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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
22.08.2024
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Düsseldorf: Geltendmachung eines Insolvenzvertiefungsschadens gegenüber dem Abschlussprüfer

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2023 – 22 U 111/23, rkr.

ECLI:DE:OLGD:2023:1027.22U111.23.00

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2024-1967-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsatz (des Kommentators)

Die Geltendmachung eines Insolvenzvertiefungsschadens durch den Insolvenzverwalter aus § 323 Abs. 1 HGB aufgrund Erteilung eines un- eingeschränkten Bestätigungsvermerks verlangt die substantiierte Darlegung und den Beweis einer pflichtwidrigen Handlung des Ab- schlussprüfers, einschließlich des Nachweises eines Insolvenzgrunds

HGB §§ 252 Abs. 1 Nr. 2, 316, 322 Abs. 2 S. 3, 323 Abs. 1 S. 3

Sachverhalt

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung als Abschlussprüferin.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A.-GmbH. Die im Jahr 2007 gegründete A.-GmbH nahm 2008 ihre Geschäftstätigkeit mit der Produktion bzw. Verarbeitung von Antriebskomponenten als Zulieferer der Automobilindustrie auf. Die Anteile an der A.-GmbH wurden von der B.-GmbH gehalten. Ab 2009 erwirtschaftete die A.-GmbH nur noch Verluste. Mitte 2015 übernahm eine Zwischenholding des C.-Konzerns, einer namhaften indischen Unternehmensgruppe mit weltweiter Präsenz, die Gesellschaftsanteile der B.-GmbH. Dem C.-Konzern war bereits vor dem Kauf bekannt, dass die A.-GmbH dringend einer Restrukturierung unterzogen werden musste.

Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und war die Abschlussprüferin des Jahresabschlusses der A.-GmbH zum 31.12.2015. Die Beklagte erstellte den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts zum 31.12.2015 unter dem 23.9.2016 (Anlage K6 im Anlagenband Kläger GA LG). Die Prüfung endete mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk verbunden mit einem gesonderten Hinweis auf Fortbestandsrisiken gemäß § 322 Abs. 2 S. 3 HGB.

In Ihrem Prüfungsbericht (S. 2 der Anlage K6 im Anlagenband Kläger GA LG) führt die Beklagte unter der Überschrift „Lage der Gesellschaft“ aus:

„Die Gesellschaft war nur aufgrund der Unterstützung durch den Gesellschafter in der Lage, die notwendigen Auszahlungen für den laufenden Geschäftsbetrieb vorzunehmen.“

Unter der Überschrift „Bestandsgefährdende Tatsachen“ (S. 8 der Anlage K6 im Anlagenband Kläger GA LG) heißt es:

„Die Gesellschaft hat in den Geschäftsjahren 2014 und 2015 Verluste in Höhe von insgesamt 40,9 Mio. EUR erlitten und weist zum 31.12.2015 einen „Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ in Höhe von 69,3 Mio. EUR aus. Sie ist damit bilanziell überschuldet.“

Unter dem Abschnitt E. Wiedergabe des Bestätigungsvermerks führt die Beklagte aus (S. 27 der Anlage K6 im Anlagenband Kläger GA LG):

„Ohne diese Beurteilung einzuschränken, weisen wir pflichtgemäß auf die Ausführungen im Lagebericht hin. Dort ist in Abschnitt G. Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung ausgeführt, dass die Gesellschaft durch die Umsetzung der erstellten Business Pläne und den enthaltenen Investitions-, Finanzierungs-, Ertrags- und Liquiditätsplänen auch unter Berücksichtigung der bereits eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen eine nachhaltige Verbesserung der Ergebnisse und der Cashflows erwartet. Gleichwohl kann nicht ausgeschlossen werden, dass wesentliche Abweichungen von den Planungsansätzen zu einer Fortbestandsgefährdung führen können.“

Im Januar 2017 wurde ein Insolvenzantrag über das Vermögen der A.-GmbH durch die D. in E-Stadt gestellt. Mit dem Beschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 26.1.2017 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet (Anlage K2 im Anlagenband Kläger GA LG). Das Insolvenzverfahren wurde durch das Amtsgericht Meiningen am 1.4.2017 wegen Zahlungsunfähigkeit der A.-GmbH eröffnet (Anlage K3 im Anlagenband Kläger GA LG). Der Kläger ließ ein Gutachten der Steuerberater- und Wirtschaftsprüfer F. vom 24.11.2017 erstellen, nach dem die A.-GmbH bereits zum 1.1.2016 zahlungsunfähig war (Anlage K1 im Anlagenband Kläger GA LG).

