BFH: Gehörsverletzung durch unzureichende Akteneinsicht und Verwertung von Unterlagen mit Sperrvermerk; Zurückverweisung an einen anderen Senat
Der BFH hat mit Beschluss vom 28.2.2020 – X B 100/19 – wie folgt entschieden:
1. NV: Der Anspruch auf Akteneinsicht umfasst auch diejenigen beigezogenen Akten, die dem Gericht nur in elektronischer Form vorliegen.
2. NV: Auch wenn einem Beteiligten auf Antrag Einsicht in die seinerzeit dem Gericht vorliegenden Akten gewährt worden ist, muss das Gericht ihn von der späteren Beiziehung weiterer Akten unterrichten.
3. NV: Wenn ein Beteiligter dem Gericht Unterlagen mit der Auflage übermittelt, sie dem anderen Beteiligten nicht zugänglich zu machen, muss das Gericht die Unterlagen entweder unverzüglich ungelesen an den Übermittler zurücksenden oder die Aufhebung des Sperrvermerks erwirken. Keinesfalls dürfen derartige Unterlagen im späteren Urteil verwertet werden.
4. NV: Eine – durch § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO ermöglichte – Zurückverweisung an einen anderen Senat des FG setzt besondere sachliche Gründe voraus. Gravierende Verfahrensfehler des FG allein reichen hierfür grundsätzlich nicht aus. Hinzukommen muss vielmehr im Regelfall, dass ernstliche Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Vorinstanz bestehen.
(Amtliche Leitsätze)
Volltext: BB-ONLINE BBL2020-1494-1