FG Hamburg: Auch Verluste aus der Veräußerung unentgeltlicher KG-Anteile steuerbar
FG Hamburg, Urteil vom 25.11.2015 – 2 K 258/14
Amtliche Leitsätze
1. Die Geltendmachung eines Verlustes nach § 17 Abs. 2 EStG aus der Veräußerung eines zuvor innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworbenen Anteils an einer Kapitalgesellschaft setzt voraus, dass der Rechtsvorgänger den Anteil mit Einkünfteerzielungsabsicht erworben und gehalten hat.
2. Bei der Einkünfteerzielungsabsicht des unentgeltlichen Erwerbers von Anteilen im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG sind im Rahmen der Totalgewinnprognose die gemäß § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG zugerechneten Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers nicht zu berücksichtigen.
3. Eine unentgeltliche Übertragung von Anteilen im Sinne von § 17 Abs. 1 EStG, um dem Erwerber durch eine Veräußerung zu ermöglichen, den durch die Zurechnung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers entstehenden Veräußerungsverlust zum Verlustausgleich im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu nutzen, stellt keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 AO dar.
§ 17 Abs 1 EStG 2009, § 17 Abs 2 S 5 EStG 2009, § 42 AO, § 516 BGB, § 17 Abs 2 S 6 Buchst a EStG 2009, § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2009, EStG VZ 2010
Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung einer Beteiligung des Klägers an einer Kapitalgesellschaft.
Der Kläger war im Streitjahr 2010 für einen kurzen Zeitraum Gesellschafter der A Holding GmbH. Gegenstand der Gesellschaft ist die Verwaltung und ... Anlage eigenen Vermögens, ... . Sie hielt im Jahr 2010 unter anderem einen Anteil von 66,6 % an der B GmbH, die wiederum zu 100 % beherrschende Gesellschafterin der C AG war. Die A Holding GmbH war 2001 als Finanzholding durch den Zeugen D als Alleingesellschafter gegründet worden. Zu Beginn des Jahres 2010 hielt der Zeuge 75,8 % der Gesellschaftsanteile (... € des Stammkapitals von ... €). Darüber hinaus verfügte er über eine unmittelbare Beteiligung an der B GmbH in Höhe von 16,7 %.
Der Kläger ist seit Mai 2010 Vorsitzender des Aufsichtsrates der C AG. Über seine Tätigkeit für das Jahr 2010 rechnete er am 30. November 2011 in Höhe von ... € ab. Der Kläger war bis Mitte 2010 in leitender Funktion im E-Konzern tätig und schied dort gegen eine Abfindung von ... € aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Familie D und die Familie des Klägers verbindet ein langjähriges, aus der Nachbarschaft gewachsenes freundschaftliches Verhältnis. Der Kläger kennt den Zeugen D seit dessen Kindestagen.
Mit notariellem Vertrag über die Schenkung und Übertragung eines Geschäftsanteils vom ... Dezember 2010 übertrug der Zeuge einen zuvor durch Teilung hergestellten Geschäftsanteil an der A Holding GmbH im Nennwert von ... € (0,8 % des Stammkapitals von ... €) auf den Kläger. Die Anschaffungskosten des Zeugen für diesen Geschäftsanteil betrugen - ermittelt nach einer Außenprüfung bei der Gesellschaft - ... €.
Mit notariellem Vertrag vom ... Dezember 2010 veräußerte der Kläger den Geschäftsanteil an der A Holding GmbH zu einem Kaufpreis von ... € an die F GmbH, die er zuvor am ... Dezember 2010 gegründet hatte und deren alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer er ist. Gesellschaftszweck dieser GmbH ist die Beratung der XX ... sowie die Beratung und Vermittlung der Finanzierung. Die F GmbH war und ist in diesem Bereich geschäftlich aktiv. Die Gesellschafter der A Holding GmbH hatten vorher sowohl der Übertragung des Geschäftsanteils auf den Kläger als auch der Weiterübertragung zugestimmt.
Der gemeine Wert des streitgegenständlichen Geschäftsanteils an der A Holding GmbH betrug zum Zeitpunkt der Übertragung auf die F GmbH ... €. Schenkungsteuerlich ist der Anteil mit ... € angesetzt worden. Dieser Wert wurde auf der Basis der Bilanz der Gesellschaft zum 31. Dezember 2009 ermittelt.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2010 machte der Kläger aus der Veräußerung einen Verlust von ... € steuerlich geltend. Dieser Betrag entspricht einem Anteil von 60 % der Differenz zwischen dem Veräußerungspreis von ... € und den ursprünglichen (vor der Außenprüfung) angesetzten Anschaffungskosten des Zeugen D in Höhe von ... €.
Der Kläger trug vor, dass die Schenkung ausschließlich aus einer persönlichen freundschaftlichen Beziehung zwischen dem Zeugen und ihm, dem Kläger, resultiere. Dabei habe seine, des Klägers, wirtschaftliche Kompetenz auch eine Rolle gespielt. Der Zeuge habe ein Interesse daran gehabt, ihn als Gesellschafter der A Holding GmbH zu gewinnen. Dazu habe er den Geschäftsanteil mit einem geringen wirtschaftlichen Wert von nur noch ... € schenkweise übertragen wollen. Eine Veräußerung sei nicht beabsichtigt gewesen. Der Zeuge habe auch selbst über erhebliche Verlustvorträge verfügt, so dass eventuelle weitere Verluste keine materiellen Konsequenzen gehabt hätten. Allerdings sei der Zeuge nur aufgrund des geringen Werts dazu bereit gewesen, die Anteile unentgeltlich zu übertragen.
Der Beklagte kündigte an, den geltend gemachten Verlust nicht berücksichtigen zu wollen. Vielmehr ergebe sich aus der Veräußerung ein Gewinn von ... €. Der Kläger könne die ursprünglichen Anschaffungskosten des Zeugen nicht steuerlich ansetzen, weil er den Geschäftsanteil nicht unentgeltlich erworben habe. Zwar sei kein Kaufpreis vereinbart worden, im geschäftlichen Bereich gelte aber der Grundsatz, dass sich Geschäftsleute untereinander nichts zu schenken pflegten. Dieser Erfahrungssatz gelte zwar grundsätzlich nicht, wenn zwischen den Parteien der Zuwendung persönliche oder verwandtschaftliche Beziehungen bestünden. Nähere Beziehungen, insbesondere verwandtschaftliche Verknüpfungen seien zwischen dem Zeugen und dem Kläger allerdings nicht erkennbar. Die Entgeltlichkeit der Zuwendung ergebe sich daraus, dass der Zeuge eine Gegenleistung in Form eines geldwerten Vorteils dadurch erhalten habe, dass das von ihm beherrschte Unternehmen durch Aufnahme des Klägers von dessen geschäftlichen Kompetenz profitiere und somit wirtschaftlich gestärkt werde.
