Anwendung des ordre public-Vorbehalts rechtfertigt. Dies ist Ausdruck des allgemeinen Prinzips, dass die um Amtshilfe ersuchte Behörde gemäß Art. 6 Abs. 3 der EU-Amtshilferichtlinie bei der Beschaffung der erbetenen Informationen oder der Durchführung der erbetenen behördlichen Ermittlungen nach denselben Verfahren vorgeht, dass sie anwenden würde, wenn sie von sich aus oder auf Ersuchen einer anderen Behörde des eigenen Mitgliedstaats handeln würde. Die ersuchte Behörde hat zudem gemäß Art. 6 Abs. 4 der EU-Amtshilferichtlinie erbetene Urschriften (nur) zu übermitteln, sofern die geltenden Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde dem nicht entgegenstehen. Im Rahmen der den deutschen Behörden allenfalls obliegenden Schlüssigkeitsprüfung im Hinblick auf das Recht in Luxemburg drängt sich die Anwendung des ordre public-Vorbehalts – ungeachtet des in Luxemburg geltenden Bankgeheimnisses – jedenfalls nicht auf, zumal derartig erlangte Informationen in Deutschland – wie dargelegt – grundsätzlich verwertbar sind.
Ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte des Antragstellers ist nicht gegeben
ff) Mit dem beabsichtigten Auskunftsersuchen nach Luxemburg wird auch sonst nicht unverhältnismäßig in die Rechte des Antragstellers eingegriffen.
Die Sicherstellung einer zutreffenden Besteuerung in dem Staat, an den das Auskunftsersuchen gerichtet ist, ist gerade Zweck des Auskunftsaustauschs. Auch mögliche Nachteile wie etwa eine sich ergebende Einschränkung von Geschäftsbeziehungen folgen letztlich aus der mit dem Auskunftsersuchen gerade erstrebten zutreffenden Besteuerung und wären deshalb ein Schaden, der dem Zweck des Auskunftsersuchens unterzuordnen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 1986, I B 28/86, BFH/NV 1988, 313 [BB 1987, 1381 Ls] und vom 13. Januar 2006, I B 35/05, BFH/NV 2006, 922).
Das Ermessen wurde fehlerfrei ausgeübt
gg) Schließlich hat der Antragsgegner das ihm bei der beabsichtigten Weiterleitung des Auskunftsersuchens zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Aus dem Gesetzeswortlaut in § 117 Abs. 1 und 2 AO folgt, dass die Mitwirkung am zwischenstaatlichen Auskunftsverkehr in das Ermessen des Antragsgegners gestellt ist. Demnach können die Finanzgerichte die Ermessensentscheidung der Finanzbehörde gemäß § 102 FGO nur auf Ermessensüberschreitung, Ermessensmissbrauch und Ermessensfehlgebrauch hin prüfen. Im Streitfall lässt die Entscheidung des Antragsgegners, die luxemburgische Steuerverwaltung um Informationen bzw. Unterlagen zu der Beziehung des Antragstellers zur M Bank Luxemburg zu ersuchen, keinen Ermessensfehler erkennen.
Der Hilfsantrag ist erfolglos
4. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.
Eine Offenlegung der Datenquelle ist nicht geboten
a) Es ist keine Rechtsgrundlage dafür ersichtlich, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, in dem Auskunftsersuchen gegenüber der luxemburgischen Steuerverwaltung Angaben zur Herkunft der Informationen oder Einzelheiten des Ankaufs der Daten offenzulegen.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 der EU-Amtshilferichtlinie haben die Mitgliedstaaten untereinander im Hinblick auf den Austausch von Informationen zusammenarbeiten, die für die Anwendung und Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten über die in Art. 2 der EU-Amtshilferichtlinie genannten Steuern voraussichtlich erheblich sind. Es obliegt dabei der um Auskunft ersuchenden Behörde, die die dem Informationsersuchen zugrunde liegende Ermittlung führt, anhand der Umstände des Falles zu beurteilen, ob die erbetenen Informationen – gemäß Art. 17 Abs.1 der EU-Amtshilferichtlinie nach Ausschöpfung der üblichen (innerstaatlichen) Informationsquellen – für diese Ermittlung voraussichtlich erheblich sind (vgl. EuGH-Urteil vom 16. Mai 2017, C‑682/15, EuZW 2017, 654 [EWS 2017, 158]). Soweit die um Amtshilfe ersuchte Behörde für die Beantwortung eines Ersuchens zusätzliche Hintergrundinformationen für erforderlich hält oder sonst Mängel in dem Ersuchen erkennt, hat sie die ersuchende Behörde entsprechend zu unterrichten (vgl. Art. 7 Abs. 4 der EU-Amtshilferichtlinie).
