BFH: Zum Erlass bestandskräftig festgesetzter Steuern
Der BFH hat mit Beschluss vom 11.5.2020 – V B 99/19 – wie folgt entschieden:
1. NV: Die Frage, ob der Vorsteuerabzug auch bei Fehlen von formellen oder materiellen Voraussetzungen aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls unter Vertrauensschutzgesichtspunkten im Billigkeitsverfahren zuerkannt werden kann und ob bei Berücksichtigung von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen das in § 163 AO eingeräumte Ermessen des FA auf null reduziert sein kann, ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits entschieden.
2. NV: Bestandskräftig festgesetzte Steuern können im Billigkeitsverfahren nur dann sachlich überprüft werden, wenn die Steuerfestsetzung offensichtlich und eindeutig falsch ist und wenn es dem Steuerpflichtigen nicht möglich und nicht zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zu wehren.
3. NV: Ein Erlass darf nicht Änderungsmöglichkeiten schaffen, die die Änderungsvorschriften der §§ 172 ff. AO nicht vorsehen und nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht vorsehen sollten.
4. NV: Das Unionsrecht erfordert weder eine Aufhebung oder Änderung rechtskräftiger unionsrechtswidriger Urteile noch führt ein möglicher unionsrechtlicher Entschädigungsanspruch dazu, den Klägern die unionsrechtswidrig erhobenen Steuern zu erlassen.
(Amtliche Leitsätze)
Volltext: BB-ONLINE BBL2020-1685-5