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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
01.10.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Bewertung mehrjähriger Kulturen in Baumschulbetrieben nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG; Neuregelung für die Wirtschaftsjahre ab 2008/2009

BMF, Schreiben vom 8.9.2009 - IV C 2 - S 2163/09/10001

Bezugnahme: BMF-Schreiben vom 10.8.2006 - IV C 2 - S 2163 - 3/06 (BStBl. I S. 493)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Bewertung mehrjähriger Kulturen in Baumschulbetrieben das Folgende:

1. Bewertungsgrundsatz

Mehrjährige Kulturen sind Pflanzungen, die nach einer Gesamtkulturzeit der Pflanzen von mehr als einem Jahr einen einmaligen Ertrag liefern (z. B. Baumschulkulturen). Sie gehören zum Umlaufvermögen und sind grundsätzlich nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den Anschaffungs-,Herstellungskosten oder mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten. Wegen der Begriffeder Anschaffungs- und Herstellungskosten wird auf § 255 Abs. 1 und 2 HGB und wegender Einzelbewertung auf Tz. 3.2.1 des BMF-Schreibens vom 15. Dezember 1981 (BStBl. IS. 878) hingewiesen.

2. Vereinfachungsregelung

Die Wertermittlung kann wie folgt vereinfacht werden:

2.1 Pflanzenbestandswert

1Die Pflanzenbestände am Bilanzstichtag werden aus Vereinfachungsgründen auf die zu bewertende Baumschulfläche bezogen (Pflanzenbestandswert). 2Dabei wird unterstellt, dass zugekauftes Pflanzmaterial verwendet wird. 3Der Pflanzenbestandswert setzt sich aus dem Flächenwert und dem Pflanzenwert zusammen.

2.2 Flächenwert

Der Flächenwert je Hektar (ha) zu bewertender Fläche beträgt:

für Flächen mit Forstpflanzen

4 200 €/ha

für alle übrigen Flächen

8 200 €/ha

2.2.1 Baumschulbetriebsfläche

1Zur Baumschulbetriebsfläche gehören die selbst bewirtschaften Flächen eines Betriebs sowie sämtliche Hof- und Gebäudeflächen, die zur Erzeugung und Vermarktung von mehrjährigen Kulturen bestimmt sind. 2Hierzu gehören auch die Flächen, auf denen Pflanzen zur Vervollständigung der üblichen Produktpalette stehen. 3Maßgeblich ist die am Bilanzstichtag im Automatisierten Liegenschaftskataster ausgewiesene Flächengröße.

2.2.2 Zu bewertende Baumschulfläche

1Die der Bewertung zu Grunde zu legende Fläche ist wie folgt zu ermitteln:

 

Baumschulbetriebsfläche

abzüglich

Hof- und Gebäudeflächen, die Wohnzwecken dienen

abzüglich

Hausgärten

abzüglich

Flächen der Bewässerungsteiche

abzüglich

Brach- und Gründüngungsflächen und am Bilanzstichtag vollständig geräumte Quartiere, soweit sie nicht zur Erzeugung von Pflanzen in Töpfen und Containern bestimmt sind

 

Zwischensumme

abzüglich

20 % von der Zwischensumme für Besonderheiten

 

Zu bewertende Baumschulfläche

2Der Abschlag von 20 Prozent berücksichtigt Besonderheiten (wie z. B. Wegeflächen, Wen-deplätze etc.). 3Die zu bewertende Fläche ist zur Bestimmung des zutreffenden Flächenwertes ggf. in Flächen mit Forstpflanzen, übrige Flächen und Flächen für Pflanzen in Töpfen und Containern aufzuteilen.

2.2.3 Nachweis der Baumschulbetriebsflächen

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregelung ist, dass sich die Baumschulbetriebsflächeaus dem nach § 142 Abgabenordnung (AO) bzw. R 13.6 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) zu führenden Anbauverzeichnis ergibt und die Hof-und Gebäudeflächen anhand anderer geeigneter Unterlagen nachgewiesen werden.

2.3 Pflanzen in Töpfen und/oder Containern

1Werden Pflanzen in Töpfen und/oder Containern erzeugt oder vermarktet, so ist der Flächenwert um 40 % zu erhöhen. 2Für Pflanzen auf Schau-, Ausstellungs- und Verkaufsflächen gilt dies entsprechend.

