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Steuerrecht
15.08.2008
Steuerrecht
: Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen bei mehreren Geschäftsführern – Keine Gewinnabsaugung bei angemessener Kapitalverzinsung

FG Berlin-Brandenburg, 16.1.2008 - 12 K 8312/04 B

Leitsätze:

Für die Prüfung der Angemessenheit der Gesamtvergütung eines Geschäftsführers nach dem externen Betriebsvergleich können die in der sog. Karlsruher Tabelle für nach Branche, Umsatz und Mitarbeiterzahl vergleichbare Betriebe ausgewiesenen Beträge herangezogen werden.

Werden zwei Geschäftsführer beschäftigt, so sind die Tabellenwerte nicht auf beide Geschäftsführer in der Weise aufzuteilen, dass jeder nur die Hälfte der in der Tabelle ausgewiesenen Beträge verdienen dürfte. Vielmehr sind die Tabellenwerte zu verdoppeln und im Hinblick auf die Aufgabenteilung der Geschäftsführer um einen im Einzelfall angemessenen Abschlag (im Streitfall 25 %) zu kürzen. Die Gesamtbezüge beider Geschäftsführer sind dem so ermittelten Wert gegenüberzustellen.

Bleibt der Gesellschaft eine Kapitalverzinsung von über 30 %, kann von einer Gewinnabsaugung durch überhöhte Geschäftsführergehälter auch dann keine Rede sein, wenn die Geschäftsführergehälter den der Gesellschaft verbleibenden Gewinn vor Ertragsteuern übersteigen.

KStG 1999 § 8 Abs. 3 S. 2; KStG 2002 § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 162 Abs. 1 S. 2

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte zutreffend die Gewinne der Klägerin in den Streitjahren 2000 bis 2002 um verdeckte Gewinnausschüttungen wegen seiner Ansicht nach unangemessen hoher Geschäftsführervergütungen erhöht hat.

Die Klägerin betreibt ein Ingenieurbüro und eine Handelsvertretung für Pneumatik, Hydraulik und Elektronik in B. mit Betriebsstätten in R. und L.. Im Jahre 19.. gründete der jetzige Geschäftsführer der Klägerin, Herr H., ein Einzelunternehmen, welches im Jahre 19.. in die neu gegründete Klägerin eingebracht wurde. Alleinige Gesellschafterin und weitere Geschäftsführerin der Klägerin ist die Ehefrau des Herrn H., Frau H.; Frau H. war auch in dem früheren Einzelunternehmen bereits in leitender Position beschäftigt.

In den Streitjahren erhielten die beiden Geschäftsführer die folgenden Vergütungen:

 

2000

2001

2002

Gehalt Frau H.

114.000 DM

114.000 DM

58.284 EUR

Altersvorsorge Frau H.

3.000 DM

3.000 DM

1.534 EUR

Gesamtbezüge Fr. H.

117.000 DM

117.000 DM

59.818 EUR

Gehalt Herr H.

151.728 DM

169.200 DM

86.508 EUR

Altersvorsorge Herr H.

3.000 DM

3.000 DM

1.534 EUR

Tantieme Herr H.

21.735 DM

28.299 DM

23.755 EUR

Gesamtbezüge Hr. H.

146.463 DM

200.499 DM

111.797 EUR

Im Zuge einer steuerlichen Außenprüfung/Betriebsprüfung - Bp - bewertete der Prüfer die an den Geschäftsführer H. gezahlten Vergütungen teilweise als unangemessen und behandelte dementsprechend die seines Erachtens unangemessenen Teile der Gesamtausstattung als verdeckte Gewinnausschüttungen. Zur Ermittlung der Angemessenheit der Bezüge ging der Prüfer wie folgt vor: Er addierte in den jeweiligen Streitjahren zu der Gesamtausstattung beider Geschäftsführer den Jahresüberschuss der Klägerin (vor Ertragsteuern); von dem so ermittelten Wert sah der Prüfer 50 vom 100 als angemessenen Wert der Gesamtausstattung beider Geschäftsführer an. Soweit die Summen der Gesamtausstattungen beider Geschäftsführer diesen Wert überstiegen, nahm der Prüfer eine verdeckte Gewinnausschüttung an, welche er in allen drei Streitjahren jeweils allein Herrn H. zurechnete.