Der Kläger verlangt mit der Klage von der Beklagten den Ausgleich eines Insolvenzvertiefungsschadens in Höhe von 3,6 Mio. EUR und vorgerichtlichen Anwaltskosten. Den Insolvenzvertiefungsschaden berechnet er für den Zeitraum vom 1.11.2016 bis zum 26.1.2017 auf der Grundlage eines weiteren Gutachtens der F. vom 30.9.2019 (Anlage K7 im Anlagenband Kläger) mit 7.200.227,67 EUR, wobei der Anfangszeitpunkt 1.11.2016 auf dem Bestätigungsvermerk der Beklagten vom 23.9.2016 zzgl. einer angemessenen Reaktionszeit der Geschäftsführung bzw. der Gläubiger zur Insolvenzantragstellung und der Endzeitpunkt vom 26.1.2017 auf der gerichtlichen Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung beruht (Bl. 9 GA LG). Des Weiteren lässt er sich ein Mitverschulden der A.-GmbH von 50% anrechnen (Bl. 10 GA LG).

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagte auf die Zahlung von 3,6. Mio. EUR. Als Anspruchsgrundlage komme allein § 323 Abs. 1 S. 3 HGB in Betracht, bei dem es sich um eine abschließende Sonderreglung handle. Der Kläger habe nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte ihre Pflicht als Abschlussprüferin zur gewissenhaften Prüfung verletzt habe. Anknüpfungspunkt für die Pflichtverletzung sei allein die mögliche Insolvenzreife der A.-GmbH zum 31.12.2015. Lag eine solche vor, komme es darauf an, ob dies für die Beklagte im Rahmen der an sie zu stellenden Prüfungsanforderungen erkennbar gewesen sei. Der Kläger müsse darlegen, warum das Prüfungsergebnis der Beklagten nicht auf hinreichend gesicherten Erkenntnissen beruhe und damit der Bestätigungsvermerk nicht hätte erteilt werden dürfen. Der Kläger habe die Anknüpfungstatsachen für die Prüfung der Insolvenzreife der A.-GmbH am 31.12.2015 trotz des Hinweises des Gerichts nicht ausreichend dargelegt. Bezüglich des durch den Kläger vorgelegten Privatgutachtens der F. habe die Beklagte substantiiert bestritten, dass das Gutachten auf zutreffenden Tatsachen und vollständigen Unterlagen beruhe und methodisch richtig erstellt sei. Der darlegungsbelastete Kläger sei dem durch das Gericht mit dem Hinweis vom 9.9.2021 geforderten ergänzenden Vorbringen zu den am 31.12.2015 bestehenden fälligen Verbindlichkeiten der A.-GmbH nicht nachgekommen. Der Kläger hätte vortragen müssen welche Lieferungen und Leistungen weshalb als fällig behandelt wurden und welchen Umfang diese Positionen im Einzelnen hatten. Zudem fehle Vortrag dazu, weshalb die offenen Verbindlichkeiten von verbundenen Unternehmen teilweise als fällig behandelt wurden und wie sich die sonstigen Verbindlichkeiten, die nach klägerischem Vortrag fällig waren, konkret zusammensetzen. Auch hinsichtlich weiterer Liquiditätsengpässe bis zum 23.9.2016 habe der Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Dem Gericht sei es nicht zumutbar, sich den relevanten Tatsachenstoff aus den umfangreichen und ungeordneten Anlagen selbst herauszusuchen. Aus der OPOS-Liste sei nicht nachvollziehbar, welche Forderungen auf fällige Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung und welche auf verbundene Unternehmen entfallen. Es sei nicht erkennbar wie der Privatgutachter die nicht fälligen Forderungen aus der Liste ermittelt hat. Bezüglich diverser Positionen fehle der Buchungstext vollständig. Die OPOS-Liste enthalte des Weiteren trotz der Gründung der A.-GmbH im Jahr 2007 Verbindlichkeiten aus dem Jahr 1951. Zudem seien Positionen in der Liste enthalten, bei denen das Konto und Gegenkonto übereinstimmen, so dass nicht erkennbar sei, ob es sich überhaupt um Verbindlichkeiten der A.-GmbH gegenüber Dritten handle oder nicht lediglich interne Umbuchungen vorgenommen worden seien. Der Beweis durch Vernehmung des Privatgutachters G. als Zeugen oder die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens sei nicht zu erheben, da ein Beweisantritt keinen substantiierten Vortrag ersetze. Das Zahlenwerk des Klägers sei auch rechnerisch nicht nachvollziehbar, insbesondere die durch den Privatgutachter zum Stichtag ermittelten nicht fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 3.314.000 EUR. Der Vortrag des Klägers hinsichtlich etwaiger Ratenzahlungs- und Stundungsvereinbarungen der A.-GmbH sei widersprüchlich, da er einerseits vortrage, dass ihm solche nicht vorliegen, andererseits jedoch der Gutachter ausdrücklich auf ihm vorliegende Stundungsvereinbarungen mit Lieferanten verweise. Des Weiteren sei er dem Vortrag der Beklagten, die von dem C.-Konzern abgegebenen Garantieerklärungen stünden im Zusammenhang mit Stundungsvereinbarungen, nicht entgegengetreten.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung die Klageforderung weiter. Anknüpfungspunkt für die Pflichtverletzung der Beklagten sei die Insolvenzreife der A.-GmbH zum 31.12.2015. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe er die Anknüpfungstatsachen für die Prüfung der Insolvenzreife zum 31.12.2015 hinreichend substantiiert dargelegt. Er habe die Vermögenssituation der A.-GmbH umfangreich dargelegt durch die Vorlage des Gutachtens der Wirtschaftsprüfer F. und unter Beweis gestellt durch Vernehmung des Erstellers Herrn G. als Zeugen. Die A.-GmbH habe des Weiteren in den Jahren 2015/16 fällige Steuerschulden nicht zahlen können und um Stundungen gebeten, die das Finanzamt abgelehnt habe. Der Stromversorger habe mit Schreiben vom 14.4.2016 die Einstellung der Stromversorgung aufgrund von Zahlungsrückständen angedroht. Es habe im Ergebnis zum 31.12.2015 bzw. 1.1.2016 eine Deckungslücke von 28.725 TEUR gegeben. Zum Schließen der Deckungslücke im Dreiwochenzeitraum hätten lediglich 6.314 TEUR zur Verfügung gestanden. Das Gericht habe verkannt, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der A.-GmbH zum 31.12.2015 bewusst gewesen sei. Die Beklagte habe in den E-Mails ihrer Mitarbeiterin Frau H. an die A.-GmbH selbst ausgeführt, dass aufgrund der Insolvenzreife kein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden könne, wenn nicht zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Obwohl keine der durch Frau H. genannten Voraussetzungen erfüllt worden seien, habe die Beklagte dennoch den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 16.12.2022, Az. 15 O 372/19, wie folgt abzuändern:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.600.000,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.12.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 16.286,90 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.12.2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

