FG Hamburg: Kernbrennstoffsteuer verfassungswidrig?
Mit dem Vorlagebeschluss vom 29.1.2013 – 4 K 270/11 – trifft das FG Hamburg bundesweit die erste Entscheidung in einem Klageverfahren gegen die im Jahr 2011 als Verbrauchsteuer eingeführte Kernbrennstoffsteuer. Der vorlegende Senat ist davon überzeugt, dass das Kernbrennstoffsteuergesetz formell verfassungswidrig ist, weil die Kernbrennstoffsteuer keine Verbrauchsteuer im Sinne der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzregeln sei und dem Bund auch im Übrigen keine (alleinige) Gesetzgebungskompetenz zur Verfügung stehe. Der Bund habe die sich aus Art. 105, 106 GG ergebende Gesetzgebungskompetenz für Verbrauchsteuern nicht in Anspruch nehmen können, weil die Kernbrennstoffsteuer weder eine herkömmliche Verbrauchsteuer sei noch die Typusmerkmale einer Verbrauchsteuer erfülle. Prägendes Wesensmerkmal der Verbrauchsteuern sei insbesondere ihr Ziel, den privaten Verbraucher zu belasten. Auch wenn Verbrauchsteuern typischerweise nicht unmittelbar beim Konsumenten erhoben würden, sondern indirekt beim Handel oder bei der Industrie, müssten sie doch darauf angelegt sein, auf den Konsumenten abgewälzt zu werden.
Dies sei bei der Kernbrennstoffsteuer nicht der Fall. Schon in der Begründung des Kernbrennstoffsteuergesetzes sei festgehaltenworden, dass eine Überwälzung der Steuer allenfalls in geringem Umfang möglich sein werde. Eine Betrachtung des Strommarktes bestätige erwartungsgemäß, dass dieKernbrennstoffsteuer auf die Strompreisbildung ohne Einfluss geblieben sei. Dies führt den 4. Senat zu der Feststellung, dass die Kernbrennstoffsteuer nicht auf Abwälzung angelegt sei, sondern, wie auch entsprechende Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren belegten, das Ziel verfolge, die Gewinne der Kernkraftwerksbetreiber abzuschöpfen. Die Besteuerung von Gewinnen erfolge nach dem Steuersystem des Grundgesetzes allerdings nicht durch Verbrauchsteuern, sondern typischerweise durch eine der Ertragsteuern, die jedoch nicht in der alleinigen Gesetzgebungskompetenz des Bundes lägen.
Die schriftliche Begründung des Beschlusses liegt noch nicht vor.
(Quelle: Aktuelles FG Hamburg vom 29.1.2013)