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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
17.10.2024
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Feststellung einer Einlagenrückgewähr

FG Köln, 17.4.2024 – 2 K 1723/20

ECLI:DE:FGK:2024:0417.2K1723.20.00

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 KStG für das Jahr 2018.

Die Klägerin ist eine französische Aktiengesellschaft in Form der société par actions simplifée (SAS) – „vereinfachte Aktiengesellschaft“. Alleiniger Gesellschafter ist ein Sondervermögen (Z-Immobilienfonds), welches durch eine GmbH (früher: Y Kapitalverwaltungsgesellschaft mbh, heute firmierend unter: X Kapitalverwaltungsgesellschaft) verwaltet wird. Anleger des Sondervermögens sind Versicherungen.

Am ....2018 wurde die Auflösung der Klägerin beschlossen. Eine Liquidation wurde nicht durchgeführt, vielmehr fand eine Auflösung durch vollständige Übertragung des Vermögens (Transmission Universelle du Patrimoine) auf den Alleingesellschafter statt.

Am ....2018 beantragte die Klägerin die gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr i.H.v. ... € für das Jahr 2018. Bei dem Betrag handele es sich um die Summe aus den Einlagen in das Nennkapital i. H. v. ... € zzgl. weiterer Einlagen i. H. v. ... € zur Gründung der Gesellschaft.

Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2019 ab. Im Streitfall fehle es an einer Leistung, da das Sondervermögen schlicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden sei, ohne dass ein Umwandlungsvorgang gegeben sei. Es fehle ein Abfluss und ein Zufluss.

Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 20.12.2019 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.07.2020 als unbegründet zurück, da die Klägerin nach französischem Gesellschaftsrecht ohne Liquidation unter Übertragung des gesamten Vermögens auf ihren Alleingesellschafter abgewickelt worden sei, ein solcher Fall der Abwicklung durch Gesamtrechtsnachfolge einer Verschmelzung gleiche und daher keine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erbracht worden sei. Da der Anteilseigner der Klägerin ein Sondervermögen sei, welches zivilrechtlich als nicht rechtsfähiges Zweckvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG einzuordnen sei, sei dieser kein verschmelzungsfähiger Rechtsträger im Sinne von § 3 UmwG. Aus diesem Grunde sei der französische Umwandlungsvorgang nicht mit einer Verschmelzung im Sinne des deutschen Umwandlungsgesetzes vergleichbar. Die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit sei von der steuerrechtlichen Rechtsfähigkeit zu unterscheiden. Auch ein nicht rechtsfähiges Zweckvermögen unterliege der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Steuerrechtlich könne eine Gesamtrechtsnachfolge auch im Verhältnis zu einem nichtrechtsfähigen Sondervermögen eintreten. Bei der Nennkapitalrückzahlung sei Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleingesellschafter übergegangen. Es handele sich jedoch nicht um eine Leistung im Sinne von § 27 Abs. 8 S. 3 KStG, da der im Körperschaftsteuerrecht verwendete Leistungsbegriff die Gewährung eines gesellschaftsrechtlich begründeten Vermögensvorteils beschreibe. Im Streitfall führe das übertragene Nennkapital nicht zu Einkünften im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 KStG, sodass es sich auch nicht um eine Leistung im Sinne von § 27 Abs. 8 KStG handeln könne, die einer Freistellung bedürfe. Weiterhin liege bereits kein tatsächlicher Abfluss vor. Ein Abfluss setze eine objektive Entreicherung voraus. Hieran fehle es im Streitfall, da das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen sei und der übertragende Rechtsträger erloschen sei.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 30.07.2020. Die Klägerin habe eine Einlagenrückgewähr erbracht, als sie infolge ihrer Auflösung das gesamte Vermögen ausgekehrt habe. § 28 Abs. 2 KStG komme zur Anwendung, wenn eine Körperschaft aufgelöst werde. Ob eine Liquidation durchgeführt werde, sei bedeutungslos. Ebenso sei bedeutungslos, auf welche Weise die Rückzahlung des Nennkapitals erfolge. Eine Sachauskehrung stelle eine solche Rückzahlung dar. Ihre Auflösung erfülle alle Tatbestandsmerkmale von § 28 Abs. 2 KStG.