              die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie habe erstinstanzlich insbesondere dargelegt, dass sie die von Frau H. bei der A.-GmbH angeforderten Unterlagen vor der Freigabe des Prüfungsberichts mit Bestätigungsvermerk erhalten habe. Mit der Berufungserwiderung vom 14.6.2023 rügt sie zudem erstmalig die Aktivlegitimation des Klägers bzgl. der Geltendmachung des Insolvenzvertiefungsschadens.

Aus den Gründen

 

II. 1. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.

 

2. Die Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 323 Abs. 1 S. 3 HGB auf die Zahlung von 3,6 Mio. EUR.

 

a) Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass als Anspruchsgrundlage des Klägers gegen die Beklagte bzgl. des geltend gemachten Schadens allein § 323 HGB in Betracht kommt.

§ 323 HGB ist eine sonderprivatrechtliche Haftungsnorm, die in ihrem Anwendungsbereich den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln bei der Erfüllung des Prüfungsvertrags vorgeht (Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Auflage 2013, § 322 HGB, Rn. 3). Gemäß § 323 Abs. 1 S. 3 HGB ist der Abschlussprüfer, der vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt, der Kapitalgesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. § 323 HGB gilt für die gesetzlich vorgeschriebenen Jahresabschlussprüfungen (sog. Pflichtprüfungen), insbesondere solche gemäß §§ 316 ff., 264a HGB. Bei der durch die Beklagte vorgenommenen Abschlussprüfung handelte es sich um die Pflichtprüfung im Sinne des § 316 HGB. Der Jahresabschluss und der Lagebericht von Kapitalgesellschaften, die nicht kleine im Sinne des § 267 Abs. 1 HGB sind, sind gemäß § 316 HGB durch einen Abschlussprüfer zu prüfen.

 

b) Der Senat kann die Frage der Aktivlegitimation des Klägers im Ergebnis dahinstehen lassen, da die Berufung bereits aus anderen Gründen keinen Erfolg hat.

