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Steuerrecht
06.06.2024
Steuerrecht
EuGH/GA-SA: Auskunftsanordnung der ersuchten Finanzbehörde – Herausgabe von Unterlagen durch einen Rechtsanwalt – Berufsgeheimnis eines Rechtsanwalts

GAin Kokott, Schlussanträge vom 30.5.2024 – C-432/23

ECLI:EU:C:2024:446

Volltext BB-Online BBL2024-1364-2

 

1. Die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft fällt auch im Bereich des Gesellschaftsrechts – z. B. im Hinblick auf die Einrichtung einer gesellschaftsrechtlichen Investitionsstruktur – in den Schutzbereich des durch Art. 7 der Charta garantierten Anwaltsgeheimnisses.

2. Eine gegenüber einer Rechtsanwaltsgesellschaft erlassene Anordnungsentscheidung der zuständigen Steuerbehörde im Zusammenhang mit einem Informationsaustausch auf Ersuchen, mit dem die Behörde im Großen und Ganzen sämtliche Unterlagen zu bestimmten Transaktionen und der Beteiligung an diesen verlangt, stellt einen Eingriff in das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant dar.

3. Die Richtlinie 2011/16/EU ist mit Art. 7 und Art. 52 Abs. 1 der Charta vereinbar, obwohl sie über Art. 17 Abs. 4 hinaus keine Bestimmung enthält, die einen Eingriff in die Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Rahmen der Regelung des Informationsaustauschs auf Ersuchen zulässt und die den Umfang der Einschränkung der Ausübung des betreffenden Rechts selbst festlegt. Denn Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16 gewährt den Mitgliedstaaten einen ausreichenden Freiraum, um den Vorgaben von Art. 7 der Charta gerecht zu werden.

4. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten können und müssen die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Informationsinhaber im Rahmen des Informationsaustauschs auf Ersuchen gemäß der Richtlinie 2011/16 regeln. Dabei muss das nationale Recht der zuständigen Behörde insbesondere ermöglichen, im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen einerseits und dem Schutz des Anwaltsgeheimnisses andererseits vorzunehmen. Da das luxemburgische Recht eine solche Abwägung in Steuerrechtsangelegenheiten nicht zulässt, steht Art. 7 der Charta der Anwendung des nationalen Rechts insoweit entgegen.

 

 

I. Einführung

1. Die Gewährleistung eines gleichmäßigen und gesetzmäßigen Steuervollzugs in einer globalisierten Welt erfordert die Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen. Deswegen hat der Unionsgesetzgeber mit der Richtlinie 2011/16/EU(2) eine Rechtsgrundlage für die Zusammenarbeit der mitgliedstaatlichen Steuerverwaltungen innerhalb der Europäischen Union geschaffen. Die Richtlinie sieht insbesondere einen grenzüberschreitenden Informationsaustausch vor.

2. Ein solcher Informationsaustausch und die damit verbundenen Ermittlungsmaßnahmen führen allerdings auch zu Eingriffen in die Grundrechte der betroffenen Steuer- und Informationspflichtigen. Daher hat sich der Gerichtshof in der Vergangenheit bereits häufiger mit dem Grundrechtsschutz im Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/16 befassen müssen.(3)

3. Nunmehr stellt sich in einem luxemburgischen Vorabentscheidungsersuchen die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Steuerverwaltung einen Rechtsanwalt im Rahmen eines Informationsaustauschs auf Ersuchen in Anspruch nehmen kann. Der Gerichtshof hat dabei die Bedeutung des Schutzes der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant bereits im Zusammenhang mit der Meldepflicht(4) für grenzüberschreitende Steuergestaltungen hervorgehoben.(5)

4. Im vorliegenden Verfahren besteht die Möglichkeit, diesen Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses (im Folgenden: Anwaltsgeheimnis) weiter zu konkretisieren. Insbesondere steht die Frage im Raum, ob die Beratung oder Vertretung in Steuersachen – wie im luxemburgischen Recht vorgesehen – generell vom unionsrechtlichen Schutz des Anwaltsgeheimnisses ausgenommen werden kann.

 

II. Rechtlicher Rahmen

A. Unionsrecht

5. Der Informationsaustausch auf Ersuchen ist in Abschnitt I des Kapitels II der Richtlinie 2011/16 geregelt. Art. 1 Abs. 1 lautet:

„(1) Diese Richtlinie legt die Regeln und Verfahren fest, nach denen die Mitgliedstaaten untereinander im Hinblick auf den Austausch von Informationen zusammenarbeiten, die für die Anwendung und Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten über die in Artikel 2 genannten Steuern voraussichtlich erheblich sind.“

6. Art. 5 dieser Richtlinie bestimmt:

„Auf Ersuchen der ersuchenden Behörde übermittelt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde alle in Artikel 1 Absatz 1 genannten Informationen, die sie besitzt oder die sie im Anschluss an behördliche Ermittlungen erhalten hat.“

7. Ergänzend enthält Art. 6 der Richtlinie 2011/16 Vorgaben für die unter Umständen durchzuführenden Ermittlungen im ersuchten Staat:

„(1) Die ersuchte Behörde trifft Vorkehrungen dafür, dass alle behördlichen Ermittlungen durchgeführt werden, die zur Beschaffung der in Artikel 5 genannten Informationen notwendig sind.

 (2) Das in Artikel 5 genannte Ersuchen kann ein begründetes Ersuchen um eine behördliche Ermittlung enthalten. Ist die ersuchte Behörde der Auffassung, dass keine behördlichen Ermittlungen erforderlich sind, so teilt sie der ersuchenden Behörde unverzüglich die Gründe hierfür mit.

(3) Zur Beschaffung der erbetenen Informationen oder zur Durchführung der erbetenen behördlichen Ermittlungen geht die ersuchte Behörde nach denselben Verfahren vor, die sie anwenden würde, wenn sie von sich aus oder auf Ersuchen einer anderen Behörde des eigenen Mitgliedstaats handeln würde …“

8. In den Art. 16 ff. der Richtlinie 2011/16 sind allgemeine Bedingungen für die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden geregelt. Art. 17 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2011/16 bestimmt:

„(1) Eine ersuchte Behörde eines Mitgliedstaats erteilt einer ersuchenden Behörde eines anderen Mitgliedstaats die Informationen gemäß Artikel 5 unter der Voraussetzung, dass die ersuchende Behörde die üblichen Informationsquellen ausgeschöpft hat, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte, ohne die Erreichung ihres Ziels zu gefährden.