2.4 Pflanzenwert

1Zur Berücksichtigung der einzelbetrieblichen Verhältnisse werden die in der Gewinnermittlung des laufenden Wirtschaftsjahrs ausgewiesenen Kosten für Aufschulware und Saatgut, soweit es im eigenen Betrieb verwendet wird, angesetzt. 2Aus den Aufzeichnungen über den Zukauf muss ersichtlich sein, welche Ware der Aufschulung und welche als Handelsware dient.

3. Anwendung der Vereinfachungsregelung

3.1 Sachlicher Geltungsbereich

1Die Baumschulkulturen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder eines Gewerbebetriebssind nur insgesamt entweder nach den vorstehenden Grundsätzen oder einzeln zu bewerten. 2Bei Anwendung der Vereinfachungsregelung ist eine Bewertung mit dem niedrigeren Teilwert nicht möglich. 3Die gewählte Bewertungsmethode ist grundsätzlich beizubehalten (Grundsatz der Bewertungsstetigkeit) und gilt für die gesamte Baumschulbetriebsfläche.

3.2 Zeitlicher Geltungsbereich

1Die vorstehenden Regelungen gelten erstmals für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 bzw. das mit dem Kalenderjahr 2009 übereinstimmende Wirtschaftsjahr. 2Sie sind letztmals für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 bzw. das mit dem Kalenderjahr 2013 übereinstimmende Wirtschaftsjahr anzuwenden.

4. Übergangsregelung

1Bei der erstmaligen Anwendung der neuen Grundsätze für die Bewertung der Pflanzenbestände kann im Vergleich zu der Anwendung der bisher zulässigen Richtsätze ein zusätzlicher Gewinn entstehen. 2Dieser ergibt sich aus der Gegenüberstellung der neuen und der bisherigen Bewertungsmethode am maßgeblichen Bilanzstichtag. 3Dabei sind bei der bisherigen Bewertungsmethode auch die Bilanzansätze der Einzelbewertungen einzubeziehen. 4Aus Billigkeitsgründen kann der Steuerpflichtige in Höhe von höchstens vier Fünfteln des zusätzlichen Gewinns in der Schlussbilanz des Wirtschaftsjahres eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden. 5Die Rücklage ist in den folgenden Wirtschaftsjahren mit mindestens einem Viertel der höchstmöglichen Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen (vgl. Beispiel Tz. 5.2).

5. Beispiele

5.1 Berechnung des Pflanzenbestandswerts ab dem Wirtschaftsjahr 2008/2009

In einem 46 Hektar (ha) großen Baumschulbetrieb werden im Wirtschaftsjahr 2008/2009 laut Anbauverzeichnis 6 ha Forstpflanzen, 15 ha sonstige Ziergehölze, 14,5 ha Obstgehölze erzeugt. Die Brach- und Gründüngungsflächen im laufenden Wirtschaftsjahr betragen 4,5 ha. Ferner verfügt der Betrieb über Schau- und Ausstellungsflächen von 1 ha, Wohngebäudeflächen einschließlich des Hausgartens von 1,5 ha und bereits zutreffend abgegrenzte übrige Flächen von 3,5 ha (Dauerwege, Wendeplätze etc.). Der Wareneinkauf beträgt 200.000 EUR.

Nach der Vereinfachungsregelung ist ein Pflanzenbestandswert zum maßgeblichen Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres 2008/2009 wie folgt zu ermitteln:

a)      Flächenwert

1. Berechnung der zu bewertenden Fläche

Selbst bewirtschaftete Baumschulbetriebsfläche

46,00

ha

   

./. Wohnzwecken dienende Flächen und Hausgärten

1,50

ha

   

./. Brach- u. Gründüngungsflächen des lfd. Wirtschaftsjahres

4,50

ha

   

Zwischensumme

40,00

ha

   

./. 20 % für Besonderheiten

8,00

ha

Zu bewertende Fläche

32,00

ha

2. Aufteilung der zu bewertenden Fläche und Ermittlung des Flächenwerts

Für die Aufteilung der zu bewertenden Fläche ist das Verhältnis der Flächen laut Anbauverzeichnis maßgebend.

