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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
05.08.2013
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Düsseldorf: Keine Saldierung vororganschaftlicher Mehrabführungen mit innerorganschaftlichen Minderabführungen

FG Düsseldorf, Urteil vom 15.4.2013 – 6 K 4270/10 K,F, Rev. eingelegt (Az. BFH: I R 36/13)

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2013-1902-1 unter www.betriebs-berater.de

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)
1. Aufgrund der geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise erfolgt keine Saldierung vororganschaftlicher Mehrabführungen mit innerorganschaftlichen Minderabführungen.
2. § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG vom 9.12.2004, aufgrund dessen § 14 Abs. 3 KStG auf Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden ist, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endet, bewirkt keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung.
§ 14 Abs. 3, § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG

Sachverhalt


Streitig ist, ob im Streitzeitraum 2004 bis 2006 sogenannte vororganschaftliche Mehrabführungen i. S. des § 14 Abs. 3 KStG vorliegen, ob eine körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung i. S. des § 38 KStG herzustellen ist und ob die Einführung des § 14 Abs. 3 KStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 gegen das Rückwirkungsverbot verstößt.


Am Stammkapital der Klägerin waren im Streitzeitraum 2004 bis 2006 zu 94,9 v. H. die „U-GmbH" (im Weiteren: „U-GmbH") und zu 5,1 v. H. das „C" beteiligt. Unternehmensgegenstand der Klägerin ist der Bau und die Vermietung von Wohnungen. Die Klägerin war ebenso wie „U-GmbH" ursprünglich eine gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft.


Am 25.10.2002 wurde zwischen der Klägerin und der „U-GmbH" ein Ergebnisabführungsvertrag geschlossen, in dem die Klägerin sich verpflichtete, erstmals für das ab 1.1.2002 laufende Geschäftsjahr, ihren ganzen Gewinn in den Grenzen des entsprechend anzuwendenden § 301 Aktiengesetz (AktG) an die „U-GmbH" abzuführen. Die „U-GmbH" verpflichtete sich, entsprechend § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der Klägerin auszugleichen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisübernahmevertrages wird auf die Vertragsakte des Beklagten Bezug genommen.


Die Klägerin bilanzierte in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.2004 Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Wohnbauten i. H. von „:::" Euro. In der Steuerbilanz zum 31. Dezember 2004 bilanzierte sie Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte mit Wohnbauten i. H. von „..." Euro. In der handelsrechtlichen Gewinnermittlung erklärte die Klägerin für 2004 sonstige betriebliche Erträge i. H. von „..." Euro und in der steuerlichen Gewinnermittlung i. H. von „..." Euro. In der handelsrechtlichen Gewinnermittlung erklärte sie einen Personalaufwand i. H. von „..." Euro und in der steuerlichen Gewinnermittlung i. H. von „..." Euro. Die Abschreibungen betragen in der handelsrechtlichen Gewinnermittlung „..." Euro und in der steuerlichen Gewinnermittlung „..." Euro. Sonstige betriebliche Aufwendungen erklärt die Klägerin in der handelsrechtlichen Gewinnermittlung i. H. von „..." Euro und in der steuerlichen Gewinnermittlung i. H. von „..." Euro. Die erhöhten Aufwendungen der handelsrechtlichen Gewinnermittlung beruhen u.a. auf einer Erhöhung der Rückstellung für Bauinstandhaltungen von „..." Euro auf „..." Euro. Die Aufwendungen aus Gewinnabführung betragen in beiden Gewinnermittlungen „..." Euro. Wegen der Einzelheiten der Gewinnermittlungen aller Streitjahre wird auf die Bilanzakte des Beklagten Bezug genommen.


Im Jahr 2007 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 statt. Bei dieser Betriebsprüfung wurde u. a. festgestellt, dass die Klägerin aufgrund des höheren Teilwertansatzes in den Steuerbilanzen in allen Jahren in den Handelsbilanzen höhere Erträge aus der Vermietung des Grundbesitzes aufgrund der höheren Abschreibung in der Steuerbilanz und höherer Erträge aus dem Verkauf einzelner Grundstücke aufgrund des höheren Restbuchwertes in der Steuerbilanz erzielt habe. Erstmals ab 31.12.2002 habe die Klägerin in ihren Handelsbilanzen Rückstellungen für Bauinstandhaltungen gebildet, deren Wert exakt der Gewinndifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz entsprochen habe. Eine Inanspruchnahme dieser Rückstellungen sei in den Streitjahren 2004 bis 2006 nicht erfolgt. In die Steuerbilanz der Klägerin sei diese Rückstellung wegen des Passivierungsverbots für Aufwandsrückstellungen nicht übernommen worden. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Gewinn der Handelsbilanz - vor Gewinnabführung - exakt dem Gewinn der Steuerbilanz entsprochen habe.


Folgende Rückstellungen seien in der Handelsbilanz gebildet worden:
















































 

HB


StB


Gewinnänderung


Rückstellung

   

Bauinstandhaltung


Euro


Euro


Euro


ZF

   

31.12.2002


„..."


0


- „..."


31.12.2003


„..."


0


- „..."


31.12.2004


„..."


0


- „..."


31.12.2005


„..."


0


- „..."


31.12.2006


„..."


0


- „..."


Folgende nach Bildung dieser Rückstellung verbliebenen Gewinne seien an den Organträger „U-GmbH" abgeführt worden:













2004/Euro


„..."


2005/Euro


„..."


2006/Euro


„..."


Die Betriebsprüfung vertrat die Rechtsansicht, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2004 i. H. der Differenz der Abschreibungen sowie der Veräußerungsgewinne zwischen Handels- und Steuerbilanz Gewinnausschüttungen i. S. des § 14 Abs. 3 KStG vorlägen. Gemäß § 14 Abs. 3 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit hätten, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Die Abweichungen bei Abschreibungen und Veräußerungsgewinnen zwischen Handels- und Steuerbilanz beruhten unstreitig auf den erhöhten Teilwertansätzen in der Steuerbilanz aufgrund des Wechsels von der Gemeinnützigkeit zur Steuerpflicht. Dieser Teilwertansatz sei nach § 13 Abs. 3 S. 1 KStG der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen (§ 14 Abs. 3 S. 4 KStG). Die Bildung der Instandhaltungsrückstellung stelle keinen Geschäftsvorfall aus vororganschaftlicher Zeit dar.


Außerdem sei die in der Handelsbilanz der Gesellschaft gebildete Rückstellung für Bauinstandhaltung gemäß § 249 HGB unzulässig. Eine Rückstellung für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die nach dem Sachverhalt in Betracht komme, sei nach § 249 Abs. 1 S. 3 HGB nur zulässig, soweit die unterlassenen Aufwendungen im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden. Eine Nachholung sei jedoch nicht festgestellt worden. Eine Berücksichtigung unterlassener Instandhaltung im Wege der Aufwandsrückstellung gemäß § 249 Abs. 2 HGB könne ebenfalls nicht erfolgen. Die Verpflichtung zur Substanzerhaltung, die die Klägerin wie jedes andere Unternehmen treffe, sei keine geeignete Grundlage für eine Rückstellung. Das bilanzrechtliche Mittel zur Substanzerhaltung sei nicht die Rückstellung, sondern die Rücklage.