Die Berechnung des Prüfers stellte sich wie folgt dar:

 

2000

2001

2002

1. Gesamtausstattung

293.463 DM

317.499 DM

171.615 EUR

2. Jahresüberschuss (vor Steuern)

106.671 DM

141.494 DM

118.774 EUR

3. Summe

402.134 DM

458.993 DM

290.189 EUR

4. 50 % von 3. = angemessen

201.067 DM

229.497 DM

145.195 EUR

5. Unterschied 1. zu 4. = vGA

92.396 DM

88.002 DM

26.420 EUR

Diese Methode der Ermittlung angemessener Geschäftsführerbezüge begründete der Prüfer unter Bezugnahme auf ein Schreiben des BMF (Schreiben vom 14.10.2002, BStBI. I 2002, 972) wie folgt: Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter werde auf jeden Fall dafür sorgen, dass der Gesellschaft eine angemessene Verzinsung des Kapitals als Gewinn verbleibe. Im Regelfalle könne daher von der Angemessenheit der Gesamtausstattung der Geschäftsführerbezüge ausgegangen werden, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütungen noch ein Jahresüberschuss vor Ertragsteuern in mindestens gleicher Höhe wie die Geschäftsführervergütungen verbleibe, wobei bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern auf die gesamte Summe der diesen gewährten Vergütungen abzustellen sei.

Der Beklagte schloss sich dieser Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ dementsprechend am 15.6.2004 die im Streit befindlichen Steuerbescheide für die Streitjahre 2000 bis 2002. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 21.7.2004).

Mit der hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass der Beklagte zu Unrecht von einer Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge ausgegangen sei und deshalb der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen nicht in Betracht käme,

Nach der Verwaltungsauffassung, Rechtsprechung und Literatur seien zur Prüfung der Angemessenheit von Geschäftsführervergütungen von Kapitalgesellschaften drei Beurteilungskriterien heranzuziehen, und zwar 1. Art und Umfang der Tätigkeit, 2. der Fremdvergleich und 3. die Ertragsaussichten der Gesellschaft bzw. das Verhältnis der Geschäftsführervergütungen zur Eigenkapitalverzinsung. Die Prüfung aller drei genannten Kriterien führe im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die von ihr, der Klägerin, gezahlten Geschäftsführervergütungen als angemessen anzusehen seien.

Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass der Beklagte schon methodisch falsch an die Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttung herangegangen sei, denn es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte die seines Erachtens unangemessenen Bestandteile der Gesamtausstattungen allein dem angestellten Geschäftsführer H. und nicht auch dessen Ehefrau, der Gesellschafter-Geschäftsführerin der Gesellschaft, zugerechnet habe.

Art und Umfang der Tätigkeit des Geschäftsführers H. für sie, die Klägerin, hätten die an diesen gezahlten Bezüge dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass Herr H. als der für den Verkauf zuständige Geschäftsführer die angestellten Außendienstmitarbeiter geleitet und die Geschäftsbeziehungen zu den wichtigsten Kunden persönlich gepflegt habe. Von den erzielten Gesamtumsätzen des Jahres 2003 habe zum Beispiel Herr H. alleine rund 33% und die übrigen sechs Außendienstmitarbeiter hätten rund 67% erzielt.