(4) Die Übermittlung von Informationen kann abgelehnt werden, wenn sie zur Preisgabe eines Handels‑, Gewerbe- oder Berufsgeheimnisses oder eines Geschäftsverfahrens führen würde oder wenn die Preisgabe der betreffenden Information die öffentliche Ordnung verletzen würde.“

9. Art. 18 der Richtlinie 2011/16 bestimmt:

„(1) Ersucht ein Mitgliedstaat im Einklang mit dieser Richtlinie um Informationen, so trifft der ersuchte Mitgliedstaat die ihm zur Beschaffung von Informationen zur Verfügung stehenden Maßnahmen, um sich die erbetenen Informationen zu verschaffen, auch wenn dieser Mitgliedstaat solche Informationen möglicherweise nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Diese Verpflichtung gilt unbeschadet des Artikels 17 Absätze 2, 3 und 4, der jedoch nicht so ausgelegt werden kann, dass sich ein ersuchter Mitgliedstaat darauf berufen kann, um die Bereitstellung der Informationen allein deshalb abzulehnen, weil er kein eigenes Interesse daran hat.

(2) Artikel 17 Absätze 2 und 4 ist in keinem Fall so auszulegen, dass die ersuchte Behörde eines Mitgliedstaats die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil die Informationen sich bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden oder sich auf Eigentumsanteile an einer Person beziehen.“

B. Luxemburgisches Recht

10. § 177 der Loi générale des impôts du 22 mai 1931 (Allgemeines Steuergesetz vom 22. Mai 1931, im Folgenden: luxemburgische Abgabenordnung) bestimmt im Wesentlichen:

„(1) Die Auskunft können ferner verweigern:

1. Verteidiger und Rechtsanwälte, soweit sie in Strafsachen tätig gewesen sind,

2. Ärzte über das, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist,

3. Rechtsanwälte über das, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist[,]

4. die Gehilfen der zu 1 bis 3 bezeichneten Personen hinsichtlich der Tatsachen, die sie in dieser ihrer Eigenschaft erfahren haben.

(2) Diese Bestimmung findet auf die zu 3 und 4 bezeichneten Personen insoweit keine Anwendung, als es sich um Tatsachen handelt, die bei Beratung oder Vertretung in Steuerangelegenheiten zu ihrer Kenntnis gekommen sind, es sei denn, dass es sich um Fragen handelt, deren Bejahung oder Verneinung ihre Auftraggeber der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würde.“

 

III. Sachverhalt

11. Am 28. Juni 2022 richtete der Directeur de l’administration des contributions directes (Leiter der Verwaltung für direkte Abgaben, Luxemburg) eine Entscheidung (im Folgenden: Anordnungsentscheidung) an die Société en commandite simple F (im Folgenden: Klägerin), die im Wesentlichen wie folgt lautete:

„… die zuständige Behörde der spanischen Steuerverwaltung hat uns ein Auskunftsersuchen gemäß … der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 übermittelt …

Bei der juristischen Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, handelt es sich um die spanische Gesellschaft K …

Ich bitte Sie, uns für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2019 folgende Informationen und Unterlagen bis zum 3. August 2022 vorzulegen:

– Bitte übermitteln Sie uns für den betreffenden Zeitraum sämtliche verfügbaren Unterlagen (Auftragsschreiben, Verträge mit der Mandantin, Berichte, Memoranden, Mitteilungen, Rechnungen usw.) über die von [Ihrer Gesellschaft F] an die spanische Gesellschaft [K] erbrachten Dienstleistungen im Rahmen:

1. des Erwerbs von 80 % der Beteiligungen an [N] durch die Investmentgruppe [O] im Jahr 2015 (Rechnung Nr. …);

2. des Erwerbs eines weiteren spanischen Unternehmens durch die Gruppe im Jahr 2018 (Rechnung Nr. …);

– Legen Sie bitte eine ausführliche Beschreibung des Ablaufs der oben genannten Transaktionen von der Beauftragung der Dienste der Gesellschaft [F] bis zu deren Abschluss, sowie eine Erläuterung ihrer Beteiligung an diesen Vorgängen, eine Auflistung ihrer Gesprächspartner (Verkäufer, Käufer und Dritte) und die Rechnungen vor; …“

12. Mit E‑Mail vom 8. Juli 2022 teilte die Klägerin der Verwaltung für direkte Abgaben mit, dass sie als rechtsberatende Anwältin der Unternehmensgruppe gehandelt habe, zu der die Gesellschaft K gehöre. Daher sei es ihr rechtlich unmöglich, Informationen über ihre Mandantin weiterzugeben, da diese unter ihr Berufsgeheimnis fallen würden.

13. In einem Einschreiben vom 8. August 2022 bekräftigte die Klägerin ihren Standpunkt und stellte klar, dass ihr Rechtsmandat in dem von der Entscheidung betroffenen Fall nicht steuerlicher Natur sei, sondern ausschließlich das Gesellschaftsrecht betreffe.

14. Mit Einschreiben vom 19. August 2022 teilte der Leiter der Verwaltung für direkte Abgaben der Klägerin mit, dass diese Antwort nicht zufriedenstellend sei. Anschließend verhängte er mit Entscheidung vom 16. September 2022 gegen die Klägerin eine Geldbuße wegen Nichtbefolgung der Anordnungsentscheidung.

15. Hiergegen wendete sich die Klägerin vor den nationalen Gerichten mit einer Klage, welcher der Ordre des Avocats du Barreau de Luxembourg (Rechtsanwaltskammer Luxemburg) als Streithelfer beitrat. Mit Urteil vom 23. Februar 2023 wies das Tribunal administratif (Verwaltungsgericht, Luxemburg) die Klage ab und die Streithilfe zurück.

16. Mit Berufungsschriften, die am 10. und 13. März 2023 eingingen, legten die Klägerin und die Rechtsanwaltskammer bei der Cour administrative (Verwaltungsgerichtshof, Luxemburg) Berufung gegen dieses Urteil ein.

