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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
17.10.2024
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Überentnahmen gem. § 4 Abs. 4a EStG bei Formwechsel

FG Münster, Urteil vom 12.6.2024 – 6 K 564/19 G, F

ECLI:DE:FGMS:2024:0612.6K564.19G.F.00

Sachverhalt

Streitig ist, ob für das Streitjahr 2012 nicht abziehbare Schuldzinsen i. S. des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie wurde zum 01.01.2010 aus der E 2 GmbH i. S. des § 9 des Umwandlungssteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) formgewechselt. Gesellschafterin der E 2 GmbH war die R 1 GmbH & Co. KG. Diese ist nach dem Formwechsel alleinige kapitalmäßig beteiligte Gesellschafterin (Kommanditistin) der Klägerin. Komplementärin der Klägerin ist die E 1 Verwaltungs GmbH. Alleinige kapitalmäßig beteiligte Gesellschafterin der R 1 GmbH & Co. KG ist die R 2 SE & Co. KG.

Das steuerliche Eigenkapital der E 2 GmbH betrug zum 31.12.2009 laut Steuerbilanz (StB) X € und setzte sich wie folgt zusammen

 

31.12.2009

Kapitalrücklage

X €

+ Gewinnvortrag

X €

+ Jahresüberschuss

X €

= Variables Kapital

X €

+ Gezeichnetes Kapital

X €

= Kapital lt. Handelsbilanz (HB)

X €

+ Steuerlicher Ausgleichsposten

= Abweichung HB/StB

X €

Kapital lt. Steuerbilanz

X €

 

Das Eigenkapital entspricht dem Einlagewert nach § 5 Abs. 3 UmwStG zuzüglich dem Übernahmegewinn 1. Stufe gemäß § 4 Abs. 4 UmwStG. Aufgrund der formwechselnden Umwandlung wurden gemäß § 7 UmwStG in 2010 Einnahmen aus Kapitalvermögen i. H. v. X € angesetzt und versteuert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die unstreitigen Ausführungen und Darstellungen im klägerischen Schriftsatz vom 06.06.2024 nebst Anlagen (Bl. 140 ff. der GA) sowie auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten verwiesen.

Im Streitjahr 2012 entnahm die Kommanditistin der Klägerin aus der Rücklage einen Betrag i.H.v. X €.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ermittelte der Beklagte für das Streitjahr 2012 folgende Überentnahmen der Kommanditistin:

 

Stand 01.01.2010

0,00 €

+ Gewinnanteil 2010

X €

+/- Entnahmen und Einlagen

-X €

= Stand 31.12.2010

X €

+ Gewinnanteil 2011

X €

+/- Entnahmen und Einlagen

-X €

= Stand 31.12.2011

X €

+ Gewinnanteil 2012

X €

+/- Entnahmen und Einlagen

-X €

= Stand 31.12.2012

-X €

Davon 6 % = Grundbetrag

X €

 

Aufgrund der in 2012 tatsächlich angefallenen Schuldzinsen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 und 5 EStG) ergab sich ein Hinzurechnungsbetrag i.H.v. X €. Auf die Ausführungen und Berechnungen unter Tz. 2.7.1 und 2.7.2 im Betriebsprüfungsbericht vom 23.06.2015 wird Bezug genommen.

Unter dem Vorbehalt der Rechtsauffassung der Klägerin sind sowohl diese Berechnung als auch die der Berechnung zugrundeliegenden Zahlen zwischen den Beteiligten unstreitig. Ergänzend wird hinsichtlich der Zinsaufwendungen der Klägerin auf deren Schriftsatz vom 06.04.2021 nebst Anlagen (vgl. Bl. 83 ff. der GA) verwiesen. Zwischen den Beteiligten ist ferner unstreitig, dass die Schuldzinsen nicht zur Finanzierung einer Entnahme entstanden sind.

Mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 03.08.2015 (vgl. Bl. 22 ff. der GA) rechnete der Beklagte dem Gewinn Zinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.H.v. X € hinzu und stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. X € fest. Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 12.08.2015 (vgl. Bl. 27 ff. der GA) wurde der der Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf X € festgesetzt.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 28.08.2015 jeweils Einspruch ein, mit denen sie die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG rügte. Die Klägerin berief sich im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte und den Sinn und Zweck darauf, dass die Norm Gestaltungen verhindern solle, die es ermöglichten, privat veranlasste Schuldzinsen dem betrieblichen Bereich zuzurechnen. Bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft ohne die Beteiligung einer natürlichen Person --wie im vorliegenden Streitfall-- gebe es jedoch auf Gesellschafterebene keine private Sphäre, § 4 Abs. 4a EStG finde daher keine Anwendung. Darüber hinaus lägen keine Überentnahmen vor, weil das der Klägerin im Rahmen der Umwandlung zugeführte Kapital zu berücksichtigen sei. Der Einlagebegriff des § 4 Abs. 4a EStG sei normspezifisch nach Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung systematischer Zusammenhänge auszulegen. Danach lägen keine Überentnahmen vor, solange die getätigten Entnahmen durch das vorhandene Eigenkapital gedeckt seien.

Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Einkünfte aus Billigkeitsgründen ohne die Hinzurechnung der Zinsen festzustellen. Auch wenn § 4 Abs. 4a EStG nach seinem Wortlaut im Streitfall Anwendung fände, so widerspreche dies dem gesetzgeberischen Willen.

Der Beklagte lehnte den Billigkeitsantrag mit Bescheid vom 02.05.2017 ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 23.05.2017 Einspruch, mit dem sie ihren bisherigen Vortrag wiederholte und vertiefte.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.09.2015 beantragte die Klägerin u.a. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 03.08.2015 unter Bezugnahme auf ein Telefongespräch hinsichtlich der „Gewerbesteuermessbeträge“ zu korrigieren. Der Beklagte änderte daraufhin mit Bescheid vom 08.10.2015 den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG gemäß § 129 AO aus hier unstreitigen Gründen und führte in den Erläuterungen aus „Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 21.09.2015“.

