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Steuerrecht
06.09.2018
Steuerrecht
FG Köln: Absagen von Kollegen zur Weihnachtsfeier

FG Köln, Urteil vom 27.6.20183 K 870/17

ECLI:DE:FGK:2018:0627.3K870.17.00

Volltext BB-Online Volltext: BBL2018-2134-1

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Ermittlung des Umfangs der lohnsteuerpflichtigen Zuwendungen, die Arbeitnehmern im Rahmen einer Betriebsveranstaltung gewährt werden, auf die Anzahl der teilnehmenden oder der tatsächlich angemeldeten Arbeitnehmer abzustellen ist.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung betriebenes Unternehmen mit Sitz in A. Sie beschäftigte zum streitgegenständlichen Zeitraum 30 Arbeitnehmer.

Ende des Jahres 2016 plante die Klägerin die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier, zu der sie alle Betriebsangehörigen einlud. Insgesamt 27 der Arbeitnehmer sagten daraufhin ihre Teilnahme an dieser Betriebsveranstaltung zu. Die Klägerin gab dementsprechend bei der Auftragserteilung an den Veranstalter „B“ eine Teilnehmeranzahl von 27 Personen an, anhand derer die Veranstaltung kalkuliert wurde. Nach dem Konzept des Veranstalters konnte jeder der Teilnehmer im Rahmen des Kochkurses unbegrenzt viele Speisen und Getränke verzehren.

Am 17.11.2016 nahmen tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer am Kochkurs teil, nachdem zwei der angemeldeten Arbeitnehmer kurzfristig absagt hatten. Dies führte jedoch nicht zu einer Verminderung der veranschlagten Veranstaltungskosten, da der Veranstalter entsprechend der ursprünglich angemeldeten Teilnehmerzahl die Menge an benötigten Lebensmitteln und Getränken kalkuliert und diese bereitgestellt hatte. Für den durchgeführten Kochkurs entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 3.052,35 € brutto.

Die Klägerin berechnete im Rahmen der Lohnsteuervoranmeldung für diese Weihnachtsfeier eine lohnsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage in Höhe von 76,25 € und versteuerte diesen Betrag. Dem lag die Rechtsauffassung der Klägerin zugrunde, dass sogenannte „No-Show-Kosten“ – also Kosten, die auf die zwar angemeldeten, aber nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfielen – nicht Teil der Zuwendungen nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG seien. Die Gesamtkosten der Weihnachtsfeier in Höhe von 3.052,35 € wurden dabei durch die Anzahl der angemeldeten (27) und nicht durch die Anzahl der teilnehmenden (25) Arbeitnehmer geteilt, so dass sich ein Pro-Kopf-Betrag von 113,05 € ergab. Insgesamt legte die Klägerin der Lohnversteuerung damit Zuwendungen an ihre Arbeitnehmer im Rahmen des Kochkurses in Höhe von 2.826,25 € (25 x 113,05 €) zugrunde. Nach Abzug der Freibeträge in Höhe von insgesamt 2.750 € (25 x 110 €) verblieb sodann ein steuerpflichtiger Betrag in Höhe von 76,25 €.

Mit Schreiben vom 20.02.2017 teilte die Klägerin dem Beklagten hierzu mit, dass sie die Weihnachtsfeier 2016 in Abweichung vom BMF-Schreiben vom 14.10.2015, IV C 5 – S 2332/15/10001 (BStBl. I 2015, 832), mit einem geringeren Betrag versteuert habe. Ihre „frustrierten“ Aufwendungen für angemeldete, aber tatsächlich nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmende Arbeitnehmer habe sie entgegen der Ansicht des BMF nicht auf die teilnehmenden Arbeitnehmer aufgeteilt, da insoweit den teilnehmenden Arbeitnehmern keine Zuwendung im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG zugeflossen sei.

Der Beklagte setzte daraufhin mit Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 01.03.2017 folgende Nachforderungsbeträge fest:

Lohnsteuer

56,53 €

Solidaritätszuschlag

3,11 €

Evangelische Kirchensteuer

1,62 €

Römisch-kath. Kirchensteuer

2,34 €

Als Begründung führte er aus, die Besteuerung der Weihnachtsfeier 2016 habe als Betriebsveranstaltung entsprechend dem vorgenannten BMF-Schreiben vom 14.10.2015 zu erfolgen. Danach seien die zu berücksichtigenden Aufwendungen des Arbeitgebers für eine Betriebsveranstaltung zu gleichen Teilen auf die anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Die lohnsteuerliche Bemessungsgrundlage der Weihnachtsfeier 2016 der Klägerin betrage demnach 302,35 € (3.052,35 € ./. 2.750 €) statt der angemeldeten 76,25 €, so dass sich als Berechnungsgrundlage für die Nachforderung der Differenzbetrag i.H.v. 226,10 € ergebe.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 30.03.2017 Sprungklage ein. Dieser stimmte der Beklagte mit Schreiben vom 24.04.2017 zu.

