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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
02.08.2019
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Zur steuerlichen Anerkennung von Rückstellungen für Pensionszusagen mit Entgeltumwandlungen

FG Düsseldorf, Urteil vom 29.5.201915 K 690/16 F,

ECLI:DE:FGD:2019:0529.15K690.16F.00

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2019-1840-1

NICHT AMTLICHER LEITSATZ

Der Vorbehalt einer zukünftigen Änderung hinsichtlich Zinssatz und Transformationstabelle bei einer Entgeltumwandlungszusage ist steuerschädlich.

EStG § 6a

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen, hier solche mit Entgeltumwandlungen.

Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der früheren GmbH & Co KG. Die KG hatte im Jahr 2003 eine betriebliche Altersversorgung für ihre Mitarbeiter eingeführt, und zwar mit Entgeltumwandlung in Form der Direktzusage. Die Betriebsvereinbarung (im Folgenden: VO 2003) war zunächst bis zum 31.12.2008 befristet, wurde allerdings später verlängert.

Die Höhe der Versorgungsleistung ergibt sich aus sog. Versorgungsbausteinen, die aus einer „Transformationstabelle“ (beruhend auf einer dort nicht genannten mathematischen Formel, unter Berücksichtigung einer Verzinsung und biometrischer Faktoren) abgeleitet werden können. Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 enthält folgenden Vorbehalt:

„Die vorstehende Transformationstabelle und der in Ziffer III 1.2 und IV.2.1. genannte Zinssatz können seitens der KG einseitig durch eine nachfolgende Transformationstabelle ersetzt werden; dabei ist das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten. Die Ersetzung ist erstmals möglich mit Ablauf des 31.12.2007. Sie hat auch Wirkung für bereits bestehende, über den 31.12.2007 hinaus gehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Der nachfolgende Zinssatz und die nachfolgende Transformationstabelle sind Grundlage aller Versorgungsbausteine, die zum Zeitpunkt der Ersetzung noch nicht zugeteilt wurden. Soweit Versorgungsbausteine bereits zugeteilt wurden, sind der zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Zinssatz sowie die zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Transformationstabelle maßgeblich.“

Zum 01.01.2011 wurde Ziffer III 3.2.3 VO 2003 ersatzlos gestrichen und durch einen Nachtrag zur Betriebsversorgung ersetzt, durch den die KG auf ihr einseitiges Änderungsrecht verzichtete. Jedem Arbeitnehmer wird seitdem jährlich sein Versorgungsbaustein, die bisher erreichte Höhe der Altersversorgung und deren voraussichtliche Höhe bei Ausscheiden mitgeteilt.

Im Rahmen einer Fachprüfung für Versorgungsrückstellungen des Finanzamts für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) bei der KG gelangten die Prüfer zu der Ansicht, dass die für die Streitjahre maßgebende VO 2003 nicht den Anforderungen des § 6a des Einkommensteuergesetzes –EStG- genüge. Der Klägerin sei ein steuerschädlicher Vorbehalt eingeräumt worden, weil sie bzw. die Konzernmutter die Transformationstabelle nach Belieben hätten ändern können. In der Schlussbesprechung vom 21.10.2011 widersprach die KG dieser Auffassung, wies indes auf ihre o. a. vorsorgliche Änderung der VO zum 01.01.2011 hin – die, weil lediglich klarstellend, schon rückwirkend angewandt werden möge – und stimmte schließlich der Höhe nach zu, die Rückstellungen für Entgeltumwandlungen nur mit 40 % (2004), 50 % (2005) und 60 % (2006, 2007) der bisher ausgewiesenen Werte anzusetzen. Sie sagte zu, grundsätzlich von Einsprüchen abzusehen – behielt sich dies aber im Hinblick auf in Aussicht genommene Regressverfahren gegen die Versicherung vor.