Ob der Insolvenzverwalter befugt ist, einen Schadensersatzanspruch gegen einen Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer wegen der Verursachung eines Insolvenzvertiefungsschadens geltend zu machen und damit ggf. die Schadensersatzbeträge zur Masse zu ziehen, ist streitig. Der für die Steuerberaterhaftung zuständige IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geht davon aus, dass der Insolvenzverwalter in einem solchen Fall den „Insolvenzverschleppungsschaden“, der der Insolvenz A.-GmbH durch die auf der Unternehmensfortführung beruhende Vergrößerung der Verbindlichkeiten erwachse, geltend machen kann. Der Schaden der A.-GmbH bemesse sich nach der Differenz zwischen ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt rechtzeitiger Antragstellung im Vergleich zu ihrer Vermögenslage im Zeitpunkt des tatsächlich gestellten Antrags (BGH, Urteil vom 6.6.2013, IX ZR 204/12, Rn. 28, juris). Gegen diese Auffassung sind in der Literatur grundlegende insolvenzrechtliche Bedenken geltend gemacht worden, die sich unter anderem darauf stützen, dass die Befugnis des Insolvenzverwalters zur Geltendmachung eines solchen Schadens von der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Haftung eines Geschäftsführers im Falle der Insolvenzverschleppung grundlegend abweiche. Bei der Haftung des Geschäftsführers nimmt der II. Zivilsenat an, dass der Insolvenzverwalter gerade nicht befugt sei, einen Insolvenzvertiefungsschaden als Schaden der Gesellschaft geltend zu machen. Vielmehr seien allein die Neugläubiger befugt, ihren Vertrauensschaden vom Geschäftsführer geltend zu machen. Wäre der Insolvenzverwalter befugt, den Vertiefungsschaden geltend zu machen und zur Masse zu ziehen, würde dies eine ungerechtfertigte Bevorteilung der Altgläubiger gegenüber den - eigentlich primär durch die verspätete Antragstellung geschädigten - Neugläubigern darstellen. Denn dadurch würde sich die Altgläubigerquote erheblich erhöhen, während die eigentlich primär geschädigten Neugläubiger unter Umständen kaum profitieren würden, weil zu befürchten sei, dass sie wegen ihres Rest-Vertrauensschadens leer ausgingen (BGH, Urteil vom 30.3.1998, II ZR 146/96, Rn. 8 ff., juris [BB 1998, 969 m. BB-Komm. Wellensiek, BB 1998, 1278]). Während das OLG Stuttgart den Streit in dem Urteil vom 22.2.2022 (12 U 171/21, Rn. 65 ff., juris) ausführlich dargestellt hat, aber im Ergebnis nicht zu entscheiden brauchte, hat das KG Berlin mit dem Urteil vom 15.11.2022 entschieden, dass der Insolvenzverwalter nicht befugt ist, einen Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater der A.-GmbH wegen Verursachung eines Insolvenzverschleppungsschadens geltend zu machen. Die gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass der Insolvenzverwalter vom Steuerberater der A.-GmbH - grundsätzlich - Zahlungsausgleich in voller Höhe der zur Tabelle festgestellten Neugläubigerforderungen (positives Interesse) verlangen und den Betrag zur Masse ziehen könnte mit der Folge, dass dieser allen Insolvenzgläubigern unter Einschluss der für ihren Quotenschaden auf anderer Grundlage abzufindenden Altgläubiger zugutekäme und der einzelne Neugläubiger wegen des verbleibenden Restes seines Vertrauensschadens womöglich leer ausginge. Darin sei eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung der Altgläubiger gegenüber den Neugläubigern zu sehen (KG Berlin, Urteil vom 15.11.2022, 21 U 55/21, Rn. 18, juris). Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zuletzt ausgeführt (BGH Urteil vom 13.12.2018, IX ZR 66/18, Rn. 12, juris [BB 2019, 403]), dass in dem Kontrahierungsschaden des Neugläubigers, mit welchem der Geschäftsführer einer juristischen Person nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung in ihrem Namen einen Vertrag schließt, ein Einzelschaden gesehen wird, welcher nicht vom Insolvenzverwalter, sondern vom Neugläubiger geltend zu machen ist. Denn der Schaden bestehe nicht in einer Verminderung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens; er sei deshalb nicht durch Auffüllen der Masse zu ersetzen, sondern er liege darin, dass der Neugläubiger mit der insolventen Gesellschaft überhaupt einen Vertrag geschlossen hat. Dies wird teilweise als Abkehr des IX. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes von seiner früheren Rechtsprechung interpretiert. Ausdrücklich ist diese jedoch nicht erfolgt.

