BFH: Abgrenzung Lieferung/Restaurationsleistung (Änderung der Rechtsprechung)
Der BFH hat im Urteil vom 30.6.2011 - V R 18/10 - entschieden: Verzehrvorrichtungen dürfen nur als Dienstleistungselement berücksichtigt werden, wenn sie vom Leistenden als Teil einer einheitlichen Leistung zur Verfügung gestellt werden (Änderung der Rechtsprechung). Die Abgabe von Bratwürsten, Pommes Frites und ähnlichen standardisiert zubereiteten Speisen zum Verzehr an einem Tisch mit Sitzgelegenheiten führt zu einem dem Regelsteuersatz unterliegenden Restaurationsumsatz.
Für die Abgabe dieser standardsiert zubereiteten Speisen an einem nur mit behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen ausgestatteten Imbissstand hat der BFH hat im Urteil vom 30.6.2011 - V R 35/08 - entschieden, dass es sich dabei um eine einheitliche Leistung handelt, die als Lieferung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 10.3.2011 - C-497/09, C-499/09, C-501/09, C-502/09, Bog u. a., UR 2011, 272).
Volltext der Urteile: // BB-ONLINE BBL2011-2133-4 und // BB-ONLINE BBL2011-2133-5 unter www.betriebs-berater.de
--> Der BFH hat in einer PM zu diesen Entscheidungen noch auf Folgendes hingewiesen: Mit Beschlüssen vom 15.10.2009 - XI R 6/08 und XI R 37/08 - und vom 27.10.2009 - V R 3/07, BB 2009, 2677, und V R 35/08 hat der BFH dem EuGH mehrere Fragen vorgelegt, welche die Abgrenzung von Restaurationsleistungen (Dienstleistungen) und Lieferungen von Nahrungsmitteln betreffen. Eine Lieferung würde dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen, eine Restaurationsleistung hingegen dem Regelsteuersatz von 19 % - anders als in anderen Mitgliedstaaten -. In den Verfahren V R 35/08 und XI R 37/08 geht es um die Beurteilung der Abgabe von Speisen aus einem Imbisswagen mit z. T. überdachten Verzehrtheken oder Ablagebrettern. Das Verfahren V R 3/07 betrifft die Abgabe von Speisen in Kino-Foyers, in denen Tische, Stühle und sonstige Verzehrvorrichtungen vorgehalten waren. Im Verfahren XI R 6/08 sind Leistungen eines Party-Service-Unternehmens zu beurteilen.
Die erweiterte Ermächtigung der Mitgliedstaaten zur Einführung eines ermäßigten Steuersatzes in Anhang H zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a) der RL 77/388/EWG nicht nur - wie bisher - für die Lieferung von Nahrungsmitteln, sondern zusätzlich auch für „Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen" lässt aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht als zweifelhaft erscheinen, ob es sich bei der Abgabe von Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr um eine Lieferung handelt. Sollte dies zu bejahen sein, muss die Frage beantwortet werden, ob unter den Begriff Nahrungsmittel i. S. v. Anhang H Kategorie 1 der RL 77/388/EWG nur Nahrungsmittel „zum Mitnehmen" fallen oder auch Speisen oder Mahlzeiten, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind. Hinsichtlich der Abgrenzung von Restaurationsleistung (Dienstleistung) und Lieferung ist zu klären, ob die Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als ein wesentliches Dienstleistungselement zu berücksichtigen ist, das zusammen mit einer oder mehreren zusätzlichen Dienstleistungen der einheitlichen Leistung das Gepräge einer Dienstleistung verleiht.
(Quelle: PM BFH vom 24.8.2011)