Darüber hinaus konstituiere die Auskehrung des gesamten Vermögens und insbesondere die Verschmelzung eine Leistung von ihr an ihren Gesellschafter. Dies werde durch § 29 Abs. 1 KStG bestätigt. Die Argumentation des Beklagten sei widersprüchlich. Nach dessen Auffassung handele es sich bei der Transmission Universelle du Patrimoine um eine Verschmelzung. Wäre diese Auffassung richtig, wären sämtliche Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 KStG erfüllt. Die Vorschrift setze ausschließlich voraus, dass ein Umwandlungsfall im Sinne von § 1 UmwG vorliege. Dies sei der Fall, weil sie und ihr Gesellschafter Kapitalgesellschaften im Sinne der Vorschrift seien. Weder § 29 Abs. 1 KStG noch § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG stellten eine spezifisch steuerrechtliche Betrachtung an. Dass ihr Gesellschafter für Rechnung eines Sondervermögens tätig geworden sei und dieses Sondervermögen steuerrechtlich fiktiv als separates Steuersubjekt behandelt werde, sei irrelevant. Wäre hingegen eine steuerrechtliche gesonderte Betrachtung anzustellen, so folge daraus, dass die Auskehrung des Vermögens für das Sondervermögen nicht die Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 KStG erfüllte, weil die Voraussetzungen von § 1 UmwStG nicht erfüllt wären. Die Auskehrung zählte somit nicht zu den Umwandlungsfällen im Sinne von § 1 UmwStG. Damit handelte es sich steuerrechtlich gerade nicht um eine Verschmelzung, sondern um eine besondere Form der Sachausschüttung, die ihrerseits jedoch wieder die Voraussetzungen von § 28 Abs. 2 KStG erfüllte. Es sei rechtlich unmöglich, dass weder das eine noch das andere richtig sei.

Unabhängig davon sei klarzustellen, dass die Einordnung der Transmission Universelle du Patrimoine als Verschmelzung durch den Beklagten auf einem Fehlverständnis des französischen Gesellschaftsrechts beruhe. Die Transmission Universelle du Patrimoine sei im Kontext der französischen Zivilgesellschaft geregelt. Anders als im deutschen Gesellschaftsrecht werde die Zivilgesellschaft nach französischem Recht als juristische Person eingeordnet. Dementsprechend bestehe eine Zivilgesellschaft – anders als eine deutsche Personengesellschaft – nach französischem Recht fort, wenn sie nur einen Gesellschafter habe. In diesem Kontext sei die Transmission Universelle du Patrimoine zu sehen. Diese stelle gerade keine Verschmelzung, sondern eine vereinfachte Form der Auflösung dar. Die Verschmelzung sei im französischen Recht an ganz anderer Stelle in den Artikeln 236-6 ff. Code de Commerce geregelt. Die Regelungen zur Transmission Universelle du Patrimoine verwiesen gerade nicht auf die Verschmelzungsregelungen, vielmehr handele es sich um ein eigenständiges Rechtsinstitut. Dies werde bestätigt durch die Regelungen in Artikel 1844-4 Code Civil, die den Regelungen zur Transmission Universelle du Patrimoine unmittelbar vorgingen. Hier sei explizit geregelt, dass eine Gesellschaft, selbst wenn sie sich im Stadium der Liquidation befinde, im Wege der Verschmelzung von einer anderen Gesellschaft übernommen werden könne. Wären beide Rechtsinstitute vergleichbar, hätte es nahegelegen, wenn Artikel 1844-5 Code Civil auf Artikel 236-6 Code de Commerce verwiesen hätte. Nach Wortlaut, Systematik und Zweck der französischen Regelungen handele es sich bei der Transmission Universelle du Patrimoine nicht um eine Umwandlung, sondern um eine vereinfachte Form der Auflösung einer Gesellschaft mit Auskehrung des gesamten Vermögens an den Gesellschafter.

Die Annahme des Beklagten, es käme nicht zu Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sei ebenfalls widersprüchlich. Im Fall der Annahme einer Verschmelzung folge aus § 12 Abs. 5 S. 1 UmwStG, dass eine Leistung der Klägerin bei ihrem Gesellschafter zu Einkünften im Sinne von § 20 EStG führen könne. Handele es sich nicht um eine Verschmelzung, so könne nichts Anderes gelten, da die Klägerin ihr gesamtes Vermögen an den Gesellschafter im Wege einer Sachausschüttung ausgekehrt habe, was eine Leistung im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstelle.

Zusammenfassend sei darauf hinzuweisen, dass der gesamte Vorgang gerade keine Anwachsung nach deutschem Rechtsverständnis darstelle. Gleichwohl sei eine Parallele zur Anwachsung zu ziehen. Das gesamte Vermögen der Gesellschaft sei nach Auflösung auf den einzigen verbleibenden Gesellschafter übergegangen.