 

IV. Vorabentscheidungsersuchen

17. Die für das Ausgangsverfahren zuständige Cour administrative (Verwaltungsgerichtshof) hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die folgenden Fragen vorgelegt:

1. Fällt die Rechtsberatung eines Rechtsanwalts im Bereich des Gesellschaftsrechts – im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Einrichtung einer gesellschaftsrechtlichen Investitionsstruktur – in den Bereich des von Art. 7 der Charta gewährten verstärkten Schutzes des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant?

2. Falls die erste Frage bejaht wird: Stellt eine Entscheidung der zuständigen Behörde eines ersuchten Mitgliedstaats, die erlassen wurde, um einem Ersuchen eines anderen Mitgliedstaats um Informationsaustausch auf Ersuchen auf der Grundlage der Richtlinie 2011/16 nachzukommen, und die die Anordnung an einen Rechtsanwalt enthält, der Behörde im Großen und Ganzen sämtliche verfügbare Unterlagen über seine Beziehungen zu seinem Mandanten, eine detaillierte Beschreibung der Transaktionen, die Gegenstand seiner Beratungen waren, eine Erläuterung seiner Beteiligung an diesen Vorgängen und die Auflistung seiner Gesprächspartner vorzulegen, einen Eingriff in das in Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant dar?

3. Falls die zweite Frage bejaht wird: Ist die Richtlinie 2011/16 mit den Art. 7 und 52 Abs. 1 der Charta vereinbar, insofern als sie über Art. 17 Abs. 4 hinaus keine Bestimmung enthält, die einen Eingriff in die Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Rahmen der Regelung des Informationsaustauschs auf Ersuchen ausdrücklich zulässt und die den Umfang der Einschränkung der Ausübung des betreffenden Rechts selbst festlegt?

4. Falls die dritte Frage bejaht wird: Können die Regelung der Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten (oder einer Anwaltskanzlei) als Drittinhaber im Rahmen der Anwendung des durch die Richtlinie 2011/16 geschaffenen Mechanismus des Informationsaustauschs auf Ersuchen und insbesondere die spezifischen Einschränkungen zur Berücksichtigung der Auswirkungen ihres Berufsgeheimnisses gemäß der Verweisung in Art. 18 Abs. 1 dieser Richtlinie durch innerstaatliche Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten erfolgen, die die Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Dritte bei der Steuerfahndung im Rahmen der Anwendung des innerstaatlichen Steuerrechts regeln?

5. Falls die vierte Frage bejaht wird: Muss eine nationale Rechtsvorschrift wie die im vorliegenden Fall anwendbare, in der die Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Drittinhaber geregelt ist, um mit Art. 7 der Charta vereinbar zu sein, besondere Regelungen enthalten, die

– die Wahrung des Wesensgehalts der Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant sicherstellen und

– besondere Voraussetzungen festlegen, um sicherzustellen, dass die Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten auf das zur Erreichung des Ziels der Richtlinie 2011/16 geeignete und erforderliche Maß beschränkt wird?

6. Falls die fünfte Frage bejaht wird: Müssen die besonderen Voraussetzungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Mitarbeit von Rechtsanwälten bei der Steuerfahndung auf das zur Erreichung des Ziels der Richtlinie 2011/16 geeignete und erforderliche Maß beschränkt wird, die Pflicht der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats umfassen,

– eine verstärkte Kontrolle darüber durchzuführen, ob der ersuchende Mitgliedstaat – wie in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2011/16 vorgesehen – tatsächlich zuvor die üblichen Informationsquellen ausgeschöpft hat, die er unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte, ohne die Erreichung dieses Ziels zu gefährden, und/oder

– sich zuvor vergeblich an andere potenzielle Informationsinhaber gewandt zu haben, um sich als letztes Mittel an einen Rechtsanwalt in seiner Eigenschaft als potenzieller Informationsinhaber wenden zu dürfen, und/oder

– in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen der dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzung einerseits und den fraglichen Rechten andererseits in der Weise vorzunehmen, dass eine gegen einen Rechtsanwalt gerichtete Anordnung nur dann rechtsgültig erlassen werden könnte, wenn zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind, wie etwa das Erfordernis, dass die finanziellen Auswirkungen der im ersuchenden Staat laufenden Kontrolle einen gewissen Umfang erreichen oder erreichen könnten oder strafrechtlich relevant sein könnten?

18. Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben die Klägerin, die Rechtsanwaltskammer Luxemburg, das Großherzogtum Luxemburg, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Österreich, das Königreich Spanien, der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission schriftlich Stellung genommen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Gerichtshof gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgesehen.

 

V. Rechtliche Würdigung

19. Die Republik Österreich ist der Ansicht, dass der Gerichtshof für das Vorabentscheidungsersuchen nicht zuständig sei, da die vorgelegten Fragen nicht die Auslegung des Unionsrechts, sondern nur luxemburgisches Recht betreffen würden. Dies überzeugt nicht. Die Fragen des luxemburgischen Gerichts beziehen sich ausdrücklich auf die Auslegung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie auf die Auslegung und Anwendung der Richtlinie 2011/16. Daher ist der Gerichtshof für die Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens zuständig.(6)

 

A. Zu den ersten beiden Vorlagefragen

20. Mit seinen ersten beiden Vorlagefragen, die zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine im Rahmen des Informationsaustauschs auf Ersuchen erlassene Anordnungsentscheidung gegenüber einem Rechtsanwalt als Informationsinhaber zu einem Eingriff in das Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant (Art. 7 der Charta) führt oder ob bestimmte Bereiche wie eine Beratung im Gesellschaftsrecht davon ausgenommen sind.

