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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.03.2019
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
IESBA: Code of Ethics - Langjährige Beziehungen zum Prüfungsmandanten (Long Association) – Änderungen in Kraft getreten

Der Code of Ethics for Professional Accountants (nachfolgend: Code) des International Ethics Standards Board for Accountants (IESBA) sieht ab dem 15.12.2018 eine Verschärfung der Unabhängigkeitsanforderungen in Bezug auf langjährige Beziehungen zwischen Prüfungsteam und Prüfungsmandant (Long Association of Personnel with Audit Clients) vor.

A. Anwendbarkeit des Code

Der Code hat als Verlautbarung des privaten Standardsetzers IESBA für den Berufsstand in Deutschland grundsätzlich keine unmittelbare Geltung. Ausnahmen bestehen jedoch in zwei Fällen:

  • Die Praxis ist Mitglied im Forum of Firms (FoF), einem Zusammenschluss internationaler Prüfer-Netzwerke, deren Mitglieder die Einhaltung des Code erklärt haben.
  • Die Praxis hat sich im Rahmen eines Auftragsverhältnisses vertraglich zur Einhaltung des Code verpflichtet.

Entsprechend verpflichtete Berufsgesellschaft haben ab dem 15.12.2018 bei Abschlussprüfungen und Reviews die neuen Anforderungen zu Long Association of Personnel with Audit Clients (Long Association) im Code (Sections 290.148 ff. für Prüfungsleistungen) zu beachten. Im vollständig neu strukturierten Code, der zum 15.6.2019 in Kraft tritt, werden diese neuen Anforderungen in Section 540 enthalten sein.

Für sonstige Prüfungsleistungen sind im Code in den Sections 291.137 ff. bzw. 940.1 ff entsprechende Regelungen zu finden.

Die Einhaltung des Code darf grundsätzlich jedoch nicht im Widerspruch zu einschlägigen strengeren deutschen gesetzlichen Regelungen stehen. Ggf. ist in einem solchen Fall der Auftraggeber auf entsprechende Einschränkungen hinzuweisen.

B. Allgemeine Vorschriften zu Long Association für alle Abschlussprüfungen

Sofern eine natürliche Person bei ein und derselben Abschlussprüfung über einen längeren Zeitraum hinweg eingesetzt ist, können aufgrund persönlicher Vertrautheit oder Eigeninteresse die Objektivität und die kritische Grundhaltung dieser Person beeinflusst werden.

Die Vorschriften des Code sehen diesbezüglich vor, dass die Bedeutung der Gefährdung zu beurteilen ist und, soweit erforderlich, geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, um die Gefährdung zu beseitigen oder auf einen akzeptables Niveau zu senken.

Als Beispiele für Schutzmaßnahmen nennt der Code u.a. die Rotation aus dem Prüfungsteam heraus oder die Änderung der Funktion innerhalb des Prüfungsteams. Die für alle Abschlussprüfungen geltenden Regelungen sind in den Sections 290.148 - 152 (aktueller Code) bzw. 540.3 A1 - R540.4 (restrukturierter Code) dargelegt.

C. Besondere Vorschriften zu Long Association für Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE) im Sinne des Code

1. Begriff des Unternehmens von öffentlichem Interesse im Code

Die Definition von Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne des IESBA Code of Ethics ist nicht vollständig deckungsgleich mit Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne der EU-Abschlussprüferverordnung (AP-VO). So sind nach dem Code u.a. wertpapieremittierende Unternehmen PIE, deren Wertpapiere an einer anerkannten Börse notiert sind, während die AP-VO hier ausschließlich auf EU-regulierte Märkte abstellt.

Nachfolgende Ausführungen beziehen sich auf die PIE-Definition im Code.

2. Mandatsbezogene Verweildauer

Der Code sieht für Abschlussprüfungen von PIE vor, dass eine natürliche Person nicht länger als sieben Jahre

  • als Engagement Partner („verantwortlicher Prüfungspartner“),
  • als Engagement Quality Control Reviewer („auftragsbegleitender Qualitätssicherer“) oder
  • als Other Key Audit Partner („anderweitig verantwortlicher Prüfungspartner“)

für ein und denselben Prüfungsmandanten tätig sein darf (mandatsbezogene Verweildauer). Nach dieser Zeit ist eine Abkühlphase erforderlich (290.153 bzw. R540.5).

Bei der Berechnung der mandatsbezogenen Verweildauer bleiben Unterbrechungen unberücksichtigt, die nicht den Zeitraum einer vollständigen Abkühlphase erreichen (siehe hierzu unter 3). Die vor der Unterbrechung bereits aufgelaufenen Jahre werden nach der Unterbrechung weiterhin mitgezählt. Erst mit Ablauf einer zusammenhängenden vollständigen Abkühlphase beginnt die mandatsbezogene Verweildauer von neuem zu zählen (290.154 bzw. R540.6).

Sofern ein Unternehmen zum PIE wird, werden für das Auslösen der Rotationspflicht auch solche Jahre (mit-)berücksichtigt, in denen ein Prüfer das Unternehmen bereits zu Non-PIE-Zeiten geprüft hat (290.167 bzw. R540.8).