Der Beklagte erließ am 21.01.2019 eine Einspruchsentscheidung bezüglich der Bescheide vom „03.08.2015, 12.08.2015 (und) 02.05.2017“ sowie der Streitgegenstände „Feststellung von Einkünften, Gewerbesteuermessbetrag, Gewerbesteuer-Zerlegung 2012 (und) Abweichende Feststellung von Einkünften aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO)“ in denen die Einsprüche der Klägerin vom „28.08.2015 (und) 23.05.2017“ als unbegründet zurückgewiesen wurden (vgl. Bl. 55 ff. der GA). Der geänderte Bescheid für 2012 vom 03.08.2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG findet in dieser Einspruchsentscheidung keine Erwähnung.

Zur Begründung der Einspruchsentscheidung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe Entnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG betriebsbezogen definiert. Habe der Steuerpflichtige mehrere Betriebe oder sei er an mehreren Personengesellschaften beteiligt, sei der Schuldzinsenabzug für jeden Betrieb bzw. Mitunternehmeranteil eigenständig zu ermitteln. Die von der Klägerin befürwortete eingeschränkte Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG auf mehrstöckige Personengesellschaften komme daher nicht in Betracht. Auch mit ihrem Begehren, das bilanzielle Eigenkapital zum 01.01.2010 als Einlage zu berücksichtigen habe die Klägerin keinen Erfolg. Bei einer formwechselnden Umwandung i. S. des § 9 UmwStG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG trete die übernehmende Personengesellschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein. Nach ständiger Rechtsprechung liege bei einer Rechtsnachfolge des Betriebsinhabers keine Einlage bzw. Entnahme i. S. des § 4 Abs. 4a EStG vor. Vielmehr gingen die beim Rechtsvorgänger vorhandenen Über- und Unterentnahmen auf den Rechtsnachfolger über. Da § 4 Abs. 4a EStG bei einer Kapitalgesellschaft keine Anwendung finde, ergebe sich für den Formwechsel nach § 9 UmwStG zwangsläufig die Folge, dass bei der Personengesellschaft die Überentnahme ausgehend von einem Anfangsbestand von 0,00 € zu ermitteln sei.

Schließlich seien persönliche Billigkeitsgründe nicht erkennbar und eine abweichende Steuerfestsetzung wegen sachlicher Unbilligkeit gemäß § 163 AO komme nicht in Betracht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 verwiesen.

Mit ihrer Klage vom 21.02.2019 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Verfahrensrechtlich vertritt die Klägerin die Auffassung, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung in Bezug auf den Änderungsbescheid vom 08.10.2015 keine Einspruchsentscheidung vorgelegen habe, da dieser Bescheid in der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 nicht erwähnt worden sei. Insofern lägen jedenfalls aber die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage vor.

In materieller Hinsicht führt die Klägerin darüber hinaus im Wesentlichen wie folgt aus: § 4 Abs. 4a EStG sei in der vorliegenden Konstellation einer mehrstöckigen Personengesellschaft ohne Beteiligung einer natürlichen Person nicht anwendbar, da eine Privatsphäre fehle, die Voraussetzung für privat veranlasste Schuldzinsen und damit für nicht abzugsfähige Schuldzinsen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG sei. Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG solle nach ihrem Sinn und Zweck verhindern, dass Zinsaufwendungen für privaten Liquiditätsbedarf des (Mit-)Unternehmers im Ergebnis in die einkommensteuerlich relevante betriebliche Sphäre verlagert werden können. Im vorliegenden Fall flössen aber keine Mittel in die Privatsphäre eines Gesellschafters der Klägerin. Es liege keine missbräuchliche Gestaltung vor. Diese Auslegung gebiete auch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das Nettoprinzip.

Ferner lägen im Streitjahr 2012 keine Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG vor, da der fingierte Vermögensübergang im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft auch für Zwecke der Ermittlung der Über- und Unterentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG zu beachten sei.

Steuerlich werde der Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gemäß § 9 Satz 1 UmwStG i.V.m. §§ 3 ff. UmwStG wie die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft nach fiktiver Einlage der Anteile an der Kapitalgesellschaft behandelt. Sämtliche Wirtschaftsgüter der übertragenden Kapitalgesellschaft würden als auf die Personengesellschaft übertragen gelten. Es finde insoweit eine (für ertragsteuerliche Zwecke fingierte) Übertragung aus dem Betrieb der übertragenden Kapitalgesellschaft in den Betrieb der übernehmenden Personengesellschaft statt. Der fiktive Vermögensübergang sei auch für Zwecke der Ermittlung der Über- und Unterentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a UmwStG zu beachten. Eine dem gesetzlichen Willen, dem Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG und des Umwandlungssteuerrechts gerecht werdende und verfassungskonforme Auslegung erfordere die fingierte Vermögensübertragung gemäß § 9 Satz 1 UmwStG bei der übernehmenden Personengesellschaft als Einlage i. S. von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG zu qualifizieren. Der Einlagebegriff in § 4 Abs. 4a EStG sei insofern nach Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung systematischer Zusammenhänge auszulegen und zu modifizieren.

Seien, wie vorliegend, Entnahmen durch das Eigenkapital gedeckt, könnten sie nach der Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG nicht privat veranlasst sein. Darüber hinaus bestehe kein sachlicher Grund dafür, den Fall der tatsächlichen Einlage von GmbH-Anteilen in eine Personengesellschaft mit anschließender Verschmelzung der GmbH auf die Personengesellschaft, der im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG zur Erhöhung des Entnahmepotentials führe, anders zu behandeln, als den vorliegenden Fall eines Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Im Übrigen handele die Finanzverwaltung widersprüchlich, wenn sie für den umgekehrten Fall des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (§ 25 Satz 1 i.V.m. §§ 20-23 UmwStG) eine Entnahme der formgewechselten Personengesellschaft annehme (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 02.11.2018, BStBl I 2018, 1207, Rz. 39). Zudem bestehe kein sachlicher Grund, die (steuerrechtliche) Überführung von Vermögen im Rahmen des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft gemäß § 9 Satz 1 UmwStG für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG steuerrechtlich anders zu würdigen und diese Fälle im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG zu benachteiligen.