Auf der Ebene der das Sondervermögen verwaltenden GmbH sei der Vermögensübergang mangels Feststellungsbescheid als Dividende erklärt und entsprechend veranlagt worden. Derzeit finde eine Betriebsprüfung für das Streitjahr statt. Ohne die angestrebte Feststellung einer Einlagenrückgewähr drohe bei zwei der drei Anleger eine signifikant höhere steuerliche Belastung, die nicht zu rechtfertigen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.11.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.07.2020 zu verpflichten, für das Jahr 2018 eine Einlagenrückgewähr in Höhe von ... € festzustellen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte trägt vor, dass das im Streitfall angewendete Verfahren der französischen Transmission Universelle du Patrimoine durch eine vertragliche Übertragung des gesamten Vermögens einer Gesellschaft auf eine andere Gesellschaft gegen Ausgabe von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft gekennzeichnet sei, wobei die übertragende Gesellschaft ohne Liquidation untergehe. Charakteristisches Merkmal sei die Übertragung der Gesamtheit der Aktiva und Passiva. Dies habe die Wirkung einer Gesamtrechtsnachfolge. Auf den ersten Blick sei die Transmission Universelle du Patrimoine mit einer Verschmelzung nach deutschem Recht vergleichbar. Umwandlungen nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes müssten jedoch zivilrechtlich zulässig und wirksam sein. Dies gelte auch für Vorgänge nach ausländischem Recht. Ein ausländischer Umwandlungsvorgang sei mit einer inländischen Umwandlung im Sinne von § 1 UmwStG vergleichbar, wenn er seinem Wesen nach einer Verschmelzung etc. entspreche. Hierfür sei unter anderem die Umwandlungsfähigkeit der beteiligten Rechtsträger zu prüfen (Rn. 1.26 Umwandlungssteuererlass vom 11.11.2011). Im Streitfall sei die Klägerin mit einer deutschen Aktiengesellschaft vergleichbar. Der Anteilseigner sei jedoch ein deutsches Sondervermögen, das zivilrechtlich nicht rechtsfähig sei. Ein solches Zweckvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG sei kein verschmelzungsfähiger Rechtsträger im Sinne von § 3 UmwG. Daher sei der französische Vorgang nicht mit einer Verschmelzung im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes vergleichbar. Da die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit von der öffentlich-rechtlichen Rechtsfähigkeit zu unterscheiden sei, könne der deutsche Anteilseigner gleichwohl Träger steuerrechtlicher Rechte und Pflichten sein. Für die steuerrechtliche Betrachtung komme es insoweit nicht auf die Rechtsfähigkeit, sondern nur auf die Steuerrechtsfähigkeit an. Eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge könne auch im Verhältnis zu nichtrechtsfähigen Sondervermögen eintreten. Voraussetzung für die Anwendung von § 27 Abs. 8 KStG sei eine Leistung, die beim Anteilseigner zu Einkünften im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG führe. Anteilseigner im Sinne der Vorschrift sei derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen zuzurechnen seien. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO bestimme, dass bei einem Auseinanderfallen von zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum im Streitfall die Wirtschaftsgüter dem Sondervermögen als eigenständigem steuerlichen Rechtssubjekt selbst zuzurechnen seien. Mangels zivilrechtlicher Rechtsfähigkeit bedürfe es lediglich für Zwecke der Verwaltung des Sondervermögens einer Kapitalverwaltungsgesellschaft. Im Streitfall habe die Nennkapitalrückzahlung im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleingesellschafter in Gestalt des Sondervermögens nicht zu einer Leistung im Sinne von § 27 Abs. 8 S. 3 KStG geführt. Vor diesem Hintergrund bedürfe es auch keiner Freistellung einer Einlagenrückgewähr. Darüber hinaus fehle es an einem tatsächlichen Abfluss, da die Klägerin nicht objektiv entreichert worden sei, vielmehr sei das Vermögen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen und der übertragende Rechtsträger erloschen.

Klarstellend führt der Beklagte aus, dass er nicht davon ausgehe, dass bei der Klägerin eine Verschmelzung stattgefunden habe. Die Übertragung des gesamten Vermögens auf den Alleingesellschafter stelle eine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne von § 45 AO dar, für die kein vergleichbarer Anwendungsfall im deutschen Umwandlungsgesetz vorliege, weshalb die Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 KStG nicht erfüllt seien. Dementsprechend gingen die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin ins Leere. Unabhängig davon, dass der Beklagte für die steuerliche Würdigung des Vorgangs auf Seiten der Gesamtrechtsnachfolgerin nicht zuständig sei, sei auch nicht erkennbar, inwieweit die Klägerin in materieller Hinsicht durch die Rechtsauffassung des Beklagten benachteiligt werde.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

1. Der angefochtene Ablehnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

a. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr i.H.v. ... € für das Jahr 2018.