Gegen die entsprechend der Auffassung der GKBP erlassenen geänderten Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften 2004 bis 2007 gegenüber der ehemaligen GmbH & Co KG vom 11.09.2012 legte die Klägerin Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.02.2016 als unbegründet zurückwies.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter, das sie, unter Wiederholung und Vertiefung ihres vorprozessualen Vortrags, im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Pensionsrückstellungen genügten in vollem Umfang den Anforderungen des § 6a EStG. Die Pensionszusage sei schriftlich und – ungeachtet des „Vorbehalts“ – hinreichend bestimmt erteilt. Die Befugnis, Transformationstabelle und Zinssatz zu ersetzen, stelle – bei zutreffender Auslegung – gar keinen Vorbehalt i. S. von § 6a EStG dar. Denn wenn darin, wie der Beklagte meine, die Befugnis zur Änderung nach freiem Belieben des Arbeitgebers läge, wäre diese Regelung wegen unangemessener Benachteiligung der Arbeitnehmer arbeitsrechtlich unwirksam. Ein nicht wirksamer Vorbehalt könne aber den Voraussetzungen des § 6a EStG nicht entgegenstehen. Ohnehin meine § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG nur Widerrufsvorbehalte; hier sei die Ersetzung aber frühestens ab 01.01.2008 (nach den Streitjahren) möglich gewesen. Eine etwaige spätere neue Tabelle greife nicht in von Arbeitnehmern bis dahin bereits erworbene Anwartschaften ein, weil es derartige Anwartschaften bis dahin nicht gebe. Zudem begründe die Änderungsbefugnis ein Kündigungsrecht für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer und könne auch als solches nicht als Vorbehalt i. S. § 6a EStG gewertet werden. Wenn man – hilfsweise – eine materiellrechtliche Wirksamkeit des Vorbehalts bejahe, sei dieser jedenfalls nicht steuerschädlich. Die der Konzernmutter vorbehaltenen Änderungen seien nicht etwa beliebig, sondern dem Gebot der Wertgleichheit verpflichtet, bei gleichzeitiger Beachtung der Grundsätze der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (Ausübung von Vorbehalten nur nach billigem Ermessen). Eine betragsmäßige Eindeutigkeit der Ansprüche bereits im Zeitpunkt der Zusage, die der Beklagte offenbar verlange, sei unmöglich; Gesamtentgelt, Dauer des Arbeitsverhältnisses und weitere Faktoren seien nicht vorhersehbar. Auch nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH- vom 27.03.2012 I R 56/11, Bundessteuerblatt –BStBl- II 2012, 665 [BB 2012, 1532 m. BB-Komm. Heger, StB 2012, 217] seien Änderungen der Bemessungsgrundlage erst nach tatsächlichem Eintritt zu berücksichtigen und beschränke sich die Auslegung des § 6a EStG gerade nicht auf steuerrechtliche Grundsätze (§ 6a EStG sei nicht lex specialis zum Arbeitsrecht), sondern knüpfe an zivilrechtlich wirksame Verpflichtungen an.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften 2004 bis 2007 der ehemaligen GmbH & Co KG vom 11.09.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2016 dahin zu ändern, dass die Pensionsrückstellungen mit Entgeltumwandlung erklärungsgemäß berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte wendet, unter Vertiefung der Gründe lt. Einspruchsentscheidung, im Wesentlichen Folgendes ein:

Die Pensionsrückstellungen genügten nicht den Anforderungen des § 6a EStG, weil sie den Arbeitnehmern keinen der Höhe nach eindeutigen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Versorgungsbetrag einräumten. Die Transformationstabelle und der Zinssatz könnten einseitig verändert werden. Auch die jährlichen Versorgungsmitteilungen enthielten den Hinweis, dass hinsichtlich der künftigen Entgeltumwandlungen der Betrag endgültig erst mit Eintritt des Versorgungsfalls gemäß der dann gültigen Regelung festgestellt werden könne. Für die Streitjahre hätten lediglich nicht reduzierbare Ansprüche bis zum 31.12.2007, sodann erweitert bis 31.12.2012, vorgelegen; für die Folgezeit seien Berechnungen nicht möglich gewesen. Zwar möge die Anpassung von Transformationstabelle und Zinssatz arbeitsrechtlich nicht nach freiem Belieben möglich sein, jedoch seien Folgerungen wegen Veränderungen der biometrischen Verhältnisse und des Zinsniveaus zulässig. Auch nach dieser Auslegung sei die VO 2003 nicht etwa arbeitsrechtlich nichtig, sondern wirtschaftlich vernünftig. Der Arbeitnehmer könne weder die Parameter der Transformationstabelle erkennen – auch der Prüfer habe hierzu keine schriftlichen Dokumente erhalten bzw. gesehen - noch zuverlässige Schlussfolgerungen aus dem Verweis auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Gesetzes über die Betriebliche Altersversorgung –BetrAVG- oder die Beachtung versicherungsmathematischer Grundsätze ziehen. § 6a EStG regele steuerlich nicht nur den Ansatz, sondern auch die Bewertung, und insoweit mit einschränkenden Sondervoraussetzungen als lex specialis zu anderen Rechtsgebieten wie etwa auch dem Arbeitsrecht. Demnach sei die arbeitsrechtliche Unbeachtlichkeit eines Vorbehalts nicht maßgebend für die steuerliche Beurteilung nach § 6a EStG. Zudem sei schon handelsrechtlich fraglich, ob eine Rückstellung überhaupt unter Einbeziehung erst künftiger Entgeltumwandlungen gebildet werden könne; steuerlich jedenfalls könnten – wie auch in den jährlichen Zwischenbescheiden ausgewiesen – nur die Barwerte der bereits tatsächlich erfolgten Umwandlungen zurückgestellt werden. Außerdem sehe die VO 2003 eine Zahlung erst zum 31.01. des auf den Versorgungsfall folgenden Jahres vor; dieser Aufschub bis zu 13 Monaten sei hilfsweise in jedem Fall bei der Bewertung zu berücksichtigen, was bisher nicht erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Steuerakten Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-. Der Beklagte hat die steuerliche Anerkennung der Pensionsrückstellung zutreffend versagt.

 

Nach § 6a Abs. 1 EStG darf eine Pensionsrückstellung nur gebildet werden, wenn und soweit der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige oder laufende Pensionsleistungen hat (Ziffer 1), die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht und keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist (Ziffer 2) und die Pensionszusage schriftlich erteilt ist; die Pensionszusage muss eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten (Ziffer 3).

Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind vorliegend nicht erfüllt.

 

Die streitgegenständliche Pensionszusage enthält mit Ziffer III 3.2.3 der VO 2003 einen Vorbehalt i. S. dieser Gesetzesbestimmung. Die Transformationstabelle und der Zinssatz können seitens der KG einseitig ersetzt werden; damit stehen sie unter dem Vorbehalt der Änderung. Der Arbeitgeber hat hier die Möglichkeit, das Leistungsversprechen an geänderte Umstände anzupassen bzw. zu mindern; eine derartige Klausel stellt einen Vorbehalt dar, der sich an den Maßstäben des § 6a EStG messen lassen muss. Ob die Abrede arbeitsrechtlich zugleich einen Kündigungsgrund eröffnet – wie die Klägerin geltend macht – kann vorliegend dahin stehen; ein derartiger Umstand hat auf die hier vorzunehmende steuerliche Beurteilung nach § 6a EStG keinen Einfluss.

 

Nach der gesetzlichen Regelung führt ein derartiger Vorbehalt, nach dem die Anwartschaft gemindert oder entzogen werden kann, in der Anwartschaftsphase grundsätzlich zum Verbot der steuerlichen Pensionsrückstellung.

 

Allerdings gilt das – so das Gesetz weiter – ausnahmsweise dann nicht, wenn sich ein solcher Vorbehalt nur auf Tatbestände erstreckt, bei denen eine Änderung nach „billigem Ermessen“ zulässig ist. Ein solcher steuerunschädlicher Vorbehalt (vgl. Einkommensteuerrichtlinien –EStR- 6a Abs. 4) im Sinne eines billigen Ermessens nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen greift etwa ein für Fälle der wesentlichen Änderung der maßgebenden Verhältnisse dergestalt, dass dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen wegen nachhaltiger Verschlechterung der Lage des Unternehmens auch unter Beachtung der Belange des Berechtigten nicht mehr zugemutet werden kann (vergleichbar: Wegfall der Geschäftsgrundlage; Grundsätze von Treu und Glauben; Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6a Rdn. 31 ff.). Gemeint ist das billige Ermessen im Sinne von § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB-, also unter verständiger Abwägung der berechtigten Interessen des Pensionsberechtigten einerseits und des Unternehmens andererseits (Gosch in Kirchhof, EStG, 18. A., § 6a Rdn. 9).