Da in den Streitjahren kein weiterer Fremdgeschäftsführer beschäftigt worden sei, komme ein interner Fremdvergleich nicht in Betracht. Die Konditionen, zu denen ein weiterer Geschäftsführer zum 1.1.2004 eingestellt worden sei, seien einerseits nur bedingt zum Vergleich heranzuziehen und bestätigten andererseits die Angemessenheit der Bezüge des Geschäftsführers H.. Bei dem im Januar 2004 eingestellten weiteren Geschäftsführer handele es sich um einen langjährigen Mitarbeiter, der zuvor in der Betriebsstätte R. im Vertrieb tätig gewesen und, da ein Geschäftsführer von außen mit entsprechenden Qualifikationen nicht zu finden gewesen sei, ausgewählt worden sei, um allmählich in die Position des Geschäftsführers hinein zu wachsen. Es läge auf der Hand, dass dieser weitere Geschäftsführer während der Einarbeitungszeit keine nennenswerte Entlastung für die bisherige Geschäftsführung darstelle und daher auch nicht das Gehalt eines voll einsatzbereiten Geschäftsführers zu beanspruchen hätte. Nach wie vor sei es so, dass dieser Mitarbeiter im Wesentlichen seine bisherige Tätigkeit im Vertrieb in der Geschäftsstelle in R. ausübe und die Gesamtgeschäftsführung in den Händen der Eheleute H. liege. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei das an den weiteren Geschäftsführer gezahlte Monatsgehalt von 4.300 EUR zuzüglich einer Gewinntantieme von 10% durchaus als angemessen im Verhältnis zum Gehalt des Herrn H. anzusehen, zumal das Gehalt des Herrn H. mit Einstellung des weiteren Geschäftsführers auf monatlich 5.900 EUR reduziert und seine bisherige Gewinntantieme von 20% auf 10% abgesenkt worden sei.

Der Vortrag des Beklagten, dass die Bezüge des Geschäftsführers H. jeweils an die Gewinnsituation von ihr, der Klägerin, angepasst worden seien, sei unzutreffend. Es habe lediglich im Jahre 2001 eine Erhöhung der Vergütung des Herrn H. stattgefunden, die dann auch beibehalten worden sei. Der Umstand, dass die Vergütung der Gesellschafter-Geschäftsführerin Frau H, in dieser Zeit unverändert geblieben sei, finde seine Rechtfertigung darin, dass Frau H. ausschließlich im Innendienst des Unternehmens tätig gewesen sei und deshalb keinen nennenswerten Einfluss auf die Geschäftsentwicklung habe nehmen können, welche ganz wesentlich durch die Aktivitäten des Außendienstes, dessen Leiter der angestellte Geschäftsführer H. sei, bestimmt werde. Daher sei es gerechtfertigt und nicht unangemessen, den angestellten Geschäftsführer H, durch entsprechend höhere Dotierungen und Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme - wie auch die übrigen Vertriebsmitarbeiter - am Erfolg des Unternehmens stärker teilhaben zu lassen als die lediglich im Innendienst tätige Gesellschafter-Geschäftsführerin. Dass die höhere Gesamtausstattung des Geschäftsführers H. in den Streikjahren angemessen gewesen sei, zeige sich auch ganz deutlich an dem Umstand, dass mit Einstellung des weiteren Geschäftsführers ab 2004, der nach und nach in die Position des Geschäftsführers H. hineinwachsen sollte, lediglich die Bezüge des Geschäftsführers H. gekürzt wurden, nicht jedoch diejenigen der Frau H.

Schließlich habe der Beklagte es versäumt, einen externen Betriebsvergleich in Bezug auf die Geschäftsführervergütungen anzustellen. Hätte er dies getan, so Wäre er unter Heranziehung der einschlägigen Gehaltsstrukturuntersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gesamtausstattungen der beiden Geschäftsführer der Klägerin in den Streitjahren - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwei Geschäftsführern beschäftigt worden seien - deutlich innerhalb der Bandbreite der Geschäftsführervergütungen vergleichbarer Unternehmen gelegen hätten,

Die Klägerin beantragt, die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, 2001 und 2002, den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 2000, 2001 und 2002, die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 KStG zum 31.12.2000, die gesonderte Feststellung der Endbestände nach § 36 Abs. 7 KStG sowie der Besteuerungsgrundlagen gem. § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG zum 31.12.2001 und 31.12.2002, sämtlich vom 15.6.2004 und in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 21.7.2004, ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt der Beklagte auf die Ausführungen in den Gründen seiner Einspruchsentscheidung Bezug. Dort hat er sich im Wesentlichen mit der Frage auseinander gesetzt, ob es sich bei Herrn H. um eine der Gesellschafter-Geschäftsführerin nahe stehende Person handelt; hinsichtlich der Frage der Angemessenheit der Geschäftsführerbezüge sowie der Ermittlung der Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen wiederholt der Beklagte die von der Bp vertretene Ansicht.