Die Bildung der Rücklage in den Jahren der Organschaft ist nach Auffassung der BP für die steuerliche Anerkennung des Organschaftsverhältnisses unschädlich. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG könne die Organgesellschaft Beträge aus dem Jahresüberschuss insoweit in Gewinnrücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sei. Diese Thesaurierungsmöglichkeit sehe auch der Ergebnisabführungsvertrag unter § 1 Abs. 2 vor. Aufgrund des Nachweises der Klägerin, dass entsprechende Aufwendungen für Instandhaltungen zukünftig zu erwarten seien, hält die Betriebsprüfung die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG für gegeben. Die Einstellung von Beträgen aus dem Jahresergebnis in eine Gewinnrücklage führe steuerrechtlich zu einer Minderabführung i. S. des § 27 Abs. 6 S. 2 KStG. Die Rücklage werde zusammen mit dem zuzurechnenden Einkommen beim Organträger versteuert. Zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung werde in der Bilanz des Organträgers ein besonderer aktiver Ausgleichsposten gebildet. Bei der Organgesellschaft erhöhe sich das Einlagekonto um den Betrag der Minderabführung, soweit diese ihre Ursache in organschaftlicher Zeit habe (§ 27 Abs. 6 KStG). Durch das Jahressteuergesetz 2007 seien die Begriffe Minder- und Mehrabführung für die organschaftliche Zeit gesetzlich definiert worden. Danach lägen Minder- oder Mehrabführungen insbesondere vor, wenn der an die Organgesellschaft abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweiche und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht sei (§ 14 Abs. 4 KStG). Diese Vorschrift gelte gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG auch für zurückliegende Veranlagungszeiträume.


Die Besonderheit im Streitfall sei, dass die Minderabführungen (Einstellung in die Gewinnrücklage) durch die Abweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz kompensiert würden. Diese Abweichungen stellten, soweit sie ihre Ursache in dem erhöhten Teilwertansatz gemäß § 13 KStG haben, Mehrabführungen dar, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit i. S. des § 14 Abs. 3 S. 4 KStG haben. Diese gelten als Gewinnausschüttung der Organgesellschaft an den Organträger (§ 14 Abs. 3 S. 1 KStG). Gemäß § 14 Abs. 3 S. 3 KStG gelten Mehrabführungen in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft ende. Hiernach lägen somit in einem Veranlagungszeitraum sowohl Minderabführungen vor, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit gehabt haben (§ 14 Abs. 4 KStG), als auch Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit gehabt haben (§ 14 Abs. 3 KStG). Gemäß dem BMF-Schreiben vom 28.10.1997 - IV B 7 - S 2770 - 29/97; IV B 7 - S 2770 - 15/97BStBl. I 1997, 939, BB 1997, 2626, seien Mehr- und Minderabführungen als Folge von verschiedenen Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit, die in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen, jeweils getrennt als Gewinnausschüttungen oder als Einlagen zu behandeln. Eine Saldierung finde nicht statt. Nichts anderes könne im vorliegenden Fall gelten, in dem Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit hätten, in einem Veranlagungszeitraum mit Minderabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, zusammentreffen. Aufgrund der Fiktion in § 14 Abs. 3 KStG sei die von der Klägerin aufgeworfene Frage des Abflusses ohne Belang. Im Übrigen sei der Sachverhalt mit dem Fall vergleichbar, dass die Organgesellschaft ihren gesamten Handelsbilanzgewinn abführe, der Organträger gleichzeitig i. H. der „Bauinstandhaltungsrückstellung" Beträge in die Organgesellschaft wieder einlege. In diesem Fall dürfte der Abfluss unstreitig vorliegen.


Die Mehrabführung gemäß § 14 Abs. 3 KStG erfasse neben der erhöhten Abschreibung auch den Veräußerungsgewinn, soweit dieser aufgrund des Teilwertansatzes in der Steuerbilanz geringer als in der Handelsbilanz sei. Zwar treffe es zu, dass im Fall der Buchwertgleichheit zwischen Handels- und Steuerbilanz die stillen Reserven dem Jahr der Veräußerung zugerechnet werden und eine Aufteilung dieser stillen Reserven in organschaftliche und vororganschaftliche Zeit nicht erfolge. Aber auch im Fall der Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz unterliege der gesamte Handelsbilanzgewinn der Abführungspflicht, allerdings entstehe hier durch die Abweichung des Buchwertabgangs ein Gewinnunterschied. Dieser sei jedoch gemäß § 14 Abs. 3 S. 4 KStG der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen und gelte damit als Gewinnausschüttung.


§ 14 Abs. 3 KStG verstößt nach Ansicht der Betriebsprüfung auch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Die Gewinnabführungsverpflichtung für 2004 sei erst mit Ablauf des Geschäftsjahres am 31.12.2004 entstanden. Das EU-Richtlinienumsetzungsgesetz mit der Änderung des § 14 Abs. 3 KStG sei jedoch bereits am 09.12.2004 beschlossen worden, so dass eine echte Rückwirkung nicht vorliege. Soweit die Klägerin geltend mache, aus Vertrauensschutzgründen sei auch in den Folgejahren der § 14 Abs. 3 KStG nicht anwendbar, da der Ergebnisabführungsvertrag eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren habe, mache sie Billigkeitsgründe geltend.


Die Betriebsprüfung ist der Ansicht, dass die Klägerin die Fortgeltung der für sie günstigen Regelung der Jahre bis 2003 in der Auslegung durch den BFH (BFH-Urteil vom 18.12.2002 - I R 51/01, BStBl. II 2005, 49, BB 2003, 619) verlange. Hierfür gäbe es jedoch keine Rechtsgrundlage.


Nach Auffassung der Betriebsprüfung sind daher folgende Beträge gemäß § 14 Abs. 3 KStG als Gewinnausschüttungen zu behandeln:






































 

2004/Euro


2005/Euro


2006/Euro

    

Differenz Veräußerungsgewinne


„..."


„..."


„..."

    

Differenz Abschreibung


„..."


„..."


„..."


Gewinnausschüttung


„..."


„..."


„..."


KSt-Erhöhungsbetrag 3/7


„..."


„..."


„..."


Der Beklagte erließ aufgrund der Feststellung der Betriebsprüfung am 20.8.2009 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2004, mit dem die Körperschaftsteuer auf „..." Euro (vorher „..." Euro) festgesetzt wurde. Bei der Berechnung der Körperschaftsteuer wurde ein Steuerbilanzverlust nach Gewinnabführung i. H. von „..." Euro (Rückstellung KSt „..." Euro + Rückstellung SolZ „..." Euro) und ein Körperschaftsteuer-Erhöhungsbetrag aufgrund von Ausschüttungen i. H. von „..." Euro berücksichtigt. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zum 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG vom 20.8.2009 wurde das steuerliche Einlagenkonto auf „..." Euro (statt null Euro) und der Endbetrag i. S. des § 36 Abs. 7 KStG auf „..." Euro (statt „..." Euro) festgestellt.


Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Körperschaftsteuerbescheid für 2005 vom 20.8.2009 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf „..." Euro fest. Bei der Berechnung der Körperschaftsteuer wurde u. a. ein Körperschaftsteuererhöhungsbetrag aufgrund von Ausschüttungen i. H. von „..." Euro berücksichtigt. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zum 31.12.2005 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG vom 20.8.2009 wurde das steuerliche Einlagenkonto auf „..." Euro (statt null Euro) und der Endbetrag i. S. des § 36 Abs. 7 KStG auf „..." Euro (statt „..." Euro) festgestellt.


Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Körperschaftsteuerbescheid für 2006 vom 20.08.2009 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf „..." Euro fest, dabei berücksichtigte er u. a. einen Körperschaftsteuererhöhungsbetrag i. H. von „..." Euro. Durch gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid zum 31.12.2006 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG vom 20.8.2009 wurde das steuerliche Einlagenkonto auf „..." Euro (statt null Euro) und der Endbetrag i. S. des § 36 Abs. 7 KStG auf „..." Euro (statt „..." Euro) festgestellt.


Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin am 9.9.2009 Einsprüche ein, die durch Einspruchsentscheidung vom 2.11.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurden.


Die Klägerin hat am 2.12.2010 Klage erhoben.


Die Klägerin erläutert, warum ihre Wertansätze in der Handelsbilanz von der Steuerbilanz abweichen, wie folgt: Aufgrund des Wegfalls der Steuerbefreiung für gemeinnützige Wohnungsunternehmen durch das Steuerreformgesetz 1990 hätten die ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen gemäß § 13 Abs. 2 KStG eine Anfangsbilanz zu erstellen gehabt. Da die während der Steuerbefreiung angesammelten stillen Reserven nicht steuerpflichtig werden sollten, sei eine erfolgsneutrale Aufdeckung der stillen Reserven durch Ansatz der Teilwerte in der Anfangsbilanz gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 KStG erfolgt. Mit Beginn der Steuerpflicht zum 1.1.1991 habe die Klägerin daher in der Steuerbilanz abweichend von der Handelsbilanz den Wert des Wohnungsbestandes mit dem Teilwert angesetzt. Dies führe dazu, dass die steuerliche AfA-Bemessungsgrundlage höher als die handelsrechtliche AfA-Bemessungsgrundlage sei. Außerdem erziele die Klägerin bei den Verkäufen einzelner Grundstücke aufgrund des höheren steuerlichen Restbuchwertes einen geringeren steuerrechtlichen als handelsrechtlichen Gewinn.


Erstmals ab dem 31.12.2002 habe die Klägerin von ihrem handelsrechtlichen Wahlrecht zur Bildung von Aufwandsrückstellungen gemäß § 249 Abs. 2 HGB Gebrauch gemacht. Die Höhe der Rückstellungszuführungen hätten in etwa der Gewinndifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz aus steuerlichen Mehrabschreibungen und steuerlichen Minder-Veräußerungsgewinnen entsprochen. In die Steuerbilanzen seien diese Rückstellungen wegen des steuerlichen Passivierungsverbots für Aufwandsrückstellungen nicht übernommen worden. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Gewinn der Handelsbilanz - vor Gewinnabführung - dem Gewinn der Steuerbilanz entsprochen habe.


Die Überleitungsdifferenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz stellten sich wie folgt dar:

































 

2004


2005


2006


sonstige betriebliche Erträge


- „..." Euro


- „..." Euro


- „..." Euro


Abschreibungen


- „..." Euro


- „..." Euro


- „..." Euro


Personalaufwand


- „..." Euro


„..." Euro


„..." Euro


Sonst. betriebl. Aufwendungen


„..." Euro


„..." Euro


„..." Euro


Summe


0,00 Euro


0,00 Euro


0,00 Euro


Die Klägerin ist der Auffassung, dass es eine Gesetzesgrundlage für die Annahme einer Mehrabführung i. S. des § 14 Abs. 3 KStG nicht gäbe, da ihre handels- und steuerrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnungen für alle drei Streitjahre Aufwendungen aus Gewinnabführung in gleicher Höhe auswiesen. Die Ergebnisabführung der Organschaft bemesse sich nach Handelsrecht. Für die Einkommensermittlung und Einkommenszurechnung seien jedoch steuerliche Vorschriften zu berücksichtigen. Das dem Organträger steuerlich zuzurechnende Einkommen könne daher von der Ergebnisabführung aufgrund unterschiedlicher Ansatz- und Bewertungsregeln abweichen. Steuerlich richte sich die Ergebnisabführung nach § 14 KStG. Der BFH habe in seiner Entscheidung vom 18.12.2002 überzeugend dargelegt, dass bei Gewinnabführungen gemäß § 291 Abs. 1 AktG nicht danach differenziert werden könne, ob Teilbeträge steuerlich gesehen ihre Veranlassung in vororganschaftlicher Zeit haben. Denn was als Gewinnabführung i. S. des § 14 KStG zu verstehen sei, bestimme sich allein nach Maßgabe des Zivilrechts. Diese gesetzlichen Vorgaben seien durch den neuen § 14 Abs. 3 KStG nicht außer Kraft gesetzt worden.


Gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Auch das Tatbestandsmerkmal „Ursache in vororganschaftlicher Zeit" sei gesetzlich nicht definiert. § 14 Abs. 3 S. 4 KStG regele jedoch, dass der Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 S. 1 KStG der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen sei. Die Abweichungen zwischen den handels- und steuerrechtlichen Gewinnermittlungen der Klägerin für die Jahre 2004 bis 2006 in den Bereichen Veräußerungsgewinne, Abschreibungsvolumen und Bauinstandhaltungsrückstellung seien durch unterschiedliche Bewertungs- und Ansatzvorschriften in den Jahren 2004 bis 2006 veranlasst und nicht aufgrund eines vororganschaftlichen Geschäftsvorfalles.


Die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass die Bildung einer Bauinstandhaltungsrückstellung in der Handelsbilanz gemäß § 249 HGB unzulässig sei, weil die Verpflichtung zur Substanzerhaltung keine geeignete Grundlage für eine Rückstellung sei, treffe nicht zu. Gemäß § 249 Abs. 2 HGB bestehe für die Bildung einer handelsrechtlichen Rückstellung für Bauinstandhaltungen ein Ansatzwahlrecht. Dieses Ansatzwahlrecht könne für jedes einzelne Gewerbe- bzw. für jede Instandhaltungsmaßnahme gesondert ausgeübt werden. Werde in einem späteren Jahr mit der Bildung der Rückstellung begonnen, so sei die Nachholung von Zuweisungen für frühere Jahre möglich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 26.5.1976 - I R 80/74, BStBl. II 1976, 622, da es im Urteilsfall eindeutig um die steuerliche Anerkennung der gebildeten Rückstellung gegangen sei.