Die Klägerin ist der Ansicht, „No-Show-Kosten“ seien nicht von der Regelung des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG umfasst. Es handele sich dabei um vergebliche Aufwendungen des Arbeitgebers, die allein durch die angemeldeten, jedoch tatsächlich nicht teilnehmenden Arbeitnehmer veranlasst seien. Mithin liege nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 1a Sätze 1 und 2 EStG insoweit keine Zuwendung an die tatsächlich an einer Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer vor. Auch die Entstehungsgeschichte der Regelung spreche für diese Auslegung. Ferner fehle es hinsichtlich der „No-Show-Kosten“ an einer objektiven Bereicherung der Teilnehmer, welche auch bei Sachbezügen notwendige Voraussetzung der Steuerbarkeit sei. Dies ergebe sich zum einen aus der Systematik und dem Zweck des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Denn darin werde die Besteuerung des einzelnen Arbeitnehmers, der an einer Betriebsveranstaltung teilnehme, geregelt und gerade nicht eine pauschale Kollektivbesteuerung der Betriebsveranstaltung selbst. Zum anderen sei auch nach verfassungskonformer Auslegung eine objektive Bereicherung des Arbeitnehmers für die Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG zwingend erforderlich, da nur insoweit eine Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers gegeben sei.

Die Klägerin beantragt,

den Lohnsteuernachforderungsbescheid 2016 vom 01.03.2017 aufzuheben,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er stützt dies zum einen darauf, dass der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG eindeutig sei. Eine individuelle Zurechenbarkeit der Kosten einer Betriebsveranstaltung auf einzelne Arbeitnehmer müsse danach gerade nicht zwingend vorliegen, sondern die entsprechenden Aufwendungen könnten auch mit einem rechnerischen Anteil berücksichtigt werden. Zum anderen sei er an die Regelungen des BMF-Schreibens vom 14.10.2015 gebunden. Darin sei ausdrücklich geregelt, dass auch Aufwendungen des Arbeitgebers, die nur zu einer abstrakten Bereicherung des Arbeitnehmers führen, als Zuwendungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu erfassen seien. Die insgesamt zu berücksichtigenden Aufwendungen seien dann zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Zu Unrecht ist der Beklagte davon ausgegangen, dass die durch die streitbefangene Betriebsveranstaltung – die Weihnachtsfeier 2016 – entstandenen Aufwendungen nur auf die teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegen sind und die Klägerin daher einen weiteren Betrag in Höhe von 226,10 € als Arbeitslohn ihrer Mitarbeiter i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG nachversteuern müsse.

Der angegriffene Lohnsteuernachforderungsbescheid ist daher rechtswidrig, verletzt die Klägerin in ihren Rechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO und war daher aufzuheben.

I. Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG in der ab 01.01.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl. I, S. 2417) gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen).

Zuwendungen in diesem Sinne sind nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

Die Zuwendungen gehören jedoch gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1a Sätze 3 und 4 EStG insoweit nicht zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit, als die Zuwendungen für maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich einen Freibetrag in Höhe von jeweils 110 € pro teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen und die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebes oder eines Betriebsteils offensteht.

Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 5 EStG erfolgt der jeweilige Ansatz der Zuwendung abweichend von § 8 Abs. 2 EStG mit dem Kostenbetrag, der anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfällt.

II. Im Streitfall stellen die Aufwendungen der Klägerin für die Weihnachtsfeier 2016 i.H.v. 76,25 € steuerpflichtigen Arbeitslohn ihrer Arbeitnehmer nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar. Dem liegt die folgende Berechnung zugrunde:

Gesamtkosten der Betriebsveranstaltung:

3.052,35 €

Bei 27 angemeldeten/einkalkulierten Teilnehmern Kosten je Teilnehmer:

113,05 €

Zuwendung an die 25 teilnehmenden Arbeitnehmer: 25 x 113,05

2.826,25 €

Abzüglich Freibetrag: 25 x 110 €

2.750,00 €

Verbleibender lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn

76,25 €

Demgegenüber wirken sich die von der Klägerin aufgewendeten Kosten für die beiden Arbeitnehmer, die nach ursprünglicher Anmeldung zur Weihnachtsfeier kurzfristig wieder abgesagt hatten, auf die Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns der teilnehmenden Arbeitnehmer nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG nicht aus.