 

c) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte als Abschlussprüferin durch die Erteilung des uneingeschränkten Bestätigungsvermerks pflichtwidrig gehandelt hat, da die geprüfte Bilanzierung der A.-GmbH nach Fortführungswerten objektiv aus der ex ante Sicht ausschied. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine geprüfte Gesellschaft einen sog. Insolvenzvertiefungsschaden hat, wenn der Abschlussprüfer den Bestätigungsvermerk bei pflichtgemäßer Prüfung nur eingeschränkt hätte erteilen dürfen bzw. verweigern müssen und dies dazu geführt hat, dass der Insolvenzantrag durch die Geschäftsführer oder Dritte verspätet gestellt wurde, wodurch eine „Vertiefung“ der Überschuldung entstanden ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.6.2021, 22 U 31/20, Rn. 22, juris). Der Abschlussprüfer hat einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk zu erteilen, wenn er die Prognose der Geschäftsführung hinsichtlich der Fortführung der Unternehmenstätigkeit teilt. Wenn er die Einschätzung nicht teilt, ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken bzw. zu versagen. Auf Risiken, die den Fortbestand der Kapitalgesellschaft oder eines Konzernunternehmens gefährden, hat der Abschlussprüfer im Bestätigungsvermerk gemäß § 322 Abs. 2 S. 3 HGB gesondert einzugehen (sog. bestandsgefährdendes Risiko).

Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist bei der Bewertung der im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Zweifel an der Möglichkeit der Unternehmensfortführung rechtfertigen noch nicht das Abrücken vom Fortführungsprinzip; die Aufgabe des Fortführungsprinzips ist vielmehr nur dann zulässig, wenn die Unmöglichkeit der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit sicher ist. Dies folgt aus der zentralen Stellung des Fortführungsgrundsatzes; zudem würde eine Bilanzierung ohne Beachtung des Fortführungsgrundsatzes bei Unternehmen, die sich in wirtschaftlich schwieriger, aber nicht aussichtsloser Lage befinden, deren Situation unter Umständen noch verschlechtern und könnte damit gerade der Grund für den Unternehmenszusammenbruch darstellen (beck-online Großkommentar, Stand 15.1.2023, § 252 HGB, Rn. 24).

Der Senat hat bereits mit der Entscheidung vom 18.6.2021 ausgeführt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtverletzung bei der geprüften Gesellschaft liegt. Erst wenn konkreter Vortrag der geprüften Gesellschaft (oder der für sie handelnden Partei kraft Amtes) zu einer vermeintlichen Pflichtverletzung erfolgt, muss der Wirtschaftsprüfer zu der von ihm entfalteten Prüfungstätigkeit vortragen, will er die Pflichtverletzung in Abrede stellen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.6.2021, 22 U 31/20, Rn. 18 f., juris). Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht.

 