Laut BMF-Schreiben vom 18.10.1997 - IV B 7 - S 2770 - 29/97; IV B 7 - S 2770 - 15/97, BStBl. I 1997, 939, BB 1997, 2626, sollten Mehr- und Minderabführungen als Folge von verschiedenen Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit, die in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen, jeweils getrennt als Gewinnausschüttungen oder als Einlagen zu behandeln sein. Eine Saldierung finde nicht statt. Bei der höheren steuerlichen Abschreibung und den Rückstellungen für unterlassene Bauinstandhaltungen sei jedoch nicht von verschiedenen Geschäftsvorfällen auszugehen. Es gehe um eine bestimmte Immobilie, für die die höhere Abschreibung und die unterlassene Instandhaltung gelte. Wolle man Mehr- oder Minderabführungen feststellen, müssten bei Immobilien sowohl Abschreibungen als auch Instandhaltungszustand berücksichtigt werden.


Der Ausweis einer Rückstellung stelle nach der BFH-Rechtsprechung noch keinen Vermögensabschluss dar. Der Abfluss der der Vermögensminderung entsprechenden Vermögenswerte könne erst dann angenommen werden, wenn der Passivposten als solcher wegfalle (BFH-Urteil vom 31.7.1991, BFH/NV 1992, 200). Da folglich hinsichtlich der gebildeten Bauinstandhaltungsrückstellung (Minderabführung) noch keine tatsächliche bzw. fingierte Einlage durch die „U-GmbH" erfolgt sein könne, könne auch kein Abfluss der Mehrabführung fingiert werden. Aufgrund der handelsrechtlich zulässigen Bildung der Bauinstandhaltungsrückstellung erfolge tatsächlich keine Mehrabführung an den Organträger. Bei dem im jeweiligen Wirtschaftsjahr abgeführten Ergebnis handele es sich um das jeweils im Veranlagungszeitraum erzielte (laufende) Ergebnis.


Außerdem seien die aus der Veräußerung des Grundbesitzes entstandenen Gewinne der organschaftlichen Zeit zuzurechnen. Handelsrechtlich erstrecke sich die Gewinnabführung auf den bilanziell im jeweiligen Jahr ausgewiesenen Jahresüberschuss vor Gewinnabführung. Die Gewinnabführung erfasse auch die innerorganschaftlich aufgedeckten stillen Reserven, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Entstehung. Die Teilwertermittlung zum 1.1.1991 einschließlich Aufdeckung stiller Reserven sei für den Umfang der handelsrechtlich zulässigen Gewinnabführung ohne Bedeutung.


Ferner nehme der Beklagte  zu Unrecht an, dass die vororganschaftlich veranlassten Mehrabführungen zu einer Körperschaftsteuererhöhung führten. Eine Körperschaftsteuererhöhung richte sich nach § 38 Abs. 2 S. 1 KStG. § 38 Abs. 2 S. 1 KStG setze eine Leistung voraus, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis habe. Weder die vororganschaftliche Teilwerterhöhung noch eine eventuelle Mehrabführung haben jedoch ihre Verursachung im Gesellschaftsverhältnis. Die vororganschaftliche Verursachung der Mehrabführung beruhe auf der Teilwerterhöhung, die Folge einer gesetzlichen Regelung sei und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Außerdem fehle ein Verweis auf § 14 Abs. 3 KStG in § 38 KStG. Im Übrigen fordere § 38 Abs. 2 KStG einen tatsächlichen Abfluss und gelte somit nicht für einen fiktiven Abfluss. Da es sich bei den §§ 14 und 38 KStG um zwei unterschiedliche Regelungsinhalte (Einkommensermittlung und Körperschaftsteuererhöhung) handele, könne die Fiktion des § 14 Abs. 3 KStG nicht auf den Regelungsinhalt des § 38 KStG übertragen werden. Die vom Beklagten vertretene Auffassung, dass Mehr- und Minderabführungen als Folge von verschiedenen Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit, die in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen, jeweils getrennt als Gewinnausschüttungen oder Einlagen zu behandeln seien, könne im Streitfall nicht greifen.


Außerdem ist die Klägerin der Ansicht, dass es sich beim Inkrafttreten des am 9.12.2004 verkündeten § 14 Abs. 3 KStG mit Wirkung zum 1.1.2004 um einen Fall einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung handle. Die Regelung des § 14 Abs. 3 KStG gelte gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG erstmals für Mehrabführungen von Organgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 ende. Selbst wenn man einen Fall der unechten Rückwirkung annehmen würde, bedürfe dieser einer besonderen Rechtfertigung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ergebnisabführungsvertrages habe es weder im Handels- noch im Körperschaftsteuerrecht gesetzliche Regelungen gegeben, die zu Konsequenzen geführt hätten, die der Beklagte mit seiner Steuerfestsetzung gezogen habe. Die von der Verwaltung im Abschnitt 59 Abs. 4 S. 3 Körperschaftsteuerrichtlinien 1995 vertretene Auffassung, dass sogenannte vororganschaftlich verursachte Mehrabführung einer Organgesellschaft an ihren Organträger Gewinnausschüttungen seien, mit der Folge, dass für sie die Ausschüttungsbelastung herzustellen sei, habe der BFH nicht bestätigt. Die Klägerin habe im Vertrauen auf diese Rechtslage den Ergebnisabführungsvertrag geschlossen. Die von der Finanzverwaltung betriebene Gesetzesänderung habe die Klägerin in die Zwangslage gebracht, dass die Kündigung des Ergebnisabführungsvertrages für 2005 zwar die organschaftlich bedingten Mehr- oder Minderabführungen beseitigt hätten, die Gewinnabführung der Veranlagungszeiträume 2002, 2003 und 2004 aber nachträglich steuerpflichtig geworden wären. Zivilrechtlich könne weder eine ordentliche noch eine außerordentliche Kündigung oder eine einvernehmliche Aufhebung des Ergebnisabführungsvertrages auf den Beginn des laufenden Geschäftsjahres zurückbezogen werden. Biete ein Steuergesetz dem Steuerpflichtigen eine für ihn steuerlich günstige gesetzliche Regelung an, die er nur für einen gesetzlich festgesetzten Zeitraum annehmen könne, so schaffe dieses Angebot eine Vertrauensgrundlage, auf die der Steuerpflichtige seine Entscheidung stützen könne. Diese Dispositionsbedingung werde damit vom Tag der Entscheidung an zu einer schutzwürdigen Vertrauensgrundlage (BVerfG-Beschluss vom 3.12.1997 - 2 BvR 882/97, DStRE 1998, 270).


Auch in den Jahren 2005 und 2006 sei eine zivilrechtliche Kündigung des Ergebnisabführungsvertrages ohne erhebliche zusätzliche Steuerbelastung nicht möglich gewesen, da § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG verlange, dass der Ergebnisabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden müsse.