Am 4. August 2014 erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2010, in dem statt des geltend gemachten Verlustes zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € angesetzt wurden. Der Kläger wurde zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Steuer wurde auf ... € festgesetzt.
Der Kläger hat am 8. September 2014, einem Montag, Klage erhoben. Der Beklagte hat der Sprungklage am 18. September 2014 zugestimmt.
Zur Begründung trägt der Kläger vor, er könne einen Veräußerungsverlust von ... € geltend machen, nachdem die Außenprüfung bei der A Holding GmbH unstreitig anteilige Anschaffungskosten des Zeugen für den streitgegenständlichen Anteil in Höhe von ... € ergeben habe. Die Zuwendung des Geschäftsanteils sei unentgeltlich erfolgt. Sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand einer freigebigen Zuwendung entsprechend § 7 des Erbschaftssteuergesetzes (ErbStG) seien erfüllt. Eine Gegenleistung im Sinne eines ausgleichenden Vermögensvorteils für die Übertragung des Geschäftsanteils sei nicht vereinbart worden. Selbst wenn der Zeuge erwarte habe, dass ihm die Zuwendung letztlich wirtschaftliche Vorteile bringen werde, weil er, der Kläger, als Gesellschafter der A Holding GmbH sein Know-how einbringe, ändere dies nichts an der Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Es fehle insoweit jedenfalls an der erforderlichen hinreichenden Konkretisierung einer von ihm, dem Kläger, zu erbringenden Handlung. Er, der Kläger, sei vielmehr frei in seinen Entscheidungen und in seinem Handeln gewesen. Die Stärkung des vom Zuwendenden beherrschten Unternehmens durch seine, des Klägers, geschäftliche Kompetenz stelle allein keine Gegenleistung für die Übertragung des Geschäftsanteils dar. Es habe sich lediglich um einen Wunsch oder eine Hoffnung des Zeugen gehandelt. Die erhoffte wirtschaftliche Stärkung lasse sich schon gar nicht in Geld veranschlagen.
An dem Willen der Parteien zu einer freigebigen Zuwendung könne in Anbetracht des notariellen Schenkungsvertrages kein Zweifel bestehen. Der Zeuge habe nicht als Geschäftsmann gehandelt, der nichts zu verschenken pflege. Auch er, der Kläger, sei bei der Schenkung nicht als Kaufmann oder Unternehmer aufgetreten. Die Motive des Zuwendenden seien für den subjektiven Tatbestand einer Schenkung unerheblich. Deshalb könne auch der Beweggrund eines geschäftlichen Interesses allein nicht ausreichen, um dem Zuwendenden den Willen zur Freigebigkeit abzusprechen.
Die Anteile seien auch nicht mit Rücksicht auf die Position als Aufsichtsratsvorsitzender der C AG übertragen worden. Es fehle an einem entsprechenden Veranlassungszusammenhang. Ein bloßes Zusammenfallen mit der Aufsichtsratstätigkeit reiche nicht aus. Anders als etwa bei Aktienoptionsprogrammen für Arbeitnehmer sei der Anteil auch nicht „verbilligt“ überlassen worden und die Übertragung von Anteilen an der A Holding GmbH sei nicht auf im Aufsichtsrat der C AG vertretene Personen beschränkt worden. Zudem liege in Bezug auf die Aufsichtsratstätigkeit eine Leistung eines Dritten vor und eine Verknüpfung zwischen Schenkung und dieser Tätigkeit weder gewollt gewesen noch objektiv erkennbar. Seine, des Klägers, Teilhabe an der Weiterentwicklung der C AG habe nicht im Vordergrund der unentgeltlichen Übertragung der streitgegenständlichen Anteile gestanden.
Ihm, dem Kläger, könne die Einkünfteerzielungsabsicht nicht abgesprochen werden. Bei den Einkünften aus § 17 EStG werde diese ohnehin vermutet. Die Beschlüsse des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) und vom 10. Dezember 2013 (IV B 63/13, BFH/NV 2014, 512) befassten sich mit den Verhältnissen des Rechtsnachfolgers in Bezug auf die Erstellung einer Totalgewinnprognose und seien nicht übertragbar. Es komme auch nicht auf seine, des Klägers, Einkünfteerzielungsabsicht an, sondern auf die des Zeugen, der wesentlich an der A Holding GmbH beteiligt sei. Dieser habe die Gesellschaft als Finanzholding gegründet und dabei mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt. Die Verluste der Gesellschaft seien durch Verwerfungen an den Börsen und auf Grund des Wertverfalls einzelner Anlagewerte entstanden und hätten das Eigenkapital der Gesellschaft erheblich reduziert. Davon werde die Gewinnerzielungsabsicht des Zeugen nicht berührt.
Es liege auch kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne von § 42 der Abgabenordnung (AO) vor. Die Möglichkeit, einen Verlust aus der Veräußerung unmittelbar zuvor durch Schenkung erworbener Anteile an Kapitalgesellschaften steuerlich geltend zu machen, sei im Gesetz ausdrücklich eröffnet. Der Zuwendende habe diesen Verlust jederzeit auch selbst realisieren können. § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehe als lex specialis der Anwendung des § 42 AO vor und verdränge diese Norm. Es liege auch kein „Missbrauch einer Missbrauchsverhinderungsvorschrift“ vor. Seine, des Klägers, Gestaltung sei auf eine sinnvolle Strukturierung des Beteiligungsportfolios gerichtet gewesen. Die steuerlichen Folgen hätten sich zwangsläufig aus den gesetzlichen Fiktionen ergeben. Er, der Kläger, habe auch nicht gegen eine gesetzgeberische Wertung verstoßen, sondern nur von einer eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. August 2014 dahingehend zu ändern, dass der aus der Veräußerung des Anteils an der A Holding GmbH an die F GmbH resultierenden Verlust in Höhe von ... € berücksichtigt und die Einkommensteuer dementsprechend auf 0,- € festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe den Geschäftsanteil an der A Holding GmbH nicht unentgeltlich erworben. Es bestehe ein Veranlassungszusammenhang mit der im gleichen Jahr aufgenommenen Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der C AG. Die Anteile seien mit Rücksicht auf dieses Aufsichtsratsmandat übertragen worden und diese Leistung erweise sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Klägers. Insofern handele es sich bei der Zuwendung um Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Der notarielle Schenkungsvertrag stehe dieser steuerlichen Beurteilung nicht entgegen. Auch auf die subjektive Einschätzung der Beteiligten, es handele sich um eine Schenkung, komme es nicht an. Maßgeblich seien vielmehr die objektiven Tatumstände. Der Veranlassungszusammenhang ergebe sich insofern daraus, dass fremde Dritte nicht die Möglichkeit gehabt hätten, Anteile zu erwerben. Geschäftsanteile der A Holding GmbH seien nur auf Personen übertragen worden, die mit dem Zeugen über andere Beteiligungen oder Beteiligungserwerbe gesellschaftsrechtlich verbunden seien oder im gleichen Beteiligungsgeflecht als Angestellter oder Aufsichtsrat tätig gewesen seien. Der Kläger gehöre zu der zweiten Personengruppe.