 

Ein steuerunschädlicher Vorbehalt in diesem Sinne ist vorliegend nicht gegeben. Dem Arbeitgeber ist die einseitige Änderung bzw. Ersetzung der Transformationstabelle gestattet, ungeachtet der Ausgangssituation oder Motivation; insoweit liegt die Maßnahme in seinem freien Ermessen. Hieran ändert auch nichts der Zusatz in VO 2003, dass das in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG normierte Gebot der Wertgleichheit zu beachten sei. Denn diese in Bezug genommene Gesetzesbestimmung besagt lediglich, dass betriebliche Altersversorgung auch vorliegt, wenn künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung). In dieser hier gewählten Formulierung – die bereits gar nicht einschlägig sein dürfte - liegt keine echte Beschränkung des Arbeitgeberermessens. Die Wendung dürfte angesichts ihrer Bezugnahme auf die Gesetzesbestimmung auch nicht als allgemeine Vorgabe einer Wertgleichheit ausgelegt werden können – was indes dahin stehen kann, weil eine Wertgleichheit als unbestimmter Rechtsbegriff für den Arbeitnehmer nicht eindeutig und vorhersehbar ist, sondern lediglich Folge einer (zusätzlichen, anderweitigen) Wertung sein kann.

Der in VO 2003 bestimmte Vorbehalt ist selbst dann nicht steuerlich unschädlich, wenn er in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht wirksam bzw. nicht durchsetzbar sein sollte.

 

Die noch in EStR 6a Abs. 3 zitierte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts –BAG- ist überholt (Urteil vom 14.12.1956 1 AZR 531/55, BStBl I 1959, 258: Widerruf nach freiem Ermessen, ohne Rücksicht auf die Pensionsberechtigten, im Allgemeinen zulässig). Denn nach aktueller BAG-Rechtsprechung (etwa Urteil vom 17.06.2003 3 AZR 396/02, Der Betrieb –DB- 2004, 324) sind Widerrufsvorbehalte generell nur noch nach billigem Ermessen zulässig; fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist in aller Regel kein Grund dafür, sich von einer übernommenen Zahlungspflicht zu lösen, denn der Schuldner kann dieses Risiko nicht auf den Gläubiger abwälzen.

 

In der Literatur wird vertreten, dass dieser neueren BAG-Rechtsprechung auch steuerlich Rechnung zu tragen ist, weil § 6a EStG an der Arbeitsrechtslage orientiert sei – mit der Folge, dass selbst beliebige Widerrufsvorbehalte nicht länger rückstellungsschädlich sein könnten (Gosch in Kirchhof, EStG, 18. A., § 6a Rdn. 9). Es sei weder Aufgabe des Steuerrechts, dem Arbeitsrecht Vorschub zu leisten – in Gestalt eines Beitrags zu arbeitsrechtlichen Formulierungen -, noch mache es Sinn, im Steuerrecht Differenzierungen vorzunehmen (hier: zwischen Widerrufsvorbehalten nach freiem und nach billigem Ermessen), die tatsächlich, aufgrund des geltenden Arbeitsrechts, ohne Bedeutung seien (Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6a Rdn. 31 ff.; demgegenüber ohne Differenzierung bzw. Kommentierung zur arbeitsrechtlichen Konkurrenz etwa: Stuhrmann in Bordewin/Brandt, EStG, § 6a Rdn. 109 ff.; Veit in EStG – eKommentar, § 6a Rdn. 29 f.; Arteaga/Veit in Korn, EStG, § 6a Rdn. 30 ff.; Schmitz in Lippross/Seibel, EStG, § 6a Rdn. 18; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 38. A., § 6a Rdn. 11).