Außerdem sei zu berücksichtigen, dass Folge der Neuregelung des § 14 Abs. 3 KStG sei, dass die Steuerbefreiung des Aufstockungsgewinns aus dem Teilwertansatz für Organgesellschaften durch die Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG praktisch rückgängig gemacht werde. Die Steuerbefreiung wirke für die Klägerin und alle ehemals gemeinnützigen Wohnungsunternehmen nur noch temporär; sie könnten eine Nachversteuerung durch die Mehrabführung nicht vermeiden. Für ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen, die keine Organgesellschaften seien, komme es nicht zu einer solchen zwingenden Nachversteuerung. Die Organschaft sei kein ausreichendes Differenzierungskriterium für die unterschiedliche Behandlung. Daher verletze die Neuregelung des § 14 Abs. 3 KStG den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG.


Bezüglich der Auflösung der Bauinstandhaltungsrückstellungen im Jahre 2007 weist die Klägerin darauf hin, dass dies im Vorgriff auf die Änderung des HGB im Rahmen des BilMoG und dem damit verbundenen Wegfall der Aufwandsrückstellung erfolgt sei. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit i. S. des § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB liege nicht vor.


Die Klägerin beantragt,


1.) die Bescheide für 2004 bis 2006 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag vom 20.8.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.11.2010 ersatzlos aufzuheben,


2.) die Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG auf den 31.12.2004, 31.12.2005 und 31.12.2006 vom 20.8.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.11.2010 ersatzlos aufzuheben,


3.) hilfsweise, die Revision zuzulassen,


4.) die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.


Der Beklagte beantragt,


Klage abzuweisen.


Der Beklagte weist darauf hin, dass die Klägerin, nachdem sich die Problematik der Körperschaftsteuererhöhung im Rahmen der vororganschaftlichen Mehrabführung nicht mehr stelle, weil mit Wirkung zum 29.12.2007 § 38 KStG geändert worden sei, die Bauinstandhaltungsrückstellung in der Handelsbilanz zum 31.12.2007 i. H. von „..." Millionen Euro aufgelöst und den Betrag an die Organträgerin abgeführt habe. Sie habe damit gegen den Grundsatz der Bewertungsstetigkeit gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB verstoßen. Dies spreche eher für eine Rücklagen- als für eine Rückstellungsbildung.


Aber auch wenn die Bildung einer Bauinstandhaltungsrückstellung handelsrechtlich gemäß § 249 Abs. 2 HGB zulässig gewesen sein sollte, seien keine anderen steuerrechtlichen Folgen zu ziehen. Wenn handelsrechtlich zulässige Rückstellungen gebildet werden, die steuerrechtlich nicht anerkannt werden, so werde damit steuerrechtlich eine Rücklage gebildet, die handelsrechtlich nicht abgeführt worden sei (Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 Rz. 220).


Aus den Gründen


Unzulässigkeit der Klage


Die Klage ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlages richtet. Die Bescheide über den Solidaritätszuschlag sind Folgebescheide der Körperschaftsteuerbescheide (BFH-Urteil vom 20.4.2011 - I R 2/10, BFHE 233, 251, BStBl. II 2011, 761, BB 2011, 1711 m. BB-Komm. Bünning). Spezifische Einwendungen gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlages werden nicht erhoben.


Begründetheit der Klage


Die Klage ist bezüglich der übrigen angefochtenen Bescheide unbegründet.


Der Beklagte hat zu Recht Gewinnausschüttungen aufgrund vororganschaftlich verursachter Mehrabführung bei der Steuerfestsetzung und Einlagen aufgrund innerorganschaftlich verursachter Minderabführung bei der gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen berücksichtigt


1. Der Beklagte hat zu Recht Gewinnausschüttungen aufgrund vororganschaftlich verursachter Mehrabführung gemäß § 14 Abs. 3 KStG bei der Steuerfestsetzung und gemäß § 27 Abs. 6 S. 1 KStG Einlagen aufgrund innerorganschaftlich verursachter Minderabführung bei der gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG berücksichtigt.


Gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 KStG i. d.F. v. 9.12.2004 gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger


Gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 KStG in der Fassung vom 9.12.2004, der gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG für Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden ist, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 endeten, gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. § 14 Abs. 3 S. 1 und 2 KStG regeln die Rechtsfolgen von Mehr- und Minderabführung aus vororganschaftlicher Zeit. Die steuerliche Organschaft soll nach der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 3 KStG die Zurechnung der Ergebnisse der Organgesellschaft an den Organträger erfassen, die in innerorganschaftlicher Zeit entstanden sind. Steuerlich relevante Sachverhalte, die vor der steuerlichen Wirksamkeit der Organschaft verwirklicht worden sind und die in innerorganschaftlicher Zeit zu Mehr- oder Minderabführungen führen, sollen dagegen nach den allgemeinen Bestimmungen zu behandeln sein (BT-Drs. 15/3677 S. 36; Thiel in Festschrift für Arndt Raupach, 543, 544).


Begriffe der Mehr- oder Minderabführung


Die Begriffe der Mehr- und Minderabführung werden weder in § 14 Abs. 3 KStG noch in einer anderen Norm des KStG 2004 bis 2006 definiert. Gemäß § 27 Abs. 6 S. 2 KStG 2004 liegt eine Minderabführung, die ihre Ursache in innerorganschaftlicher Zeit hat, insbesondere vor, wenn Beträge aus dem Jahresüberschuss in die Rücklagen eingestellt werden. Die Auflösung dieser Rücklagen führt gemäß § 27 Abs. 6 S. 3 KStG 2004 zu einer Mehrabführung. Gemäß S. 3 des § 14 Abs. 3 KStG gelten Mehrabführungen nach S. 1 in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet. Ferner regelt § 14 Abs. 3 S. 4 KStG, dass der Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 S. 1 KStG (Ansatz des höheren Teilwertes bei ehemals gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen beim Übergang zur Steuerpflicht) der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen ist.


Definition gem. § 14 Abs. 4 S. 6 KStG i.d. F. v. 19.12.2008


§ 14 Abs. 4 S. 6 KStG in der Fassung vom 19.12.2008 regelt, dass Minder- oder Mehrabführungen im Sinne des § 14 Abs. 4 S. 1 KStG insbesondere vorliegen, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in innerorganschaftlicher Zeit verursacht ist. § 14 Abs. 4 KStG ist gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 5 KStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 anzuwenden. In § 14 Abs. 4 S. 6 KStG werden die (gesetzlichen) Voraussetzungen einer Minder- oder Mehrabführung nicht im Sinne einer Legaldefinition abschließend bestimmt, sondern - wie das Adverb „insbesondere" verdeutlicht - lediglich deren Regelcharakteristika (im Sinne eines Typusbegriffs) umschrieben (BFH-Urteil vom 29.8.2012 - I R 65/11, BFHE 238, 382, HFR 2013, 167, BB 2012, 3005 m. BB-Komm. Bolik).