Die Zuwendung habe aus Sicht des Zeugen zudem dazu gedient, von der geschäftlichen Kompetenz des Klägers zu profitieren und diesen an das Unternehmen zu binden. Es bestehe überdies ein enger zeitlicher Zusammenhang der Zuwendung mit der Aufnahme der Aufsichtsratsfunktion. Der Annahme eines Veranlassungszusammenhangs stehe auch nicht entgegen, dass die Zuwendung vom Zeugen und nicht von der C AG erfolgt sei. Der Zeuge beherrsche diese Gesellschaft durch seine unmittelbare und mittelbare Beteiligung an der B GmbH.
Vor diesem Hintergrund sei der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 4. August 2014 zwar insofern rechtswidrig, als darin fälschlicherweise ein Gewinn aus der Veräußerung des Geschäftsanteils in Höhe von ... € im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt worden sei. Denn tatsächlich stehe dem Veräußerungspreis der gemeine Wert der Zuwendung in gleicher Höhe gegenüber. Dennoch verletze der Einkommensteuerbescheid den Kläger nicht in seinen Rechten, weil statt des Veräußerungsgewinnes Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Aufsichtsratsvorsitzender in Höhe von ... € zu berücksichtigen seien.
Die Klage sei selbst dann abzuweisen, wenn die Zuwendung der Anteile an den Kläger als unentgeltlich einzustufen wäre, weil es ihm, dem Kläger, an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehle. Diesbezüglich sei nicht allein auf die Verhältnisse beim Kläger, sondern zusätzlich auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen. Daraus folge ein Verlust, weil es für die Totalgewinnprognose auf die steuerlichen Rahmenbedingungen der Einkünfteerzielung ankomme. Die Einbeziehung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers ergebe sich aus der Rechtsprechung des BFH zur interpersonellen Übertragung stiller Reserven, die heranzuziehen sei (BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608; und vom 10. Dezember 2013 IV B 63/13, BFH/NV 2014, 512). Der Rechtsvorgänger, der Zeuge D, habe die streitgegenständlichen Anteile allerdings mit Einkünfteerzielungsabsicht gehalten.
Jedenfalls dränge sich die Anwendung von § 42 AO auf. Dem stehe gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AO nicht entgegen, dass § 17 Abs. 2 Satz 6 EStG eigene Missbrauchsverhinderungsregelungen enthalte.
In der mündlichen Verhandlung am 25. November 2015 ist der Zeuge D über die Frage der Übertragung des Anteils an der A Holding GmbH mit Vertrag vom ... Dezember 2010 vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Verhandlungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, das Protokoll über den Erörterungstermin vom 14. August 2015 und den Inhalt der beigezogenen Akten des Beklagten (Einkommensteuerakten, Akte Allgemeines) Bezug genommen.
Aus den Gründen
Die Klage ist zulässig (I) und begründet (II).
I.
Die Klage ist als Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig. Der Beklagte, der über einen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 zu entscheiden hätte, hat am 18. September 2014 dem Gericht gegenüber zugestimmt, und damit innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klageschrift vom 8. September 2014. Die Klage ist am Montag, den 8. September 2014 und damit fristgerecht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2010 vom 4. August 2014 erhoben worden (§ 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i. V. m. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 222 Abs.1 und 2 der Zivilprozessordnung, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -).
II.
Die Klage ist begründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 4. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit der Beklagte den geltend gemachten Verlust aus der Veräußerung des Geschäftsanteils an der A Holding GmbH in Höhe von ... € nicht im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 17, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchstabe c, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG berücksichtigt, sondern stattdessen Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von ... € angesetzt hat. Der Bescheid ist deshalb antragsgemäß zu ändern und die Einkommensteuer auf 0 € festzusetzen (§ 100 Abs. 2 Satz 1 FGO).
1)
Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war. Hat der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben, so gilt dies nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG entsprechend, wenn - wie hier - der Veräußerer zwar nicht selbst, aber der Rechtsvorgänger oder, sofern der Anteil nacheinander unentgeltlich übertragen worden ist, einer der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 Prozent beteiligt war.
a)
Die Veräußerung der Anteile an der A Holding GmbH an die F GmbH führt für den Kläger zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG sind erfüllt. Der Rechtsvorgänger des Klägers, der Zeuge D, war seit 2001 und damit innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung im Jahr 2010 zu mindestens 75,8 Prozent am Kapital der A Holding GmbH beteiligt. Die Übertragung des streitgegenständlichen Geschäftsanteils von 0,8 % (... € des Stammkapitals der Gesellschaft von ... €) auf den Kläger erfolgte auch unentgeltlich.
aa)
Der unentgeltliche Erwerb ist von der entgeltlichen Veräußerung abzugrenzen. Eine unentgeltliche Übertragung liegt vor, wenn und soweit sie ohne Gegenleistung im wirtschaftlichen Sinne erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 I R 43,44/98, BStBl. II 2000, 424, m. w. N.; Vogt in: Blümich, § 17 EStG Rn. 340, 355 m. w. N. ). Ausnahmsweise kann auch bei fehlender Gegenleistung - oder einem nur „symbolischen“ Kaufpreis - eine entgeltliche Veräußerung anzunehmen sein, wenn die übertragenen Anteile objektiv wertlos sind. Denn nur wenn überhaupt ein positiver Verkehrswert vorhanden ist, kommt regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang in Betracht (vgl. BFH - Urteile vom 18. August 1992 VIII R 13/90, BStBl II 1993, 34; vom 1. August 1996 VIII R 4/92, BFH/NV 1997, 215; vom 29. Juli 1997 VIII R 80/94, BStBl II 1997, 727; vom 21. Oktober 1999 I R 43,44/98, BStBl II 2000, 424; vom 8. April 2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201).
