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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
16.01.2009
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Ordnungsgeldverfahren nach dem EHUG: Beschlagnahme von Buchungsunterlagen

LG Bonn, Beschluss vom 28.7.2008 - 30 T 52/08

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes von 2.500,00 EUR wegen Nichteinreichung der Jahresabschlussunterlagen 2006 bei dem Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Das Bundesamt für Justiz hat der Beschwerdeführerin die Verhängung des Ordnungsgeldes mit Verfügung vom 12.02.2008, zugestellt am  14.02.2008, angedroht.

Durch die angefochtene Entscheidung vom 21.05.2008 hat das Bundesamt für Justiz das bezeichnete Ordnungsgeld festgesetzt.

Gegen die ihr am 23.05.2008 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 26.05.2008 "Einspruch" eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie derzeit keinen Jahresabschluss für die Jahre 2006 und 2007 erstellen könne, da sämtliche Buchhaltungsunterlagen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft L beschlagnahmt worden seien.

Das Bundesamt ist der Beschwerde entgegengetreten und verweist darauf, dass die Nichteinreichung des Jahresabschlusses auch nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht unverschuldet sei.

Auf gerichtlichen Hinweis vom 23.06.2008 hat die Beschwerdeführerin ergänzend vorgetragen und zum Nachweis ihrer Bemühungen bezüglich der Informationserlangung für den Jahresabschluss auf ein Schreiben vom 21.06.2008 an die Staatsanwaltschaft L Bezug genommen. Zudem trägt die Beschwerdeführerein vor, dass sie zwischenzeitlich ihren Geschäftsbetrieb eingestellt habe.

Aus den Gründen

II. Das als "Einspruch" bezeichnete Rechtsmittel der Beschwerdeführerin ist als sofortige Beschwerde auszulegen.

Die gemäß §§ 335 Abs. 4, Abs. 5 S. 1 und 2 HGB statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, die Frist zur Einreichung des Jahresabschlusses 2006 beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers nach § 325 Abs. 1 S. 2 HGB versäumt zu haben. Das Gesetz erachtet diese Frist generell als ausreichend für die Erfüllung der gesetzlichen Pflicht. Der Umstand, dass der Festsetzung des Ordnungsgelds nach § 335 Abs. 1 HGB eine Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB vorauszugehen hat, ändert nichts daran, dass die gesetzliche Frist nach § 325 Abs. 1 S. 2 HGB versäumt ist. Die Fristsetzung nach § 335 Abs. 3 S. 1 HGB gibt der Kapitalgesellschaft lediglich die Möglichkeit, einer Festsetzung des Ordnungsgeldes zu entgehen. Eine Herabsetzung des Ordnungsgelds ist nur für den Fall vorgesehen, dass die Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB geringfügig überschritten wird. Daraus ergibt sich, dass die Sechswochenfrist nicht etwa die Frist des § 325 Abs. 1 S. 2 HGB außer Kraft setzt. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob ein Jahresabschluss innerhalb der Sechswochenfrist erstellt werden kann. Die Frage, ob die Gesellschaft ein Verschulden trifft, ist maßgeblich auf die Einhaltung der Frist des § 325 Abs. 1 S. 2 HGB zu beziehen. Dem steht nicht entgegen, dass die Gesellschaft im Einspruchsverfahren die Unterlassung der Einreichung rechtfertigen kann (§ 335 Abs. 3 S. 1 aE HGB). Das zeigt zwar, dass es nach der Konzeption des Gesetzes Gründe geben kann, die die Unterlassung bis zum Ende der Frist des § 335 Abs. 3 S. 1 HGB rechtfertigen können. Das ändert aber nichts daran, dass die Unterlassung im Verstoß gegen § 325 Abs. 1 S. 2 HGB liegt. Deshalb muss es bei der Bewertung des Verhaltens der Gesellschaft in erster Linie auf die Umstände ankommen, die zur Versäumung dieser Frist geführt haben.

Nach den angeführten Grundsätzen war die Nichteinhaltung der Einreichungsfrist nach eigenem Vorbringen der Beschwerdeführerin verschuldet. Kapitalgesellschaften haben sich auf die Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen einzustellen. Die Folgen der Nichterfüllung sind ihnen bekannt; sie ergeben sich aus dem Gesetz. Die Beschwerdeführerin hätte dafür Sorge tragen müssen, dass die gesetzliche Frist des § 325 Abs. 1 S. 2 HGB eingehalten wurde.

Soweit die Erstellung des Jahresabschlusses dadurch erschwert worden ist, dass die Buchhaltungsunterlagen durch die Staatsanwaltschaft L im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt worden sind, steht dies einem Verschulden der Beschwerdeführerin nicht entgegen. Denn auch eine solche Beschlagnahme entbindet sie nicht von der Einhaltung der Veröffentlichungspflicht. Es sind alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um Einblick in die für die Erstellung des Jahresabschlusses erforderlichen Unterlagen zu erhalten, ggfs. Kopien zu fertigen und sodann den Abschluss zu erstellen. Hierzu bestand für die Beschwerdeführerin ausreichend Zeit, da sie nach dem vorliegenden Zeitablauf noch bis Ende März 2008 Zeit gehabt hätte, um durch eine Einreichung des Jahresabschlusses binnen der sechswöchigen Nachfrist, einer Ordnungsgeldfestsetzung zu entgehen.

Die Beschwerdeführerin hat es jedoch nach eigenem Vorbringen schuldhaft unterlassen, sich die für die Erstellung des Jahresabschlusses erforderlichen Informationen zu verschaffen. Denn wie aus dem in Bezug genommenen Anschreiben an die Staatsanwaltschaft vom 21.06.2008 hervorgeht, war der Beschwerdeführerin seitens der Staatsanwaltschaft ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, in die Unterlagen Einsicht zu nehmen und Fotokopien zu fertigen. Die Beschwerdeführerin hat diesen Hinweis der Staatsanwaltschaft jedoch - zu Unrecht - als "peinlich" und unzumutbar zurückgewiesen.

Soweit die Beschwerdeführerin zur Beschwerdebegründung ferner darauf verweist, dass sie zwischenzeitlich den Geschäftsbetrieb eingestellt habe, so führt auch dies nicht zu einer Aufhebung der Ordnungsgeldfestsetzung. Denn die Einstellung des Geschäftsbetriebes entbindet nicht von der Veröffentlichungspflicht. Dies folgt bereits aus § 71 GmbHG, wonach selbst während der Liquidation die Pflicht zur Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen fortbesteht.

Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes ist nicht zu beanstanden. Sie hält sich im untersten Bereich des Rahmens des § 335 Abs. 1 S. 4 HGB (2.500 - 25.000 €). Das Ordnungsgeld soll auch zukünftigem pflichtwidrigen Verhalten vorbeugen, deshalb muss es für den Betroffenen spürbar sein.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 335 Abs. 5 S. 5 HGB).

Wert des Beschwerdegegenstandes: 2.500,00 EUR

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