Hessisches FG: Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit
Hessisches FG (8. Senat), Urteil vom 10. 5. 2012 - 8 K 2576/10
Leitsätze
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Sachverhalt
Strittig ist, ob die Klägerin im Streitjahr freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte erzielt hat.
Die Klägerin ist .... Nach ihren eigenen Angaben besitzt sie seit 1989 Erfahrungen im EDV-Bereich und war ausweislich ihres Lebenslaufs nach einer gut achtmonatigen Ausbildung zum Systemverwalter SAP R3 in 1994/1995 überwiegend als SAP R3 Beraterin tätig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den in den Akten vorhandenen Lebenslauf der Klägerin verwiesen.
Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2003 führte zu einer Überprüfung des Finanzamts, ob die Klägerin möglicherweise gewerbliche Einkünfte erzielt habe. ...
Die Anfrage des Finanzamts vom 28.04.2004, welche Tätigkeiten ab dem Veranlagungszeitraum 1998 im Einzelnen tatsächlich ausübt wurden, folgte eine allgemeine, nicht auf bestimmte Auftraggeber bezogene Tätigkeitsbeschreibung. Arbeitsverträge könnten nicht vorgelegt werden, da sie freiberuflich tätig sei und nur Auftragsbestätigungen erhalte. Das Finanzamt legte daraufhin im Schreiben vom 04.08.2004 dar, dass, wenn die Klägerin tatsächlich unterrichtend tätig sei, dies im Gegensatz zu ihren Angaben in der Steuererklärung stehe, wonach sie sich selbst als EDV-Beraterin (Systemsoftwareentwicklung) bezeichne. Ohne konkreten Nachweis hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit werde es daher davon ausgehen, dass die Klägerin als EDV-Beraterin tätig sei. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) V R 11/85 werde verwiesen. ....
Diese Angaben reichten dem Finanzamt für die Streitjahre ab 1998 nicht aus; es forderte nochmals Angaben zur konkret ausgeübten Tätigkeit und erließ für das Jahr 2003 am 21.09.2004 einen Gewerbesteuermessbescheid.
Die Klägerin legte am 30.09.2004 Einspruch ein und verwies auf das noch nicht abgeschlossene Verfahren für die Vorjahre. ....
Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde der Einspruch wegen Gewerbesteuermessbetrags ... 2003 mit am 22.06.2006 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.
In ihrer Klagebegründung für die Streitjahre ... und 2003 trug die Klägerin vor, sie sei freiberufliche IT - Systemprogrammiererin. Sie habe im Wesentlichen neue Software erstellt und Programmierleistungen selbständig erbracht. ...
Die Gewerbesteuermessbescheide seien aufzuheben.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie eine ingenieurähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass sie über die erforderliche Ausbildung verfüge.
Am 16.04.2007 hat das Gericht einen Beweisbeschluss erlassen, wonach Beweis erhoben werden sollte, ob die konkrete Tätigkeit der Klägerin ingenieurähnlich ist, weil sie sich durch klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion und Überwachung) auszeichnet, und ob die praktischen Arbeiten der Klägerin in Verbindung mit ihrem Ausbildungsgang den Schluss zulassen, dass sie, obwohl sie kein Ingenieur- oder Informatikstudium abgeschlossen hat, (bereits) in den Streitjahren über ingenieurähnliche Kenntnisse verfügte, die ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Ingenieurs oder Diplominformatikers entsprechen. ....
Der vom Gericht bestellte Sachverständige A. kam in seinem Gutachten vom 29.09.2010 unter Würdigung der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsproben zu dem Ergebnis, dass er nicht abschließend beurteilen könne, ob die Kenntnisse der Klägerin ingenieurmäßig seien, weil das Wissen in dem Fach Mathematik von ihm nicht beurteilt werden könne. ...
... Daraufhin wurden die Verfahren für 1998 - 2001 von diesem Verfahren abgetrennt. ....
Die Klägerin trägt vor, sie sei ingenieurmäßig tätig geworden. Auch der Sachverständige habe festgestellt, dass ihr nur Kenntnisse im Fall Mathematik und daher allenfalls 7 % des geforderten Wissens fehlten. 93 % des Wissens wäre daher dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar. Da das Gericht schriftsätzlich zu erkennen gegeben habe, dass es der Auffassung sei, die Breite und Tiefe der Ausbildung sei nicht nachgewiesen, werde vorsorglich eine Wissensprüfung beantragt. Sie selbst sei aber der Auffassung, bei dieser Sachlage sei eine Wissensprüfung nicht angezeigt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003 vom 10.10.2011
sowie die davor ergangenen Gewerbesteuermessbescheide insgesamt aufzuheben;
hilfsweise,
für den Fall der Klagabweisung die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hat ... beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat am 27.02.2012 beschlossen, dass Beweis erhoben werden soll, ob die Klägerin in den Streitjahren über ingenieurähnliche Kenntnisse verfügte, die ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Ingenieurs oder Diplominformatikers entsprechen, durch Vornahme einer Wissensprüfung. Mit der Durchführung der Wissensprüfung wurde der B. beauftragt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2012 verwiesen.
