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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
03.02.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
IDW: Stellungnahme an die Bundesregierung zum Europäischen System der Abschlussprüfung

Die Abschlussprüfung – so das IDW – erfüllt eine wichtige Funktion im System der Unternehmensüberwachung: Sie erhöhe die Transparenz und Verlässlichkeit der Abschlüsse. Dies erfolge nicht nur zum Schutz der Teilnehmer des organisierten Kapitalmarkts, den die EU-Kommission einseitig betone. Nach Ansicht des IDW hat die Abschlussprüfung die Adressaten der Abschlüsse auch anderer, insbesondere mittelständischer Unternehmen, angemessen zu unterrichten. Zu nennen seien hierbei bspw. deren Gesellschafter, Gläubiger oder Arbeitnehmer. Der Ansatz der EU-Kommission eines Richtlinien- und eines Verordnungsentwurfs mit speziellen Regelungen für Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE) werde dieser breiten Zielsetzung der Abschlussprüfung nicht gerecht. Das IDW fordert eine einheitliche Richtlinien-Regelung, auch um den Eindruck unterschiedlicher Qualität und Bedeutung der Abschlussprüfung zu vermeiden. Die EU-Kommission greife mit ihren Vorschlägen materiell weitgehend und unmittelbar in die Rechte der Überwachungsorgane der Unternehmen ein. „So entsteht insgesamt der Eindruck einer sachlich nicht gerechtfertigten bürokratischen Überregulierung“, fasst Klaus-Peter Naumann, Vorstandssprecher des IDW, zusammen. „In der Sache richtige Ansätze für die Weiterentwicklung der Abschlussprüfung dürfen hingegen nicht auf die Prüfung von Unternehmen des Kapitalmarkts und Finanzsektors beschränkt sein.“

Die nach Ansicht des IDW stärker zu betonende Adressatenorientierung der Abschlussprüfung biete folgende Möglichkeiten für eine Fortentwicklung der Abschlussprüfung. Diese nutze die EU-Kommission leider nur unvollständig.
1. Die Adressaten legten verstärkt Wert auf zukunftsorientierte Informationen über die Unternehmensentwicklung und die verfolgten Geschäftsmodelle. Die Vorstände bzw. Geschäftsführer müssten daher zur Aufstellung aussagefähiger Lageberichte angehalten werden. Der Lagebericht müsse wie Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang auch durch den Abschlussprüfer geprüft werden. Diese Prüfungspflicht ermögliche es dem Abschlussprüfer, sich zur Lage des Unternehmens zu äußern und seine Warnfunktion insbesondere gegenüber dem Aufsichtsrat effektiv auszuüben.
2. Das IDW unterstützt die Absicht der EU-Kommission, die Kommunikation zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat zu stärken. Die europaweite Einführung eines Prüfungsberichts sei daher zu begrüßen. Dass dieser Prüfungsbericht von der EU-Kommission nur für die Prüfung von PIE vorgesehen sei, verstärke den Eindruck einer qualitativen Zweiteilung der Abschlussprüfung und enthalte den Überwachungsorganen von Nicht-PIE-Unternehmen dieses wichtige Instrument der Unternehmenskontrolle vor.
3. Die grundsätzliche Ausrichtung der Abschlussprüfung an den Interessen der Adressaten sei dadurch zu unterstützen, dass der Aufsichtsrat den Abschlussprüfer beauftrage.
4. Die EU-Kommission betone zu Recht die hohe Bedeutung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers. Nach Ansicht des IDW werde die Unabhängigkeit bereits heute durch das in der Abschlussprüferrichtlinie und im deutschen Recht verankerte Selbstprüfungsverbot sichergestellt. Darüber hinausgehende Verbote seien sachlich nicht gerechtfertigt. Insbesondere das vorgeschlagene Verbot der Erbringung jeglicher Steuerberatungsleistungen sei unverhältnismäßig, mittelstandsfeindlich und beeinträchtige das Interesse der zu Prüfenden an einer Betreuung durch den Abschlussprüfer. Zur Stärkung der Verbindung zwischen Abschlussprüfer und Aufsichtsrat sollte diesem die Genehmigung von Beratungsaufträgen, die der Vorstand erteilt, übertragen werden.
5. Die EU-Kommission strebe eine Änderung der Struktur des Prüfungsmarkts an und mache Vorschläge zu dessen Belebung. Hierzu zähle in erster Linie die verpflichtende externe Rotation. Diese wirke, wie sich in der Vergangenheit bei freiwilligen Prüferwechseln empirisch belegt zeigte, zu Lasten der mittelgroßen und kleinen Prüferpraxen, befördere den Preiswettbewerb und wirke damit kontraproduktiv. Zu fordern wäre vielmehr die Förderung eines Qualitätswettbewerbs.
 
Angesichts des hohen öffentlichen Vertrauens in die Funktion der Abschlussprüfung müssten sich die Abschlussprüfer in ihrem eigenen Interesse einer Berufsaufsicht stellen, die über jeden Zweifel erhaben sei. Es müsse jeder Eindruck vermieden werden, dass die Berufsaufsicht nicht objektiv durchgeführt werde. Das IDW unterstütze diese grundsätzliche Sichtweise der EU-Kommission, die eine vom Berufsstand unabhängige Aufsicht fordere.

Die Kooperation der nationalen Berufsaufsichten inder EU müsse verbessert werden. Dabei dürfe die EU deren originäre Zuständigkeitennicht unterlaufen. Über die konkreten AusgestaltungsmodalitätenderBerufsaufsichtenistweiter zuberaten. Die detaillierte Stellungnahme des IDW ist auf der Homepage des IDW abrufbar.
(PM IDW vom 27.1.2012)

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