Infolge der Auflösung der Klägerin ohne Liquidation ging das zuvor durch den Anteilseigner geleistete Nennkapital, welches nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten unstreitig i.H.v. ... € zu beziffern ist, auf den Anteilseigner über, was zur Vermeidung einer Dividendenbesteuerung die Feststellung einer Einlagenrückgewähr erfordert.

b. Gemäß § 27 Abs. 8 S. 1 KStG können auch Körperschaften eine Einlagenrückgewähr erbringen, die nicht der unbeschränkten Steuerpflicht im Inland unterliegen, wenn sie Leistungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG gewähren können. Eine Einlagenrückgewähr ist gemäß § 27 Abs. 8 S. 2 KStG in entsprechender Anwendung der Abs. 1 bis 6 und der §§ 28 und 29 KStG zu ermitteln. Der als Einlagenrückgewähr zu berücksichtigende Betrag wird gemäß § 27 Abs. 8 S. 3 KStG auf Antrag der Körperschaft für das jeweilige Wirtschaftsjahr gesondert festgestellt. In der ab dem 01.01.2023 maßgeblichen Fassung (vgl. § 34 Abs. 10 KStG) ordnet § 27 Abs. 8 S. 9 KStG an, dass soweit für Leistungen nach S. 1 oder Nennkapitalrückzahlungen eine Einlagenrückgewähr nicht gesondert festgestellt worden ist, diese als Gewinnausschüttung gelten, die beim Anteilseigner zu Einnahmen im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 EStG führen. Mit der Gesetzesänderung wurde die bislang im BMF-Schreiben vom 04.04.2016 (BStBl. I 2016, 468) vertretene Verwaltungsauffassung kodifiziert, wonach auch die in § 28 KStG geregelte Rückzahlung von Nennkapital zu den Beträgen gehört, die als Einlagenrückgewähr gesondert festzustellen ist (vgl. BT-DrS 20/4729, S. 144).

c. Gemäß § 29 Abs. 1 KStG gilt in den Umwandlungsfällen im Sinne von § 1 UmwG das Nennkapital der übertragenden Kapitalgesellschaft in vollem Umfang nach § 28 Abs. 2 KStG als herabgesetzt. § 1 Abs. 1 UmwG bestimmt, dass Rechtsträger mit Sitz im Inland umgewandelt werden können durch Verschmelzung (Nr. 1) oder durch Vermögensübertragung (Nr. 3).

Nach § 29 Abs. 2 KStG ist in den Fällen des Übergangs des Vermögens einer Kapitalgesellschaft durch Verschmelzung nach § 2 UmwG auf eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft der Bestand des steuerlichen Einlagekontos dem steuerlichen Einlagekonto der übernehmenden Körperschaft hinzuzurechnen.

Nach § 29 Abs. 5 KStG gelten die vorstehenden Absätze sinngemäß für andere unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, die Leistungen nach § 20 Abs. 1, 9 und 10 EStG gewähren können.

Im Streitfall ist das Vermögen der Klägerin auf eine deutsche Vermögensmasse übergegangen.

Vermögensmassen sind gemäß § 1 KStG körperschaftsteuerpflichtig und somit steuerrechtsfähig.

Zivilrechtlich können gemäß § 2 Nr. 1 UmwG Rechtsträger unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen werden im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers auf einen anderen bestehenden Rechtsträger.

Nach § 3 Abs. 1 UmwG können an Verschmelzungen als übertragende und übernehmende Rechtsträger die dort aufgezählten Rechtsträger beteiligt sein. Nr. 2 erwähnt die Kapitalgesellschaften. Vermögensmassen sind nicht erwähnt.

Die deutsche Vermögensmasse ist danach kein zivilrechtlich tauglicher Rechtsträger im Rahmen einer Verschmelzung, so dass in der Auflösung der Klägerin ohne Liquidation jedenfalls keine Vollausschüttung des Nennkapitals im Sinne § 29 Abs. 1 KStG gesehen werden kann.

d. Nach § 28 Abs. 2 KStG ist im Fall der Auflösung einer Körperschaft zunächst der Sonderausweis zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu mindern. Ein übersteigender Betrag ist dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben, soweit die Einlage in das Nennkapital geleistet ist. Die Rückzahlung des Nennkapitals gilt, soweit der Sonderausweis zu mindern ist, als Gewinnausschüttung. Im Übrigen führt die Rückzahlung des Nennkapitals zu einer Einlagenrückgewähr (vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 28 KStG, Rn. 74).

