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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
22.12.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
WPK: Neue Anforderungen an den ISA-Bestätigungsvermerk sowie zu „Sonstige Informationen“ am 15.12.2016 in Kraft getreten

 

Am 15.12.2016 sind die neuen Anforderungen an den Bestätigungsvermerk für Abschlussprüfungen nach internationalen Prüfungsstandards (ISA 700 ff.) sowie die überarbeiteten Anforderungen an „Sonstige Informationen“, die das Unternehmen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss veröffentlicht (ISA 720 revised), in Kraft.

In diesem Zusammenhang hat das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) einen Frage-/Antwortkatalog zu den neuen Anforderungen veröffentlicht, der auf der Internetseite der IFAC heruntergeladen werden kann.

Die neuen Anforderungen entfalten derzeit in Deutschland jedoch nur Relevanz für Abschlussprüfungen, die unter freiwilliger Anwendung der ISA durchgeführt werden und Geschäftsjahre betreffen, die am oder nach dem 15.12.2016 enden. Hintergrund ist, dass die EU-Kommission die ISA bislang noch nicht angenommen hat und somit eine gesetzliche Verpflichtung zu deren Anwendung bei der Prüfung von Abschlüssen in Deutschland gegenwärtig nicht besteht.

Neue Anforderungen an den Bestätigungsvermerk zu Abschlussprüfungen nach ISA

Das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) veröffentlichte Anfang 2015 neue oder überarbeitete Prüfungsstandards zum ISA-Bestätigungsvermerk (Auditor’s Report). Mit diesen neuen Anforderungen soll das Vertrauen in die Prüfung und den geprüften Jahresabschluss durch höhere Transparenz und einen verbesserten Informationswert der Abschlussprüfung gesteigert werden. Die wesentlichen Neuregelungen sind:

Für alle Prüfungen verpflichtend:

  • Darstellung des Prüfungsurteils zu Beginn des Bestätigungsvermerks gefolgt von der Darstellung der Grundlagen für dieses Urteil;
  • Erweiterte Berichterstattung über die Unternehmensfortführung durch:
    • Darstellung der Verantwortlichkeiten von Unternehmensführung und Abschlussprüfer,
    • Separate Darstellung von materiellen Unsicherheiten, sofern vorhanden,
    • Beurteilung der Angemessenheit der Darstellung im Jahresabschluss, sofern signifikante Zweifel an der Unternehmensfortführung bestehen;
  • Aussage zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und zur Erfüllung von relevanten ethischen Verpflichtungen;
  • Erweiterte Darstellung der Verantwortlichkeiten des Abschlussprüfers.

Nur für Prüfungen von „listed entities“ verpflichtend:

  • Darstellung der Sachverhalte, die aus Sicht des Prüfers für die durchgeführte Abschlussprüfung besonders bedeutsam waren (so genannte Key Audit Matters – KAM);
  • Offenlegung des Namens des Engagement Partners.

Die neuen Anforderungen sind in folgenden ISA verankert:

  • ISA 700 (revised) - Forming an Opinion and Reporting on Financial Statements,
  • New ISA 701 - Communicating Key Audit Matters in the Independent Auditor’s Report,
  • ISA 705 (revised) - Modifications to the Opinion in the Independent Auditor’s Report,
  • ISA 706 (revised) - Emphasis of Matter Paragraphs and Other Matter Paragraphs in the Independent Auditor’s Report,
  • ISA 570 (revised) - Going Concern,
  • ISA 260 (revised) - Communication with Those Charged with Governance.

Überarbeitete Anforderungen in Bezug auf „Sonstige Informationen“

Das IAASB veröffentlichte im April 2015 den überarbeiteten Prüfungsstandard ISA 720 - The Auditor’s Responsibilities Relating to Other Information zur Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers in Bezug auf sonstige Informationen, die zusammen mit dem Jahresabschluss publiziert werden.

Die sonstigen Informationen („other information“) definiert das IAASB als finanzielle sowie nichtfinanzielle Informationen, die nicht Bestandteil des Jahresabschlusses sind, aber zusammen mit diesem veröffentlicht werden (beispielsweise in einem Geschäftsbericht). Diese sonstigen Informationen sind nicht in die Abschlussprüfung einzubeziehen. Der Abschlussprüfer hat diese sonstigen Informationen jedoch zu lesen und kritisch auf Abweichungen zu den Angaben im geprüften Abschluss und zu seinen Erkenntnissen aus der Abschlussprüfung zu würdigen.

In einem separaten Abschnitt des Bestätigungsvermerks hat der Abschlussprüfer darüber hinaus weiterführende Angaben zu machen:

  • Aussage zur Verantwortlichkeit der Geschäftsführung in Bezug auf sonstige Informationen,
  • Benennung der sonstigen Informationen,
  • Aussage, dass sich das Prüfungsurteil nicht auf die sonstigen Informationen bezieht und somit diesbezüglich keine Prüfungssicherheit erzielt wird,
  • Beschreibung der Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers,
  • sofern der Abschlussprüfer die sonstigen Informationen noch vor Abgabe des Prüfungsurteils erhalten hat: entweder Aussage, dass nichts zu berichten ist, oder Beschreibung der festgestellten Falschdarstellung.

Auswirkungen auf Abschlussprüfungen in Deutschland

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Anwendung der ISA bei der Prüfung von Abschlüssen in Deutschland besteht derzeit nicht, da die EU-Kommission die ISA bislang noch nicht angenommen hat.

Dementsprechend sind die dargestellten neuen Anforderungen in Deutschland derzeit nur für Abschlussprüfungen relevant, die unter freiwilliger Anwendung der ISA durchgeführt werden und Geschäftsjahre betreffen, die am oder nach dem 15. Dezember 2016 enden.

Allerdings enthalten sowohl das Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) als auch die EU-Abschlussprüferverordnung (AP-VO) neue Anforderungen an den Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers.

 

  • Für den Bereich der Non-PIE sind die Regelungen des AReG einschlägig. Gemäß Einführungsgesetz zum HGB ist § 322 HGB-neu erstmals auf Jahres- und Konzernabschlüsse anzuwenden, die nach dem 16. Juni 2016 beginnen.
  • Für den Bereich der PIE enthält Artikel 10 der AP-VO die entsprechenden neuen Anforderungen an den Bestätigungsvermerk. Grundsätzlich gilt die AP-VO in den Mitgliedstaaten unmittelbar ab dem 17. Juni 2016 und somit vom Wortlaut her auch für Bestätigungsvermerke, die ab diesem Datum erteilt werden. Mit Blick auf die Erstanwendung der EU-Verordnung vertritt die Generaldirektion Binnenmarkt der EU-Kommission in ihrem „Fragen und Antworten-Katalog“ vom 3. September 2014 jedoch die Auffassung, dass die neuen Regeln der AP-VO grundsätzlich erst für Geschäftsjahre anzuwenden sind, die nach dem 16. Juni 2016 beginnen.

Näheres zur erstmaligen Anwendung der neuen Regelungen zum Bestätigungsvermerk aufgrund § 322 HGB sowie Artikel 10 AP-VO unter „Neu auf WPK.de“ vom 29. Juni 2016. Für weiterführende Informationen zum Zeitpunkt der verpflichtenden Anwendung der ISA in Deutschland verweisen wir auf die unverändert gültige Nachricht unter „Neu auf WPK.de“ vom 15. Mai 2015.

(Neu auf WPK.de vom 15.12.2016)

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