Die Auffassung der Finanzverwaltung, das Übernahmeergebnis i. S. des § 4 Abs. 4a UmwStG dürfe unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnachfolge der Personengesellschaft nicht in die Berechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG einfließen, stehe ferner im Widerspruch zur Auffassung der Finanzverwaltung, wonach sich die fiktive Einlage nach § 5 Abs. 2 (u. 3) UmwStG als Einlage auf das Kapitalkonto nach § 15a EStG auswirke. Da die Ausgestaltung des § 4 Abs. 4a EStG nach der Rechtsprechung des BFH auf dem sogenannten Eigenkapitalmodell beruhe, erschließe sich nicht, warum sich die fiktive Einlage nach § 5 Abs. 2 (u. 3) UmwStG nicht auch auf das für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG maßgebliche Eigenkapital auswirken soll.

Letztlich könne die Frage der Berücksichtigung der fiktiven Einlagen nach § 5 Abs. 2 (u. 3) UmwStG im Streitfall dahinstehen. Nach dem unstreitigen Sachverhalt sei ein Betrag i.H.v. X € als fiktive Dividende nach § 7 UmwStG angesetzt und versteuert worden. Diese fiktive Dividende vermindere gemäß § 4 Abs. 5 UmwStG den Übernahmegewinn 1. Stufe nach § 4 Abs. 4 UmwStG. Nach der Rechtsprechung des BFH (Verweis auf: BFH-Urteil vom 11.04.2019 – IV R 1/17, BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501) sei diese fiktive Dividende der aus dem Formwechsel entstandenen KG zuzurechnen. Der Gewinn aus der fiktiven Ausschüttung nach § 7 UmwStG falle im Gesamthandsvermögen der KG an. Auch nach dieser Rechtsprechung des BFH sei die Auswirkung der Einlagefiktion des § 5 Abs. 2 (u. 3) UmwStG nicht auf die Ermittlung des Übernahmeergebnisses beschränkt. Wenn ein solcher Gewinn im Gesamthandsvermögen der KG anfalle, sei er nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 4a EStG als solcher auch als Gewinn der KG zu berücksichtigen.

Auch wenn die Auffassung des Beklagten richtig sein sollte, dass nach einem Formwechsel einer GmbH in eine KG letztere mit einer Unterentnahme von 0,00 € für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG starte, ergebe sich im Streitfall ein Gewinn der KG aus dem Bezug der fiktiven Dividende nach § 7 UmwStG, der eine Überentnahme in einem Folgejahr ausschließe. § 7 UmwStG ordne ausdrücklich an, dass es sich um einen Bezug i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG handele. Denn nach den Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung hätten die Überentnahmen zum 31.12.2012 X € betragen, also deutlich weniger als der bisher vom Beklagten in seinen Berechnungen nicht berücksichtigte Gewinn aus der fiktiven Ausschüttung nach § 7 UmwStG i.H.v. X €.

Ergänzend beruft sich die Klägerin explizit auf das bislang nicht veröffentlichte Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 19.03.2024 – 15 K 15090/22 (vgl. Bl. 123 ff.).

An ihrem ursprünglichen hilfsweisen Begehren auf eine abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO hält die Klägerin nicht mehr fest.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nebst Anlagen in der Gerichtsakte verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 08.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 zu ändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von X € festzustellen,

2. den Bescheid für 2012 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 12.08.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 zu ändern und den Gewerbesteuermessbetrag auf X € festzusetzen,

3. hilfsweise den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 08.10.2015 zu ändern und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von X € festzustellen und

4. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen und

2. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung. Zu den verfahrensrechtlichen Einwendungen der Klägerin führt der Beklagte ergänzend aus, dass der Feststellungsbescheid vom 08.10.2015 hinsichtlich der streitbefangenen Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) lediglich eine wiederholende Verfügung des Bescheides vom 03.08.2015 sei, die insoweit keine neue Regelung mit unmittelbarer Rechterheblichkeit treffe. Sollte man gleichwohl in dem Umstand, dass der Bescheid vom 08.10.2015 in der Einspruchsentscheidung nicht erwähnt wurde, einen Verfahrensfehler sehen, so wäre dieser nach § 127 AO ohne Folgen.

Soweit die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 11.04.2019 – IV R 1/17 (BFHE 264, 13, BStBl II 2019, 501) verweise, sei zu beachten, dass der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar sei. Die Einlagefiktion nach § 5 Abs. 2 UmwStG bezüglich der Anteile an der übertragenden Gesellschaft greife nur für Zwecke der Ermittlung des Übernahmeergebnisses. Eine Anwendung des § 5 Abs. 2 UmwStG auch für die Ermittlung der Über- und Unterentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG komme nicht in Betracht.

Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass bei einer Berücksichtigung des von der Klägerin übernommenen Eigenkapitals der E 2 GmbH zum 01.01.2010 als (fiktive) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG im Streitjahr 2012 keine Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG entstanden wären. Ferner ist unstreitig, dass bei einer Berücksichtigung der fiktiven Dividenden nach § 7 UmwStG i.H.v. unstreitig X € im Rahmen der Berechnung der Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG keine Überentnahmen im Streitjahr entstanden wären.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorliegenden Verwaltungsakten verwiesen.

Der Senat hat in der Sache am 12.06.2024 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird insofern Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig und begründet.

A. Der Zulässigkeit der Klage bezüglich der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a EStG für 2012 steht nicht entgegen, dass der diesbezügliche Änderungsbescheid vom 08.10.2015 in der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 keine explizite Erwähnung gefunden hat. In Bezug auf den Streitgegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2012 liegen die Voraussetzungen der Untätigkeitsklage gemäß § 46 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.

I. Der Änderungsbescheid vom 08.10.2015 trat an die Stelle des ursprünglichen Feststellungsbescheides vom 03.08.2015 und wurde so kraft Gesetzes gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens. Über ihn wäre danach in der Einspruchsentscheidung zu entscheiden gewesen. Das Einspruchsverfahren bezüglich des Feststellungsbescheides für 2012 war nicht durch den Änderungsbescheid vom 08.10.2015 erledigt, da die Änderungen allein aus hier unstreitigen Gründen gemäß § 129 AO erfolgt sind und der Beklagte in dem Änderungsbescheid in Bezug auf die angegriffene Gewinnhinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG keine Entscheidung getroffen hat. Die Erläuterung in dem Änderungsbescheid vom 08.10.2015 „Hierdurch erledigt sich Ihr Einspruch/Antrag vom 21.09.2015“ bezog sich darüber hinaus eindeutig nicht auf den das Einspruchsverfahren eröffnenden Einspruch vom 28.08.2015.