Dem Senat habe bei seiner Entscheidung neben der Streitakte die vom Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer ... geführten Steuerakten (4 Bände) vorgelegen, auf deren Inhalte ergänzend Bezug genommen wird.

Die Klage war zulässig und begründet

Aus den Gründen:

Die Klägerin wird durch die angegriffenen Steuerbescheide in ihren Rechten verletzt, da diese Verwaltungsakte rechtswidrig sind (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Bescheide sind daher ersatzlos aufzuheben mit der Folge, dass die Ursprungsbescheide, in denen die erklärten Besteuerungsgrundlagen der Klägerin angesetzt waren, wieder aufleben.

Die Geschäftsführervergütungen an H und an dessen Ehefrau - Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin - waren nicht überhöht, es lag keine vGA vor

Der Beklagte hat die Geschäftsführervergütungen, welche die Klägerin in den Streitjahren an ihre beiden Geschäftsführer gezahlt hat, zu Unrecht als überhöht und damit unangemessen angesehen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist daher insoweit nicht anzusetzen.

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages nach § 4 Abs. 1 EStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (BFH, Urteil vom 28.1.2004, I R 87/02, BFH/NV 2004, 736, BB 2004, 817 Ls unter 11.1. der Gründe). Dazu gehören insbesondere einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlte Vergütungen, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte (BFH, Urteil vom 27.3.2001, I R 27/99, BStBI. II 2002, 111, BB 2001, 1290). Gleiches gilt hinsichtlich Geschäftsführervergütungen, die die Kapitalgesellschaft an gesellschaftsfremde Personen zahlt, wenn und soweit diese Zahlungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind; dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich bei dem Fremdgeschäftsführer um eine dem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft nahe stehende Person handelt. Zwar indiziert die Nähe des Dritten zum Gesellschafter regelmäßig die Veranlassung der Zahlung durch das Gesellschaftsverhältnis, für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung muss jedoch hinzukommen, dass die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem Gesellschafter nicht nahe steht, nicht gewährt hätte (vgl. BFH, Urteil vom 18.12.1996, I R 139/94, BStBI. Il 1997, 301, BB 1997, 716).

Die Höhe der gezahlten Vergütungen - maßgebend ist die Gesamtausstattung - hält einem internen wie externen Fremdvergleich stand

Eine derartige unangemessene Vermögenszuwendung kann der Senat im vorliegenden Streitfall nicht erkennen. Zwar handelt es sich bei dem angestellten Geschäftsführer der Klägerin, Herrn H., unstreitig um eine der Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin nahe stehende Person, nämlich um deren Ehemann. Indes gibt es nach Überzeugung des erkennenden Senats keinen Hinweis darauf, dass die an Herrn H. gezahlten Geschäftsführervergütungen in den Streitjahren unangemessen waren; insbesondere hält die Höhe der gezahlten Vergütungen einem internen wie externen Fremdvergleich stand.

Der vom Finanzamt bzw. dem Gericht anzustellende Fremdvergleich zur Überprüfung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung muss sich auf die Gesamtausstattung beziehen. Darunter ist die Summe aller Vorteile zu verstehen, die der Geschäftsführer in dem jeweils maßgeblichen Veranlagungszeitraum von der Kapitalgesellschaft oder von Dritten für deren Rechnung bezogen hat (BFH, Urteil vom 27.2.2003, I R 46/01, BStBl. II 2004, 132; BB 2003, 1990). Zur Gesamtausstattung zählen neben der eigentlichen Gehaltszahlung z.B. auch Pensionszusagen, Dienstwagengestellung, Tantiemen, Versicherungsbeiträge etc. (vgl. Gosch, KStG-Kommentar, 2005, § 8 Rz. 803).

Bei der anzustellenden Schätzung ist u.a. zu berücksichtigen, dass sich der Bereich des Angemessenen auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt; Unangemessen sind dann die Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen

Ob und inwieweit eine im konkreten Einzelfall zu beurteilende Vergütung einem Fremdvergleich standhält, müssen das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht im Wege der Schätzung (§ 162 AO i.V.m. § 96 Abs. 1 FGO) ermitteln (vgl. BFH, Urteil vom 15.12.2004, I R 61/03, BFH/NV 2005, 1146). Bei der Schätzung sind alle Umstände zu Gunsten wie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind (vgl. § 162 Abs. 1 Satz 2 AO). Bei der Ermittlung der angemessenen Gesamtvergütung der Höhe nach handelt es sich um eine Schätzung, für die es keine festen Grenzen gibt; erforderlich ist daher eine Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles (Gosch, a.a.O., § 8 Rz. 804 m.w.N.).