Ob eine Vermögenszuwendung unentgeltlich als Schenkung oder entgeltlich im Hinblick auf eine Gegenleistung des Rechtsnachfolgers gemacht wird, entscheidet die zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Im Falle bürgerlich-rechtlicher Schenkungen nach §§ 516 ff. BGB ist regelmäßig von einem unentgeltlichen Erwerb auszugehen (vgl. Gosch in: Kirchhof, EStG, 14. Auflage 2015, § 17, Rn. 39).
Eine unentgeltliche Übertragung ist bei Verträgen unter fremden Dritten im Allgemeinen nicht anzunehmen, sofern nicht Anhaltspunkte für eine Schenkungsabsicht des übertragenden Vertragspartners bestehen. Deshalb spricht in solchen Fällen eine (widerlegbare) Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 I R 43,44/98, BStBl. II 2000, 424, m. w. N). Diese Vermutung gilt demgegenüber nicht für Verträge zwischen einander nahestehenden Personen, denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben (vgl. BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201).
Als Gegenleistungen kommen alle Arten von Zuwendungen - auch nicht vermögensrechtlicher Natur - in Betracht. Jedoch muss die erwartete oder bereits erbrachte Gegenleistung hinreichend konkretisiert sein; die Zuwendung muss im Hinblick auf eine bestimmte Handlung des Empfängers erbracht werden. Daran fehlt es beispielsweise, wenn mit der Zuwendung nur das Wohlwollen des Empfängers gewonnen werden soll, auch wenn der Zuwendende hieraus Vorteile für sein Unternehmen ziehen will. Eine derartige Zweckbestimmung steht der Unentgeltlichkeit der Zuwendung - weder nach bürgerlichem Recht noch nach Steuerrecht - entgegen. Sollen mithin durch eine Zuwendung lediglich persönliche Kontakte hergestellt, erhalten oder verbessert werden, so besteht noch keine hinreichende Verknüpfung mit einer konkreten Gegenleistung des Empfängers (vgl. BFH-Urteil vom 18. Februar 1982 IV R 46/78, BStBl II 1982, 394).
Ein entgeltlicher Erwerb liegt auch vor, wenn der Zuwendende dem Empfänger den Geschäftsanteil mit Rücksicht auf ein zwischen ihnen bestehendes Dienstverhältnis einräumt und die Zuwendung sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Empfängers erweist. In diesem Fall handelt es sich bei der Zuwendung um eine steuerpflichtige Einnahme in Form eines geldwerten Vorteils, die beispielsweise zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder selbständiger Tätigkeit führen kann (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BStBl II 2008, 826, zu § 19 EStG; vom 9. April 2013 VIII R 19/11, BStBl II 2013, 689, zu § 18 EStG).
Auch Zuwendungen eines am Dienstverhältnis nicht unmittelbar beteiligtem Dritten können ausnahmsweise als Entgelt zu werten sein. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zuwendung des Dritten nicht nur im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht, sondern sich für den Empfänger gerade als Frucht seiner Leistungen im Rahmen des Dienstverhältnisses darstellen muss (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 2013 VI R 58/11, BStBl II 2013, 642, m. w. N.) Ein Leistungsaustausch kann hingegen nicht angenommen werden, wenn die Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen den Beteiligten gewährt wird. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass sie auch selbständig und losgelöst vom Dienstverhältnis bestehen könnten (vgl. BFH-Urteil vom 21. Mai 2014 I R 42/12, BStBl II 2015, 4; FG Münster, Urteil vom 2. Oktober 2014 14 K 3691/11E, EFG 2015, 25; Rev.: VI R 67/14).
Ob die Zuwendung auf einem Leistungsaustausch beruht, ihr also eine Gegenleistung gegenübersteht, ist aufgrund einer tatsächlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. etwa BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201 m. w. N.).
bb)
Die Zuwendung des Anteils an der A Holding GmbH durch den Zeugen D an den Kläger stellt sich nach Würdigung der Gesamtumstände des Falles und des Ergebnisses der Beweisaufnahme als unentgeltlich dar.
aaa)
Ausgangspunkt dieser Beurteilung ist der Umstand, dass der Übertragung ein zivilrechtlich wirksamer, notarieller Schenkungsvertrag im Sinne der §§ 516 ff. BGB zugrunde liegt. Die Vertragsparteien haben darin ausdrücklich keine Gegenleistung für den Anteilserwerb vereinbart. Auf Grund der Warn- und Beweisfunktion der Beurkundung und der Belehrungspflichten des Notars ist davon auszugehen, dass sich die Vertragsparteien der Bedeutung ihrer Willenserklärungen bewusst waren.
bbb)
Das Fehlen der Vereinbarung einer Gegenleistung ist nicht bloß auf die objektive Wertlosigkeit der Geschäftsanteile zurückzuführen. Der Zeuge D hat im Veranlagungsverfahren zwar angegeben, den Anteil auch deshalb schenkweise übertragen zu haben, weil er nur noch einen geringen Wert gehabt habe. Im Rahmen seiner Vernehmung durch das Gericht hat er insoweit in diesem Sinne bekundet, dass die Anteile aus seiner Sicht nicht mehr so werthaltig gewesen seien, dass eine Veräußerung - jedenfalls an den Kläger und die anderen Empfänger von Anteilsschenkungen - wirtschaftlich zu erwarten gewesen sei. Dennoch war der Geschäftsanteil zum Zeitpunkt der Übertragung nicht vollkommen wertlos. Er besaß vielmehr - unstreitig - einen gemeinen Wert von ... €, wurde schenkungsteuerlich mit ... € angesetzt und verkörperte für den Kläger als Empfänger der Schenkung im Hinblick auf die damit verknüpften Anschaffungskosten des Zeugen (§ 17 Abs. 2 Satz 5 EStG) in Höhe von ... € im Falle der Weiterveräußerung ein Einkommensteuersparpotenzial durch den damit erzielten Verlust und einen Ausgleich mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten.
