KOM: Die Europäische Kommission will die Unternehmensbesteuerung in der EU grundlegend reformieren
Die Kommission hat am Mittwoch, den 17.6.2015 einen Aktionsplan verabschiedet, um missbräuchlicher Steuergestaltung entgegenzuwirken, nachhaltige Einnahmen zu gewährleisten und das Geschäftsumfeld im europäischen Binnenmarkt verbessern. Ziel ist es, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen in Europa gerechter, effizienter und wachstumsfreundlicher gestalten.
Kernpunkte des Aktionsplans sind eine Neuauflage des Vorschlags zur Einführung der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) und eine Regelung, die die effektive Besteuerung am Ort der Wertschöpfung sicherstellen soll. Außerdem veröffentlicht die Kommission erstmals eine EU-Liste der in Steuerangelegenheiten nicht kooperativen Drittstaaten und Gebiete. Sie startet zudem eine öffentliche Konsultation zu der Frage, ob Unternehmen zur Offenlegung bestimmter steuerlicher Informationen verpflichtet werden sollen.
Vizepräsident Valdis Dombrovskis, zuständig für den Euro und den sozialen Dialog, erklärte dazu: "Wir haben heute einen ambitionierten und doch realistischen Plan für eine fairere und wachstumsfreundlichere Besteuerung in der EU vorgelegt. Er beruht auf dem Grundprinzip, dass alle Unternehmen – ganz gleich, ob sie groß oder klein, weltweit tätig oder ortsgebunden sind – ihren gerechten Anteil an Steuern dort zu zahlen haben, wo die wirtschaftliche Aktivität tatsächlich stattfindet und die Gewinne tatsächlich erwirtschaftet werden."
EU-Kommissar Pierre Moscovici, zuständig für Wirtschaft und Finanzen, Steuern und Zoll, sagte: "Die Unternehmensbesteuerung in der EU muss grundlegend reformiert werden. Im Interesse von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Fairness müssen die Mitgliedstaaten an einem Strang ziehen, damit jeder seinen gerechten Teil zum Steueraufkommen beiträgt. Die Kommission hat heute den Grundstein für ein neues Unternehmenssteuerkonzept in der EU gelegt. Darauf müssen die Mitgliedstaaten nun aufbauen."
Die heutigen Unternehmenssteuerregeln in der EU können mit der modernen Wirtschaftswelt nicht mehr Schritt halten. Manche Unternehmen machen sich die mangelnde steuerpolitische Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten zunutze, um sich einer Besteuerung in der EU zu entziehen. Dies führt dazu, dass den EU-Staaten erhebliche Einnahmen entgehen, mehr Steuern auf den Bürgern lasten und Unternehmen, die Gewinne ordnungsgemäß versteuern, Wettbewerbsnachteile erleiden.
Schwerpunkte des Aktionsplans
Neuauflage des Vorschlags für eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)
Die Kommission wird einen neuen Vorstoß zur Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) als umfassende Lösung für die Reform der Unternehmensbesteuerung unternehmen. Die Verhandlungen über den GKKB-Vorschlag der Kommission von 2011 sind festgefahren. Doch ist man sich generell einig, dass sie angesichts der großen Vorteile einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage wieder aufgenommen werden müssen. Die Arbeiten an einem neuen Vorschlag zur schrittweisen Einführung einer verbindlichen GKKB sollen umgehend aufgenommen werden. Dies wird den Mitgliedstaaten schneller die Möglichkeit geben, eine gemeinsame Steuerbasis einzuführen. Die Konsolidierung – bisher strittigster Punkt der Verhandlungen – soll dann in einem zweiten Schritt erfolgen. Die Kommission wird den neuen Vorschlag so früh wie möglich im Jahr 2016 vorlegen.
Effektive Besteuerung sicherstellen
Der Aktionsplan zeichnet den Weg zur effektiven Besteuerung in der EU vor. Dahinter steht der Gedanke, dass Unternehmen ihre Steuern dort zahlen müssen, wo sie ihren Gewinn erwirtschaften. Dies kann auf unterschiedliche Weise erreicht werden, ohne die Unternehmenssteuersätze in der EU zu harmonisieren. So schlägt die Kommission unter anderem Maßnahmen vor, die darauf abzielen, Gesetzeslücken zu schließen, das Verrechnungspreissystem zu verbessern und Steuervergünstigungen zu beschränken. Diese Initiativen dürften auch die laufenden Gespräche zwischen den Mitgliedstaaten über ein EU-Konzept für die effektive Besteuerung voranbringen.
Mehr Transparenz
Im Aktionsplan werden die nächsten Schritte für mehr Steuertransparenz – in der EU und gegenüber Drittländern – dargelegt. Grundlage sind die Maßnahmen, die die Kommission im März mit ihrem Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz bereits vorgestellt hatte. Im Interesse eines offeneren und einheitlicheren Umgangs der EU mit nicht kooperativen Staaten und Gebieten hat die Kommission eine EU-Liste der Drittstaaten und Gebiete zusammengestellt, die von den Mitgliedtstaaten auf die schwarze Liste gesetzt wurden. Die Liste kann zur Prüfung kooperationsunwilliger Staaten und Gebiete und als Grundlage für ein gemeinsames Vorgehen der EU dienen. Sie wird dazu beitragen, dass sich die Mitgliedstaaten gegen eine Gefährdung ihrer Steuerbasis von außen besser zur Wehr setzen können.
Außerdem startet die Kommission heute eine öffentliche Konsultation zu der Frage, ob Unternehmen – beispielsweise im Wege einer länderbezogenen Berichterstattung – zur Offenlegung bestimmter steuerlicher Informationen verpflichtet werden sollten. Diese Konsultation wird ebenso wie die Folgenabschätzungen, die die Kommission derzeit durchführt, in die Gestaltung etwaiger künftiger Maßnahmen einfließen.
Bereits im März hatte die Kommission ein Maßnahmenpaket zur Steuertransparenz vorgeschlagen, um bei der Unternehmensbesteuerung für mehr Offenheit und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu sorgen. Zentraler Bestandteil des Pakets war ein Vorschlag für den automatischen Austausch von Informationen über Steuervorbescheide. Dieser Vorschlag wurde von den Finanzministern auf der informellen Ecofin-Tagung vom April einhellig unterstützt. Er wird nun auf fachlicher Ebene von den Mitgliedstaaten erörtert mit dem Ziel, noch vor Jahresende zu einer Einigung zu gelangen.
Die heutigen Vorschläge bauen auf diesen Vorschlägen auf, und sie gehen in die gleiche Richtung wie die Arbeiten der OECD im Rahmen des BEPS-Projekts zur Bekämpfung der Erosion der Bemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung.
Der Kampf gegen missbräuchliche Steuergestaltungspraktiken von Unternehmen ist eine der Hauptprioritäten der neuen EU-Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker. Er hatte im Juli 2014 in seinen politischen Leitlinien erklärt: "Wir brauchen mehr Fairness in unserem Binnenmarkt. Während wir die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Steuersysteme anerkennen, sollten wir unsere Anstrengungen im Kampf gegen Steuerumgehung und Steuerbetrug verstärken, damit alle ihren gerechten Teil beitragen."
Mehr Informationen finden Sie in der ausführlichen Pressemitteilung und in diesem Hintergrundmemo.
Fragen und Antworten zur Neuauflage der gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) finden Sie hier.
Die Liste der nicht zu kooperierenden Steuergebiete gibt es auf dieser Website.
Mehr zu der heute gestarteten öffentlichen Konsultation.
Einen Zeitplan finden Sie hier.
(PM vom 17.6.2015)