Bei dieser Schätzung ist zu berücksichtigen, dass in der Regel nicht ein bestimmtes Gehalt als angemessen angesehen werden kann, sondern der Bereich des Angemessenen sich auf eine gewisse Bandbreite von Beträgen erstreckt. Unangemessen im Sinne einer verdeckten Gewinnausschüttung sind dann nur die Bezüge, die den oberen Rand dieser Bandbreite übersteigen (vgl. BFH, Urteile vom 27.2.2003, I R 46/01, BStBl. II 2004, 132, BB 2003, 1990, und I R 80, 81I01, BFH/NV 2003, 1346; vom 4.6.2003, I R 24/02, BStBl. II 2004, 136, BB 2003, 2210, und I R 38/02, BStBl. II 2004, 139, BB 2004, 756; vom 26.5. 2004, I R 92/03, BFH/NV 2005, 77, jeweils m.w.N.). Wo im konkreten Einzelfall die hiernach zu bestimmende (Ober-)Grenze zwischen (noch) angemessenen und (schon) unangemessenen Gesamtbezügen verläuft, ist eine Frage, deren Beantwortung dem Finanzgericht vorbehalten ist. Dabei zählt es zum Bereich der vom Gericht zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen, welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall beizumessen ist.

Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren (zum sog. externen Fremdvergleich vgl. auch BFH, Urteil vom 5.10.1994, I R 50/94, BStBI. II 1995, 549, BB 1995, 966). Hierbei können im Rahmen der Angemessenheitsprüfung auch Gehaltsstrukturuntersuchungen berücksichtigt werden. Neben dem externen Fremdvergleich können zu den weiteren Maßstäben für die Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung diejenigen Entgelte gehören, die gesellschaftsfremde Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens beziehen (interner Fremdvergleich).

Der interne Fremdvergleich führt nicht zu einer Beurteilung als unangemessen, insbesondere ist das niedrigere Gehalt des Fremdgeschäftsführers durch den Umstand gerechtfertigt, dass der Geschäftsführer H über eine lange Erfahrung verfügte

Im Streitfall lässt sich eine Unangemessenheit der Gesamtausstattung des angestellten Geschäftsführers H. bei einem internen Fremdvergleich nicht feststellen. Die Klägerin hat insoweit überzeugend und widerspruchsfrei dargelegt, dass es für die höhere Geschäftsführervergütung des Herrn H. gegenüber der Gesamtausstattung der Gesellschafter-Geschäftsführerin wirtschaftliche Gründe gab, die auch einem der Gesellschafterin nicht nahe stehenden fremden Dritten bei entsprechender Tätigkeit und entsprechender Qualifikation zugute gekommen wären. Denn es ist unbestritten, dass Herr H. durch seine leitende Tätigkeit im Vertrieb ganz wesentlich zum Erfolg des Handelsunternehmens der Klägerin beigetragen hat. Nach der Art des Unternehmens der Klägerin hängt der wirtschaftliche Erfolg ganz entscheidend von der Kundenakquisition und -pflege sowie der damit einhergehenden Höhe der erzielten Umsätze ab. Angesichts der Erfolge, die der angestellte Geschäftsführer H. in dem von ihm betreuten Vertriebsbereich des Unternehmens der Klägerin offensichtlich erzielt hat, erscheint es dem Gericht durchaus als gerechtfertigt, diese besonderen Leistungen durch ein entsprechend höheres Geschäftsführergehalt zu entlohnen.