Die objektiven Begleitumstände der Zuwendung lassen nicht auf eine - gegebenenfalls stillschweigend vereinbarte - Gegenleistung des Klägers schließen.
ccc)
In der vorliegenden Fallgestaltung findet die Vermutung, dass fremde Dritte einander nichts zu schenken pflegen und deshalb von einer entgeltlichen Übertragung auszugehen ist, keine Anwendung (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 I R 43,44/98, BStBl. II 2000, 424, m. w. N). Dies folgt einerseits daraus, dass es sich bei den Vertragsparteien nicht um fremde Dritte, sondern um Personen handelt, die sich als Nachbarn und Freunde verbunden fühlten. Ebenso wie bei Verwandten (vgl. BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201) existiert auch im Verhältnis zwischen Freunden kein Erfahrungswert, wonach Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt werden. Die Familien des Zuwendenden und des Klägers waren Nachbarn. Aus dieser Nachbarschaft hat sich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, das die Familien seit vielen Jahren miteinander verbindet. Infolge dieser langjährigen freundschaftlichen Beziehung der Familien kennt der Kläger den Zuwendenden bereits seit dessen Kindestagen. Andererseits erfolgte die Zuwendung hier auf Grund eines notariellen Schenkungsvertrags, dem aus den oben dargestellten Gründen ein erhöhter Beweiswert zukommt und der die Vermutung - auch bei fremden Dritten - widerlegt.
ddd)
Die vom Zeugen und dessen Vater erhoffte Stärkung des Unternehmens durch die Beteiligung des Klägers führt nicht zur Entgeltlichkeit der Zuwendung. Zwar hat der Zeuge nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung mit der Übertragung des Anteils den Zweck verfolgt, die geschäftliche Kompetenz des Klägers für sein Unternehmen nutzbar zu machen und dieses sowie seinen eigenen Geschäftsanteil dadurch zu stärken. Darin ist allerdings keine Gegenleistung des Klägers zu sehen. Denn dem vom Zeugen verfolgten Zweck mangelt es an einer konditionalen Verknüpfung mit der Zuwendung sowie an einer hinreichenden Konkretisierung. Weder die Einbringung der geschäftlichen Kompetenz noch die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter der A Holding GmbH sind im Schenkungsvertrag geregelt oder zwischen den Vertragsparteien vereinbart worden. Der Zeuge hatte mithin keinen Anspruch darauf, dass der Kläger seine geschäftliche Kompetenz einbringen würde. Er hat dementsprechend in der mündlichen Verhandlung glaubhaft bekundet, kein Engagement eingefordert zu haben, ihm sei auch nicht bekannt, dass sein Vater so etwas konkret eingefordert habe. Die Entscheidung hierüber oblag vielmehr allein dem Kläger. Der Zeuge konnte somit nicht mit hinreichender Sicherheit von einer Stärkung des Unternehmens ausgehen. Zudem war für ihn schon gar nicht kalkulierbar, welches Maß von unternehmerischer Stärkung die geschäftliche Kompetenz des Klägers bewirken würde.
eee)
Die Übertragung des Anteils an der A Holding GmbH stellt sich auch nicht als Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsvorsitzender der C AG dar. Es handelt es sich nicht um eine Einnahme im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zählen Vergütungen für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Darunter können auch geldwerte Vorteile fallen, wie z. B. Sachzuwendungen, sofern diese durch die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsratsmitglied veranlasst sind. Hinsichtlich des Umfangs der sachlichen Steuerpflicht von Zuwendungen besteht kein Unterschied zwischen den Einkünften aus selbständiger Arbeit und denen aus nichtselbständiger Arbeit. Zwischen steuerpflichtigen Einnahmen bei den Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) und den gesetzlich nicht definierten Betriebseinnahmen besteht jedenfalls Übereinstimmung darin, dass die Zuwendung von geldwerten Gütern steuerpflichtig ist, sofern zwischen der Zuwendung und der Einkunftsart ein konkreter sachlicher und wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang gegeben ist (vgl. etwa BFH-Urteile vom 22. Juli 1988 III R 175/85, BStBl II 1988, 995; vom 18. September 2012 VI R 90/10, BStBl II 2013, 289; vom 9. April 2013 VIII R 19/11, BStBl II 2013, 689).
Für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hat der BFH mehrfach entschieden, dass zu den Einnahmen aus dieser Einkunftsart alle Güter zu rechnen sind, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeit zufließen; das heißt, der Vorteil muss mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt werden und die Leistung muss sich im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen (vgl. nur BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BStBl II 2008, 826). Ob die Einnahmen auf einem Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhen, sie also zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zählen, oder ob sie aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen sind, ist aufgrund einer tatsächlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu entscheiden, die dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz obliegt (vgl. BFH-Urteile vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BStBl II 2008, 826; vom 20. November 2008 VI R 25/05, BStBl II 2009, 382).
Ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Aufsichtsratstätigkeit des Klägers bei der C AG und der Übertragung des Geschäftsanteils ist anhand der erkennbaren objektiven Umstände nicht feststellbar. Zwar besteht eine gewisse zeitliche Nähe zwischen der Übernahme des Aufsichtsratsmandats und der Zuwendung, dieser ist bei einem Zeitablauf von etwa sieben Monaten (Übernahme der Tätigkeit im Mai 2010, Übertragung des Anteils im Dezember 2010) allerdings nicht besonders eng. Auch die mittelbare beherrschende Stellung des Zeugen über die C AG ist als solche kein gewichtiges Indiz für einen Veranlassungszusammenhang mit der Aufsichtsratstätigkeit, zumal der Zeuge bekundet hat, er habe den Kläger in die A Holding GmbH einbinden und dort sein geschäftliches Know-how nutzen wollen.
Weitere aussagekräftige objektive Anknüpfungspunkte für einen Veranlassungszusammenhang sind nicht ersichtlich. Den Umstand, dass der Kläger über seine Aufsichtsratstätigkeit für das Jahr 2010 erst im November 2011 mit einem relativ geringen Betrag von rund ... € abgerechnet hat, hat er im Erörterungstermin damit erläutert, dass die Vergütung pauschal bemessen worden sei auf der Grundlage eines Stundensatz von ... €. Dies wird durch die Satzung der C AG vom xx. November 2010 bestätigt, wonach die (einfachen) Aufsichtsratsmitglieder eine feste Vergütung von ... € jährlich nebst Aufwendungsersatz und Umsatzsteuer erhalten, der Vorsitzende das Doppelte (§ 10 der Satzung). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nachvollziehbar erläutert, dass ihm als Vorsitzenden des Aufsichtsrats im Jahr ... € zugestanden habe, die Rechnung für 2010 aber anteilig niedriger ausgefallen sei, weil er sein Mandat erst im Mai 2010 übernommen habe.
Bei der Beurteilung, ob eine Zuwendung als Gegenleistung für eine Dienstleistung erfolgt, kann im Einzelfall entscheidend sein, ob diese Zuwendung jedermann zugänglich ist, oder nur einem beschränkten Kreis von Personen gewährt wird. Insofern kann man beispielsweise für die Frage, ob den Mitgliedern eines Aufsichtsrats gewährte Vorteile als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit einzustufen sind, darauf abstellen, ob fremden Dritten diese Vorteile ebenfalls gewährt wurden (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 2013 VIII R 19/11, BStBl II 2013, 689).
