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Steuerrecht
13.08.2019
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Ausschluss von der Zollaussetzung unabhängig von Umfang, Bedeutung oder Funktion der verschiedenen Warenbestandteile

Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 12.6.2019 – 4 K 754/18 Z - entschieden:

Die Erkennbarkeit eines Irrtums der zuständigen Zollbehörden ist unter Berücksichtigung seiner Art, der Berufserfahrung des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers und der von ihm aufgewandten Sorgfalt zu beurteilen (EuGH, 26.3.2015 – C- 7/14 P, ECLI:EU:C:2015:205, Rn. 56). Die Art des Irrtums ist anhand des Komplexitätsgrades der betreffenden Regelung sowie der Länge des Zeitraums, in dem die Behörden in ihrem Irrtum verharrten, zu beurteilen (EuGH, 26.3.2015 – C- 7/14 P, ECLI:EU:C:2015:205, Rn. 57).

Ein Zollschuldner kann nicht einwenden, dass von ihm keine weitergehenden Kenntnisse verlangt werden könnten, als von einem sich irrenden Zollbeamten. Denn andernfalls würde allein schon das Vorliegen eines Irrtums einer Zollbehörde einer Nacherhebung entgegenstehen (EuGH, 26.6.1990 – C-64/89, Slg 1990, I-2535, Rn. 17).

Gegen eine Erkennbarkeit eines Irrtums der zuständigen Behörde für den Zollschuldner kann es sprechen, wenn die Behörde wiederholt und über einen längeren Zeitraum unzutreffend gehandelt hat (EuGH, 26.6.1990 – C-64/89, Slg. 1990, I-2535, Rn. 20 sowie 14.5.1996 – C-153/94 und C-204/94, Slg. 1996, I-2465, Rn. 104).

Von der Erkennbarkeit eines Irrtums ist allerdings bei einem gewerbsmäßigen Einführer auszugehen, wenn dieser sich durch eine Lektüre der einschlägigen Amtsblätter der Europäischen Union Gewissheit über das auf seine Geschäfte anwendbare Unionsrecht hätte verschaffen können (EuGH, 28.6.1990 – C-80/89, Slg. 1990, I- 2659, Rn. 14 sowie 26.11.1998 – C-370/96 Slg. 1998, I-7711, Rn. 26).

Anderes kann nur dann gelten, wenn der Irrtum der Zollbehörden auch bei einer Lektüre des Amtsblatts der Europäischen Union nicht hätte erkannt werden können, weil die veröffentlichten Rechtsvorschriften unklar sind und zu Zweifeln Anlass geben (BFH, 19.6.2013 – VII R 31/12, BFH/NV 2013, 1651).

Demjenigen, der unzweifelhaft als gewerbsmäßiger Einführer tätig ist, der jahrelang eine Zollaussetzung für Verbundfolien in Anspruch genommen hat, obliegt es , sich durch eine Lektüre der einschlägigen Amtsblätter der Europäischen Union Gewissheit über das auf ihre Geschäfte anwendbare Unionsrecht zu verschaffen. Aus Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1387/2013 ergab sich, dass die Kommission die Zollaussetzungen jederzeit überprüfen konnte. Aus Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 1387/2013, der mit Art. 1 Nr. 1 VO 2015/982 eingefügt worden ist, ergibt sich, dass die Zollaussetzungen nicht für Gemische, Zubereitungen oder aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren gelten sollten. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nicht darauf an, welchen Umfang, welche Bedeutung und welche Funktion die verschiedenen Bestandteile für die gesamte Ware haben.

(Leitsätze der Redaktion)

--> Das FG hat die Revision zugelassen.

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