 

Allerdings sieht sich das Gericht an den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gebunden. § 6a EStG ist, solange die Norm besteht, eine eigenständige steuerliche Regelung, für die lediglich der Wortlaut der Zusage maßgeblich ist – nicht die daraus arbeitsrechtlich tatsächlich eintretende Wirkung (ebenso Höfer/Veit/Verhuven, Betriebsrentenrecht (BetrAVG), Bd. II, Kap. 2 Rz. 121; nach seiner Ansicht trage so das Steuerrecht dazu bei, dass der Arbeitgeber die Zusage arbeitsrechtlich haltbar formuliere – indes sei eine Streichung der Norm zu empfehlen). Maßgebend abzustellen ist demgemäß allein auf die Frage, ob der Vorbehalt nur in Fällen des billigen Ermessens eingreift (allein dann nach dem Gesetzeswortlaut steuerunschädlich); wenn dem Arbeitgeber die Ausübung ein freien Ermessens möglich bleibt – so hier -, ist die Abrede steuerschädlich.

 

Der Senat sieht sich in seiner Auffassung bestärkt durch das BFH-Urteil vom 14.05.2013 I R 6/12, Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH –BFH/NV- 2013, 1817. Der BFH führt dort aus, dass selbst dann, wenn die Vorbehalte einer arbeitsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten sollten, hierdurch die Eindeutigkeit der Zusagen und die Bindung der Arbeitgeberin nicht in Frage gestellt würden. Anderes ergebe sich auch nicht aus der Bestimmung des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG. Danach setze zwar die Passivierung von Pensionsverpflichtungen voraus, dass die Zusage nur Vorbehalte enthalte, bei denen eine Änderung unter Beachtung billigen Ermessens zulässig sei. Diese Regelung sei jedoch nach der insoweit eindeutigen Gesetzesfassung des § 4d EStG auf Versorgungszusagen über eine Unterstützungskasse nicht anwendbar. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsprechung, den in § 4d EStG geschaffenen Tatbestand im Wege der Rechtsfortbildung zu ergänzen. Solches muss vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben. Das hiesige Gericht sieht sich in Beachtung dieser Grundsätze und angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehindert, die von der Literatur a.a.O. geforderte Rechtsfortbildung auszusprechen.

 

Auch aus diesen Gründen hält es der Senat auch nicht für entscheidungserheblich, ob die in der VO 2003 geregelte Änderungsbefugnis bei arbeitsrechtlicher Beurteilung einen (in der VO 2003 nicht festgehaltenen oder bestätigten) Kündigungsgrund bietet; steuerlich ist auf die (wörtliche) Vorbehaltsregelung abzustellen.

 

Außerdem weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass eine Behandlung des hier vorliegenden Vorbehalts als gänzlich unbeachtlich, weil nicht mehr der aktuellen BAG-Rechtsprechung genügend, zu weitgehend wäre. Denn Änderungen des Zinsniveaus oder der biometrischen Verhältnisse dürften selbst arbeitsrechtlich zulässigerweise berücksichtigt werden. Eine arbeitsrechtliche Wertung und Beurteilung im Einzelnen indes geht über die im Gesetz aufgeführten allgemeinen Rechtsgrundsätze hinaus und darf nicht der Steuerbehörde oder dem Finanzgericht obliegen, sondern muss dem Arbeitsgericht als Fachgericht vorbehalten sein. Die steuerliche Behandlung hat sich an den – insoweit eindeutigen – bestehenden Steuergesetzen auszurichten.

Darüber hinaus sieht der Senat in der Pensionsregelung einen Verstoß gegen das Gebot der Schriftlichkeit und Eindeutigkeit nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG.

 

Für die steuerliche Anerkennung der Pensionsrückstellung und ebenso für in Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklauseln sind auch Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Versorgungsverpflichtung (Rechnungszinsfuß, Ausscheidewahrscheinlichkeiten etc.) schriftlich festzulegen, sofern es zur eindeutigen Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen erforderlich ist (vgl. BMF-Schreiben vom 28.08.2001, BStBl I 2001, 594, und vom 06.04.2005, BStBl I 2005, 619). Diesen Anforderungen genügt die VO 2003 nicht, weil in ihr die Grundlagen der Transformationstabelle nicht offen gelegt sind.