Vorliegend ist der vom Beklagten angeführte Aspekt, dass der Zeuge nur einen begrenzten Kreis von Personen, mit denen er gesellschaftsrechtlich verbunden ist oder die im gleichen Beteiligungsgeflecht als Angestellter oder Aufsichtsrat tätig sind oder waren, mit Anteilen bedacht hat, wenig aussagekräftig. Er wird im Verhältnis zwischen dem Zeugen und dem Kläger jedenfalls durch die sie verbindenden persönlichen Beziehungen überlagert. Zudem ist die Zuwendung durch den notariellen Schenkungsvertrag einem anderen Rechtsgrund zugeordnet worden. Der Vortrag des Klägers und die Bekundungen des Zeugen haben ebenfalls keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Vertragsparteien, die Übertragung des Gesellschaftsanteils im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Aufsichtsratstätigkeit angesehen haben. Beide haben dies im Gegenteil verneint.
b)
Der aus der Veräußerung der Anteile an der A Holding GmbH resultierenden Verlust aus Gewerbebetrieb ist in der geltend gemachten Höhe von ... € steuerlich zu berücksichtigen. Der - gegebenenfalls negative - Veräußerungsgewinn ist nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 EStG sowie unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens im Sinne von § 3 Nr. 40 Buchstabe c, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu ermitteln. Hierbei ist nach § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG aufgrund des unentgeltlichen Vorerwerbs im vorliegenden Fall auf die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers abzustellen. Die klägerische Berechnung des Verlustes ist nicht zu beanstanden und wird vom Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen.
c)
Der Berücksichtigung des dergestalt ermittelten Veräußerungsverlustes steht die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 1 EStG nicht entgegen. Danach ist ein Veräußerungsverlust nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt, die der Steuerpflichtige - wie hier - innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben hatte. Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG hingegen nicht, soweit der Rechtsvorgänger anstelle des Steuerpflichtigen den Veräußerungsverlust hätte geltend machen können. Letzteres ist hier der Fall. Der Rechtsvorgänger des Klägers, der Zeuge D, hätte den Verlust geltend machen können.
aa)
Der Zeuge war und ist seit Gründung der A Holding GmbH im Jahr 2001 an ihr mit mindestens 1 Prozent beteiligt (§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG). Er war alleiniger Gründungsgesellschafter und hat die von ihm gehaltenen Anteile somit entgeltlich erworben. Die Ausschlussklausel des § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe b Satz 1 EStG hätte bei einer Veräußerung durch ihn im Jahr 2010 nicht gegriffen, weil der veräußerte Anteil vom Zeugen entgeltlich erworben worden ist und der Anteil die gesamten letzten fünf Jahre zu seiner Beteiligung gehört hat.
bb)
Eine Geltendmachung des Verlustes durch den Zeugen wäre nicht an einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht gescheitert. Aufgrund der Verknüpfung mit dessen - fiktiver - Veräußerung durch § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG kommt es auf dessen Einkünfteerzielungsabsicht an.
aaa)
Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr.1 bis 7 EStG - hier nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 17 EStG - liegen stets nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige die entsprechende Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausübt. Fehlt es an der Absicht der Einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor. Bezogen auf § 17 EStG bedeutet dies, dass der wesentlich Beteiligte die Anteile an der Kapitalgesellschaft mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, erwerben und halten muss. Bei einer wesentlichen Beteiligung sind für das Streben nach einem Totalgewinn als Voraussetzung der Einkünfteerzielungsabsicht dabei nicht nur ein durch Wertsteigerung sich ergebender Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen, sondern auch die laufenden Erträge aus Ausschüttungen (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 1995 VIII R 68/93, BStBl II 1995, 722; FG Düsseldorf Urteil vom 7. Juli 2015 10 K 546/12 E, EFG 2015, 1608).
Erweist sich die Ertragserwartung des wesentlich Beteiligten sowohl im Hinblick auf Ausschüttungen als auch auf eine Wertsteigerung der Beteiligung als unrichtig, kann hieraus nicht ohne Weiteres auf eine fehlende Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden. Dies ist vielmehr bis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Beteiligung oder der Auflösung der Gesellschaft nur unter den gleichen Voraussetzungen möglich, die für Gewerbetreibende maßgeblich sind. Dies bedeutet, dass es konkreter Anhaltspunkte dafür bedarf, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit einem Überschuss einschließlich einer Wertsteigerung nicht zu rechnen ist oder rein persönliche Gesichtspunkte, wie freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen, für die Beteiligung bestimmend waren (vgl. BFH-Urteil vom 02.05.2001 VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668 m. w. N.).
bbb)
Solche Anhaltspunkte liegen im Streitfall nicht vor. Allein der - wenn auch erhebliche Wertverlust - der Anteile seit 2001 und die Schenkung eines Geschäftsanteils an den Kläger reichen nicht aus, um dem Zeugen die Einkünfteerzielungsabsicht abzusprechen. Auch der Beklagte geht von dessen Einkünfteerzielungsabsicht aus.
d)
Es kann dahingestellt bleiben, ob nach allgemeinen Grundsätzen zusätzlich eine Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers erforderlich ist, um den Veräußerungsverlust steuerlich geltend machen zu können, oder ob - mit dem Kläger - im Rahmen des § 17 EStG bei der Veräußerung von unentgeltlich erworbenen Anteilen allein auf die Einkünfteerzielungsabsicht des Rechtsvorgängers abzustellen ist. Für Letzteres spricht, dass diese Vorschrift beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger sowohl für die Frage des Erreichens der 1 Prozent-Grenze (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG) und damit der Einbeziehung in den Einkünfteerzielungstatbestand als auch für die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Verlusten (§ 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG) auf den Rechtsvorgänger abstellt und dessen Einkünfteerzielungsabsicht voraussetzt.
Unabhängig davon ist auch die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers zu bejahen. Er hat die Beteiligung mit einer solchen Absicht erworben und gehalten. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der Kapitalgesellschaft und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit einem Überschuss einschließlich einer Wertsteigerung nicht zu rechnen ist oder rein persönliche Gesichtspunkte, wie freundschaftliche oder verwandtschaftliche Beziehungen, für die Beteiligung bestimmend waren, liegen nicht vor (vgl. BFH-Urteil vom 02.05.2001 VIII R 32/00, BStBl II 2001, 668 m. w. N.).
aa)
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Geschäftsanteil unentgeltlich erworben und damit wirtschaftlich keine Anschaffungskosten getragen. Im Gesellschaftsvertrag der A Holding GmbH ist keine Nachschusspflicht der Gesellschafter verankert (§ 26 des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung). Der Kläger musste somit nicht mit nachträglichen Anschaffungskosten rechnen und konnte davon ausgehen, den Geschäftsanteil - der nicht vollkommen wertlos war - jedenfalls zum Verkehrswert gewinnbringend veräußern zu können. Dies ist dann auch kurze Zeit nach Erwerb des Anteils mit der Veräußerung an die F GmbH zu einem Preis von ... €, der dem damaligen gemeinen Wert entsprach, erfolgt.