1. Denn insoweit liegen allein fehlgeschlagene Aufwendungen der Klägerin vor, aber gerade keine Zuwendungen an diejenigen ihrer Arbeitnehmer, die tatsächlich an der Betriebsveranstaltung teilgenommen haben. Hinsichtlich solcher vergeblicher Aufwendungen des Arbeitgebers handelt es sich zwar um Ausgaben, die durch die konkret stattgefundene Betriebsveranstaltung bzw. deren Durchführung entstanden sind. Sie wurden dadurch verursacht, dass im Rahmen der Planung und Kalkulation der Veranstaltung von der Teilnahme aller Arbeitnehmer ausgegangen wurde und eine entsprechend dimensionierte Bestellung beim betreffenden Dienstleister erfolgte. Durch die kurzfristige Absage der Teilnahme einzelner Arbeitnehmer und den durch diese Kurzfristigkeit bedingten Umstand, dass die auf diese Arbeitnehmer entfallenden Kosten nicht mehr vermieden werden konnten, sind jedoch Aufwendungen entstanden, für die die Klägerin zwar eine entsprechende Gegenleistung erhalten hat. Diese hatte für die Klägerin jedoch keinen Wert, da sie die Gegenleistung nicht – wie vorgesehen – den nicht teilnehmenden Arbeitnehmern zuwenden konnte. Damit handelt es sich bei solchen fehlgeschlagenen Aufwendungen zwar um berücksichtigungsfähige Betriebsausgaben (Blümich/Wied, EStG, Stand November 2017, § 4 Rn. 452; Schmidt/Loschelder, EStG, 37. Auflage 2018, § 4 Rn. 484). Nicht einsichtig ist jedoch, aus welchem Grunde diese vergeblichen Aufwendungen die den an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmern gewährte Zuwendung erhöhen soll.

2. Gegenteiliges lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung des Wortlauts der Regelungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG begründen.

a) So gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG die Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen ebenfalls zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Durch die Verwendung der Präposition „an“ sowie den Begriff der „Zuwendungen“ wird deutlich, dass der Arbeitgeber mit dem Ausrichten der Betriebsveranstaltung bezweckt, die Vorteile aus der Veranstaltung dem jeweiligen Arbeitnehmer zugutekommen zu lassen. Folglich ist maßgeblich, dass ein vermögenswerter Vorteil zugewendet und der jeweilige Arbeitnehmer in diesem Umfang durch den Arbeitgeber bereichert wird.

b) Zwar ist es zutreffend, dass der Gesetzgeber gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG für die Bewertung der Höhe dieser Zuwendungen nicht allein auf die den einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbaren Kosten (also z.B. Speisen und Getränke sowie Eintrittskarten) abstellt. Der Zuwendungsbegriff nach § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG umfasst vielmehr auch den rechnerischen Anteil des jeweiligen Arbeitnehmers an den nicht individuell zurechenbaren Kosten, wozu insbesondere die Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Veranstaltung (also z.B. die Räumlichkeiten und das Begleitprogramm) gehören. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass der einzelne Arbeitnehmer auch durch den Rahmen der Veranstaltung jedenfalls abstrakt bereichert wird (vgl. BT-Drucks. 18/3017, S. 47/48; 18/3441, S. 60). Die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG soll zudem die Ermittlung der Höhe der Zuwendung an den jeweiligen Arbeitnehmer dadurch vereinfachen, dass die nicht individuell zurechenbaren Kosten der Veranstaltung pauschal zu gleichen Teilen auf die Veranstaltungsgäste aufgeteilt werden können (Schmidt/Krüger, EStG, 37. Auflage 2018, § 19 Rn. 77 ff.).

Damit ist jedoch – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF-Schreiben vom 14.10.2015, IV C 5 – S 2332/15/10001, BStBl. I 2015, 832, Tz. 2) – nicht gesagt, dass auch die auf die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallenden Kosten – also die „No-Show-Kosten“ – zu einer zumindest abstrakten Bereicherung der teilnehmenden Arbeitnehmer führen.