§ 14 Abs. 4 S. 6 KStG gilt nicht unmittelbar für § 14 Abs. 3 KStG


§ 14 Abs. 4 S. 6 KStG gilt nicht unmittelbar für § 14 Abs. 3 KStG, da § 14 Abs. 4 S. 6 KStG seinem eindeutigen Wortlaut nach nur auf § 14 Abs. 4 S. 1 KStG nicht aber auf § 14 Abs. 3 KStG verweist (Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewstG/UmwStG, § 14 KStG Rz. 749; Sedemund, DB 2010, 1255, 1256; a. A. Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KSt, § 14 KStG Rz. 404; Erle/Heurung in Erle/Sauter, KStG, 3. Aufl., Rz. 390; Schumacher in Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 477, 479). Außerdem ist fraglich, ob die Anwendung von § 14 Abs. 4 S. 6 KStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 als echte Rückwirkung nicht verfassungswidrig ist (Gosch, BFH/PR 2013, 53, 55).


Gesetzesbegründung und Literaturmeinungen


Nach der Gesetzesbegründung des Regierungsentwurfes zu § 14 Abs. 3 KStG liegen Mehrabführungen vor, wenn die handelsrechtliche Gewinnabführung höher als das steuerlich dem Organträger zuzurechnende Ergebnis ist (BT-Drs. 15/3677 S. 36). In der Literatur wird u. a. von Thiel zu Recht vertreten, Mehr- und Minderabführungen im Sinne des § 14 Abs. 3 KStG 2004 - 2006 seien Abweichungen von der Abführungsverpflichtung der Organgesellschaft laut Handelsbilanz und dem Ergebnis, das dem Organträger steuerlich zugerechnet wird. Verglichen würden somit handelsrechtliche Abführung und steuerrechtliche Zurechnung. Der Begriff „Ergebnis" lasse offen, welcher steuerlicher Wert bei Bestimmung der Mehr- und Minderabführungen mit der Abführungsverpflichtung als Bezugsgröße zu vergleichen sei. Der steuerlicher Wert müsse von der gleichen wirtschaftlichen Qualität wie die Abführungsverpflichtung sein. Zur Ermittlung der Mehr- oder Minderabführungen sei daher die steuerliche Vermögensmehrung bei der Organgesellschaft am Bilanzstichtag, die in ihrem Einkommen, das dem Organträger zugerechnet wird, enthalten ist, mit der Abführungsverpflichtung laut Handelsbilanz zu vergleichen. Das sei der in der Steuerbilanz ohne Berücksichtigung der Abführungsverpflichtung ermittelte Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG. Die Hinzurechnungen und Kürzungen in der zweiten Stufe der Gewinnermittlung blieben unberücksichtigt. Sei die Abführungsverpflichtung höher als die steuerliche Vermögensmehrung liege eine Mehrabführung vor. Sei die steuerliche Vermögensmehrung höher als die Abführungsverpflichtung liege eine Minderabführung vor (Thiel in Festschrift für Arndt Raupach, 543, 549; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/ UmwStG, § 14 KStG Rz. 749; Schumacher in Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald Schaumburg, 477, 479; a. A. Wassermeyer in Herzig, Organschaft, S. 208, 215; ders. GmbHR 2003, 313, 315 nach dessen Auffassung das steuerlich dem Organträger zuzurechnende Ergebnis das dem Organträger zuzurechnende Einkommen ist; Sedemund, DB 2010, 1255, 1256 nach dessen Auffassung außerbilanzielle Korrekturen bei der Bemessung einer Mehr- und Minderabführungen zu berücksichtigen sind). Neumann begründet die Steuerbilanz als Vergleichsmaßstab damit, dass die steuerlichen Folgen von tatsächlichen oder fingierten Vermögensverschiebungen zwischen Organträger und Organgesellschaft geregelt werden sollen. Habe die Organgesellschaft einen Betrag an den Organträger abgeführt, der den Steuerbilanzgewinn übersteige, so spreche diese Mehrabführung von Vermögen für eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Organträgers, die in der steuerlichen Einkommenszurechnung nach § 14 Abs. 3 S. 1 KStG keine Entsprechung gefunden habe. Auf der Ebene der Organgesellschaft werde dieser Vermögensverschiebung Rechnung getragen, indem im Falle der vororganschaftlichen Verursachung gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 KStG eine Gewinnausschüttung an den Organträger fingiert werde und im Falle der innerorganschaftlichen Verursachung gemäß § 27 Abs. 6 S. 1 KStG das Einlagekonto gemindert werde (Neumann, Ubg 2010, 673, 674).


Vororganschaftliche Veranlassung der Mehr- und Minderabführung


Eine vororganschaftliche Veranlassung der Mehr- und Minderabführung liegt vor, wenn die Abweichung in der Steuerbilanz vororganschaftlich veranlasst ist. § 14 Abs. 3 S. 4 KStG stellt nach der Gesetzesbegründung zu § 14 Abs. 3 KStG klar, dass der Teilwertansatz beim Übergang von der Steuerfreiheit in die Steuerpflicht der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen sei (BT-Drs. 15/3677 S. 36). Auch wenn die Mehr- und Minderabführung sich aus einer Gewinnermittlung in innerorganschaftlicher Zeit ergeben, sind sie vororganschaftlich veranlasst, wenn - wie im Streitfall - die entsprechende Aktivierung in vororganschaftlicher Zeit vorgenommen wurde (Thiel in Festschrift für Arndt Raupach, 543, 550).


FG Niedersachsen, Finanzverwaltung und Herrschende Lehre stellen auf geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise ab


Das Niedersächsische FG (Urteil vom 10.3.2011 - 6 K 338/07, EFG 2012, 261), die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 28.10.1997 VV DEU BMF 1997-10-28 IV B 7-S 2770-29/97, BStBl. I 1997, 939, BB 1997, 2626 unter III) und die herrschende Lehre (Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 14 KStG Anm. 325; Neumann, Ubg 2010, 673, 677; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 764 ff.; Thiel in Festschrift für Arndt Raupach, 543, 558; Hötzel, JbStFfSt 2012/2013, 139, 140 mit Stellungnahmen von Drüen und Gosch) stellen bei der Beurteilung der Frage, ob vororganschaftliche Mehr- oder Minderabführungen vorliegen, auf die einzelnen Geschäftsvorfälle ab (geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise). Soweit ihre Auswirkungen in einem Veranlagungszeitraum zusammentreffen, sollen sie jeweils getrennt als Gewinnausschüttungen oder als Einlagen zu behandeln sein. Eine Saldierung findet nicht statt. Dies wird damit begründet, dass nur der einzelne Geschäftsvorfall die Feststellung erlaube, ob er vor oder nach Begründung der Organschaft stattgefunden habe. Für einen Saldo aus den Auswirkungen mehrerer Geschäftsvorfälle lasse sich eine solche Feststellung nicht treffen. Daraus folge, dass Auswirkungen von Geschäftsvorfällen aus vororganschaftlicher Zeit nicht mit den Auswirkungen von Geschäftsvorfällen aus innerorganschaftlicher Zeit verrechnet werden dürfen (Thiel in Festschrift für Arndt Raupach, 543, 558). Ferner wird zur Begründung angeführt, dass dieses im Zusammenhang mit Abschnitt 59 Abs. 4 KStR 1995 gebildete Verständnis auch im Gesetzeswortlaut des § 14 Abs. 3 KStG „Anklang finde". Für ein solches Verständnis spreche zunächst, dass der Gesetzgeber die Begriffe „Mehrabführungen" und „Minderabführungen" verwende. Die Verwendung des Plurals deute darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht jeweils von einer Summe, sondern von einer Vielzahl von einzeln zu bewertenden Vorgängen ausgegangen sei. Auch die angeordnete Behandlung als Gewinnausschüttung oder Einlage deute in diese Richtung. Denn auch Gewinnausschüttungen und Einlagen bedürften einer gesonderten Behandlung und dürften nicht saldiert werden (Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 14 KStG Anm. 325). Nach Neumann (Ubg 2010, 673, 677) soll sich die geschäftsvorfallbezogene Betrachtung aus dem Tatbestandsmerkmal „insbesondere" des § 14 Abs. 4 S. 6 KStG ergeben. Auch nach Ansicht von Frotscher ist eine Saldierung von Mehr- und Minderabführungen nicht möglich. Soweit Vorgänge, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, mit Vorgängen saldiert werden sollen, die eine innerorganschaftliche Ursache haben, sprechen nach Ansicht von Frotscher die unterschiedlichen Ursachen gegen eine Saldierung. Außerdem würden in diesem Fall Gewinnausschüttungen mit Einlagen saldiert. Dies würde gegen das allgemeine Saldierungsverbot verstoßen (Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 764 ff).