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Gesellschaftsanteil auch nicht maßgeblich auf Grund der freundschaftlichen Beziehung zur Familie D erworben und gehalten. Ihm ging es nicht darum, dem Zeugen oder seiner Familie einen Freundschaftsdienst zu erweisen, sondern die Verluste steuerlich zu nutzen, die mit dem schenkweisen Erwerb des Anteils zusammenhängen. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Erwerb des Anteils von vornherein in der Absicht erfolgt ist, ihn zeitnah weiter zu veräußern, um durch die damit gemäß § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG verknüpften Anschaffungskosten einen Verlust zu realisieren, der bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers durch den Ausgleich mit anderen positiven Einkünften zu einer niedrigeren Steuer führt. Dies ergibt sich aus den äußeren Umstände und dem Ergebnis der Beweisaufnahme.
Vor der schenkweisen Übertragung des Geschäftsanteils mit Vertrag vom ... Dezember 2010 hatten die anderen Gesellschafter der A Holding GmbH einer Weiterübertragung des Anteils durch den Kläger auf die F GmbH mit schriftlichen Stimmabgaben vom ... bis zum ... Dezember 2010 zugestimmt. Daraus ergibt sich, dass die Absicht der Weiterübertragung auf diese GmbH vorher dem Gesellschafterkreis oder jedenfalls der Geschäftsleitung bekannt gewesen sein muss. Diese Weiterübertragung ist dann auch nach wenigen Tagen am ... Dezember 2010 erfolgt, obwohl das Halten von Beteiligungen nicht zum Gesellschaftszweck der F GmbH gehört. Als Grund für die besondere Eile der Weiterübertragung drängt sich der Umstand auf, dass der Kläger im Jahr 2010 eine Abfindung aus seinen früheren Arbeitsverhältnis in Höhe von ... € erhalten hatte und der Veräußerungsverlust unter anderem zum Ausgleich dieser Einkünfte genutzt werden sollte. Diese Einschätzung wird durch die Bekundungen des Zeugen D bestätigt, der ausgesagt hat, sein Vater habe in einem Gespräch die Verlustnutzungsmöglichkeiten angedeutet. Zudem hat der Zeuge bekundet, ein Motiv der Beschenkten sei wohl der steuerliche Vorteil gewesen, der mit der Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft verbunden gewesen sei. Auch wenn der Zeuge annahm, dass er eher nicht mit dem Kläger über die Verlustnutzungsmöglichkeiten gesprochen habe, verdeutlichen die Aussagen des Zeugen, dass das Thema Verlustnutzung im Raume stand. Diese Aussagen des Zeugen sind glaubhaft. Sie sind widerspruchsfrei und gut nachvollziehbar, zumal auch andere mit Gesellschaftsanteilen schenkweise vom Zeugen Bedachte ausweislich der Gesellschafterlisten der A Holding GmbH zeitnah eine Weiterübertragung des Anteils auf eine Kapitalgesellschaft vorgenommen haben. Der Zeuge hat während seiner Vernehmung vor dem Gericht auch einen glaubwürdigen Eindruck gemacht.
Das Gericht folgt demgegenüber nicht der Behauptung des Klägers, dass zum Zeitpunkt der Schenkung das Thema Verluste für ihn „kein Thema“ gewesen sei. Sie wird durch die oben dargelegten äußeren Umstände und die Bekundungen des Zeugen widerlegt. Zudem war das Erklärungsverhalten des Klägers zu dieser Frage schwankend und nicht nachvollziehbar. Im Erörterungstermin hat er auf die Frage zu den Motiven der Weiterübertragung nicht ausgeschlossen, dass sein Steuerberater ihm damals geraten habe, die Anteilsübertragung auch aus steuerlichen Gründen vorzunehmen. In der mündlichen Verhandlung hat er dann unter anderem vorgetragen, dass er im Dezember 2010 gedacht habe, die Verluste vielleicht in der GmbH gut gebrauchen zu können, weil er dort hohe Einnahmen erwartet habe. Dabei hat er aber weder dargetan, wie eine Verlustnutzung bei Anschaffungskosten der GmbH-Anteile von ... € überhaupt möglich gewesen wäre, noch wann er welche hohen Einnahmen konkret erwartet hat. Gerade auf Grund seiner geschäftlichen Erfahrungen und seiner Position als Geschäftsführer der F GmbH müssten ihm die Möglichkeiten der Nutzung von Verlusten anderer Rechtsträger bekannt gewesen sein. Auf Nachfragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung reagierte der Kläger - insoweit überraschend - ausweichend und unsicher.
Auch wenn es dem Kläger letztlich darum ging, einen Veräußerungsverlust zu erzielen und durch einen Ausgleich von anderen positiven Einkünften Einkommensteuern zu sparen, ist ihm die Einkünfteerzielungsabsicht beim Erwerb und Halten der Beteiligung nicht abzusprechen. Der Veräußerungsverlust beruht allein auf dem Umstand, dass über § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG zur Berechnung des Veräußerungsgewinns die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers anzusetzen sind. Diese Regelung soll im Sinne einer „Fußstapfentheorie“ gewährleisten, dass die ursprünglichen Anschaffungskosten bei unentgeltlichen Erwerben von Geschäftsanteilen nicht steuerlich „untergehen“, weil der Rechtsvorgänger sie im Rahmen der nicht nach § 17 EStG steuerbaren unentgeltlichen Übertragung nicht nutzen konnte. Wirtschaftlich hat der Kläger diese Anschaffungskosten indes nicht getragen, so dass sie in seine Einkünfteerzielungsabsicht als subjektives Besteuerungsmerkmal nicht einzubeziehen sind.
Die Totalgewinnprognose richtet sich zwar grundsätzlich nach den in der jeweiligen Einkunftsart beim Steuerpflichtigen steuerrechtlich zu berücksichtigen Erlösen und Aufwendungen. Aufwendungen des Rechtsvorgängers, die der Steuerpflichtige selbst nicht wirtschaftlich getragen hat, sind dabei aber regelmäßig nicht einzubeziehen. § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG stellt insoweit - wie etwa auch § 20 Abs. 4 Satz 6 EStG für Einkünfte aus Kapitalvermögen - eine Ausnahmevorschrift dar. Die Zurechnung der Anschaffungskosten bei unentgeltlichen Erwerben zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Rechtsnachfolgers ist wegen des besonderen systematischen Zusammenhangs von § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG mit § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG nicht in die Totalgewinnprognose des Beschenkten einzubeziehen. Das Gesetz sieht in Fällen von Veräußerungsverlusten eine Verlustberücksichtigung ausdrücklich vor, wenn - wie hier - der Rechtsvorgänger den Verlust hätte geltend machen können (§17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG). Eine Verneinung der Einkünfteerzielungsabsicht des Rechtsnachfolgers durch Einbeziehung der Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers in die Totalgewinnprognose würde dieser gesetzgeberischen Wertung zuwiderlaufen. Die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers, die den Verlust ja erst begründet haben können, würden ansonsten - entgegen der gesetzgeberischen Zielsetzung des § 17 Abs. 2 Satz 5 EStG - steuerlich „untergehen“.
Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus den Beschlüssen des BFH vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) und vom 10. Dezember 2013 (IV B 63/13, BFH/NV 2014, 512). Darin ging es um die Frage, ob auf Grund der strengen objekt- und einkunftsquellenbezogenen Konzeption des § 6 Abs. 3 EStG der Rechtsnachfolger in die Totalgewinnprognose des Rechtsvorgängers einzubeziehen ist. Zur Frage der Einbeziehung von Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers und zu den Besonderheiten des § 17 EStG verhalten sich diese Beschlüsse des BFH nicht.
e)
Der steuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit des Verlustes aus der Veräußerung der Anteile an der A Holding GmbH steht schließlich § 42 Abs. 1 AO nicht entgegen. Danach kann das Steuergesetz durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nicht umgangen werden (Satz 1). Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehung dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift (Satz 2). Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (Satz 3).
Ein derartiger Missbrauch liegt nach § 42 Abs. 2 AO vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Somit ist von einer Steuerumgehung auszugehen, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nicht steuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. August 2007 IX R 17/07, BFH/NV 2008, 426, m. w. N.). Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll (vgl. BFH-Urteile vom 17. Dezember 2003 IX R 56/03, BStBl II 2004, 648; vom 18. Dezember 2013 I R 25/12, BFH/NV 2014, 904, jeweils m. w. N.).
Weder die unentgeltliche Zuwendung des Anteils an der A Holding GmbH vom Zeugen an den Kläger noch die unmittelbare Weiterveräußerung des Anteils durch den Kläger an eine kurz zuvor gegründete, von ihm beherrschte GmbH stellen sich einzeln und in der Gesamtschau als missbräuchlich im Sinne von § 42 AO dar.
aa)
Für die Veräußerung der unentgeltlich erworbenen Anteile findet § 42 AO bereits keine Anwendung. Dieser potentielle Missbrauchsfall ist in § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a EStG abschließend geregelt. Diese einzelsteuergesetzliche Missbrauchsverhinderungsvorschrift geht gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 AO dem allgemeinen Missbrauchstatbestand vor. § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG erlaubt es gerade, beim - wie hier unentgeltlichen Vorerwerb innerhalb von fünf Jahren - einen Veräußerungsverlust steuerlich geltend zu machen, wenn der Rechtsvorgänger den Verlust hätte geltend machen können. Damit hat der Gesetzgeber den vorliegend durch den Verlustausgleich beim Kläger eingetretenen Steuervorteil gesetzlich ausdrücklich vorgesehen. Bei § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe EStG handelt es sich um eine echte Spezialnorm, die den Missbrauch in sachlicher, zeitlicher und persönlicher Hinsicht abschließend konkretisiert. Indem der Gesetzgeber in diesem Bereich eine spezielle Missbrauchsvorschrift geschaffen hat, hat er den Maßstab festgelegt, wann von einem Missbrauch auszugehen ist. Diese spezialgesetzliche Definition des Missbrauchstatbestand kann grundsätzlich nicht durch den Rückgriff auf den allgemeinen Missbrauchstatbestand umgangen werden (vgl. FG München, Urteil vom 15. Dezember 2009 2 K 2608/06, EFG 2010, 715; nachgehend BFH-Beschluss vom 5. August 2010 IX B 30/10, BFH/NV 2010, 2104; Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rn. 20b; vor § 42 AO, Rn. 13a ; jeweils m. w. N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 7. Dezember 2010 IX R 40/09, BStBl II 2011, 427 - zur ringweisen Anteilsveräußerung).
Vor diesem Hintergrund kann auch die unentgeltliche Übertragung des Geschäftsanteils vom Zeugen auf den Kläger nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO angesehen werden. Dies würde selbst dann gelten, wenn die Zuwendung allein dem Zweck gedient hätte, den steuerlichen Wertverlust des Anteils an der A Holding GmbH für den Kläger nutzbar zu machen. Denn eine derartige Nutzbarmachung der unentgeltlich erworbenen Anteile zur Verlustrealisierung ist nach § 17 Abs. 2 Satz 6 Buchstabe a Satz 2 EStG ausdrücklich gestattet, wenn bereits der Zuwendende den Verlust hätte geltend machen können.
bb)
Im Übrigen liegt auch unter dem Gesichtspunkt eines Missbrauchs der speziellen Missbrauchsvorschrift (vgl. dazu Drüen in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 42 AO Rn. 20b; vor § 42 AO, Rn. 13a ; jeweils m. w. N.) keine unangemessene Gestaltung vor. Der Zeuge strebte eine Übertragung der Geschäftsanteile an der A Holding GmbH auf den Kläger ohne konkrete Gegenleistung an. Diesem Ziel entsprach es, die Anteile dem Kläger zivilrechtlich im Wege der Schenkung zukommen zu lassen. Eine andere Gestaltungsmöglichkeit stand diesbezüglich nicht zur Verfügung.
Der gewählte Weg des Anteilsverkaufs zur Verlustrealisierung ist nicht unangemessen. Dem Kläger stand es frei, ob, wann und an wen er seinen Anteil veräußert. Ein Gestaltungsmissbrauch ist regelmäßig nicht gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger - aus welchen Gründen auch immer - auf Dauer zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine inländische Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht (vgl. BFH, Urteile vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BStBl II 1998, 90; vom 29. Mai 2008, IX R 77/06, BStBl II 2008, 789; jeweils m. w. N.). Es ist auch weder vorgetragen worden noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die F GmbH lediglich zum Schein gegründet worden sein könnte. Vielmehr ist diese Gesellschaft unstreitig von Anfang an geschäftlich aktiv und erzielte und erzielt Einkünfte
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 151 Abs.1, 3 FGO, § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Frage, ob bei unentgeltlichen Erwerben von Anteilen im Sinne von § 17 EStG mit anschließenden Veräußerungsverlusten bei der Einkünfteerzielungsabsicht des Rechtsnachfolgers im Rahmen der Totalgewinnprognose die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers zu berücksichtigen sind.