Dem Gericht lagen die den Streitfall betreffenden Akten des Finanzamts vor.
Aus den Gründen
I. ....
II. Die Klage ist nicht begründet.
Die selbständige Betätigung der Klägerin in den Streitjahren stellt sich....nicht als Ausübung eines freien Berufs dar.
1. Da die Klägerin unbestritten wegen fehlenden Studiums nicht als Ingenieur tätig war, kommt im Streitfall nur eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit in Betracht, sofern sie in Ausbildung und beruflicher Tätigkeit in wesentlichen Punkten mit dem Katalogberuf vergleichbar ist. Die danach in Tiefe und Breite --einem Ingenieur-- vergleichbaren Kenntnisse kann nach ständiger BFHRechtsprechung auch ein Diplom-Informatiker geltend machen, weil das Studium der Informatik an einer (Fach-)Hochschule dem der traditionellen Ingenieurwissenschaften gleichwertig ist, auch wenn das Ingenieurstudium im Grundsatz allgemeiner sein kann. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige --ohne entsprechende Hochschulausbildung-- nachweisen kann, dass er sich das Wissen eines Diplom-Informatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe auf andere Weise im Wege der Fortbildung und/oder des Selbststudiums oder ggf. anhand eigener praktischer Arbeiten angeeignet hat, sofern die erworbenen Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach dem Wissen des Kernbereichs des jeweiligen Fachstudiums entsprechen. Dies erfordert Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs. Dementsprechend kann auch ein EDV-Berater geltend machen, einen ingenieurähnlichen Beruf auszuüben (BFH-Urteile vom 16.12.2008 VIII R 27/07, HFR 2009, 898; vom 18.04.2007 XI R 29/06, BFHE 218, 65, BStBl II 2007, 781 jeweils mit zahlreichen Nachweisen).
2. Ausweislich des eingeholten Gutachtens ist die Klägerin auf dem Fachgebiet Entwicklung, Implementierung und Betreuung von Software tätig gewesen. Derartige Tätigkeiten sind bei Anlegung der dargelegten Grundsätze für den Ingenieurberuf typische Tätigkeiten (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.2009 VIII R 63/06, BFHE 227, 386, BStBl II 2010, 466). In diesem Bereich besitzt die Klägerin nach den Feststellungen des Sachverständigen A. profunde Kenntnisse.
Jedoch ist der Nachweis, dass die Klägerin über die erforderlichen Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach verfügt, nicht gelungen.
a) Die Klägerin hat im Fach Mathematik keine nennenswerten Kenntnisse durch Ausbildungsnachweise belegen können. Der Sachverständige A. hat in seinem Gutachten festgestellt, auch ihre vorgelegten praktischen Arbeiten hätten einen Bezug zu mathematischen Grundkenntnisses nicht herstellen können. In der Berufstätigkeit der Klägerin sah er auch keine Gelegenheit dafür, dass sie sich diese Kenntnisse „on the job" angeeignet haben könnte. Es sah daher den Themenblock „Mathematik" nicht als ausreichend abgedeckt an (Tz. 4.5.4).
Die Klägerin irrt, wenn sie der Auffassung ist, angesichts der Feststellung des Sachverständigen, dass ihr nur Kenntnisse im Fall Mathematik und daher allenfalls 7 % des geforderten Wissens fehlten, sei ihr Wissen mit 93 % des Wissens dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar. Derartige Würdigungen werden zwar gerichtsbekannt auch von anderen Sachverständigen in ihren Privat- oder Gerichtsgutachten vertreten. Dabei wird aber übersehen, dass zu beurteilen ist, ob die Klägerin mit ihren vorhandenen Kenntnissen ein Fachhochschulstudium mit einem Abschluss bestanden hätte. Nur dann ist ihr Wissen der Tiefe und der Breite nach mit dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar.
Der erkennende Senat teilt die Auffassung des BFH, wonach der Nachweis eines vergleichbar umfänglichen Wissens ein sachgerechter und verfassungsrechtlich zulässiger Maßstab für die Abgrenzung gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeiten ist. Denn das in einem förmlichen Studiengang vermittelte Grundlagenwissen ist für die spätere Tätigkeit schon deshalb nicht als überflüssig anzusehen, weil bei typisierender Betrachtung ein Steuerpflichtiger, der über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen verfügt, insbesondere seltener in der Praxis auftretende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen vermag als jemand, der aufgrund überwiegend praktischer Erfahrung sich ein Spezialwissen angeeignet hat (BFH-Urteil vom 18.04.2007 XI R 29/06, BFHE 218, 65, BStBl II 2007, 781 m.w.N.).