Nach Ansicht von Rödder müsste Saldierung möglich sein


Kritisiert wird die geschäftsvorfallbezogene Betrachtung von Rödder. Er ist der Auffassung, dass auch eine Saldierung zwischen vororganschaftlich verursachten Mehrabführungen und innerorganschaftlich verursachten Minderabführungen möglich sein müsse. Es sei zwar einzuräumen, dass der Wortlaut des § 14 Abs. 3 KStG Gegenteiliges signalisiere. Es bleibe aber auch in diesem Fall ein „Störgefühl", weil im Saldo keine Abführung erfolge (Rödder, DStR 2005, 217, 221).


Senat hält die geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise der h. M. für richtig


Der Senat hält die geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise der h. M. für richtig. Der Begriff „Mehrabführungen" in § 14 Abs. 3 S. 1 KStG lässt zwar nicht hinreichend deutlich erkennen, dass der Gesetzgeber von der geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise ausgegangen ist. Die Gesetzesbegründung des Regierungsentwurfes zu § 14 Abs. 3 KStG, nach der Mehrabführungen vorliegen, wenn die handelsrechtliche Gewinnabführung höher als das steuerlich dem Organträger zuzurechnende Ergebnis ist (BT-Drs. 15/3677 S. 36), spricht eher dafür, dass § 14 Abs. 3 KStG Mehr- und Minderabführungen ergebnisbezogen und nicht geschäftsvorfallbezogen erfassen will. Die Gesetzessystematik des § 14 Abs. 3 KStG mit der Unterscheidung von Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher oder in innerorganschaftlicher Zeit haben, spricht aber für die geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise. Denn nur bei einer geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise kann zwischen vororganschaftlichen und innerorganschaftlichen Mehrabführungen unterschieden werden. Wenn aber die geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise auf Grund der Gesetzessystematik geboten ist, ist es folgerichtig, auch in den Fällen - wie dem Streitfall - , in denen vororganschaftliche Mehrabführungen im Ergebnis durch innerorganschaftliche Minderabführungen ausgeglichen werden, die geschäftsvorfallbezogene Betrachtungsweise anzuwenden. In den Streitjahren liegen daher sowohl vororganschaftliche Mehrabführungen als auch innerorganschaftlicher Minderabführungen vor, die vom Beklagten zutreffend bei der Steuerfestsetzung und der Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos erfasst wurden.


Die Auffassung der Klägerin, dass bei der höheren steuerlichen Abschreibung und den Rückstellungen für unterlassene Bauinstandhaltungen nicht von verschiedenen Geschäftsvorfällen auszugehen sei, weil es um eine bestimmte Immobilie gehe, für die die höhere Abschreibung und die unterlassene Instandhaltung gelte, hält der Senat nicht für zutreffend. Die Regelung in § 14 Abs. 3 S. 4 KStG, dass der Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 S. 1 KStG (Ansatz des höheren Teilwertes bei ehemals gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen beim Übergang zur Steuerpflicht) der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen ist, zeigt, dass das Gesetz nicht auf das Ergebnis einer steuerlichen Gewinnermittlung eines bestimmten Wirtschaftsgutes abstellt, sondern darauf, ob die für die Gewinnermittlung bedeutsamen Umstände, wie Teilwerterhöhung, AfA, Rückstellungen etc., ihre Ursache in vororganschaftlicher oder innerorganschaftlicher Zeit haben. § 14 Abs. 3 KStG fordert eine Veranlagungszeitraum übergreifende Betrachtung der Ursachen für die Wertansätze in der Bilanz.


Die vororganschaftlichen Mehrabführungen führen bei der Klägerin zu den Körperschaftsteuererhöhungen i. S. d. § 38 Abs. 2 S. 1 KStG 2004-2006


2. Die vororganschaftlichen Mehrabführungen führen bei der Klägerin zu den vom Beklagten für die Streitjahre ermittelten, rechnerisch unstreitigen Körperschaftsteuererhöhungen im Sinne des § 38 Abs. 2 S. 1 KStG 2004 bis 2006.


Gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 KStG 2004 bis 2006 erhöht sich die Körperschaftsteuer um 3/7 des Betrags der Leistungen, für die ein Teilbetrag aus dem Endbetrag im Sinne des § 38 Abs. 1 KStG als verwendet gilt und zwar in dem Veranlagungszeitraums, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Leistungen erfolgen. Leistungen, für die ein Teilbetrag aus dem Endbetrag im Sinne des § 38 Abs. 1 KStG als verwendet gilt, liegen gemäß § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2004 bis 2006 vor, soweit die Summe der Leistungen, die die Gesellschaft im Wirtschaftsjahr erbracht hat, den um den Bestand des § 38 Abs. 1 KStG verminderten ausschüttbaren Gewinn (§ 27) übersteigt. Als ausschüttbarer Gewinn gilt gemäß § 27 Abs. 1 S. 4 KStG das um das gezeichnete Kapital geminderte in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital abzüglich des Bestands des steuerlichen Einlagekontos. Maßgeblich sind gemäß § 38 Abs. 1 S. 4 KStG 2004 bis 2006 die Bestände zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs.


