: Die neue FAGO - überflüssige Paarformen
Prof. Dr. Christian Lohse, VRiFG i. R., München, Honorarprofessor für Steuerrecht an der Universität Regensburg
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben die Geschäftsordnung für Finanzämter in der ab 1.1.2011 geltenden FAGO 2010 neu gefasst. Ihr auffälligstes Merkmal sind nicht sachliche, sondern sprachliche Änderungen zur konsequenten Schaffung geschlechtsneutraler Personenbezeichnungen. Es ist nicht mehr nur von Sachgebietsleitern, Bearbeitern, Vertretern, Empfängern, Absendern usw. die Rede. Regelmäßig ist diesen Bezeichnungen die ausgeschriebene weibliche Form mit einem Schrägstrich vorangestellt. Es gibt auch abkürzende Paarformen für „(Sach-)Bearbeiter/ innen“ und die zusammenfassenden Abkürzungen „HSGL“ und „SGL“ für die extrem langen Paarformen „Hauptsachgebietsleiterin/ Hauptsachgebietsleiter“ und „Sachgebietsleiterin/ Sachgebietsleiter“. Dies führt dann z. B. zu folgender nicht (vor)lesbaren Vorschrift: „In der Regel werden SGL von SGL und (Sach-)Bearbeiter/innen von (Sach-)Bearbeiter( n)/innen vertreten.“ Im Gegensatz zu den Paarformen, die das natürliche Geschlecht der Finanzamts-Angehörigen ansprechen, wird die Person, die das Finanzamt leitet, ihres Geschlechts entkleidet und nicht mehr Vorsteher oder Vorsteherin, sondern Amtsleitung benannt. Diese ist – sprachlich falsch – männlich und weiblich zugleich, nämlich „Vorgesetzter aller Beschäftigten und Dienstvorgesetzte der Beamtenschaft“. Diehiernichtvollständig aufzählbarensprachlichen Änderungen und Folgefehler waren nichterforderlich,umin der FAGO2010die Bediensteten eines Finanzamts geschlechtsneutral zu bezeichnen. Denn diese Aufgabe erfüllte in der vorangegangenen Geschäftsordnung bereits folgende Vorbemerkung: „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit wurde…teilweise auf verallgemeinerndemännliche Bezeichnungenzurückgegriffen.“ Diese bürgerfreundlichen Gründe mussten in der FAGO 2010 dem Geschlechterverständnis „BürokratInnen“ weichen. Das ergibt sich aus der kürzlich veröffentlichten Geschäftsordnung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses. Diese beschränkt sich auf eine Gleichstellungsklausel und bestimmt in Art. 76: „Die in dieser Geschäftsordnung verwendeten Amts- und Funktionsbezeichnungen sind geschlechtsneutral aufzufassen.“