FG Hamburg: Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften verfassungswidrig?
Das FG Hamburg hat mit Beschluss vom 29.8.2017 – 2 K 245/17 - wie folgt entschieden:
1. § 8c S. 1 KStG (jetzt § 8c Abs. 1 S. 1 KStG) verstößt gegen den Gleichheitssatz des Ar.t 3 Abs. 1 GG, da der vollständige Verlustuntergang bei Anteilsübertragungen von mehr als 50% verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist – weder aus dem Gesichtspunkt einer Missbrauchsbekämpfung noch vor dem Hintergrund gesetzgeberischer Typisierungsbefugnisse.
2. Aus dem zivilrechtlichen und körperschaftsteuerrechtlichen Trennungsprinzip folgt, dass die Vermögenssphären der Kapitalgesellschaft einerseits und des Anteilseigners andererseits separat zu betrachten sind; das gilt auch für die jeweilige Leistungsfähigkeit der Zurechnungssubjekte.
3. Der Erwerb einer Beteiligung von mehr als 50 % an einer Kapitalgesellschaft kann ebenso wenig wie der Erwerb einer Beteiligung von unter 50 % eine missbräuchliche Gestaltung per se indizieren.
(Leitsätze der Redaktion)
→ Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG der Auffassung des FG Hamburg folgt. In dem Beschluss vom 29.3.2017 – 2 BvL 6/11 (BB 2017, 1173 Ls, dazu Duttiné, BB 24/2017, Die Erste Seite) hat das BVerfG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Übertragung einer Mehrheitsbeteiligung (wohl) anders zu beurteilen ist als die Übertragung von weniger als 50 %.