FG Münster: Zum Anscheinsbeweis für die Privatnutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs durch einen im Privatvermögen vorhandenen PKW
Das FG Münster hat mit Urteil vom 11.5.2017 – 13 K 1940/15 E,G - wie folgt entschieden:
1. Die Bewertungsregel des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für den Ansatz der Privatnutzung eines Kfz kommt nach der Rechtsprechung nicht zum Tragen, wenn eine private Nutzung nicht stattgefunden hat. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche oder betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, jedoch auch tatsächlich privat genutzt. Dafür spricht der Beweis des ersten Anscheins.
2. Der Beweis des ersten Anscheins kann nach der Rechtsprechung durch den sog. Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Hierzu ist der Vollbeweis des Gegenteils nicht erforderlich.
3. Der Steuerpflichtige muss also nicht beweisen, dass eine private Nutzung des betrieblichen Kfz nicht stattgefunden hat; erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein Sachverhalt dargelegt (und im Zweifelsfall nachgewiesen) wird, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt.
4. Von diesen – für Einzelunternehmer entwickelten – Grundsätzen ist nicht aufgrund der für die Lohnsteuer geltenden Rechtsprechung abzuweichen, weil sich der Einzelunternehmer das Fahrzeug nicht selbst zur Privatnutzung überlässt. Da es sich um eine einzige Person handelt, fehlt der erforderliche Interessengegensatz, wie er zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber besteht.
5. Steht fest, dass das Privatfahrzeug diesem im Streitzeitraum nicht zur uneingeschränkten privaten Nutzung ständig zur Verfügung stand, sondern auch von der Lebensgefährtin des Klägers genutzt wird, ist der Anscheinsbeweis nicht widerlegt.
(Leitsätze der Redaktion)