Die Auflösung einer Körperschaft führt im Zuge der sich regelmäßig anschließenden Abwicklung zu einer Auskehrung des Gesellschaftsvermögens inklusive Nennkapital an die Gesellschafter, sodass das Gesetz auf die Auflösung die Regeln der ordentlichen Kapitalherabsetzung anwendet. Im Prinzip handelt es sich um eine Kapitalherabsetzung auf Null Euro (Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 28 KStG, Rn. 77). Bei der Rückzahlung des Stammkapitals handelt es sich dabei begrifflich – sowohl im Fall der Kapitalherabsetzung als auch im Fall der Auflösung der Gesellschaft – um eine Leistung im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 3 KStG. Sie ist nur deshalb ausdrücklich von der Verwendungsrechnung in § 27 Abs. 1 S. 3 KStG ausgenommen, weil die Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei Kapitalherabsetzungen in § 28 Abs. 2 S. 2 und 3 KStG als lex specialis geregelt ist (vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 27 KStG, Rn. 78).

Die dem deutschen Recht unbekannte Auflösung einer Gesellschaft ohne Liquidation bei gleichzeitiger Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände auf den Gesellschafter, ohne dass zugleich die Voraussetzungen einer Verschmelzung vorliegen, führt dazu, dass im Hinblick auf die im Zusammenhang mit der Auflösung an den Gesellschafter zurückfließenden in das Nennkapital geleisteten Einlagen eine Einlagenrückgewähr festzustellen ist, um zu verhindern, dass die entsprechenden Beträge aufgrund der Fiktion in § 27 Abs. 8 S. 9 KStG n. F. bzw. der für das Streitjahr insoweit übereinstimmenden maßgeblichen Verwaltungsauffassung gemäß dem BMF-Schreiben vom 04.04.2016 (BStBl. I 2016, 468) als Dividenden steuerlich belastet werden.

Der Beklagte vertritt insoweit die Auffassung, dass die im französischen Recht angelegte Gesamtrechtsnachfolge des Gesellschafters der Klägerin im Hinblick auf deren Vermögen dazu führe, dass bereits nicht von einer Leistung auszugehen sei, die ab- bzw. beim Gesellschafter zugeflossen sei und daher auf der Ebene des Gesellschafters eine Besteuerung nicht zu befürchten sei.

Dem Gericht erschließt sich allerdings nicht, weshalb die der Klägerin ursprünglich zuzurechnenden Wirtschaftsgüter nicht dem Anteilseigner zugeflossen sein sollen. Letztlich müssen sämtliche Aktiva und Passiva bei dem Anteilseigner bilanziert werden. Inwieweit es im Ergebnis infolge der Gesamtrechtsnachfolge und der damit einhergehenden fehlenden Aufdeckung etwaig bestehender stiller Reserven beim Gesellschafter nur zu einem gewinnneutralen Tausch gekommen sein könnte, indem die Beteiligung aus- und die übernommenen Wirtschaftsgüter eingebucht wurden, kann nicht beurteilt werden, weil die Besteuerung des Anteilseigners nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

Nach den insoweit unwidersprochenen Ausführungen der Klägerin ist es aber jedenfalls auf der Ebene des Anteilseigners (bzw. der verwaltenden Gesellschaft) zu einer Besteuerung im Umfang des erbrachten Nennkapitals gekommen. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, er habe seine diesbezügliche Rechtsauffassung dem für die Besteuerung des Anteilseigners zuständigen Finanzamt mitgeteilt, ist die Landesfinanzverwaltung dieser Rechtsauffassung offenkundig bislang nicht gefolgt.

Das deutsche Recht sieht in einer Verschmelzung eine Gesamtrechtsnachfolge (vgl. BFH v. 14.03.2012, I R 13/11, juris). Die Voraussetzungen für eine Verschmelzung liegen im Streitfall aus den genannten Gründen nicht vor. Fest steht jedoch auch, dass die ursprünglich der Klägerin zuzurechnenden Wirtschaftsgüter nunmehr dem Anteilseigner zuzurechnen sind und hierzu auch die in das Nennkapital geleisteten Einlagen zählen. Der Übergang dieses Nennkapitals führt – entgegen der Auffassung des Beklagten – zu einem Zufluss beim Anteilseigner, der aufgrund der ausdrücklichen Fiktion in § 27 Abs. 8 S. 9 KStG i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 04.04.2016 zu einer Dividendenbesteuerung des Nennkapitals führt. Die einzige Möglichkeit, dies zu verhindern, ist die Feststellung einer Einlagenrückgewähr. Vor diesem Hintergrund hat die Klägerin einen Anspruch auf eine entsprechende Feststellung.

2. Die Kostenentscheidung basiert auf § 135 Abs. 1 FGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 ZPO.

4. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

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