Welche Personenanzahl für die Ermittlung dieses rechnerischen Kostenanteils – als Divisor – zugrunde zu legen ist, ergibt sich vielmehr weder aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG noch aus seinem Sinnzusammenhang. Denn allein die Regelung, wonach auch die eher abstrakten Kosten des äußeren Rahmens der Betriebsveranstaltung Teil der dem Arbeitnehmer im Rahmen der Betriebsveranstaltung gewährten Zuwendung sind, beinhaltet damit noch keinen sachlich nachvollziehbaren oder gar zwingend folgerichtigen Grund dafür, dass dann den teilnehmenden Arbeitnehmern zugleich auch anteilig diejenigen Aufwendungen zuzurechnen sind, die auf die nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen.

c) Diesem Auslegungsergebnis steht auch nicht entgegen, dass in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG explizit auf die „teilnehmenden Arbeitnehmer“ abgestellt wird. Denn damit wird lediglich geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine zumindest teilweise steuerliche Freistellung von Einkünften durch Anwendung des Freibetrags bei jedem einzelnen Arbeitnehmer möglich ist. Der Gesetzgeber hätte den adjektivischen Zusatz „teilnehmenden“ auch weglassen können, oder ebenso wie bei der Betriebsveranstaltung den Zusatz „je“ verwenden können, ohne dass insoweit Zweifel daran bestanden hätten, dass der Freibetrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und je Arbeitnehmer gilt.

Hätte der Gesetzgeber insoweit eine dahingehende Regelung vornehmen wollen, dass zu den abstrakten und auf alle teilnehmenden Arbeitnehmer umzulegenden Kosten einer Betriebsveranstaltung nicht nur die für deren äußeren Rahmen, sondern auch die auf die zwar einkalkulierten, jedoch nicht erschienenen Arbeitnehmer, also die vergeblichen Aufwendungen gehören, so hätte er diese in Satz 2 des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG aufnehmen müssen, der sich mit dem Umfang der Zuwendungen unter Berücksichtigung sowohl der individuell zurechenbaren als auch der abstrakten Kosten befasst. Mit Satz 3 des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG lässt sich eine solche vermeintliche Regelungsabsicht jedenfalls systematisch nicht vereinbaren, unabhängig von der Tatsache, dass sich auch nach dem Wortlaut dieser Bestimmung eine solche gesetzgeberische Intention nicht aufdrängt.

3. Aber auch aus Sinn und Zweck der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die sogenannten „No-Show-Kosten“ als Zuwendung an die an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer erfasst werden sollen.

Denn schon die systematische Stellung der Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG im Rahmen der Einkunftsarten des Einkommensteuerrechts zeigt, dass mit ihr diejenigen geldwerten Vorteile erfasst werden sollen, die zu einer Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers führen und für die daher nach der verfassungsrechtlich fundierten Dogmatik des Einkommensteuerrechts eine Rechtfertigung besteht, eine Erhöhung der steuerpflichtigen Bemessungsgrundlage anzunehmen (zur Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als grundlegendem und systemtragendem Prinzip des Einkommensteuerrechts vgl. nur Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Auflage 2018, § 8 Rn. 40 ff.).

Voraussetzung für eine solche Besteuerung ist somit, dass es im Zusammenhang mit einer Betriebsveranstaltung zu einem entsprechenden Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auf Seiten des Arbeitnehmers gekommen ist. Dies ist bei den individuell zurechenbaren und konsumierbaren Zuwendungen ohne weiteres und hinsichtlich der Kosten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung zumindest noch hinreichend nachvollziehbar und sachlich gerechtfertigt. Worin allerdings die besteuerungswürdige Leistungsfähigkeitssteigerung des teilnehmenden Arbeitnehmers in dem Fall liegen soll, in dem die Aufwendungen für die ursprünglich eingeplanten, aber dann doch nicht teilnehmenden Arbeitnehmer ihm anteilig zugerechnet werden, welcher geldwerte Vorteil ihm insoweit zufließt bzw. ihn erreicht, ist hingegen nicht einsichtig.