II. Über den somit seinerzeit weiter anhängigen Einspruch vom 28.08.2015 gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG für 2012, nunmehr gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 AO in Gestalt des Änderungsbescheides vom 08.10.2015, hat der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 nicht entschieden. Denn der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens gewordene Änderungsbescheid vom 08.10.2015 hat dort weder ausdrücklich noch konkludent Erwähnung gefunden. Vielmehr wird ausdrücklich der ursprüngliche Feststellungsbescheid vom 03.08.2015 benannt. Es sind zudem weder aus der Einspruchsentscheidung selbst noch aus den vorliegenden Verwaltungsakten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte über den Wortlaut der Einspruchsentscheidung hinaus den Änderungsbescheid vom 08.10.2015 als Gegenstand des Einspruchsverfahrens angesehen haben könnte und über die Rechtsmäßigkeit dieses Änderungsbescheides entscheiden wollte. Im Übrigen hat der Beklagte auch im Klageverfahren nicht schlüssig geltend gemacht, über den Änderungsbescheid vom 08.10.2015 in der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 entschieden zu haben.

III. Da das Einspruchsverfahren bezüglich der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG in Gestalt des Änderungsbescheides vom 03.08.2015 zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 21.02.2019 noch nicht beendet war, liegen insofern die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage gemäß § 46 FGO vor. Denn der Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt über den Einspruch ohne zureichenden Grund sachlich nicht entschieden. Sachliche Gründe für die Nichtentscheidung über den Einspruch sind weder seitens des Beklagten vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich.

IV. Die Klägerin hat die vorstehend dargestellte Problematik der Nichtentscheidung über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides vom 10.08.2015 bereits bei Einreichung der Klage erkannt, darauf hingewiesen und ist von der Zulässigkeit der Klage als Untätigkeitsklage ausgegangen. Die erhobene Klage ist dementsprechend jedenfalls auch als Untätigkeitsklage auszulegen. Der Beklagte ist den diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin nicht entgegengetreten und nach Aktenlage sind keine Gründe ersichtlich, die gegen die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage sprechen könnten.

B. Anknüpfend an die Ausführungen zur Untätigkeitsklage bezüglich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 EStG gemäß Bescheid vom 08.10.2015 geht die Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 insoweit ins Leere als sie den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 03.08.2015 betrifft. Denn der Bescheid vom 03.08.2015, über den der Beklagte in der Einspruchsentscheidung entschieden hat, entfaltete aufgrund des Änderungsbescheides vom 08.10.2015 keine Rechtwirkungen mehr.

Dementsprechend war die Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 insofern aufzuheben. Zwar hat die Klägerin dies nicht explizit beantragt. Sie hat jedoch die gesamte diesbezügliche Thematik erkannt und der sich daraus ergebenden verfahrensrechtlichen Problematik dadurch Rechnung getragen, dass sie neben ihrem Hauptantrag zu 1. den Hilfsantrag zu 3. gestellt hat.

In der Gesamtschau leitet der Senat hieraus das Begehren der Klägerin ab, über die Rechtmäßigkeit des Änderungsbescheides vom 08.10.2015 im Rahmen der zulässigen Untätigkeitsklage zu entscheiden und die Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 insoweit isoliert aufzuheben, als sie den Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 03.08.2015 betrifft.

Diese Auslegung ist rechtlich möglich und entspricht dem wohlverstandenen rechtsschutzgewährendem Interesse der Klägerin. Denn das Gericht ist gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Ein unklarer Antrag ist, insbesondere wenn die Klagebegründung --wie vorliegend-- dazu Anlass gibt, im Zweifel so auszulegen, dass das Ergebnis dem Willen eines verständigen Klägers entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 26.06.2002 – IV R 3/01, BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112, Rz. 21).

Das so verstandene Klagebegehren der Klägerin führt zur isolierten Aufhebung der Einspruchsentscheidung im tenorierten Umfang, da diese --wie vorstehend dargestellt-- insofern ins Leere geht und deshalb isoliert aus formellen Gründen aufzuheben ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26.06.2002 – IV R 3/01, BFHE 199, 482, BStBl II 2003, 112, Rz. 23).

C. Der mit der Untätigkeitsklage angefochtene Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 08.10.2015 und der im Wege der Anfechtungsklage angefochtene Bescheid für 2012 über den Gewerbesteuermessbetrag in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2019 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

I. Der Beklagte hat zu Unrecht im Rahmen der einheitlich und gesondert festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie beim Gewinn aus Gewerbebetrieb als Grundlage des Gewerbesteuermessbetrages einen Hinzurechnungsbetrag gemäß § 4 Abs. 4a EStG für nicht als Betriebsausgaben abziehbare Schuldzinsen berücksichtigt. Zwar sind –entgegen der Auffassung der Klägerin– die Regelungen in § 4 Abs. 4a EStG auch auf die hier vorliegende Konstellation einer mehrstöckigen Personengesellschaft ohne Beteiligung natürlicher Personen anwendbar (hierzu unter 2.). Jedoch hat der Beklagte bei der rechnerisch ansonsten unstreitigen Berechnung i. S. des § 4 Abs. 4a EStG zu Unrecht das von der Klägerin in Folge der formwechselnden Umwandlung der E 2 GmbH auf die Klägerin übernommene positive Eigenkapital zum 01.01.2010 nicht als (fingierte) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG berücksichtigt und das steuerunschädliche Entnahmepotential i. S. des § 4 Abs. 4a EStG in entsprechender Höhe zu niedrig angesetzt (hierzu unter 3.). Eine Berücksichtigung des von der Klägerin übernommenen positiven Eigenkapitals der E 2 GmbH als (fingierte) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG führt --was rechnerisch unstreitig ist-- dazu, dass im Streitjahr keine Überentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG vorliegen und dementsprechend kein Hinzurechnungsbetrag gewinnerhöhend zu berücksichtigen ist.