Vor diesem Hintergrund ist der Antragsgegner (lediglich) verpflichtet, die nach innerstaatlichem, d.h. deutschem Recht erforderlichen Informationen in den Auskunftsersuchen anzugeben, um die Steuerverwaltung in Luxemburg in die Lage zu versetzen, die voraussichtliche Erheblichkeit der erbetenen Informationen beurteilen zu können. Dies ist mit dem streitgegenständlichen Auskunftsersuchen geschehen. Hierbei ist die Herkunft der dem Ersuchen zu Grunde liegenden Informationen mangels eines darauf gestützten Beweisverwertungsverbots – wie dargelegt – unbeachtlich.
Der Steuerverwaltung Luxemburgs wäre es jedoch unbenommen, vor der Beantwortung des Auskunftsersuchens weitere Informationen beim Antragsgegner anzufordern, soweit nach luxemburgischem Recht aufgrund der Herkunft der dem Auskunftsersuchen zu Grunde liegenden Informationen aus einer von deutschen Behörden angekauften Daten‑CD mit zuvor bei der M Bank Luxemburg widerrechtlich entwendeten Daten das Eingreifen des ordre public-Vorbehalts in Betracht kommen sollte. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass die Steuerbehörden Luxemburgs hiervon tatsächlich Gebrauch machen würden, da diesen der Ankauf einer entsprechenden Daten-CD durch deutsche Behörden bekannt sein dürfte. Jedenfalls dürften die Steuerbehörden Luxemburgs, wenn der Beantwortung des Auskunftsersuchens der ordre public-Vorbehalt entgegenstehen könnte, eine diesbezügliche Nachfrage an den Antragsgegner richten, aufgrund dessen der Antragsgegner sodann das Auskunftsersuchen um die entsprechende Information ergänzen müsste.
Eine Beschränkung des Auskunftsersuchens auf die Übermittlung von Bankinformationen ist nicht möglich
b) Eine Beschränkung des Auskunftsersuchens auf die Übermittlung von Bankinformationen erst ab dem Veranlagungszeitraum 2011 kommt nicht in Betracht.
Zwar sind das EUAHiG bzw. die zugrundeliegende EU-Amtshilferichtlinie – worauf der Antragsteller abstellt – grundsätzlich erst für den Auskunftsverkehr seit dem 1. Januar 2013 maßgeblich und galt zuvor das auf der seinerzeit maßgeblichen EG‑Amtshilferichtlinie 77/799/EWG (ABl. EG Nr. L 336, S. 15) beruhende EGAHiG, das keine § 6 EUAHiG entsprechende Regelung zu Auskunftsersuchen deutscher Behörden an andere EU‑Mitgliedstaaten enthielt. Allerdings verkennt der Antragsteller auch insoweit, dass ein Auskunftsersuchen wie das streitgegenständliche – wie dargelegt – allein auf § 117 Abs. 1 AO gestützt werden kann. Diese Norm bestimmt für die Inanspruchnahme des internationalen Auskunftsverkehrs durch deutsche Finanzbehörden, dass dafür das deutsche Recht maßgeblich ist, vor allem die Regelungen in §§ 111 ff. AO. Die entsprechenden Voraussetzungen liegen hier – wie ebenfalls ausgeführt – vor.
Ob die um Mithilfe ersuchten Behörden des anderen Staates die Auskunft erteilen, richtet sich demgegenüber nicht nach deutschem Recht, sondern nach dem ausländischen Recht. Insoweit hätte ein an Luxemburg gerichtetes Auskunftsersuchen wie vorliegend auch bereits in den Jahren vor 2013 unter Geltung der EG‑Amtshilferichtlinie und dem EGAHiG gestützt auf § 117 Abs. 1 AO i.V.m. § 112 Abs. 1 AO rechtmäßig ergehen können. Allerdings besteht die Aussicht, dass die ersuchte Amtshilfe von den luxemburgischen Behörden tatsächlich gewährt wird, erst seit im innerstaatlichen Recht in Luxemburg die Abkehr vom Schutz des Bankgeheimnisses in Steuerverfahren vollzogen worden ist, wie sich dies auf Grundlage der 2011 verabschiedeten und auch von Luxemburg umgesetzten EU‑Amtshilferichtlinie ergibt und darüber hinaus auch in dem seither revidierten DBA Luxemburg (vgl. Art. 25 Abs. 1) widerspiegelt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass ein pflichtgemäßes Auskunftsersuchen deutschen Finanzbehörden gemäß § 117 Abs. 1 AO i.V.m. § 112 Abs. 1 AO, wie es hier vorliegt, auch bezogen auf Informationen für Veranlagungszeiträume vor 2013 zulässig ist. Die Entscheidung darüber, ob die für diese Zeiträume erbetenen Auskünfte nach luxemburgischen Recht erteilt werden, obliegt allein den zuständigen Behörden in Luxemburg.
Da der Anordnungsanspruch fehlt, muss der Anordnungsgrund nicht geprüft werden
5. Fehlt es mithin bereits an einem Anordnungsanspruch, kommt es darauf, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, nicht an.
Die Kostenentscheidung fußt auf § 135 Abs. 1 FGO
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Der Streitwert wird nach §§ 52 Abs. 2, 63 GKG festgesestzt
7. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 2, 63 des Gerichtskostengesetzes.