Vielmehr fehlt es bei solchen reinen Leerkosten an der erforderlichen Bereicherung des Arbeitnehmers (Kirchhof/Eisgruber, EStG, 17. Aufl. 2018, § 19 EStG, Rn. 73c). Der anteilige Ansatz von „No-Show-Kosten“ bei den teilnehmenden Arbeitnehmern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit würde bedeuten, dass reine Scheinvorteile der Besteuerung unterworfen werden, ohne dass eine entsprechende objektive Bereicherung des Arbeitnehmers durch eine ihm zugeflossene Leistung gegeben wäre (Seifert, DStZ 2016, 104). Bei überdimensionierten Sachleistungen und sonstigen vergeblichen Aufwendungen des Arbeitgebers im Rahmen einer Betriebsveranstaltung ist eine Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, an welche die Besteuerung anknüpfen könnte, jedoch nicht gegeben. Der Ausfall oder das Fernbleiben von einzelnen einkalkulierten Teilnehmern führt gerade nicht zu einer höheren Zuwendung des Arbeitgebers an die tatsächlich an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Arbeitnehmer (vgl. Warnke, EStB 2015, 215). Besonders deutlich wird dies bei gebuchten Pro-Kopf-Beträgen für Veranstaltungsleistungen wie z.B. pro Person berechneten Pauschalpreisen für Essen und Getränke. Der auf die ausfallenden Personen entfallene Anteil an den im Vorfeld bereits verbindlich festgelegten Gesamtkosten wird gerade nicht von den tatsächlich anwesenden Teilnehmern konsumiert. Durch die überzähligen Speisen und Getränke sowie die sonstigen überdimensionierten Sachleistungen der Veranstaltung sind die Teilnehmer in keiner Weise bereichert. Vielmehr handelt es sich um vergeblichen Aufwand des Arbeitgebers für nicht in Anspruch genommene Leistungen.

Angesichts dieser Erwägungen wird es im Fachschrifttum auch überwiegend als eine lohnsteuerliche „Unzuträglichkeit“ angesehen, wenn man in diesen Fällen auf die Anzahl der tatsächlich teilnehmenden und nicht auf die eingeplanten Teilnehmer abstellen würde (vgl. Blümich/Geserich, EStG, Stand Juni 2017, § 19 Rn. 249g; Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, JK 2015, Stand Mai 2015, § 19 Anm. J 14-6; Seifert, NWB 2017, 18; Eismann, DStR 2015, 1429; a.A. Plenker, DB 2015, 2530).

So haben auch vorliegend die 25 am Kochkurs teilnehmenden Arbeitnehmer der Klägerin keinen wirtschaftlichen Vorteil durch die kurzfristige Absage ihrer beiden Kollegen erhalten. Wirtschaftlich wären ihnen auch bei voller Teilnehmerzahl die Veranstaltungsleistungen in keinem geringeren Umfang zugutegekommen, da jeder Teilnehmer nach der Planung des Veranstalters ohnehin nach seinem Belieben unbegrenzt viele Speisen und Getränke hätte konsumieren können.

4. Letztlich zu keinem anderweitigen Ergebnis führt auch die Überlegung, dass die ursprüngliche Planung und Kalkulation des Arbeitgebers hinsichtlich der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Kosten der Betriebsveranstaltung nur eine vorläufige und damit variable Größe darstellt, die sich erst mit der Durchführung der Veranstaltung zu einer festen und damit belastbaren Größe konkretisiert und damit erst zu diesem Zeitpunkt den tatsächlichen Umfang der dem teilnehmenden Arbeitnehmer zufließenden Zuwendung zu erkennen gibt.

Denn auch in diesem Fall bleibt es dabei, dass das Nichterscheinen eingeladener Arbeitnehmer bei den teilnehmenden Arbeitnehmern weder im Bereich der individuell konsumierbaren Zuwendungen (Speisen, Getränke und Eintrittskarten) noch den anteilig auf sie entfallenden abstrakten Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung zu einer messbaren Leistungsfähigkeitssteigerung und damit zu einer besteuerungsfähigen Bereicherung führen.

Auch diese Überlegungen zeigen vielmehr, dass es allein sachgerecht ist, insoweit nicht auf die Anzahl der tatsächlich an der Veranstaltung teilnehmenden Personen, sondern auf die Zahl derer abzustellen, für die die Betriebsveranstaltung geplant und kostenmäßig kalkuliert gewesen ist.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

V. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da die streitgegenständliche Rechtsfrage bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden ist und der Senat zudem mit seiner Entscheidung von dem genannten Schreiben des Bundesfinanzministeriums abweicht.

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