Der Begriff „Leistung" im Sinne des § 38 KStG erfasst u. a. verdeckte und offene Gewinnausschüttungen (Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl. § 38 Rz. 36, 38). Da gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 KStG Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger gelten, sind vororganschaftlichen Mehrabführungen - anders als die innerorganschaftlichen Gewinnabführungen auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages - Leistungen im Sinne des § 38 KStG (Bauschatz in Gosch, KStG, 2. Aufl. § 38 Rz. 37; Lornsen-Veit in Erle/Sauter; KStG, 3. Aufl., § 38 Rz. 29; Niedersächsische FG, Urteil vom 10.3.2011 - 6 K 338/07, EFG 2012, 261). Entgegen der Ansicht der Klägerin gilt die Regelung § 14 Abs. 3 KStG auch ohne einen ausdrücklichen Verweis im Rahmen des § 38 KStG. Denn § 38 Abs. 2 S. 1 KStG 2004 bis 2006 macht die Körperschaftsteuererhöhung von „Leistungen" abhängig und dazu gehören auch fiktive Leistungen. Ohne Bedeutung ist es entgegen der Auffassung der Klägerin auch, dass die vororganschaftliche Verursachung der Mehrabführungen auf der Teilwerterhöhung beruht, die Folge einer gesetzlichen Regelung und nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Denn das Gesetz behandelt vororganschaftliche Mehrabführungen wie Gewinnauschüttungen und auch fingierte Gewinnauschüttungen fallen unter § 38 Abs. 2 KStG.


§ 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG bewirkt keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung


3. § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG, der die Anwendung des § 14 Abs. 3 KStG auf Mehrabführungen von Organgesellschaften anordnet, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2003 enden, bewirkt entgegen der Ansicht der Klägerin keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung (Niedersächsische FG, Urteil vom 10.3.2011 - 6 K 338/07, EFG 2012, 261; a. A. Walter in Ernst&Young, KStG, § 14 Rz. 971; Flutgraf/Fuchs/Stifter, DB 2004, 2012).


Im Streitfall liegt keine echte Rückwirkung vor


Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG entfaltet eine Rechtsnorm „echte" Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig.


Im Streitfall liegt keine echte Rückwirkung vor. Die maßgebliche Rechtsfolge steuerrechtlicher Normen ist das Entstehen der Steuerschuld. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) daher nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Köperschaftsteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum, wie dies im Streitfall geschehen ist, der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 AO in Verbindung mit § 30 Nr. 3 KStG entsteht die Köperschaftsteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt nach § 25 Abs. 1 EStG i. V. m. § 31 Abs. 1 S. 1 KStG des Kalenderjahres.


Eine unechte Rückwirkung ...


Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung"), liegt eine „unechte" Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, denn die Gewährung vollständigen Schutzes zu Gunsten des Fortbestehens der bisherigen Rechtslage würde den dem Gemeinwohl verpflichteten Gesetzgeber in wichtigen Bereichen lähmen und den Konflikt zwischen der Verlässlichkeit der Rechtsordnung und der Notwendigkeit ihrer Änderung im Hinblick auf einen Wandel der Lebensverhältnisse in nicht mehr vertretbarer Weise zu Lasten der Anpassungsfähigkeit der Rechtsordnung lösen. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht insbesondere nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder Enttäuschung zu bewahren. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloß allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz.


 ...ist nur verfassungsgemäß, wenn sie kein schützenswertes Vertrauen verletzt


Der Gesetzgeber muss aber, soweit er für künftige Rechtsfolgen an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein. Eine unechte Rückwirkung ist mit den Grundsätzen grundrechtlichem und rechtsstaatlichem Vertrauensschutzes daher nur vereinbar, wenn sie zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt. Steuerpflichtige müssen grundsätzlich darauf vertrauen dürfen, dass die zum Zeitpunkt des tatsächlichen Abschlusses eines steuerrelevanten Geschäftsvorgangs geltende Steuerrechtslage nicht ohne hinreichend gewichtigen Rechtfertigungsgrund rückwirkend geändert wird. Um Vertrauensschutz gegen rückwirkende Gesetzesänderungen auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang eines erkenn- und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit. (BVerfG-Beschlüsse vom 7.7.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, BVerfGE 127, 1, HFR 2010, 1098; vom 10.10.2012 1 BvL 6/07, HFR 2012, 1293).


Im Streitfall lag kein schützenswerter Vertrauenstatbestand vor


Im Streitfall wurde kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin verletzt.


Bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrages am 25.10.2002 gab es das BFH-Urteil vom 18.12.2002 (I R 51/01, BFHE 201, 221, BStBl. II 2005, 49, BB 2003, 619) noch nicht. Die Finanzverwaltung (Abschn. 59 Abs. 4 S. 3 KStR 1995; BMF-Schreiben vom 24.6.1996 VV DEU BMF 1996-06-24 IV B 7-S 2770-30/95, BStBl. I 1996, 695; vom 28.10.1997 VV DEU BMF 1997-10-28 IV B 7-S 2770-29/97, BStBl. I 1997, 939, BB 1997, 2626) und das FG Düsseldorf (Urteil vom 20.3.2001 - 6 K 5206/98 K, EFG 2001, 917) vertraten in Übereinstimmung mit einem Teil der Literatur (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.2002 - I R 51/01, BFHE 201, 221, BStBl. II 2005, 49, BB 2003, 619 m. w. N.) die Auffassung, dass vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als andere Ausschüttung i.S. des § 27 KStG 1996 zu behandeln seien. Auch wenn das FG Münster (Urteil vom 4.5.2001 - 9 K 4668/98 K, F, EFG 2001, 1319) und ein Teil der Literatur anderer Auffassung waren, begründete dies kein schutzwürdiges Vertrauen. Die Rechtslage war bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrages am 25.10.2002 unklar. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger keine Gewinnausschüttungen i. S. der §§ 8 Abs. 3, 27 KStG, sondern Gewinnabführungen i. S. der §§ 14 ff. KStG darstellten. Angesichts der unterschiedlichen finanzgerichtlichen Urteile und der unterschiedlichen Auffassungen in der Literatur gab es nichts, das einen schützenswerten Vertrauenstatbestand zugunsten der Klägerin hätte begründen können.


Auch das BFH-Urteil vom 18.12.2002 (I R 51/01, BFHE 201, 221, BStBl. II 2005, 49, BB 2003, 619) begründete kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin. Die Klägerin hat nicht substantiiert dargelegt und nachgewiesen, dass sie Dispositionen im Vertrauen auf das BFH-Urteil vom 18.12.2002 getroffen hat.


Berücksichtigung der innerorganschaftlichen Minderabführungen als einlagen erfolgte zu Recht


4. Der Beklagte hat auch zu Recht gemäß § 27 Abs. 6 S. 1 KStG die durch die Instandhaltungsrückstellungen verursachten innerorganschaftlich[en] Minderabführungen bei der gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG in der zwischen den Beteiligten unstreitigen Höhe als Einlagen berücksichtigt.


Gemäß § 27 Abs. 6 S. 1 KStG erhöhen Minderabführungen das Einlagekonto einer Organgesellschaft, wenn sie ihre Ursache in innerorganschaftlicher Zeit haben. Bei der - wie oben dargelegt - gebotenen geschäftsvorfallbezogenen Betrachtungsweise sind innerorganschaftliche Minderabführungen nicht mit vororganschaftlichen Mehrabführungen zu saldieren, mit der Folge,  dass die innerorganschaftlich Minderabführungen das Einlagekonto erhöhen.


Kostenentscheidung


Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


Zulassung der Revision


Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

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