1. Nach § 4 Abs. 4a EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisierend mit 6% der Überentnahmen des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen übersiegen haben (Unterentnahmen) ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahmen ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieser Regelung nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um X € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schulzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Sätze 2 bis 4 EStG). Auf Kapitalgesellschaften ist § 4 Abs. 4a EStG nicht anwendbar, da bei ihnen keine Überentnahmen auftreten können (vgl. Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Rz. 1042, m.w.N.; Meyer in BeckOK EStG, § 4 Rz. 2586, m.w.N.).

a. Die Einschränkung des Abzugs von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist in zwei Stufen zu prüfen. In einem ersten Schritt ist zu klären, ob und inwieweit Schuldzinsen überhaupt zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören. Ergibt die Prüfung, dass Schuldzinsen privat veranlasst sind, so sind sie nicht bei der Ermittlung der Entnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen. Danach ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen durch § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 22.03.2022 – IV R 19/19, BFH/NV 2022, 1045, Rz. 12, m.w.N.).

b. Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen ist begrenzt auf den Entnahmeüberschuss des Zeitraums von 1999 bis zum aktuellen Wirtschaftsjahr. Auch periodenübergreifend ist zu berücksichtigen, dass Verluste für sich genommen nicht zu einer Kürzung des Schuldzinsenabzuges führen dürfen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.03.2018 – X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744, Rz. 35; BFH-Urteil vom 06.12.2018 – IV R 15/17, BFH/NV 2019, 526, Rz. 38; BFH-Urteil vom 22.03.2022 – IV R 19/19, BFH/NV 2022, 1045, Rz. 13).

c. Entnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG sind mangels besonderer Definition in dieser Vorschrift grundsätzlich in Anknüpfung an die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zu bestimmen. Danach stellt im Grundsatz jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in dessen privaten Bereich eine Entnahme i. S. des § 4 Abs. 4a EStG dar (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.2016 – IV R 46/13, BFHE 256, 91, BStBl II 2017, 268, Rz. 12, m.w.N.).

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Regelungen in § 4 Abs. 4a EStG auch in der hier vorliegenden Konstellation einer mehrstöckigen Personengesellschaft ohne Beteiligung einer natürlichen Person anwendbar. Die im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG vorzunehmende betriebsbezogene Betrachtung gilt auch für mehrstöckige Personengesellschaften.

Der BFH hat mit Urteil vom 27.09.2023 – IV R 8/21 (BFHE 281, 534, BStBl II 2024, 110) explizit entschieden, dass auch im Bereich der mehrstöckigen Personengesellschaften kein Raum für die „konzernbezogene“ Betrachtung des Entnahmebegriffs bestehe. Der BFH führt hierzu aus, eine allgemeine Konzernbesteuerung sei dem Einkommensteuerrecht fremd (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30.11.2017 – IV R 22/15, BFH/NV 2018, 335, Rz. 23; BFH-Urteil vom 18.12.2019 – I R 59/17, BFHE 268, 30, BStBl II 2021, 270, Rz. 33). Für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG gelte nichts Anderes. Es fehle an einer entsprechenden Rechtgrundlage (im Ergebnis u.a. ebenso FG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2010 – 11 K 3720/08 F, EFG 2010, 1398, Rz. 32, aus anderen Gründen aufgehoben durch BFH-Urteil vom 12.02.2014 – IV R 22/10, BFHE 244, 560, BStBl II 2014, 621; FG Köln, Urteil vom 12.12.2018 – 12 K 2317/16, EFG 2019, 520, Rz. 28). Auch der allgemeine Entnahmebegriff des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG erfasse nicht nur Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige für sich oder seinen Haushalt --mithin für private Zwecke-- entnimmt, sondern auch Entnahmen für andere betriebsfremde Zwecke. Dies seien die Zwecke eines anderen Betriebs (Bode in Kirchhof/Seer, EStG, 23. Aufl., § 4 Rz. 91). Der Begriff der Entnahme sei daher bewusst weit gefasst. Die Lösung des betrieblichen Funktionszusammenhangs des Wirtschaftsguts genüge (vgl. BFH-Urteil vom 17.07.2008 – I R 77/06, BFHE 222, 402, BStBl II 2009, 464, Rz. 44). Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG rechtfertigten keine einschränkende Auslegung. Zwar sei der Gesetzgeber der Rechtsprechung zum Mehrkontenmodell entgegentreten und habe den Grundsatz der Finanzierungsfreiheit einschränken wollen. Der Unternehmer habe --ohne nachteilige Folgen für den Schuldzinsenabzug-- nicht mehr die vollständigen Betriebseinnahmen, sondern nur noch den im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn sowie geleistete Einlagen entnehmen können sollen. Dazu habe der Gesetzgeber mit § 4 Abs. 4a EStG eine Regelung geschaffen, aufgrund derer die nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Zinsaufwendungen in pauschalierter Art und Weise ermittelt werden (vgl. BFH-Urteil vom 07.03.2006 – X R 44/04, BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588, Rz. 18). Der Anlass der Neuregelung habe in der pauschalierenden Bestimmung des § 4 Abs. 4a EStG keinen (unmittelbaren) Niederschlag gefunden. Vielmehr sei die Gewinnhinzurechnung in dem einzelnen Betrieb vorzunehmen, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.2016 – IV R 46/13, BFHE 256, 91, BStBl II 2017, 268, Rz. 15, m.w.N.). Dem entspreche die betriebsbezogene Auslegung. Hingegen würde es der vom Gesetzgeber angestrebten Vereinfachung widersprechen, wenn in Konzernsachverhalten oder bei doppelstöckigen Personengesellschaftsstrukturen eine betriebsübergreifende Betrachtung anzustellen wäre.

Der erkennende Senat schließt sich den vorstehenden Ausführungen und der dargestellten Rechtsprechung des BFH im Streitfall mit der Folge an, dass § 4 Abs. 4a EStG vorliegend grundsätzlich Anwendung findet.