 

Tatsächliche Fläche in ha

Verhältnis der Flächen

Zu bewertende Fläche in ha

Flächenwert pro ha in EUR

Flächenwert gesamt in EUR

Gesamtfläche

36,50

 

32,00

  

davon

     

Forstpflanzen

6,00

16,44%

5,26

4.200,00

22.092,00

Sonstige Ziergehölze

15,00

41,10%

13,15

8.200,00

107.830,00

Obstgehölze

14,50

39,73

12,71

8.200,00

104.222,00

Schau-/Ausstellungs-fläche (Container)

1,00

2,74%

0,88

11.480,00

10.102,40

Summe

    

244.246,40

      

nachrichtlich:

     

     

Brach-und Gründüngungsflächen

4,50

    

Zu Wohnzwecken dienende Flächen

1,50

    

Sonstige Flächen

3,50

    

Summe insgesamt

46,00

    

b) Pflanzenwert

Der Wareneinkauf an Aufschulware beträgt laut Buchführung 200.000 EUR.

c) Bilanzansatz

Der Flächenwert von 244.246,40 EUR und der Pflanzenwert von 200.000 EUR sind als Pflanzenbestandswert in Höhe von 444.246,40 EUR in der Bilanz anzusetzen.

5.2 Bildung einer Rücklage im Rahmen der Übergangsregelung

Fortsetzung des Beispiels zu Tz. 5.1

Der Einzelwert der auf den Ausstellungsflächen stehenden Baumschulkulturen beträgt 7.000 EUR. Der aus der Abschreibung des Zukaufs aus dem Vorjahr bestehende Bilanzansatz in Höhe von 50 % beträgt noch 15.000 EUR.

a) Bewertung zum maßgeblichen Bilanzstichtag im Wirtschaftsjahr 2008/2009 nach bisheriger Bewertungsmethode

1. Flächenbewertung


 

Tatsächliche Fläche in ha

Ha-Richtsatz in EUR

Richtwert in EUR

Forstpflanzen

6,00

5.450,00

32.700,00

Sonstige Ziergehölze

15,00

13.150,00

197.250,00

Obstgehölze

14,50

7.200,00

104.400,00

Summe

35,50


334.350,00

    

nachrichtlich:

   

Schau- und Ausstellungsfläche (Einzelbewertung)

1,00

  

Brach- und Gründüngungsflächen

4,50

  

Zu Wohnzwecken dienende Flächen

1,50

  

Sonstige Flächen Summe

3,50

  

Summe

46,00

  
    
    

2. Zukaufsaktivierung


Aufschulware Ziergehölze

WJ 2008/2009

 

200.000,00 EUR

Abschlag 20%

  

-40.000,00 EUR

 

verbleibender Zukauf

  

160.000,00 EUR

    
    

Ha-Pflanzenwert Ziergehölze

9.900,00 EUR

  

davon ab 50%

4.950,00 EUR

  

Verbleiben als Minderung:

4.950,00 EUR

x 15 ha

-74.250,00 EUR

  

Fläche Ziergehölze

 

Zukaufsaktivierung

  

85.750,00 EUR


3. Bilanzansatz nach bisheriger Bewertungsmethode


Pflanzenbestand nach Ha-Richtsätze

334.350,00 EUR

Zukauf lfd. Wirtschaftsjahr

85.750,00 EUR

Zukauf Vorjahr (laut Sachverhalt)

15.000,00 EUR

Pflanzenbestand lt. Vereinfachungsregelung

435.100,00 EUR

Pflanzen Einzelbewertung (laut Sachverhalt)

7.000,00 EUR

Bilanzansatz für Pflanzen gesamt

442.100,00 EUR

b) Bildung der Rücklage

Bilanzansatz nach der bisherigen Bewertungsmethode

442.100,00

Bilanzansatz nach der neuen Bewertungsmethode (vgl. Tz 5.1 Buchst. c)

444.246,40

Differenz

2.146,40

  

Rücklage davon 4/5

1.717,12

Auflösung ff. Vz mind. 1/4

429,28

6. Schlussvorschriften

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Es steht ab sofort bis auf weiteres auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik - Steuern - Veröffentlichungen zu Steuerarten - Einkommensteuer - zur Ansicht und zum Abruf bereit.

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