R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
01.10.2013
Steuerrecht
EuGH: Mehrwertsteuer-Sonderregelung für Reisebüros gilt für Verkäufe an jeden Kunden

Der EuGH hat mit Urteilen vom 26.9.2013 - C-189/11 (Spanien), C-193/11, C-236/11, C-269/11, C-293/11, C-296/11, C-309/11 C-450/11 - wie folgt entschieden: Die Europische Kommission hatte Vertragsverletzungsklagen gegen acht Mitgliedstaaten erhoben. Sie vertrat die Auffassung, dass die Sonderregelung für Reisebüros (Art. 306–310 Richtlinie 2006/112/EG – Mehrwertsteuersystemrichtlinie) nur beim Reiseverkauf an Reisende anwendbar sei. Der EuGH stellte fest, dass es Unterschiede zwischen den Sprachfassungen der Richtlinie, von denen einige den Begriff „Reisender“ und/oder den Begriff „Kunde“ – bisweilen überdies abweichend von einer zur anderen Bestimmung – verwenden, gibt. In einem solchen Fall müsse die fragliche Vorschrift nach dem Zusammenhang und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört. Vorliegend könne der Ansatz, die Sonderregelung auf jede Art von Kunden anzuwenden, die Ziele dieser Regelung besser erreichen. Denn sie lasse Reisebüros unabhngig von der Art des Kunden vereinfachte Regeln zugutekommen und fördere zugleich eine angemessene Aufteilung der Steuereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten. Zudem habe der Gerichtshof den Begriff „Reisender“ bereits ausgelegt, wobei er ihm einen weiteren Sinn zuschrieb als dem Begriff des Endverbrauchers.
Da die Sonderregelung nicht auf den Verkauf von Reisen an Reisende beschränkt ist, wies der Gerichtshof die Klagen der Kommission gegen Polen, Italien, die Tschechische Republik, Griechenland, Frankreich, Finnland und Portugal ab. Auch in Bezug auf Spanien wies der Gerichtshof die Klage ab, soweit dieser Mitgliedstaat die Anwendung der Sonderregelung an jede Art von Kunden zugelassen hatte.
Er entschied jedoch, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 168, 226 und 306 bis 310 der Richtlinie 2006/112/EG verstoßen habe, – dass es von der Sonderregelung für Reisebüros Reiseverkäufe von Einzelhandelsreisebüros, die im eigenen Namen handeln, an Endkunden ausnimmt, wenn die Reisen von Reisegroßhändlern organisiert wurden; – dass es Einzelhandelsreisebüros unter bestimmten Umständen gestattet, in der Rechnung einen Mehrwertsteuerpauschalbetrag auszuweisen, der in keinem Zusammenhang zu der tatsächlich auf den Kunden abgewälzten Mehrwertsteuer steht, und diesem, soweit er steuerpflichtig ist, gestattet, diesen Mehrwertsteuerpauschalbetrag von der geschuldeten Mehrwertsteuer abzuziehen, und – dass es Reisebros, soweit die genannte Sonderregelung auf sie anwendbar ist, gestattet, die Steuerbemessungsgrundlage pauschal für jeden Besteuerungszeitraum zu bestimmen.
(PM EuGH vom 26.9.2013)

stats