3. Der Beklagte hat zu Unrecht im Rahmen der --ansonsten rechnerisch unstreitigen-- Berechnungen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG das von der Klägerin in Folge der formwechselnden Umwandlung der E 2 GmbH auf die Klägerin übernommene positive Eigenkapital zum 01.01.2010 in entsprechender bzw. modifizierter Anwendung des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG nicht als (fingierte) Einlage berücksichtigt.

a. Der erkennende Senat folgt insofern nicht der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. OFG Rheinland, Kurzinformation zur Einkommensteuer Nr. 31/2011, DStR 2011, 1666) und von Teilen der Literatur (vgl. u.a. Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Rz. 1064 u. 1080; Brandis/Hermann/Loose, UmwStG, § 9, Rz. 14; Pyszka in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, § 3 Laufende Besteuerung, Rz. 623; wohl auch Meyer in BeckOK EStG, § 4, Rz. 2636) vertretenen sinngemäßen Auffassung, dass im Falle des --hier vorliegenden-- Formwechsels einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft (§§ 190 ff. Umwandlungsgesetz-UmwG-) das Konzept der strengen Rechtsnachfolge anzuwenden ist, dass also der Übergang des Betriebsvermögens nicht zu einer Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a EStG führt, sondern grundsätzlich die Über- und Unterentnahmen des Rechtsvorgängers (mit 0,00 €) fortzuführen sind.

aa. Die Finanzverwaltung begründet ihre Rechtsauffassung damit, dass im Fall der formwechselnden Umwandlung die Personengesellschaft in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft eintritt (§ 4 Abs. 2 und § 9 UmwStG). Somit wären--ebenso wie in den Fällen des § 24 UmwStG-- die Über- und Unterentnahmen von der Personengesellschaft fortzuführen. Diese betrügen jedoch stets 0,00 €, da § 4 Abs. 4a EStG bei der Kapitalgesellschaft als Rechtvorgängerin keine Anwendung findet (vgl. OFD Rheinland, Kurzinformation vom 29.06.2011, DStR 2011, 1666; so auch: Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Rz. 1080).

bb. Diese Argumentation ist im Ausgangspunkt zwar richtig, da der Formwechsel einer Kapital- in eine Personengesellschaft zivil- bzw. umwandlungsrechtlich nicht zu einer Vermögensübertragung führt, berücksichtigt jedoch unzutreffend weder die umwandlungssteuerrechtlichen Abweichungen vom Zivilrecht noch die normspezifischen Besonderheiten des § 4 Abs. 4a EStG.

b. Aus Sicht des erkennenden Senats ist bei einem --hier vorliegenden-- Formwechsel einer Kapitalgesellschaft mit positivem Eigenkapital in eine Personengesellschaft (mit positivem Kapitalkonto) der Vermögenszugang bei der Personengesellschaft in Folge des Formwechsels (Übernahme des positiven Eigenkapitals) steuerlich als (fingierte) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a EStG zu qualifizieren. Der Einlagebegriff in § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist insofern vor dem Hintergrund der (umwandlungs-)steuerrechtlichen Besonderheiten des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Norm zu modifizieren bzw. normspezifisch auszulegen (im Ergebnis ebenso: Korn in: Korn, EStG, 150. Ergänzungslieferung 2024, § 4 Rz. 848.3; Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4, Rz Ea 66; Mühlhausen, DStR 2013, 2496; Paus, FR 2000, 957; Düll, Ubg 2014, 415). Auch das FG Berlin-Brandenburg spricht sich in dem von der Klägerin vorgelegten Urteil vom 29.04.2024 – 15 K 15090/22 (n.v.; vgl. Bl. 123 ff. der GA) in einem Fall der Verschmelzung einer GmbH auf das Einzelunternehmen ihres Alleingesellschafters dafür aus, dass in dem durch die Verschmelzung erfolgten Übergang des positiven Kapitalkontos der GmbH auf das Einzelunternehmen eine bei der Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a EStG im Wege einer normspezifischen Auslegung zu berücksichtigende Einlage zu sehen sei.

aa. Ungeachtet der Verweisung in § 25 Satz 1 UmwStG auf § 190 UmwG ist zu beachten, dass dem umwandlungsrechtlichen und dem umwandlungssteuerrechtlichen Formwechsel unterschiedliche Konzepte zu Grunde liegen. Dem umwandlungsrechtlichen Konzept des Formwechsels liegt das rechtliche und wirtschaftliche Identitätsprinzip zu Grunde (§ 202 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwG). Danach hat der Formwechsel zur Folge, dass der formwechselnde Rechtsträger mit Wirksamwerden des Formwechsels in der im Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiterbesteht. Der formwechselnde Rechtsträger geht nicht unter, sondern besteht auch nach der Umwandlung (im neuen „Rechtskleid“) fort. Es findet mithin umwandlungsrechtlich auch kein Übergang des Vermögens des formwechselnden Rechtsträgers auf den Rechtsträger neuer Rechtsform statt, da der Rechtsträger neuer Rechtsform mit dem formwechselnden Rechtsträger identisch ist. Umwandlungssteuerrechtlich führen die in § 25 Satz 1 UmwStG angeordnete entsprechende Geltung von §§ 20 bis 23 UmwStG in Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft und die in § 9 Satz 1 UmwStG angeordnete entsprechende Geltung von §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG in Fällen des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft hingegen zu einer fingierten Übertragung des Vermögens des formgewechselten Rechtsträgers auf den Rechtsträger neuer Rechtsform. Diese Fiktion ist durch das unterschiedliche ertragsteuerliche Besteuerungskonzept von Personengesellschaften (Transparenzprinzip) und von Kapitalgesellschaften (Trennungsprinzip) begründet (vgl. Bauschatz in: UmwStG – eKommentar, § 25 UmwStG, Rz. 10 m.w.N.). Im hier vorliegenden Fall des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft tritt gemäß § 9 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG die übernehmende Personengesellschaft in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein.