1. Zum Schutzbereich des Anwaltsgeheimnisses

21. Nach Art. 7 der Charta hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation. Die Vorschrift entspricht Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK). Nach Art. 52 Abs. 3 der Charta muss der Gerichtshof bei seiner Auslegung von Art. 7 der Charta daher auch Art. 8 Abs. 1 EMRK in seiner Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) als Mindestschutzstandard berücksichtigen.(7)

22. Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 der Charta stellen das Anwaltsgeheimnis unter einen besonderen Schutz. Dieser rechtfertigt sich insbesondere daraus, dass Rechtsanwälten in einer demokratischen Gesellschaft eine grundlegende Aufgabe übertragen wird, nämlich die Verteidigung der Rechtsunterworfenen.(8) Daraus folgt zum einen, dass sich der Einzelne völlig frei an einen Rechtsanwalt wenden können muss, um von diesem eine unabhängige Rechtsberatung zu erhalten.

23. Zum anderen muss der Rechtsanwalt seinem Mandanten gegenüber loyal sein.(9) Es gehört zum Wesen der Berufstätigkeit eines Rechtsanwalts, dass sein Mandant ihm Geheimnisse anvertraut und er sonstige vertrauliche Mitteilungen erhält. Der Mandant kann vernünftigerweise erwarten, dass diese Kommunikation privat und vertraulich bleibt.(10) Ist die Vertraulichkeit der Informationen nicht gewährleistet, kann kein Vertrauen entstehen.(11) Deshalb ist das Berufsgeheimnis nicht nur ein Grundrecht, sondern auch eine Grundpflicht der Rechtsanwälte.(12)

24. Schließlich sind Rechtsanwälte nicht nur Interessenvertreter ihrer Mandanten, sondern auch unabhängige Organe der Rechtspflege.(13) Das Anwaltsgeheimnis schützt daher nicht nur die Individualinteressen von Rechtsanwalt und Mandant, sondern auch das Interesse der Allgemeinheit an einer Rechtspflege, die rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Damit ist der besondere Schutz des Anwaltsgeheimnisses auch Ausfluss des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit, auf die sich die Europäische Union gemäß Art. 2 EUV gründet.

25. Daraus folgt, dass der Schutz des Anwaltsgeheimnisses durch die Charta umfassend gewährleistet wird.(14) Art. 7 der Charta schützt das Anwaltsgeheimnis im Rahmen jeder Rechtsberatung, und zwar sowohl im Hinblick auf den Inhalt als auch auf die Existenz dieser Rechtsberatung.(15)

26. Dies schließt eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Rechtsgebieten – wie sie Luxemburg hier vorgenommen hat – bei der Bestimmung des Schutzbereichs aus, sodass auch die Rechtsberatung im Bereich des Gesellschafts- und Steuerrechts geschützt ist. Konkret ist daher auch eine Beratung zur Errichtung einer gesellschaftsrechtlichen Investitionsstruktur, wie sie hier in Rede steht, vom Schutzbereich umfasst.

27. Schließlich ist auch der persönliche Anwendungsbereich von Art. 7 der Charta eröffnet. Im vorliegenden Fall sind die Klägerin und die Steuerpflichtige Gesellschaften. Zwar hat der Gerichtshof entschieden, dass „sich juristische Personen … auf den durch die Art. 7 und 8 der Charta verliehenen Schutz nur berufen (können), soweit der Name der juristischen Person eine oder mehrere natürliche Personen bestimmt“.(16) Diese Differenzierung betrifft aber nur die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art. 8 der Charta.(17)

28. Dagegen können sich auch juristische Personen auf das durch Art. 7 der Charta geschützte Recht auf Achtung des Privatlebens berufen.(18) Erst recht muss dies für den ebenfalls durch Art. 7 der Charta gewährleisteten Schutz der Kommunikation und konkret des Anwaltsgeheimnisses gelten. Entscheidend muss nämlich sein, ob ein Grundrecht dem Wesen nach auch auf Gesellschaften anwendbar ist. Dies ist beim Schutz des Anwaltsgeheimnisses zu bejahen. Geschützt wird nämlich das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Ein solches besteht auch zwischen den in einer Gesellschaft zusammengeschlossenen Rechtsanwälten und ihren Mandanten bzw. deren Organen. Insoweit kommt es nicht auf die Rechtsform, innerhalb derer der Rechtsanwalt oder der Mandant handelt, an.

29. Daher lautet die Antwort auf die erste Vorlagefrage, dass die Beratung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft im Bereich des Gesellschaftsrechts – im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Einrichtung einer gesellschaftsrechtlichen Investitionsstruktur – in den Schutzbereich des durch Art. 7 der Charta garantierten Anwaltsgeheimnisses fällt.

2. Zum Eingriff in Art. 7 der Charta durch die Anordnungsentscheidung

30. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine gegenüber einem Rechtsanwalt als Informationsinhaber erlassene Anordnungsentscheidung, gewisse Unterlagen vorzulegen, einen Eingriff in das durch Art. 7 der Charta geschützte Anwaltsgeheimnis darstellt.

31. Im vorliegenden Fall verlangt die luxemburgische Steuerverwaltung von der Klägerin „sämtliche verfügbaren Unterlagen“ zu Dienstleistungen, die sie im Zusammenhang mit dem Erwerb zweier Unternehmen an ihre Mandantin (die Gesellschaft K) erbracht hat. Zudem soll die Klägerin u. a. eine „ausführliche Beschreibung des Ablaufs“ der genannten Transaktionen inklusive der beteiligten Personen vorlegen.

32. Folgt die Klägerin der Anordnungsentscheidung, so würde die luxemburgische Steuerverwaltung daher zwangsläufig in weitem Umfang von dem Inhalt der Rechtsberatung zwischen der Klägerin und der Gesellschaft K Kenntnis erlangen. Somit führt die Anordnungsentscheidung zu einem Eingriff in das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant.

33. Zudem käme es zu einem weiteren Eingriff, wenn die luxemburgische Steuerverwaltung die durch die Anordnungsentscheidung erhaltenen Informationen im Anschluss mit der spanischen Steuerverwaltung austauschen würde. Denn hierdurch würde auch die spanische Steuerverwaltung Kenntnis von der Existenz und dem Inhalt der Rechtsberatung erlangen.

34. Daher lautet die Antwort auf die zweite Vorlagefrage, dass eine gegenüber einer Rechtsanwaltsgesellschaft erlassene Anordnungsentscheidung der Steuerbehörde im Zusammenhang mit einem Informationsaustausch auf Ersuchen, mit dem die Behörde sämtliche Unterlagen der Beratung eines Mandanten im Zusammenhang mit bestimmten Transaktionen und der Beteiligung an diesen verlangt, einen Eingriff in das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant darstellt.