Auch der Vergleich mit dem Gehalt, welches der Fremdgeschäftsführer, der ab 2004 also nach den Streitjahren - eingestellt wurde, erhielt, lässt keinen Schluss auf eine unangemessene Gesamtausstattung des Herrn H. zu. Die Differenz zwischen dem Gehalt des Herrn .H. (5.900 EUR) und dem Gehalt des neuen weiteren Geschäftsführers (4.300 EUR) erscheint unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Herr H über eine Jahrzehnte lange Erfahrung als Vertriebsleiter der Klägerin verfügte, während der neue Geschäftsführer erst eingearbeitet werden musste, als keineswegs unangemessen und durchaus üblich.

Auch aus dem externen Fremdvergleich folgt unter Anwendung der Karlsruher Tabelle keine Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge des H und seiner Ehefrau

Auch bei einem externen Betriebsvergleich lässt sich die vom Beklagten angenommene Unangemessenheit der Geschäftsführerbezüge nicht verifizieren. Die so genannte Karlsruher Tabelle (abgedruckt in: DStR 2001, 792 ff) weist für Betriebe mit einem Umsatz unter 5 Millionen DM und einer Mitarbeiterzahl unter 20 Gehaltsspannen von 180.000 DM p.a. bis zu 370.000 DM p.a. aus, wobei die Werte je nach Branche differieren. Nach den Angaben des Prozessvertreters der Klägerin betrugen die Umsätze in den Streitjahren im einzelnen: 2000: 4,7 Mio. DM, 2001: 4,9 Mio. DM, 2002: 3,1 Mio. EUR; die Mitarbeiterzahl lag im Jahre 2002 bei 19 Angestellten. Da die Klägerin ein Ingenieurbüro und eine Handelsvertretung betreibt, käme eine Eingruppierung sowohl in die Branchen "Großhandel" als auch "Freiberufler" in Betracht; die Spanne reicht bei diesen Branchen von 200.000 DM p.a. bis zu 370.000 DM p.a.. Da allerdings nach Auskunft des Prozessvertreters der Klägerin ganz überwiegend der Handel betrieben wird, erscheint die Anwendung der Tabelle für den Großhandel (200.000 DM bis 260.000 DM) sachgerecht. Die Gesamtausstattung beider Geschäftsführer der Klägerin lag im Streitjahr 2001, auf das sich die genannten Tabellenwerte beziehen, mit 317.499 DM zwar über dem obersten Tabellenwert von 260.000 DM; hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Tabellenwerte regelmäßig auf die Bezüge für einen einzelnen Geschäftsführer beziehen.

Werden hingegen - wie im Streitfall - zwei Geschäftsführer beschäftigt, so sind die Tabellenwerte nicht etwa auf beide Geschäftsführer in der Weise aufzuteilen, dass jeder der Geschäftsführer lediglich die Hälfte der in der Tabelle ausgewiesenen Beträge verdienen dürfte. Vielmehr sind in diesen Fällen die Tabellenwerte mit der Anzahl der Geschäftsführer zu multiplizieren, und von dem so gefundenen Wert ist wegen der Verteilung der Geschäftsführerfunktion auf mehrere Köpfe ein angemessener Abschlag vorzunehmen. Für diesen Abschlag gibt es keine feste Größe, er ist ebenso wie die angemessene Vergütung als solche unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu schätzen. Der erkennende Senat hat in einem vergleichbaren Fall der Beschäftigung von zwei Geschäftsführern einen Abschlag von 25 v.H. als sachgerecht angesehen (Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 12.12.2007, 12 K 8396/05 B, nicht veröffentlicht). Bei der Bemessung des Abschlages ist zu berücksichtigen, dass einerseits durch die Aufgabenteilung eine gewisse Entlastung eines jeden der beiden Geschäftsführer eintritt, andererseits aber diese Entlastung nicht etwa zu einer Halbierung des Arbeitseinsatzes beider Geschäftsführer führt.

Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die Spanne der angemessenen Vergütungen (Gesamtausstattungen) beider Geschäftsführer der Klägerin im Streitjahr 2001 zwischen 300.000 DM p.a. und 390.000 DM p.a. lag (200.000 x 2 = 400.000 - 25 % = 300.000 bzw. 260.000 x 2 = 520.000 - 25% = 390.000). Somit ist vorliegend die Gesamtausstattung im Streitjahr 2001 auch unter Berücksichtigung des externen Fremdvergleichs als angemessen anzusehen, da sie innerhalb der bezeichneten Spanne liegt. Entsprechendes gilt für die Streitjahre 2000 und 2002 unter der Annahme, dass die vergleichbaren Geschäftsführerbezüge im Jahre 2000 um ca. 3% unter und im Jahre 2002 um ca. 3% über den Vergleichswerten des Jahres 2001 lagen.

