R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
26.07.2018
Steuerrecht
FG Münster: Ist eine „Deed of Variation“ eine freigiebige Zuwendung durch den Erben?

Das FG Münster hat mit Urteil vom 12.4.2018 – 3 K 2050/16 Erb – wie folgt entschieden:

1.         Bei der Deed of Variation handelt es sich nicht um ein zivilrechtliches Rechtsinstitut nach englischem Recht, sondern darum, dass eine bestimmte Gestaltung (Abtretung) nach englischem Recht steuerlich wie ein Erwerb vom Erblasser behandelt wird; eine solche Regelung sieht das deutsche Steuerrecht nicht vor.

2.         Da die Deed of Variation mit der Abtretung nach § 2033 BGB vergleichbar ist, liegen zwei getrennt zu behandelnde Erwerbe vor: zum einen der Erwerb von Todes wegen und die zum anderen freigebige Zuwendung.

3.         Die Deed of Variation ist weder als Ausschlagung gegen Abfindung zu qualifizieren noch entspricht sie einem Erbvertrag oder einem Erbvergleich.

4.         Nach der Systematik des deutschen Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrechts kann die englische Nachlasssteuer allein bei der Erbfallbesteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angerechnet werden.

(Leitsätze der Redaktion)

  • Das FG hat die Revision zugelassen. Nach englischem Recht können, so das FG, die Erben durch eine sog. Deed of Variation das Testament nach dem Tod des Erblassers unter bestimmten Umständen ändern. Voraussetzung ist u. a., dass alle von der Änderung nachteilig Betroffenen zustimmen und dass die Regelung innerhalb von zwei Jahren nach dem Todesfall erfolgt. Zweck einer solchen Regelung ist es insbesondere, Erbschaftsteuer (inheritance tax) zu sparen. Die Besonderheit besteht darin, dass die Deed of Variation Rückwirkung entfaltet. Nach englischem Erbschaftsteuerrecht wird der Erblasserwille durch die durch die Deed of Variation getroffene Regelung ersetzt, d. h. die Regelung durch die Deed of Variation wird auf den Todestag zurückbezogen. Nach dem deutschen Erbschaftsteuergesetz gilt grundsätzlich aber das Stichtagsprinzip, so dass die für das englische Recht geltende Rückwirkung auf den Todestag grundsätzlich nicht möglich ist. Da es eine Regelung, die der Deed of Variation vergleichbar ist, im deutschen Erbschaftsteuerrecht nicht gibt, muss geprüft werden, ob dieses Rechtsinstitut  Ähnlichkeiten  mit  einem  Rechtsinstitut nach deutschem Recht aufweist.

Volltext unter BB-ONLINE BBL2018-1750-2

stats