35. Im Sinne einer nützlichen Antwort ist zudem darauf hinzuweisen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, im Rahmen der von der Klägerin erhobenen Klage gegen die Verhängung der Geldbuße wegen Nichtbefolgung der Anordnungsentscheidung auch zu prüfen, ob der Eingriff durch die luxemburgische Steuerverwaltung gerechtfertigt ist. Dies setzt u. a. eine rechtmäßige Anordnungsentscheidung voraus.(19) Die Kommission hat zutreffend Zweifel hieran geäußert. Denn da durch die Anordnungsentscheidung „sämtliche verfügbaren Unterlagen“ herausverlangt wurden, ist z. B. die voraussichtliche Erheblichkeit der Informationen nicht auf den ersten Blick zu erkennen.(20)

B. Zur dritten und zur vierten Vorlagefrage

36. Mit der dritten und der vierten Frage, die ebenfalls zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, wer im Verhältnis zwischen Union und Mitgliedstaat – im vorliegenden Fall also Luxemburg – berechtigt und verpflichtet ist, die materiellen und formellen Bedingungen festzulegen, unter denen der Eingriff in Art. 7 der Charta rechtmäßig erfolgen kann. Es geht also um die Verantwortlichkeit für den Schutz des Anwaltsgeheimnisses.

37. Die Frage stellt sich deshalb, weil der Unionsgesetzgeber in Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16 lediglich geregelt hat, dass die Übermittlung von Informationen abgelehnt werden kann, wenn sie zur Preisgabe eines Berufsgeheimnisses führen würde. Das vorlegende Gericht hat offenbar Zweifel, ob diese Vorschrift den Anforderungen von Art. 7 und Art. 52 Abs. 1 der Charta genügt. Wäre dies nicht der Fall, könnte die Richtlinie 2011/16 insoweit ungültig sein.

38. Dies setzt aber voraus, dass die Richtlinie 2011/16 selbst in Art. 7 der Charta eingreift. Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV bedarf jede Richtlinie jedoch noch einer Umsetzung ins nationale Recht. Im Grundsatz wirkt nur dieses nationale Umsetzungsrecht unmittelbar gegenüber den betroffenen Personen. Folglich wäre der Grundrechtseingriff primär dem Mitgliedstaat – hier also Luxemburg – zuzurechnen.

39. Wenn eine Richtlinie dem Mitgliedstaat allerdings keinen Umsetzungsspielraum lässt, ist der Eingriff nicht ihm, sondern dem Unionsgesetzgeber zuzurechnen. Dann würde bereits das Unionsrecht gegen die Charta verstoßen. Als Beispiel kann die von mehreren Beteiligten angeführte Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen herangezogen werden, die der Unionsgesetzgeber durch Art. 8ab Abs. 1 der Richtlinie 2011/16 eingeführt hat. Zwar bedarf die Bestimmung einer Umsetzung im nationalen Recht, um unmittelbar gegenüber den betroffenen Intermediären zu wirken. Da den Mitgliedstaaten insofern aber kein Umsetzungsspielraum verbleibt, geht der Grundrechtseingriff letztlich auf den Unionsgesetzgeber zurück. Folglich ist dieser zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses verpflichtet. Da dies bei Rechtsanwalts‑Intermediären nicht ausreichend der Fall war, hat der Gerichtshof Art. 8ab Abs. 5 Satz 2 der Richtlinie 2011/16 für ungültig erklärt.(21)

40. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen eines Informationsaustauschs auf Ersuchen. Insofern folgt aus Art. 5, Art. 6 Abs. 1 und Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2011/16, dass die ersuchte luxemburgische Behörde zur Durchführung behördlicher Ermittlungen verpflichtet sein kann. Die konkreten Ermittlungsmaßnahmen richten sich aber nach dem nationalen Verfahrensrecht (Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011/16). Entsprechend hat die luxemburgische Steuerverwaltung die Anordnungsentscheidung gegenüber der Klägerin auf Grundlage des luxemburgischen Verfahrensrechts erlassen.

41. Folglich erfordert das Unionsrecht im vorliegenden Fall zwar nationale Ermittlungsmaßnahmen und damit Grundrechtseingriffe. Der eigentliche Grundrechtseingriff wird aber erst durch das in Umsetzung der Richtlinie 2011/16 erlassene luxemburgische Recht und die darauf gestützte Anordnungsentscheidung vom 28. Juni 2022 bewirkt. Deswegen muss Luxemburg, das bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2011/16 Unionsrecht durchführt und damit nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Charta an die Unionsgrundrechte gebunden ist,(22) den Schutz des Anwaltsgeheimnisses aus Art. 7 der Charta sicherstellen.

42. Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16 lässt dem ersuchten Mitgliedstaat den hierfür erforderlichen Freiraum. Insbesondere müssen Informationen, die einem Berufsgeheimnis unterliegen, nicht übermittelt werden. Zudem verpflichtet die Richtlinie Luxemburg als ersuchten Mitgliedstaat nicht zu Ermittlungen, die mit den nationalen Rechtsvorschriften unvereinbar wären (Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2011/16). Insoweit ergeben sich daher keine Bedenken gegen die Gültigkeit der Richtlinie 2011/16.

43. Anders als Luxemburg und Spanien meinen, ist die Anknüpfung der Richtlinie an das nationale Verfahrensrecht allerdings nicht per se unproblematisch. Als Beispiel kann wiederum die Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (dazu bereits Nr. 39) dienen. Zwar räumt auch Art. 8ab Abs. 5 der Richtlinie 2011/16 – ähnlich wie ihr Art. 17 Abs. 4 – den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Intermediäre von der Meldepflicht zu befreien, wenn andernfalls nach dem nationalen Recht gegen eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen würde. Damit läuft der Schutz des Anwaltsgeheimnisses aber leer, wenn die nationalen Gesetze keine solche Verschwiegenheitspflicht vorsehen.