bb. Dementsprechend hat der BFH für den Fall des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nach § 25 UmwStG entschieden, dass in diesem Fall --abweichend vom Handelsrecht-- ein tauschähnlicher entgeltlicher Rechtsträgerwechsel stattfindet (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2005 – I R 38/04, BFHE 211, 472, BStBl II 2006, 568, Rz. 11). Entsprechendes gilt nach der Rechtsprechung des BFH auch für den umgekehrten Fall eines Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft nach § 9 UmwStG. Ist der formwechselnde Rechtsträger (§ 191 Abs. 1 UmwG) eine Kapitalgesellschaft und der Rechtsträger neuer Rechtsform (§ 191 Abs. 2 UmwG) eine Personengesellschaft, kann ertragsteuerlich nicht an die handelsrechtliche Identität des Rechtsträgers angeknüpft werden. Denn die Kapitalgesellschaft unterliegt als selbständiges Steuersubjekt der Körperschaftsteuer, wohingegen bei der Personengesellschaft der Gewinn im Wege der transparenten Besteuerung bei den einzelnen Gesellschaftern der Ertragsbesteuerung unterworfen wird. Im Falle des Formwechsels wird deshalb in § 14 UmwStG 1995 (§ 9 UmwStG 2006) umwandlungssteuerrechtlich ein Vermögensübergang fingiert (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.2014 – I R 78/12, BFH/NV 2015, 523, Rz. 20, mit umfangreichen Nachweisen zur Rspr. und Literatur). Für steuerliche Zwecke fingiert das UmwStG somit auf Grund der unterschiedlichen Besteuerungsregime von Kapital- und Personengesellschaften beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft einen Vermögensübergang auf die übernehmende Personengesellschaft (vgl. BT-Drs. 12/6885, S. 26; BFH-Urteil vom 26.06.2007 – IV R 58/06, BFHE 217, 162, BStBl II 2008, 73, Rz. 15). Gemäß § 9 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 1 UmwStG tritt die übernehmende Personengesellschaft in die Rechtsstellung der übertragenden Kapitalgesellschaft ein.

c. Dieser fingierte Vermögensübergang kann --abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung-- zur Überzeugung des erkennenden Senats im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG nicht unberücksichtigt bleiben, vielmehr muss der steuerlich fingierte Vermögenszugang bei der Personengesellschaft in Folge des Formwechsels in Höhe des positiven Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft als (fingierte) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG qualifiziert werden. Hierfür sprechen sowohl die gesetzgeberische Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG (nachfolgend unter aa.) als auch der Sinn und Zweck der Norm (nachfolgend unter bb.). Darüber hinaus ist eine modifizierte, normspezifische Auslegung des Begriffs der Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des BFH nicht ausgeschlossen (nachfolgend unter cc.).

aa. Die Ausgestaltung des § 4 Abs. 4a EStG beruht auf dem sog. Eigenkapitalmodell (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2005 – X R 46/04, BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125, Rz. 13; BFH-Urteil vom 17.08.2010 – VIII R 42/07, BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041, Rz 19; BFH-Urteil vom 03.03.2011 – IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688, Rz. 36; BFH-Urteil vom 14.03.2018 – X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744, Rz. 23). Das bilanzielle (nach Buchwerten ermittelte) Eigenkapital bildet --im Hinblick auf die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG-- Maßstab und Grenze dessen, was der Betriebsinhaber dem Betrieb an Mitteln entziehen darf. So wie das Eigenkapital durch Gewinne und Einlagen aufgestockt wird, wird es durch Entnahmen und Verluste verbraucht (vgl. BFH-Urteil vom 27.02.2012 – X R 12/09, BFH/NV 2012, 1418, Rz. 23, m.w.N.). Mit anderen Worten bildet das vorhandene Eigenkapital die Grenze, was der Betriebsinhaber (hier die Mitunternehmer) dem Betrieb (hier der Mitunternehmerschaft) an Mitteln entziehen darf, ohne die Rechtsfolge des § 4 Abs. 4a EStG auszulösen. Dabei knüpft die Gewinnhinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG an den Umstand des Eigenkapitalentzugs bei der jeweiligen betrieblichen Einheit an.

(a) Kommt es im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft --wie dargestellt-- aufgrund des steuerrechtlich fingierten Vermögensübergangs zu einer Übertragung positiven Eigenkapitals von der Kapitalgesellschaft auf die Personengesellschaft, so ist nach Auffassung des erkennenden Senats insofern von einer (fingierten) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG auszugehen, die im Rahmen der Berechnungen gemäß § 4 Abs. 4a EStG das Entnahmepotential erhöht. Der Vorgang kann im Ergebnis nicht anders beurteilt werden als die Neugründung des Betriebs einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) bei der dieser erstmalig Mittel (Kapital) durch die Gesellschafter zugeführt werden. Die erstmalige Mittelzuführung bei einer Betriebseröffnung führt zu einer Einlage (vgl. BFH-Urteil vom 10.07.1991 – VIII R 126/86, BFHE 164, 565, BStBl II 1991, 840), auch wenn es sich hierbei dem Grunde nach nur um einen einlageähnlichen Vorgang handelt und ist damit auch als „Einlage“ im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG zu erfassen (vgl. Meyer in BeckOK, EStG, § 4 Rz. 2620; Schallmoser in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 Rz. 1064; Seiler in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz. Ea 66; Wendt, FR 2000, 417).

(b) Diesem Ergebnis stehen die vom BFH befürwortete betriebsbezogene Betrachtungsweise und der damit einhergehende „enge“ Betriebsbegriff im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG (vgl. hierzu Ausführungen unter II.) nicht entgegen; vielmehr streitet die höchstrichterliche Rechtsprechung für die Würdigung des erkennenden Senats.

Wenn mit der Rechtsprechung des BFH die Übertragung von Wirtschaftsgütern aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung des finalen Entnahmebegriffs im Anwendungsbereich des § 4 Abs. 4a EStG grundsätzlich als Entnahme beim abgebenden und Einlage beim aufnehmenden Betrieb zu würdigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.2011 – IV R 33/08, BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10, Rz. 16), dann führt die strenge betriebsbezogene Betrachtungsweise des BFH unter Berücksichtigung des für steuerliche Zwecke fingierten Vermögensübergangs im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgekehrt dazu, dass die betrieblichen Sphären dieser beiden Gesellschaften für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG als getrennt zu betrachten sind, mit der Folge, dass das von der Personengesellschaft übernommene positive Eigenkapital der Kapitalgesellschaft als (fiktive) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG in die Personengesellschaft zu behandeln ist.

bb. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG ist es den Betriebsausgabenabzug für betrieblich veranlasste Schuldzinsen insoweit rückgängig zu machen, als jener Zinsaufwand durch Überentnahmen und damit durch außerbetriebliche Vorgänge veranlasst ist (vgl. BFH-Urteil vom 31.08.2022 – X R 15/21, BFHE 278, 135, BStBl II 2023, 116, Rz. 14; BFH-Urteil vom 14.02.2014 – IV R 22/10, BFHE 244, 560, BStBl II 2014, 621, Rz. 21). Mit den Regelungen in § 4 Abs. 4a EStG will der Gesetzgeber verhindern, dass Schuldzinsen steuerlich geltend gemacht werden können, die zwar formal der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind, indes wirtschaftlich allein der Finanzierung von Entnahmen dienen und so letztlich privaten Zwecken zugeführt werden (vgl. BFH-Urteil vom 03.03.2011 - IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688, Rz. 35). Die Norm beruht dabei --wie vorstehend unter 3.c.aa. dargestellt-- auf einem „Eigenkapitalmodell“.