Da die Prüfung im Grundlagenfach Mathematik bei einem Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) mit Studienabschluss vor dem Streitjahr 2003 in einer Fachprüfung mindestens mit ausreichend bestanden werden muss und bei einem nicht ausreichenden Ergebnis nicht durch andere Prüfungsleistungen ausgeglichen werden kann (so die einschlägigen Prüfungsordnungen verschiedener Fachhochschulen), konnten die Kenntnisse der Klägerin im Streitfall allenfalls durch eine Wissensprüfung belegt werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16.12.2008 VIII R 27/07, HFR 2009, 898 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.09.2002 IV R 74/00, BStBl II 2003, 27; Urteil des Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 07.09.2011 1 K 1586/09, nv, juris).
b) Da die Tätigkeit der Klägerin im Streitjahr ingenieurmäßig war und sich nach den Feststellungen im schriftlichen Sachverständigengutachten erkennen ließ, dass die Klägerin über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte, war auf Antrag der Klägerin eine Wissensprüfung vorzunehmen (BFH-Beschluss vom 16.06.2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015). Denn der erkennende Senat ist aufgrund fehlender Sachkunde im Bereich der Informatik nicht in der Lage, den Wissensstand der Klägerin zu überprüfen.
aa) Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. sind die vorhandenen Kenntnisse der Klägerin, die vorwiegend im SAP R3 -Bereich tätig ist, am ehesten mit denen eines Wirtschaftsinformatikers vergleichbar. Der Sachverständige A. hat ihren Wissensstand anhand der für die Fachhochschule Köln geltenden Studienbedingungen überprüft. Die Klägerin hat gegen diese Einschätzung keine Einwendungen erhoben.
bb) Der Sachverständige A. hielt in seinem Gutachten nur die mathematischen Kenntnisse für nicht ausreichend nachgewiesen. In dem Bereich „Grundlagen der Informatik und Systemarchitekturen" (Tz. 4.5.3), der auch die Grundlagen der theoretischen Informatik umfasst, konnte die Klägerin seinen Feststellungen nach ihre Ausbildung nur in geringem Umfang belegen. Der Sachverständige hat aber „bei der Zuordnung von Ausbildungs- und Fachliteraturthemen zu diesen Themenblöcken bewusst davon abgesehen, Wissenskomponenten den Themenblöcken Grundlagen Informatik und Systemarchitekturen zuzuordnen", weil die Abgrenzung schwierig sei und sich eher mit einer pauschalen Schätzung über die Gesamtheit der Fortbildung bemessen lasse, da sowohl in Hardware- und in Software-Fachthemen der hier vorliegenden Besonderheit auch Fragen der Grundlagen Informatik und Systemarchitekturen enthalten seien. Aufgrund der (langjährigen) „beruflichen Praxis auf ihrem speziellen Tätigkeitsfeld der Systementwicklung" attestierte er ihr Kenntnisse, die weit höher seien, als sie sich aus einer formalen Betrachtung ergäben. Da die (bei einem Fachhochschulstudium) geforderte Stundenzahl um mehr als das 10-fache überschritten sei, habe sie, wenn man ihr zubillige, dass nur 5 % dieser Zeit mit den Themen der Grundlagen der Informatik und Systemarchitekturen belegt seien, die gestellte Anforderung bereits erfüllt. Er resümierte, dass deshalb die Kenntnisse insgesamt denen eines Fachhochschulabsolventen ebenbürtig seien.
Der Senat vermochte diese Würdigung des Sachverständigen A. nicht nachzuvollziehen. Diese Einschätzung beruht nicht auf der besonderen Sachkunde des Sachverständigen. Wenn in Teilbereichen Kenntnisse vorhanden sind, die weit über das geforderte Maß hinausgehen, andererseits aber in Teilbereichen überhaupt keine Kenntnisse vorhanden sind, sind die Grundlagen in ihrer Breite nicht nachgewiesen. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige hier mehrere relevante Prüfungsfächer des Grundlagenbereiches miteinander vermengt und einheitlich gewürdigt hat. Mit der vorgenannten Rechtsprechung ist dies nicht zu vereinbaren. Auch wenn Teilbereiche von Grundlagenfächern zum ausreichend abgedeckten Wissensstand der Klägerin gehören, vermögen sie die an einer Fachhochschule erworbenen Fähigkeiten ihrer Tiefe und Breite nach grundsätzlich nicht zu ersetzen. Gerade die Ausbildung der Breite nach und nicht ein Spezialwissen wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert, um eine Vergleichbarkeit mit einem freien Beruf herstellen zu können.
Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats durch eigene Weiterbildungsmaßnahmen und durch ihre Arbeitsproben Kenntnisse im Bereich der Mathematik, der Theoretischen Informatik und der Systemarchitekturen nicht belegt. Aus ihrem beruflichen Werdegang als so genannter Seiteneinsteiger mit einer Vorausbildung, die nichts mit EDV zu tun hatte, kann auch nicht geschlossen werden, dass sie sich über ihre Spezialisierung auf Unix und SAP R3 hinaus grundlegend mit weitergehenden Fragestellungen auseinandergesetzt hätte. Zumindest ergab sich dafür keine berufsbedingte Notwendigkeit. Der erkennende Senat, der für den gesamten Gerichtsbezirk im Rahmen seiner Spezialzuständigkeit für die Abgrenzung von gewerblichen Einkünften zu anderen Einkunftsarten zuständig ist und daher häufiger Fallgestaltungen wie solche im Streitfall zu beurteilen hat, kann die Feststellung des Sachverständigen A., dass die theoretischen Fächer „sich ein Berufstätiger nur mit besonderer, zielgerichteter Anstrengung nachträglich aneignen kann" (Tz. 4.5.10), uneingeschränkt bestätigen. Aus diesen Gründen kommt auch den durch Selbststudium (angeblich) erworbenen Kenntnissen, die ein Steuerpflichtiger anhand von Literaturlisten nachweisen will, nur eingeschränkte Beweiskraft zu.
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin war aus vorgenannten Gründen die Wissensprüfung nicht auf das Fach Mathematik zu beschränken. Steht wie im Streitfall fest, dass das Wissen der Klägerin zumindest auch in den genannten Grundlagenfächern Theoretische Informatik und Systemarchitekturen nicht belegt wurde, hat gem. § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 404a Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) das Gericht zu bestimmen, welche Tatsachen von dem (für die Wissensprüfung beauftragten) Sachverständigen zu begutachten sind. Denn dem Finanzgericht obliegt es aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO), die tatsächlichen Kenntnisse der Klägerin festzustellen.
dd) Eine Wissenprüfung ist in mündlicher Verhandlung durchzuführen. Zwar kommt der Beurteilung des Sachverständigen, ob die Wissensprüfung bestanden ist, aufgrund dessen Sachkunde vorrangige Bedeutung zu. Dem Gericht ist es aber nach der Durchführung einer solchen Wissensprüfung vorzunehmenden Beweiswürdigung vorbehalten festzustellen, ob im Einzelfall ein Rückschluss von den Ergebnissen der Prüfung auf den Kenntnisstand des Steuerpflichtigen in früheren Jahren aufgrund besonderer Umstände in Zweifel zu ziehen ist (BFH-Urteil vom 16.12.2008 VIII R 27/07, HFR 2009, 898). Eine solche Beweiswürdigung ist nach Auffassung des Senats nur dann möglich, wenn das Gericht bei der Wissensprüfung zugegen war.
ee) Der Sachverständige B. hat die Wissensprüfung in den Grundlagenfächern Mathematik und Theoretische Informatik als nicht ausreichend und damit als nicht bestanden beurteilt. Nach Auffassung des Sachverständigen hatte die Klägerin nahezu keine Kenntnisse im Bereich der Grundlagen der theoretischen Informatik. In Mathematik waren wesentliche Grundbegriffe der Klägerin überhaupt nicht bekannt. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2012 verwiesen. Diese Würdigung konnte das Gericht nicht nur nachvollziehen, sondern es hätte selbst, ohne über ausreichende Sachkenntnisse zu verfügen, nach dem Ablauf der Wissensprüfung diese so beurteilt. Obwohl der Sachverständige in den Grundlagenfächern verschiedene Bereiche prüfte und wiederholt Hilfestellungen leistete, konnten die Fragen von der Klägerin überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang beantwortet werden.
Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin ihr ursprünglich vorhandenes Wissen nicht einfach nur vergessen hatte. Zum einen kam ihr auch dann, wenn der Sachverständige ihr „Brücken bauen" wollte, keine Erinnerung; zum anderen hat sie selbst mehrfach betont, solche Fragestellungen kämen in ihrer praktischen Tätigkeit niemals vor oder aber sie frage einen Diplom-Informatiker, wenn bei ihr derartige Probleme auftauchten.
II. Da die Klage abzuweisen war, fallen der Klägerin die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 FGO zu Last. ....
III. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.