44. Dies veranschaulicht auch der vorliegende Fall: Weil nach § 177 Abs. 2 der luxemburgischen Abgabenordnung das Auskunftsverweigerungsrecht für Rechtsanwälte in Steuerangelegenheiten entfällt, könnte Luxemburg Rechtsanwälte nicht von ihrer Meldepflicht nach Art. 8ab Abs. 1 der Richtlinie 2011/16 befreien. Ob Art. 8ab Abs. 5 Satz 1 der Richtlinie 2011/16 den Anforderungen von Art. 7 der Charta genügt, erscheint daher zweifelhaft.

45. Die Antwort auf die dritte Frage lautet also, dass die Richtlinie 2011/16 mit Art. 7 und Art. 52 Abs. 1 der Charta vereinbar ist, auch wenn sie über Art. 17 Abs. 4 hinaus keine Bestimmung enthält, die einen Eingriff in die Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Rahmen der Regelung des Informationsaustauschs auf Ersuchen ausdrücklich zulässt und die den Umfang der Einschränkung der Ausübung des betreffenden Rechts selbst festlegt.

46. Die Antwort auf die vierte Vorlagefrage lautet, dass die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Informationsinhaber im Rahmen des Informationsaustauschs auf Ersuchen gemäß der Richtlinie 2011/16 regeln können und müssen.

C. Zur fünften und zur sechsten Vorlagefrage

47. Mit seiner fünften und sechsten Vorlagefrage, die ebenfalls zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen und recht abstrakt wissen, welche Anforderungen das Unionsrecht an eine nationale Rechtsvorschrift stellt, in der die Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Informationsinhaber geregelt ist, damit diese mit Art. 7 der Charta vereinbar ist.

48. Hintergrund dieser Frage ist, dass das Auskunftsverweigerungsrecht der Rechtsanwälte gemäß § 177 Abs. 2 der luxemburgischen Abgabenordnung nicht in Bezug auf Tatsachen gilt, die bei einer Beratung oder Vertretung in Steuerangelegenheiten zu ihrer Kenntnis gekommen sind. Eine Rückausnahme gilt nur für den Fall, dass es sich um Fragen handelt, deren Bejahung oder Verneinung die Mandanten der Rechtsanwälte der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würde.

49. Wie bereits dargestellt, führt jede Verpflichtung eines Rechtsanwalts zur Herausgabe von Informationen über ein Mandatsverhältnis zu einem Eingriff in das durch Art. 7 der Charta geschützte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Die entscheidende Frage ist daher, ob und unter welchen Voraussetzungen ein solcher Eingriff gerechtfertigt werden kann. Insofern müssen nach Art. 52 Abs. 1 der Charta sowohl der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als auch der Wesensgehalt des Grundrechts beachtet werden.(23)

1. Zum Wesensgehalt des Anwaltsgeheimnisses

50. § 177 Abs. 2 der luxemburgischen Abgabenordnung schließt ein im Grundsatz bestehendes Auskunftsverweigerungsrecht bei einer Beratung oder Vertretung in Steuerangelegenheiten pauschal aus. Dadurch wird der auch bei einer Steuerrechtsberatung gewährleistete Schutz des Anwaltsgeheimnisses ausgehöhlt.

51. Andererseits schützt die luxemburgische Vorschrift das Auskunftsverweigerungsrecht eines Rechtsanwalts bei allen Rechtsberatungen in allen anderen Rechtsgebieten. Außerdem besteht auch im Steuerrecht ein Auskunftsverweigerungsrecht zumindest für solche Fragen, deren Bejahung oder Verneinung den Mandanten der Gefahr einer Strafverfolgung aussetzen würde. Insoweit genießt das Anwaltsgeheimnis gemäß Art. 7 der Charta zumindest einen gewissen Schutz.

52. Diese Überlegungen zeigen, dass die abstrakte Bestimmung eines unantastbaren Wesensgehalts jedenfalls bei den Freiheitsgrundrechten wie Art. 7 der Charta Schwierigkeiten bereitet.(24) Bedeutsamer ist daher die Frage nach der Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs.

2. Zur Verhältnismäßigkeit

53. Nach Art. 52 Abs. 1 Satz 2 der Charta müssen Einschränkungen den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen entsprechen. Der Informationsaustausch auf Ersuchen verfolgt eine solche Zielsetzung. Nach dem ersten Erwägungsgrund der zugrunde liegenden Richtlinie 2011/16 dient er nämlich der ordnungsgemäßen Festsetzung der geschuldeten Steuer und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und ‑betrug. Das sind legitime Zwecke im Sinne von Art. 52 Abs. 1 der Charta.(25)

a) Zur Erforderlichkeit der Maßnahme

54. Weiter müssen die Mitgliedstaaten einen Eingriff in das Grundrecht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Rahmen eines Informationsaustauschs auf Ersuchen auf das Notwendige beschränken.(26) Insbesondere dürfen sich die Ziele einer ordnungsgemäßen Festsetzung der geschuldeten Steuer sowie der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und –betrug nicht ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreichen lassen, die das Anwaltsgeheimnis weniger beeinträchtigen.

55. Daraus folgt zunächst, dass Ermittlungsmaßnahmen im ersuchten Staat (hier Luxemburg) im Grundsatz immer nachrangig gegenüber solchen im ersuchenden Staat (hier Spanien) sind. Denn jeder grenzüberschreitende Informationsaustausch führt zu zusätzlichen Eingriffen in die Grundrechte der betroffenen Steuer- und Informationspflichtigen. Entsprechend sieht auch Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2011/16 vor, dass die ersuchende Behörde alle üblichen Informationsquellen ausgeschöpft haben muss, die sie unter den gegebenen Umständen zur Erlangung der erbetenen Informationen genutzt haben könnte.(27) Ist dies nicht der Fall, wäre die von der luxemburgischen Steuerverwaltung am 28. Juni 2022 erlassene Anordnungsentscheidung schon nicht erforderlich.

56. Folglich muss die luxemburgische Steuerverwaltung als ersuchte Behörde sicherstellen, dass die ersuchende spanische Behörde ihre eigenen Ermittlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft hat. Auch wenn die ersuchte Behörde dies regelmäßig nicht nachprüfen kann, muss sie sich vor der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts von der ersuchenden Behörde zumindest bestätigen lassen, dass alle Ermittlungsmaßnahmen im ersuchenden Staat ausgeschöpft wurden.

