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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
25.04.2008
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Säumigkeit des Vorstands bei der Erstellung von Jahresabschlüssen kein Rechtfertigungsgrund für Nichtoffenlegung des Abschlusses

 

LG Bonn, Beschluss vom 6.12.2007 - 11 T 11/07

Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 5 000 Euro wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des Elektronischen Bundesanzeigers. Gegen die Androhung des Ordnungsgelds hat sie Einspruch eingelegt. Durch die angefochtene Entscheidung vom 16.8.2007 ist ihr Einspruch verworfen und das Ordnungsgeld festgesetzt worden. Gegen die ihr am 21.8.2007 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 4.9.2007 eingegangene Beschwerde. Mit dieser erstrebt sie eine Herabsetzung des Ordnungsgeldes auf 2 500 Euro. Zur Begründung führt sie aus, ihre wirtschaftliche Situation habe zur Säumnis bei der Einreichung der Jahresabschlussunterlagen geführt. Sie arbeite derzeit daran, das bestehende Problem zu lösen. Ihr sei es über einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren sehr schlecht gegangen. Es hätten sich Löcher aufgetan, die vorrangig nach Eintritt der Normalisierung wieder zu stopfen seien. Die Höhe der Strafe sei kontraproduktiv und unangemessen.

Die Beschwerdegegnerin hält das Beschwerdevorbringen nicht für geeignet, zu einer Herabsetzung des Ordnungsgelds zu führen.

Aus den Gründen:

II. Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, die Frist zur Einreichung des Jahresabschlusses 2006 beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nach § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB versäumt zu haben. Das Gesetz erachtet diese Frist generell als ausreichend für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht. Der Umstand, dass der Festsetzung des Ordnungsgelds nach § 335 Abs. 1 HGB eine Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB vorauszugehen hat, ändert nichts daran, dass die gesetzliche Frist nach § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB versäumt ist. Die Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB gibt der Kapitalgesellschaft lediglich die Möglichkeit, einer Festsetzung des Ordnungsgeldes zu entgehen. Eine Herabsetzung des Ordnungsgelds ist nur für den Fall vorgesehen, dass die Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB geringfügig überschritten wird. Daraus ergibt sich, dass die Sechswochenfrist nicht etwa die Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB außer Kraft setzt. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob ein Jahresabschluss innerhalb der Sechswochenfrist erstellt werden kann. Die Frage, ob die Gesellschaft ein Verschulden trifft, ist maßgeblich auf die Einhaltung der Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB zu beziehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft im Einspruchsverfahren die Unterlassung der Einreichung rechtfertigen kann (§ 335 Abs. 3 S. 1 aE HGB). Das zeigt zwar, dass es nach der Konzeption des Gesetzes Gründe geben kann, die die Unterlassung bis zum Ende der Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB rechtfertigen können. Das ändert aber nichts daran, dass die Unterlassung im Verstoß gegen § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB liegt. Deshalb muss es bei der Bewertung des Verhaltens der Gesellschaft in erster Linie auf die Umstände ankommen, die zur Versäumung dieser Frist geführt haben.

Nach den angeführten Grundsätzen war die Nichteinhaltung der Einreichungsfrist nach eigenem Vorbringen der Beschwerdeführerin verschuldet. Kapitalgesellschaften haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einzustellen. Die Folgen der Nichterfüllung sind ihnen bekannt; sie ergeben sich aus dem Gesetz. Gegen eine Säumigkeit des Vorstands bei der Erstellung von Jahresabschlüssen muss die Gesellschaft so rechtzeitig einschreiten, dass die Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB gewahrt werden kann. Das Verschulden des Vorstands ist der Gesellschaft zuzurechnen (s. § 31 BGB). Eine finanziell schwierige Unternehmenssituation kann eine Nichterfüllung der gesetzlichen Pflicht und ein Versäumen der gesetzlichen Frist nicht rechtfertigen. Das Vorbringen, ihre wirtschaftliche Situation habe zur Säumnis bei der Einreichung der Jahresabschlussunterlagen geführt; es hätten sich Löcher aufgetan, die vorrangig nach Eintritt der Normalisierung wieder zu stopfen seien, ist als Entschuldigung ungeeignet. Es spricht sogar dafür, dass die Beschwewrdeführerin vorsätzlich gegen ihre gesetzliche Pflicht verstoßen hat.

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Sie hält sich im unteren Bereich des Rahmens des § 335 Abs. 1 S. 4 HGB (2 500 - 25 000 Euro). Das Ordnungsgeld berücksichtigt insbesondere das Maß des Verschuldens der Beschwerdeführerin bezogen auf die Versäumung der Frist des § 325 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 HGB zutreffend. Nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin liegt auf der Hand, dass nicht etwa der denkbar geringste Verstoß gegen die gesetzliche Pflicht vorliegt. Ein Ordnungsgeld von nur 2 500 Euro ist deshalb - auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es in einem neu geregelten Verfahren auf Grund einer Gesetzesänderung festgesetzt worden ist - nicht in Betracht zu ziehen. Die Festsetzung im unteren Bereich des zur Verfügung stehenden Rahmens berücksichtigt hinreichend, dass Unternehmen in schwieriger finanzieller Situation betroffen sein können. Die Beschwerdeführerin legt auch nicht dar, dass sie das Ordnungsgeld nicht aufbringen könne. Ihrer Absicht, zunächst andere Löcher zu stopfen und die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflicht weiter zurückzustellen, muss entgegengewirkt werden. Auch aus diesem Grund ist die Höhe des festgesetzten Ordnungsgelds nicht zu beanstanden.

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