Die vom erkennenden Senat befürwortete Berücksichtigung des positiven Eigenkapitals der übertragendenden Kapitalgesellschaft im Falle des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft als (fingierte) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG bei der Personengesellschaft mit der Folge der Erhöhung des steuerunschädlichen Entnahmepotentials i. S. des § 4 Abs. 4a EStG, steht zur Überzeugung des Senats im Einklang mit dem vorgenannten Sinn und Zweck der Norm. Denn soweit positives Eigenkapital seitens der Personengesellschaft von der übertragenden Kapitalgesellschaft übernommen wurde, kann die nachfolgende Entnahme der entsprechenden Beträge denknotwendigerweise nicht zu einer Verlagerung privater bzw. außerbetrieblicher Schuldzinsen in den betrieblichen Bereich führen. Insoweit besteht vor dem Hintergrund der normativen Intention des § 4 Abs. 4a EStG keine Veranlassung für eine Rückgängigmachung des Betriebsausgabenabzuges für betrieblich veranlasste Schuldzinsen.

cc. Darüber hinaus steht die vom erkennenden Senat für den Fall des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft befürwortete Modifizierung bzw. normspezifische Auslegung des Einlagebegriffs i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Entnahmen in diesem Kontext sowie mit dem Sinn und Zweck der Norm des § 4 Abs. 4a EStG im Einklang.

(a) Die Begriffe der Einlage und der Entnahme werden in § 4 Abs. 4a EStG nicht definiert. Aufgrund der systematischen Stellung sowie der Teleologie der Norm ist insofern grundsätzlich an die Legaldefinitionen in §§ 4 Abs. 1 Satz 2 und 8 EStG anzuknüpfen (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.2016 – IV R 46/13, BFHE 256, 91, BStBl II 2017, 268, Rz. 12, m.w.N.; zum Begriff der Entnahme i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Gleichwohl sieht die Rechtsprechung des BFH es im Einzelfall als erforderlich an, den Entnahmebegriff teleologisch zu reduzieren (vgl. Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG, Rz. 1063, mit Nachweisen zur Rspr.), beispielsweise bei unentgeltlichen Betriebsübertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG, bei denen die beim bisherigen Betriebsinhaber entstandenen Über- und Unterentnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a EStG auf den Rechtsnachfolger übergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12.12.2013 – IV R 17/10, BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316). Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des BFH die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen im Wege der teleologischen Reduktion des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG insoweit geboten, als Verluste für sich genommen nicht zu einer Kürzung des Schuldzinsenabzuges führen dürfen (vgl. BFH-Urteil vom 14.03.2018 – X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744, Rz. 23 ff., m.w.N.).

(b) Wenn somit von der höchstrichterlichen Rechtsprechung Entnahmen i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG grundsätzlich streng betriebsbezogen, im Einzelfall aber modifiziert beurteilt werden und auch die Bemessungsgrundalge i. S. des § 4 Abs. 4a EStG in bestimmten Fällen teleologisch zu reduzieren ist, so muss nach Auffassung des erkennenden Senats auch der Einlagebegriff i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG grundsätzlich einer modifizierten Beurteilung bzw. normspezifischen Auslegung zugänglich sein. Die höchstrichterliche Rechtsprechung steht somit der vom erkennenden Senat vorgenommenen Auslegung nicht entgegen.

dd. Darauf, ob auch die Einlagefiktionen des § 5 Abs. 2 u. 3 UmwStG, wie von der Klägerin vertreten, im Ergebnis für die vom erkennenden Senat vertretene Rechtsauffassung streiten könnte, kommt es hier nicht an. Nach Auffassung des erkennenden Senats spricht hiergegen jedenfalls der Umstand, dass die benannten Regelungen nach ihrem Wortlaut nur für die Ermittlung des (Übernahme-)Gewinns gelten.

4. Da die Berücksichtigung des von der Klägerin infolge des Formwechsels zum 01.01.2010 übernommenen positiven Eigenkapitals in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG als (fingierte) Einlage im Rahmen der Berechnung i. S. des § 4 Abs. 4a EStG im Streitjahr rechnerisch unstreitig nicht zu Überentnahmen im Sinne der Vorschrift führt, kommt eine Gewinnhinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a Sätze 3 u. 4 EStG nicht in Betracht. Da insofern zu Recht rechnerisch kein Streit zwischen den Beteiligten besteht, erübrigen sich hierzu weitere Ausführungen.

5. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid ist entsprechend der vorstehenden Ausführungen im Sinne des klägerischen Begehrens zu ändern, da § 4 Abs. 4a EStG zwar auch im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zu berücksichtigen ist (vgl. BFH-Urteil vom 22.03.2002 – IV R 19/19, BFH/NV 2022, 1045, Rz. 11, m.w.N.) eine Anwendung der Hinzurechnung --wie vorstehend dargestellt-- vorliegend aber nicht in Betracht kommt. Der Umfang der beantragten Änderung des Gewerbesteuermessbescheides ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

E. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Soweit ersichtlich liegt zur Frage, ob im Falle der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft das von der Personengesellschaft übernommene positive Eigenkapital der Kapitalgesellschaft im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG als (fiktive) Einlage i. S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG zu berücksichtigen ist, bislang keine explizite höchstrichterliche Rechtsprechung vor.

 

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