BReg: Europäische Staatsanwaltschaft soll ab Ende 2020 Mehrwertsteuerbetrug und Missbrauch von EU-Mitteln verfolgen – Gesetzentwurf für Änderungen im deutschen Recht
Das Bundeskabinett hat am 22.1.2020 den Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums beschlossen, mit dem im deutschen Recht die Grundlagen geschaffen werden sollen, damit die Europäische Staatsanwaltschaft ab Ende 2020 ihre Arbeit aufnehmen kann.
Die Europäische Staatsanwaltschaft wird als erste unabhängige und dezentrale Staatsanwaltschaft der EU Straftaten gegen den EU-Haushalt wie bspw. Subventionsbetrug, Korruption und grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug verfolgen und vor Gericht bringen.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Die Europäische Staatsanwaltschaft ist ein großer Schritt zur effektiveren Bekämpfung von grenzüberschreitender Wirtschaftskriminalität und ein klares Signal gegen den Missbrauch von EU-Geldern. Wir schaffen eine gemeinsame Strafverfolgungsbehörde der EU, die schnell und effektiv über Ländergrenzen hinweg ermitteln kann. Das Knowhow der Ermittler aus 22 Mitgliedstaaten führen wir zusammen. Allein durch Mehrwertsteuerbetrug entgehen den EU-Staaten jedes Jahr Milliardenbeträge. Auch durch Betrug mit EU-Finanzmitteln und Korruptionsdelikte entsteht der EU großer finanzieller Schaden. Diese Delikte können in Zukunftsehrvielkonsequenter verfolgt werden.“
Die EU-Verordnung zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ist bereits im November 2017 in Kraft getreten. 22 EU-Staaten beteiligen sich an dieser verstärkten Zusammenarbeit. Im September 2019 einigten sich das Europäische Parlament und der Rat auf die frühere Leiterin der rumänischen Antikorruptionsbehörde Laura Codruta Kövesi als erste Europäische Generalstaatsanwältin. Die Europäische Staatsanwaltschaft wird ihren Sitz in Luxemburg haben.
Die EU-Verordnung enthält die Regelungen zur Struktur der Europäischen Staatsanwaltschaft, ihren Zuständigkeiten, Verfahrensbestimmungen zum Ermittlungsverfahren und zur Zusammenarbeit mit den Behörden der Mitgliedstaaten. In den von der Europäischen Staatsanwaltschaft geführten Ermittlungsverfahren finden ergänzend die diesbezüglichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten Anwendung. Daher bedarf es ergänzender Regelungen im deutschen Recht, die mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf der Bundesregierung geschaffen werden sollen.
Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf unter anderem vor, dass die Strafvorschriften zum Schutz von Privatgeheimnissen und von Dienstgeheimnissen zukünftig auch auf alle Europäischen Amtsträger anwendbar sind.
Mit dem neuen Gesetz sollen Finanzverwaltung und Gesetzgeber in die Lage versetzt werden, Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zeitnah zu identifizieren und ungewollte Gestaltungsspielräume zügig zu schließen. Die neuen Meldepflichten ergänzen ein ganzes Bündel von Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung Transparenz und Steuergerechtigkeit stärkt und Steuerbetrug und Steuerumgehung bekämpft.
Der Gesetzentwurf verpflichtet v. a. Kreditinstitute, Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle mitzuteilen, die sie konzipiert, organisiert oder verkauft haben. Sie müssen auch Angaben zum Nutzer der Steuergestaltungen mitteilen. Die Anzeige muss spätestens innerhalb von 30 Tagen an das BZSt erfolgen, nachdem die Steuergestaltung zur Umsetzung bereit gestellt wurde.
Der automatische Austausch der Daten über mitteilungspflichtige Steuergestaltungen unter den Mitgliedstaaten wird über ein Zentralverzeichnis erfolgen. Mit dem Gesetzentwurf wird die europäische Richtlinie (EU) 2018/822 in nationales Recht umgesetzt.
Die neuen Mitteilungspflichten ergänzen die verschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung im Kampfgegen Steuerbetrug und Steuerumgehung. Auf internationaler Ebene wurde bereits im Rahmen des BEPS-Prozesses (Base Erosion and Profit Shifting) ein ganzes Bündel von Maßnahmen eingeführt, um gezielt schädlichen Steuerwettbewerb und Steuervermeidung zu unterbinden.
Aktuell laufen die Arbeiten an einem Modell für eine globale Mindestbesteuerung. Sie sollen sicherstellen, dass internationale Konzerne, insbesondere auch die der Digitalwirtschaft, sich einer fairen Besteuerung nicht entziehen können.
Auch auf nationaler Ebene sorgt die Bundesregierung für mehr Steuergerechtigkeit. Sie geht gegen Umsatzsteuerbetrug auf elektronischen Marktplätzen vor, indem sie zum Jahresbeginn die Betreiber solcher Plattformen stärker in Haftung genommen und zusätzliche Informationspflichten eingeführt hat. Außerdem hat das BMF einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Möglichkeit sogenannter Share Deals einzuschränken. Das sorgt für mehr Steuergerechtigkeit bei der Erhebung der Grunderwerbsteuer. Ferner wurden neue und wirksame Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung noch effektiver zu bekämpfen.
(BMJV, PM vom 22.1.2020)