 

Der BFH hat mit Urteil vom 14.05.2013 I R 6/12, BFH/NV 2013, 1817 für eine Versorgungszusage offen gelassen, ob der der Verrentung zugrunde zu legende Rechnungszinsfuß exakt angegeben werden muss und ob es ausreicht, wenn die Regelungen des Leistungsplans nicht in die Zusage aufgenommen sind, aber von den Arbeitnehmern eingesehen werden können. Selbst Letzteres kann hier nicht festgestellt werden; der Prüfer hat derartige Unterlagen nicht aufgefunden. Vorliegend war zwar der Zinssatz (jedenfalls bis 31.12.2007) mit 5 % beziffert. Außerdem haben die Arbeitnehmer jährlich Zwischenbescheide über den aktuellen Stand der Altersversorgung erhalten. Indes waren weder hier noch in der VO 2003 selbst die Grundlagen der Transformationstabelle offen gelegt und / oder die Berechnung der Versorgungsbausteine überprüfbar aufgeschlüsselt. Die Zwischenbescheide standen zudem ausdrücklich unter dem Vorbehalt der bei Eintritt des Leistungsfalls gültigen Versorgungsregelung.

 

Die damit fehlende Eindeutigkeit ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht etwa erst für Veranlagungszeiträume nach dem 31.12.2007 (ab Befugnis zur Änderung der Transformationstabelle) oder 31.12.2008 (ursprünglich vereinbarte Geltungsdauer der VO 2003), also außerhalb der hier anhängigen Streitjahre (2004 bis 2007) steuerschädlich. Die Leistungshöhe kann hier, auch schon im streitigen Zeitraum, nur bis zum jeweiligen Bilanzstichtag bestimmt werden. Die Höhe der danach folgenden Entgeltumwandlungen war jeweils betragsmäßig offen, wie auch in den jährlichen Zwischenbescheiden kenntlich gemacht. Zudem ließen die nach Maßgabe der obigen Befristungen / Geltungsvereinbarungen ab 31.12.2007 bzw. spätestens 31.12.2008 möglichen Änderungen schon in den Streitjahren weder eine Bezifferung noch eine Bezifferbarkeit der später tatsächlich zu erwartenden Versorgungsbeträge zu.

 

Dem steht auch nicht etwa das Urteil des Finanzgerichts –FG- Schleswig-Holstein vom 21.02.2017 1 K 68/14, Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG- 2017, 905 (Revision BFH XI R 47/17) entgegen. Danach soll das gesetzliche Gebot der schriftlichen Eindeutigkeit nicht uneingeschränkt gelten – so etwa nicht für Klauseln mit Abfindung zum jeweiligen Barwert. Hier indes handelt es sich um eine – vom FG a. a. O. ausdrücklich nicht ausgenommene - beitragsorientierte Pensionszusage.

 

Die Klägerin kann sich auch nicht erfolgreich stützen auf die Ausführungen im BFH-Urteil vom 27.03.2012 I R 56/11, BStBl II 2012, 665 [BB 2012, 1532 m. BB-Komm. Heger, StB 2012, 217]. Dort wird unter Hinweis auf § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 EStG ausgeführt, dass Änderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich Wirksamkeitszeitpunkt oder Umfang ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwertes der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst berücksichtigt werden, wenn sie eingetreten sind. Die angeführte Vorschrift betrifft den Teilwert der Pensionsverpflichtung, als Obergrenze nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG; sie enthält indes keine Aussage zu Vorbehalten oder zu Eindeutigkeit bzw. Schriftform der Versorgungsregelung. Insbesondere ist damit nicht die Aussage verbunden, dass Änderungen der Bemessungsgrundlage erst nach deren Eintritt in nachfolgenden Stichtagen zu berücksichtigen seien und der hiesige Vorbehalt lt. VO 2003 unbeachtlich sei. Soweit der BFH dort weiter ausgeführt hat, dass § 6a EStG an eine zivilrechtlich wirksame Verpflichtung anschließe, betraf dies ebenfalls die o. a. Gesetzesbestimmung, somit die Bewertung und damit den steuerlichen Maßstab der Überversorgung. 

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

 

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen; insbesondere die Bedeutung der arbeitsrechtlichen Beurteilung eines Vorbehalts in einer Vereinbarung zur Pensionsrückstellung nach § 6a EStG ist bisher höchstrichterlich nicht entschieden.

 

 

 

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