aa) Allein aus der durch den Kläger behaupteten Zahlungsunfähigkeit der A.-GmbH zum 1.1.2016 ergibt sich keine Pflichtverletzung der Beklagten. Selbst wenn die A.-GmbH bereits zum 1.1.2016 zahlungsunfähig gewesen sein sollte, führt dies nicht zwangsläufig dazu, dass die Beklagte den Bestätigungsvermerk aufgrund der durch die Geschäftsführung angenommenen Fortführungsprognose nicht hätte erteilen dürfen. Die Beurteilung der der Unternehmensfortführung im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entgegenstehenden tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten ist nicht synonym mit den Voraussetzungen des Insolvenzrechts (§ 19 InsO) zu verstehen. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bezieht sich zunächst ausschließlich auf die Fortführung der Unternehmenstätigkeit während die §§ 17 ff. InsO auf den Fortbestand des Unternehmensträgers abstellen. Das Ergebnis einer, im fortgeschrittenen Krisenstadium zu erstellenden, insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose ist in die handelsrechtliche Fortführungsprognose einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass auch in der Insolvenz die Fortführung des Unternehmens möglich ist, ist die Frage der Fortgeltung der Going-Concern-Prämisse (= Fortführungsprognose) jedoch ausgehend von den Gegebenheiten des Einzelfalls und insbesondere der Entscheidung der Gläubigerversammlung zu prüfen. Der Fortführungsgrundsatz entfällt letztlich erst bei einer bereits eingestellten Unternehmenstätigkeit oder wenn die Unternehmenstätigkeit voraussichtlich innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt bzw. das Unternehmen tatsächlich liquidiert werden wird. Der Gesetzeswortlaut legt eine objektivierende Auffassung dahingehend nahe, dass nicht die subjektive Beurteilung des Bilanzierenden, sondern eine objektive Betrachtungsweise über Anwendung oder Nichtanwendung der Going-Concern-Prämisse entscheidet („tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten“ – nicht „Auffassungen“). Dabei verlangt der Gesetzeswortlaut erst dann eine Bewertung unter Verzicht auf diese Prämisse, wenn tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten „entgegenstehen“, das heißt, diese Gegebenheiten müssen sich hinreichend konkretisiert haben; besteht nur die Möglichkeit ihres Eintritts zum Zeitpunkt der Bewertung, besteht noch keine Pflicht, von der Going-Concern-Prämisse abzuweichen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Ereignisse grundsätzlich erst im Falle einer an eine absolute Sicherheit grenzenden Eintrittswahrscheinlichkeit zu berücksichtigen sind, vielmehr entscheidet der Einzelfall, sodass auch bereits eine überwiegende Eintrittswahrscheinlichkeit für einen Wegfall der Going-Concern-Prämisse ausreichen kann. Das gilt auch bei Sanierungszusagen durch Kreditinstitute oder andere Gläubiger. Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen von Gesellschaftern (z.B. Rangrücktrittserklärungen, Forderungsverzichte mit Besserungsschein, Patronatserklärungen) müssen bis zum Datum der Aufstellung des Jahresabschlusses bzw. dem Datum des Bestätigungsvermerks grundsätzlich rechtlich verbindlich zugesagt worden sein (Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Auflage 2022, § 252 HGB, Rn. 23). Wenn wie vom Kläger eine Abkehr vom Fortführungsgrundsatz bereits zu einem früheren Zeitpunkt verlangt wird, nämlich bei Vorliegen von Insolvenzgründen, so ist das Ziel dieser Überlegungen, mit der Abkehr vom Going-Concern ein Warnsignal zu setzen und dementsprechend den Zeitpunkt für das Abgehen vom Going-Concern früh zu setzen. Damit wird das bilanzielle Fundamentalprinzip Going-Concern zu einer Berichtserstattungsstufe des Risikofrüherkennungssystems umfunktioniert. Diese Bestrebungen sind aufgrund des gesetzgeberischen Eingriffs obsolet geworden. Durch das AReG v. 17.5.2016 (BGBl. I 2016, 1142) ist § 317 Abs. 4a HGB eingefügt worden, mit dem klargestellt wird, dass sich die gesetzliche Abschlussprüfung nicht darauf zu erstrecken hat, ob der Fortbestand des geprüften Unternehmens zugesichert werden kann (Frystatzki, Going-Concern-Bilanzierung bei Vorliegen von Insolvenzgründen, DStR 2017, 1494).

 

bb) Die Beklagte musste als Abschlussprüferin keine anderen Experten einschalten, welche nach den IDW-Standards das Vorliegen von Insolvenzeröffnungsgründen hätten prüfen und ein Sanierungskonzept erstellen müssen (Bl. 7, 200 GA LG). Der Abschlussprüfer ist ohne besondere Vereinbarung nicht verpflichtet, die für die Fortführungsprognose erheblichen Tatsachen selbst zu ermitteln. Den Jahresabschluss kann bzw. darf er daher allein auf Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und der ihm bekannten Umstände erstellen. Etwaige tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten, die der Unternehmensfortführung entgegenstehen könnten, hat er nur in diesem Rahmen zu prüfen (Hopt, HGB, 42. Auflage 2023, § 252 HGB, Rn. 7b).

Des Weiteren hat der Senat bereits in dem Urteil vom 18.6.2021 ausgeführt, dass die Verlautbarungen des IDW, die konkretisierende Angaben zur Abschlussprüfung machen, primär den Zweck haben, dem Abschlussprüfer einen Bestand an anerkannten Regeln aufzuzeigen. Sie enthalten aber keine Weisungen an den Abschlussprüfer. Es würde daher zu weit gehen, die Verlautbarungen des IDW als Mindestanforderungen an die Abschlussprüfung anzusehen und zu fordern, dass sie im Einzelfall eingehalten werden müssen. Allein deshalb, weil der Abschlussprüfer von einer Verlautbarung des IDW abgewichen ist, kann daher nicht angenommen werden, dass die Abschlussprüfung nicht gewissenhaft durchgeführt worden ist (OLG Düsseldorf Urteil vom 18.6.2021, 22 U 31/20, Rn. 17, juris). Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Prüfungsauftrag der Beklagten, wie er in dem Bericht über die Abschlussprüfung wiedergegeben ist (Anlage K6, S. 1 im Anlagenband Kläger GA LG). Danach sollten die IDW-Prüfungsstandards (IDW-PS) Beachtung finden. Die durch den Kläger herangezogenen IDW-Standards betreffen zudem betriebswirtschaftliche oder rechtliche Fragen außerhalb des Gebiets der Assurance oder der Unternehmensberichterstattung (vgl. Grundsätze für die Arbeitsweise der IDW Fachgremien, abrufbar unter „www.idw.de“). Für die Beurteilung der Fortführungsprognose seitens des Abschlussprüfers einschlägig ist der Prüfungsstandard IDW PS 270. Danach hat der Abschlussprüfer die Angemessenheit der durch die gesetzlichen Vertreter getroffene Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit bei der Planung und Durchführung der Prüfungshandlungen und bei der Abwägung der Prüfungsaussagen auf ihre Plausibilität hin zu beurteilen und zu erwägen, ob bestehende wesentliche Unsicherheiten hinsichtlich der Fähigkeit des Unternehmens, die Unternehmenstätigkeit fortzusetzen, im Jahresabschluss und im Lagebericht zum Ausdruck kommen müssen. Die IDW-Standards S 6 und S 11 sollen dem Abschlussprüfer die eigenverantwortliche Beurteilung der handelsrechtlichen Unternehmensfortführungsfähigkeit nicht abnehmen, sondern gelten soweit Prüfgegenstand eines Wirtschaftsprüfers die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose ist.