57. Daneben setzt die Erforderlichkeit gemäß Art. 52 Abs. 1 Satz 2 der Charta voraus, dass es auch im ersuchten Staat – hier also Luxemburg – kein gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels gibt, das für den Betroffenen – hier also die Klägerin – weniger einschneidend ist. Es ist Aufgabe des vorlegenden Gerichts, dies im konkreten Einzelfall zu prüfen.

b) Zur Angemessenheit der Maßnahme

58. Schließlich verlangt die Prüfung der Angemessenheit des Gesetzes, dass die Schwere des Grundrechtseingriffs bestimmt und geprüft wird, ob die mit dem Eingriff verfolgte dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung in angemessenem Verhältnis zur Schwere des Eingriffs steht.(28) Dabei muss der ersuchte Mitgliedstaat – hier also Luxemburg – die besondere Bedeutung berücksichtigen, die dem Rechtsanwalt als unabhängigem Organ der Rechtspflege in einem Rechtsstaat zukommt (dazu bereits Nrn. 22 ff.). Dass das Anwaltsgeheimnis nicht nur Individualinteressen – hier der Klägerin sowie der Steuerpflichtigen –, sondern zugleich Interessen der Allgemeinheit schützt, wirkt sich bei der notwendigen Güterabwägung zugunsten des Anwaltsgeheimnisses aus.

59. Daraus folgt, dass die luxemburgische Steuerverwaltung als ersuchte Behörde nur ausnahmsweise mandatsbezogene Informationen von der Klägerin als Rechtsanwaltsgesellschaft herausverlangen darf. Selbst wenn alle anderen Ermittlungsmaßnahmen ausgeschöpft sind, wird eine Inanspruchnahme der Klägerin als Informationsinhaberin nicht automatisch zulässig. Angesichts der Bedeutung des Anwaltsgeheimnisses kann es nämlich keine Tatsachenermittlung um jeden Preis geben.

60. Jedoch unterliegen nicht alle Informationen, die einem Rechtsanwalt als Person bekannt werden, dem besonderen Schutz des Anwaltsgeheimnisses. Geschützt sind vielmehr nur Informationen im Zusammenhang mit einer rechtsberatenden Tätigkeit innerhalb eines konkreten Mandats. Rechtsanwälte können daneben aber auch wirtschaftlich tätig werden, z. B. im Rahmen einer Unternehmensberatung. Insofern wird der Rechtsanwalt nicht als unabhängiges Organ der Rechtspflege tätig.(29) In diesem Zusammenhang gewonnene Informationen bedürfen daher auch nicht desselben Schutzes wie im Rahmen einer Rechtsberatung gewonnene Informationen.

61. Diese Grundsätze gelten im Übrigen nicht nur für Rechtsanwälte, sondern auch für Steuerberater und andere Berufsgruppen, soweit diese nach dem jeweiligen nationalen Recht als unabhängige Organe der Rechtspflege den Rechtsanwälten gleichgestellt und somit zur Rechtsberatung und gerichtlichen Vertretung von Mandanten befugt sind.(30)

62. Schließlich muss die luxemburgische Steuerverwaltung als ersuchte Behörde bei ihren Einzelfallentscheidungen auch die Schwere des Eingriffs berücksichtigen können. Werden wie im vorliegenden Fall „sämtliche verfügbaren Unterlagen“ herausverlangt, so ist zweifelhaft, ob die Anordnungsentscheidung gegenüber dem Rechtsanwalt noch in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck steht.

63. Im Ergebnis muss daher das nationale Recht die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Informationsinhaber festlegen. Dabei muss das nationale Recht der ersuchten Behörde insbesondere ermöglichen, im jeweiligen Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Allgemeininteresse an der ordnungsgemäßen Festsetzung der geschuldeten Steuer und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und ‑betrug einerseits und dem Schutz des Anwaltsgeheimnisses andererseits vorzunehmen.

64. Daher verstößt eine nationale Regelung, nach der die Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt in Steuerangelegenheiten mit Ausnahme des Steuerstrafrechts generell nicht unter den Schutz des Anwaltsgeheimnisses fällt und die daher auch keine Abwägung im Einzelfall erlaubt, gegen Art. 7 der Charta.

VI. Ergebnis

65. Somit schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen der Cour administrative (Verwaltungsgerichtshof, Luxemburg) wie folgt zu antworten:

1. Die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft fällt auch im Bereich des Gesellschaftsrechts – z. B. im Hinblick auf die Einrichtung einer gesellschaftsrechtlichen Investitionsstruktur – in den Schutzbereich des durch Art. 7 der Charta garantierten Anwaltsgeheimnisses.

2. Eine gegenüber einer Rechtsanwaltsgesellschaft erlassene Anordnungsentscheidung der zuständigen Steuerbehörde im Zusammenhang mit einem Informationsaustausch auf Ersuchen, mit dem die Behörde im Großen und Ganzen sämtliche Unterlagen zu bestimmten Transaktionen und der Beteiligung an diesen verlangt, stellt einen Eingriff in das durch Art. 7 der Charta garantierte Recht auf Achtung der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und Mandant dar.

3. Die Richtlinie 2011/16/EU ist mit Art. 7 und Art. 52 Abs. 1 der Charta vereinbar, obwohl sie über Art. 17 Abs. 4 hinaus keine Bestimmung enthält, die einen Eingriff in die Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Rahmen der Regelung des Informationsaustauschs auf Ersuchen zulässt und die den Umfang der Einschränkung der Ausübung des betreffenden Rechts selbst festlegt. Denn Art. 17 Abs. 4 der Richtlinie 2011/16 gewährt den Mitgliedstaaten einen ausreichenden Freiraum, um den Vorgaben von Art. 7 der Charta gerecht zu werden.

4. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten können und müssen die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der Mitwirkungspflicht von Rechtsanwälten als Informationsinhaber im Rahmen des Informationsaustauschs auf Ersuchen gemäß der Richtlinie 2011/16 regeln. Dabei muss das nationale Recht der zuständigen Behörde insbesondere ermöglichen, im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen einerseits und dem Schutz des Anwaltsgeheimnisses andererseits vorzunehmen. Da das luxemburgische Recht eine solche Abwägung in Steuerrechtsangelegenheiten nicht zulässt, steht Art. 7 der Charta der Anwendung des nationalen Rechts insoweit entgegen.

