FG Baden-Württemberg: Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für die Aussetzung der Vollziehung gem. § 237 i. V. m. § 238 AO
Das FG Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 16.1.2018 – 2 V 3389/16 - entschieden:
1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung in § 237 Abs. 1 S. 1 AO i. V. m. § 238 Abs. 1 S. 1 AO, dass dann, wenn ein Einspruch gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, mit einhalb Prozent monatlich zu verzinsen ist.
2. Die gesetzliche Regelung verstößt weder gegen Art. 2Abs. 1GG i. V. m. Art. 20Abs. 3GGnoch gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 19 Abs. 4 GG. 3. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nicht gehalten, den gesetzlichen Zinssatz daran zu orientieren, welche Zinserträge am Kapitalmarkt zu erwirtschaften waren.
3. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn er sich stattdessen daran orientiert, welche Zinsen der Steuerpflichtige für ein Darlehen hätte aufbringen müssen.
4. Die Interessenlage bei Aussetzungszinsen unterscheidet sich deutlich von derjenigen bei der Verzinsung von Steuernachforderungen.
5. Selbst wenn man nicht allein auf die Darlehenszinssätze abstellt, sondern bei der Bewertung der Verfassungsmäßigkeit der Aussetzungszinsen berücksichtigt, welche Zinserträge der Steuerpflichtige mit dem Kapital erwirtschaften könnte, ergibt sich nicht eindeutig, dass eine Rendite von 6 % jährlich nicht zu erreichen ist.
(Leitsätze der Redaktion)
→ Das FG hat die NZB zugelassen, da es an einer Grundsatzentscheidung fehlt, die hinreichende Maßstäbe dafür bietet, an welchen Vergleichszinssätzen der gesetzliche Zinssatz zu messen ist und bei welcher Überschreitung der gesetzliche Zinssatz verfassungswidrig wäre.