 

cc) Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagten die von ihr angeforderten Unterlagen vor der Erteilung des Bestätigungsvermerks nicht vorlagen. Der Kläger bezieht sich insoweit auf die E-Mails der Mitarbeiterin der Beklagten Frau H. vom 13.9.2016 (Anlage K8 im Anlagenband Kläger) und vom 22.9.2016 (Anlage K10 im Anlagenband Kläger), mit denen diese verschiedene Unterlagen bei der A.-GmbH angefordert hat. Die Beklagte trägt dazu vor, dass ihr alle angeforderten Unterlagen bei der Erteilung des Bestätigungsvermerks am 23.9.2016 vorlagen (Bl. 160, 213 GA LG). Lediglich der unterschriebene Lagebericht sei ihr erst nachträglich am 27.9.2016 übermittelt worden. Der Kläger beanstandete daraufhin erstinstanzlich (nur) noch, dass der übersandte geänderte Lagebericht von Herrn J. stamme, dessen Prokura zum 30.9.2015 erloschen war, und nicht von den Geschäftsführern der A.-GmbH (Bl. 235 GA LG). Die Beklagte trägt dazu jedoch unbestritten vor, dass Herr J. von den Geschäftsführern als Auskunftsperson benannt wurde: „haben wir die folgenden Personen als auskunftsberechtigt und qualifiziert benannt: J.“ (vgl. Bl. 250 GA LG). Die gemäß § 320 HGB zur Auskunft Verpflichteten gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft können sachkundige Mitarbeiter mit der Beantwortung der an sie herangetragenen Fragen beauftragen (Münchener Kommentar zum Bilanzrecht, 1. Auflage 2013, § 320 HGB, Rn. 23). Herr J. hat den Lagebericht auch nicht unterschrieben, sondern lediglich an die Beklagte übermittelt. Unterschrieben wurde der Lagebericht vom 23.9.2016 durch die Geschäftsführer der A.-GmbH (vgl. Anlage K6 im Anlagenband GA LG). Unerheblich ist, ob der Beklagten bereits am 23.9.2016 die unterschriebene Version des Lageberichts vorlag oder erst am 27.9.2016, wie der Kläger behauptet. Denn der Lagebericht muss nicht unterzeichnet werden (MüKo-HGB, 4. Auflage 2020, § 245 HGB, Rn. 4).

Soweit der Kläger mit der Berufung erneut pauschal vorträgt, dass der Beklagten die durch Frau H. angeforderten Unterlagen vor Erteilung des Bestätigungsvermerks nicht vorgelegen hätten, genügt dies nicht den Anforderungen an einen substantiierten Parteivortrag. Er übersieht, dass die Beklagte dieser Behauptung in der ersten Instanz bereits entgegengetreten ist und dargelegt hat, dass sämtliche angeforderten Unterlagen vor der Erteilung des Bestätigungsvermerks vorlagen. Mit diesem Vorbringen der Beklagten hätte sich der Kläger auseinandersetzen können und müssen, da ihm als Insolvenzverwalter der Schriftverkehr der A.-GmbH vorliegt.