 

1 Originalsprache: Deutsch.

 

2 Richtlinie des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. 2011, L 64, S. 1).

 

3 Vgl. Urteile vom 25. November 2021, État luxembourgeois (Information zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen) (C‑437/19, EU:C:2021:953), vom 6. Oktober 2020, Luxemburgischer Staat (Rechtsbehelf gegen ein Auskunftsersuchen in Steuersachen) (C‑245/19 und C‑246/19, EU:C:2020:795), sowie vom 16. Mai 2017, Berlioz Investment Fund (C‑682/15, EU:C:2017:373).

 

4 Eingeführt durch Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates vom 25. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen (ABl. 2018, L 139, S. 1).

 

5 Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963).

 

6 Siehe zu einem vergleichbaren Sachverhalt bereits Urteil vom 6. Oktober 2020, Luxemburgischer Staat (Rechtsbehelf gegen ein Auskunftsersuchen in Steuersachen) (C‑245/19 und C‑246/19, EU:C:2020:795, Rn. 46).

 

7 Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 26).

 

8 Vgl. EGMR, Urteil vom 6. Dezember 2012, Michaud/Frankreich, (CE:ECHR:2012:1206JUD001232311, §§ 118 und 119), und ihm folgend der EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 28).

 

9 Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 28).

 

10 EGMR, Urteil vom 9. April 2019, Altay/Türkei [Nr. 2] (CE:ECHR:2019:0409JUD001123609, § 49), und ihm folgend EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 27).

 

11 Vgl. die CCBE‑Berufsregeln für Rechtsanwälte der EU, Rn. 2.3.1, abrufbar unter Berufsregeln_Mai 2006_090615.pdf (brak.de).

 

12 Vgl. die CCBE‑Berufsregeln für Rechtsanwälte der EU, Rn. 2.3.1, abrufbar unter Berufsregeln_Mai 2006_090615.pdf (brak.de).

 

13 In diesem Sinne Urteile vom 24. März 2022, PJ und PC/EUIPO (C‑529/18 P und C‑531/18 P, EU:C:2022:218, Rn. 65), vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 42), sowie vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission (155/79, EU:C:1982:157, Rn. 24); siehe auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:229, Nr. 48).

 

14 Im Zusammenhang mit der Rechtsverteidigung vor einem Gericht gewährleistet Art. 47 der Charta diesen Schutz, vgl. Urteile vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 60 und 61), und vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a. (C‑305/05, EU:C:2007:383, Rn. 31 und 32).

 

15 Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 27).

 

16 Urteil vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert (C‑92/09 und C‑93/09, EU:C:2010:662, Rn. 53).

 

17 Vgl. Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses (C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 79 und 80).

 

18 So ausdrücklich bereits Urteil vom 14. Februar 2008, Varec (C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 48).

 

19 Urteil vom 25. November 2021, État luxembourgeois (Information zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen) (C‑437/19, EU:C:2021:953, Rn. 89), sowie vom 16. Mai 2017, Berlioz Investment Fund (C‑682/15, EU:C:2017:373, Rn. 56).

 

20 Der Gerichtshof hat die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für eine solche Anordnungsentscheidung bereits konkretisiert: Zur voraussichtlichen Erheblichkeit der ersuchten Informationen vgl. Urteile vom 25. November 2021, État luxembourgeois (Information zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen) (C‑437/19, EU:C:2021:953, Rn. 41), sowie vom 16. Mai 2017, Berlioz Investment Fund (C‑682/15, EU:C:2017:373, Rn. 41); zum Begründungserfordernis vgl. Urteil vom 25. November 2021, État luxembourgeois (Information zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen) (C‑437/19, EU:C:2021:953, Rn. 93).

 

21 Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 66).

 

22 Vgl. bereits Urteil vom 6. Oktober 2020, Luxemburgischer Staat (Rechtsbehelf gegen ein Auskunftsersuchen in Steuersachen) (C‑245/19 und C‑246/19, EU:C:2020:795, Rn. 46).

 

23 Beides ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kumulativ und voneinander unabhängig zu prüfen, vgl. Urteil vom 9. November 2010, Volker und Markus Schecke und Eifert (C‑92/09 und C‑93/09, EU:C:2010:662, Rn. 50); konkret zum Wesensgehalt von Art. 7 der Charta siehe Urteile vom 6. Oktober 2015, Schrems (C‑362/14, EU:C:2015:650, Rn. 94), und vom 8. April 2014, Digital Rights Ireland u. a. (C‑293/12 und C‑594/12, EU:C:2014:238, Rn. 39).

 

24 Anders kann dies z. B. bei den justiziellen Grundrechten sein, vgl. zu Art. 47 der Charta Urteile vom 20. April 2023, DIGI Communications (C‑329/21, EU:C:2023:303, Rn. 47), und vom 20. April 2021, Repubblika (C‑896/19, EU:C:2021:311, Rn. 51).

 

25 Zur Vermeidung von Steuerhinterziehung und Steuerbetrug Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung); zur korrekten Festsetzung der Mehrwertsteuer Urteil vom 26. Januar 2006, Kommission/Rat (C‑533/03, EU:C:2006:64, Rn. 52).

 

26 Vgl. Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 42).

 

27 Durch diese Vorschrift wird die ersuchte Behörde zugleich vor einer übermäßigen Inanspruchnahme geschützt.

 

28 Konkret zu Art. 7 der Charta Urteil vom 8. Dezember 2022, Orde van Vlaamse Balies u. a. (C‑694/20, EU:C:2022:963, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

29 Vgl. zu Syndikusanwälten auch Urteil vom 14. September 2010, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:512, Rn. 44), sowie meine Schlussanträge in der Rechtssache Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission (C‑550/07 P, EU:C:2010:229, Nr. 52 ff.).

 

30 Ebenso bereits Schlussanträge des Generalanwalts Emiliou in der Rechtssache Belgian Association of Tax Lawyers u. a. (C‑623/22, EU:C:2024:189, Nr. 219).

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