Der Klägerin verblieb nach Abzug der Geschäftsführervergütungen auch ein angemessener Gewinn bzw. eine angemessene Kapitalverzinsung; eine Gewinnabsaugung durch überhöhte Geschäftsführerbezüge lag nicht vor

Schließlich verblieb der Klägerin nach Abzug der gezahlten Geschäftsführervergütungen in allen Streitjahren ein angemessener Gewinn beziehungsweise eine angemessene Kapitalverzinsung. Nach den vom Beklagten nicht bestrittenen Berechnungen der Klägerin betrug die Kapitalverzinsung in den Streitjahren im Einzelnen: 36% im Jahre 2000, 35% im Jahre 2001 und 32% im Jahre 2002. Die Gewinne der Klägerin beliefen sich nach den Angaben des Beklagten in der Einspruchsentscheidung - vor Ertragsteuern und nach Berücksichtigung der Geschäftsführervergütungen als Betriebsausgaben - auf 108.671 DM im Jahre 2000, 141.494 DM im Jahre 2001 und 118.774 EUR im Jahre 2002. Angesichts dieser Zahlen kann keineswegs von einer so genannten Gewinnabsaugung durch überhöhte Geschäftsführerbezüge gesprochen werden. Die Ansicht des Beklagten, dass der Kapitalgesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütung mindestens ein Gewinn (vor Ertragsteuern) in Höhe der gezahlten Geschäftsführervergütung verbleiben müsse und dass die darüber hinausgehenden Beträge als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren seien, ist nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht haltbar und im Übrigen auch nicht durch den Wortlaut des vom Beklagten angeführten BMF-Schreibens vom 14.10.2002 (BStBI. I 2002, 972) gedeckt.

Die vom FA vorgenommene Berechnung führt zu einer Sollgewinnbesteuerung, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt und daher abzulehnen ist

Denn die vom Beklagten vertretene Auffassung bedeutete in der Konsequenz eine Sollgewinnbesteuerung, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt und die daher auch zutreffend von den Gerichten abgelehnt wird (vgl. BFH, Urteil vom 17.11.1999, I R 4/99, BFH/NV 2000, 1503; Urteil vom 15.5.2002, I R 92/00, BFH/NV 2002, 1538). Denn § 8 Abs. 3 S. 2 KStG enthält keine allgemeine Ermächtigung zur pauschalen Einkommenskorrektur nach Maßgabe branchendurchschnittlicher Gewinnvorgaben und zur Hinzuschätzung fiktiver Entgelte und Gewinne. Es gibt keine Berechtigung zur Vornahme einer Sollgewinnbesteuerung. Zu Korrekturen kann es vielmehr nur kommen, wenn für Verlust oder Gewinn (ausnahmsweise) gesellschaftliche und damit ertragsteuerrechtlich unbeachtliche Beweggründe maßgebend sind (Gosch, KStG-Kommentar 2005, § 8 Rz. 1036 m.w.N.). Derartige Beweggründe hat der Senat im Streitfall nicht festgestellt.

Dem BMF-Schreiben vom 14.10.2002 (a.a.O., Rz. 16) ist im Übrigen lediglich zu entnehmen, dass im Regelfall von einer Angemessenheit der Gesamtausstattung der Geschäftsführerbezüge ausgegangen werden kann, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütungen noch ein Jahresüberschuss vor Ertragsteuern in mindestens gleicher Höhe wie die Geschäftsführervergütungen verbleibt; hierdurch wird umschrieben, unter welchen Umständen jedenfalls nicht von unangemessenen Bezügen auszugehen ist. Keinesfalls kann das BMF-Schreiben dahingehend interpretiert werden - wie der Beklagte es trotz entsprechender Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung tut -, dass bei Unterschreiten der hälftigen Anteils des verbleibenden Gewinns gegenüber den Geschäftsführervergütungen quasi automatisch eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sei.

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