 

dd) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte die Durchführbarkeit der Pläne der A.-GmbH für die Annahme der Fortführungsprognose nicht hinreichend geprüft hat (Bl. 237/ 238 GA LG). Der Kläger wird seiner Darlegungslast nicht gerecht, da er diese Behauptung aufstellt, ohne sich mit dem detaillierten Vortrag der Beklagten aus der Klageerwiderung zu dem Umfang ihrer Prüfungstätigkeit auseinanderzusetzen. Die nicht darlegungsbelastete Beklagte hat umfangreich ausgeführt, dass die im Jahr 2015 von der C.-Gruppe übernommene A.-GmbH eine Trendwende im Jahr 2017 und ein positives Ergebnis nach Steuern für das Jahr 2018 plante und mit welchen Maßnahmen dieses Ziel erreicht werden sollte (vgl. Bl. 52 GA LG). Der Kläger trägt dagegen nicht vor aufgrund welcher konkreten Umstände die Beklagte zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass die Annahme der handelsrechtlichen Fortführungsprognose trotz der Planung der A.-GmbH nicht gerechtfertigt ist.

Soweit der Kläger die Existenz der Patronatserklärung der K. sowie der L. vom 6.8.2015 in Abrede stellt (Bl. 416 GA LG), die nach dem Vortrag der Beklagten die Zahlungsfähigkeit der A.-GmbH sichern sollte bis diese wieder Gewinne erwirtschaftet (Bl. 328 GA LG), greift dies nicht durch, da der Kläger diese Patronatserklärung selbst in seinem Sachstandsbericht vom 23.5.2017 gegenüber dem Amtsgericht Meiningen erwähnt (Anlage B4, Bl. 425 GA LG). Die spätere Insolvenz der C.-Gruppe ist für den Beurteilungszeitpunkt der Beklagten am 23.9.2016 unerheblich.

 

ee) Die Beklagte hätte keine zusätzlichen Prüfungshandlungen vornehmen müssen. Der entsprechende Vorwurf des Klägers (Bl. 238 GA LG) erfolgt unter Verkennung der Darlegungslast. Denn der Kläger trägt nicht vor welche konkreten zusätzlichen Prüfungshandlungen die Beklagte hätte vornehmen müssen.

 

d) Unbeschadet der fehlenden Pflichtverletzung der Beklagten kann der Senat auch keinen Insolvenzvertiefungsschaden feststellen. Der Kläger hat bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die A.-GmbH zum 1.1.2016 zahlungsunfähig war.

 

aa) Der Kläger beanstandet mit der Berufung, das Landgericht habe das vorgelegte Privatgutachten bzgl. einer Zahlungsunfähigkeit der A.-GmbH zum 1.1.2016 nicht ausreichen lassen, setzt sich aber mit den detaillierten Vorbehalten des erstinstanzlichen Urteils gegen das vorgelegte Privatgutachten nicht auseinander. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass aus der dem Privatgutachten zugrundeliegenden OPOS-Liste (Anlage K16 im Anlagenband Kläger GA LG) nicht erkennbar ist, welche der dort aufgeführten Verbindlichkeiten auf die in dem Privatgutachten aufgeführten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen und welche auf Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen entfallen sowie welche der Verbindlichkeiten aus der OPOS-Liste der Privatgutachter als zum 1.1.2016 fällig berücksichtigt hat. Des Weiteren hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass bezüglich diverser Positionen aus der OPOS-Liste der Buchungstext vollständig fehlt, so dass nicht nachvollziehbar ist, um welche konkreten Verbindlichkeiten es sich handeln soll. Des Weiteren setzt sich der Kläger nicht mit der zutreffenden Beanstandung des Landgerichts auseinander, dass in der überreichten OPOS-Liste Verbindlichkeiten enthalten sind, die aus dem Jahr 1951 stammen sollen (letzte Seite der Anlage K16 im Anlagenband Kläger GA LG). Dieses Datum liegt vor der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der A.-GmbH im Jahr 2008.

 

bb) Eine Zahlungseinstellung durch die A.-GmbH zum 1.1.2016, die gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO auf eine Zahlungsunfähigkeit schließen ließe, ist nicht ersichtlich. Der Kläger trägt zwar mit der Berufungsbegründung vor, dass die A.-GmbH im Jahr 2015 um Stundungen von Steuerschulden gebeten habe, legt aber nicht dar, dass diese tatsächlich nicht gezahlt wurden, nachdem das Finanzamt die Stundungen abgelehnt hat. Das Gleiche gilt für die vorgelegte Zahlungsaufforderung des Energieversorgers.

 

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

4. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die streitige Rechtsfrage, ob der Insolvenzverwalter befugt ist, einen Insolvenzvertiefungsschaden im Rahmen eines Haftungsanspruchs gegen einen Wirtschaftsprüfer geltend zu machen, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3,6 Mio. EUR festgesetzt.

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