3. Abkühlphase (Cooling-off Period)

Die Dauer der Abkühlphase, die bislang zwei Jahre betrug, hängt künftig davon ab, in welcher Funktion und wie lange die betroffene Person tätig war.

a) Ununterbrochene Tätigkeit von sieben Jahren:

  • Engagement Partner: fünf Jahre Abkühlphase (290.155 bzw. R540.11), der Code enthält allerdings eine Übergangsregelung, nach der eine ggf. gesetzlich vorgegebene kürzere Abkühlphase zu beachten ist, mindestens jedoch drei Jahre (290.163 bzw. R540.19). Diese Übergangsregelung ist nur für Prüfungen anwendbar, die vor dem 15.12.2023 beginnen. In Deutschland gibt es mit Artikel 17 Abs. 7 AP-VO eine solche kürzere gesetzliche Abkühlphase.
  • Engagement Quality Control Reviewer: drei Jahre Abkühlphase (290.156 bzw. R540.12),
  • Other Key Audit Partner: zwei Jahre Abkühlphase (290.157 bzw. R540.13).

b) Kombination unterschiedlicher Tätigkeiten:

War die betroffene Person in verschiedenen Funktionen als Key Audit Partner für ein und dasselbe Prüfungsmandat über einen 7-Jahreszeitraum tätig, hängt die Dauer der Abkühlphase von der Art und der Dauer der einzelnen Tätigkeiten ab (290.158 - 161. bzw. R540.14 - 17).

Zur Veranschaulichung verweisen wir auf das Staff Questions & Answers des IESBA („Q&A“). Im Abschnitt III. „Combination of Roles“ sind zahlreiche Beispiele für die Ermittlung der Abkühlphase zu finden.

c) Untersagte Tätigkeiten während der Abkühlphase:

Der Code stellt nun klar, welche Tätigkeiten der betroffenen Person während der Abkühlphase untersagt sind (290.164 bzw. R540.20):

  • die Mitarbeit im Prüfungsteam,
  • die Durchführung der Qualitätssicherung für den Prüfungsauftrag,
  • die Beratung des Prüfungsteams oder des Mandanten zu technischen oder branchenspezifischen Fragen,
  • die Tätigkeit als sog. Client-Relationship-Partner und
  • die Ausübung sonstiger Tätigkeiten, wenn diese eine bedeutende oder häufige Interaktion mit Geschäftsführung oder Aufsichtsgremium bedingt oder zu einer unmittelbaren Einflussnahme auf das Prüfungsergebnis führen.

Die genannten Vorschriften sollen aber nicht darauf abzielen, die betroffene Person von ihrer Führungsverantwortung auszuschließen.

D. Abgleich mit der bestehenden Gesetzeslage mit Blick auf Long Association

1. Abschlussprüfungen bei Unternehmen, die nicht von öffentlichem Interesse sind (NON-PIE)

Für Abschlussprüfungen bei sog. NON-PIE (vgl. die Ausführungen unter Punkt C.1.) enthält der Code mit Blick auf Long Association allgemeine Vorschriften, wobei die interne Rotation und die Änderung der Funktion innerhalb des Prüfungsteams als geeignete Schutzmaßnahmen genannt werden. Die starren Rotationsfristen, die sich aus den besonderen Vorschriften des Code für PIE ergeben, gelten für diese Unternehmen nicht.

Die interne Rotation ist weder im HGB noch in der Berufssatzung WP/vBP explizit genannt. In § 30 Abs. 1 S. 2 Berufssatzung WP/vBP werden sechs Schutzmaßnahmen genannt, die die Gefährdung der Unabhängigkeit des WP/vBP soweit abschwächen, dass aus Sicht eines verständigen Dritten die Gefährdung insgesamt als unwesentlich zu beurteilen ist („insbesondere“). Die interne Rotation wird hier nicht genannt, ist aber als weitere Schutzmaßnahme zu sehen.

2. Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (PIE)

a) Mandatsbezogene Verweildauer

Die maximale mandatsbezogene Verweildauer für den verantwortlichen Prüfungspartner beträgt nach Art. 17 Abs. 7 S. 1 AP-VO sieben Jahre und entspricht damit dem Code.

Grundsätzlich gilt als verantwortlicher Prüfungspartner, wer den Bestätigungsvermerk nach § 322 HGB unterzeichnet oder als Wirtschaftsprüfer als für die Durchführung einer Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist.

Als verantwortlicher Prüfungspartner gilt auf Konzernebene auch, wer als Wirtschaftsprüfer auf der Ebene bedeutender Tochterunternehmen als für die Durchführung von deren Abschlussprüfung vorrangig verantwortlich bestimmt worden ist (Art. 2 Nr. 16 AP-RL i. V. m. §§ 319a Abs. 1 S. 4, 319a Abs. 2 S. 2 HGB).

Da Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne des Code und Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne der AP-VO nicht deckungsgleich sind, können sich im Einzelfall hier Unterschiede ergeben (s. hierzu Punkt C.1).

Abweichend zum Code sieht die AP-VO keine expliziten Rotationsanforderungen für den auftragsbegleitenden Qualitätssicherer (Engagement Quality Control Reviewer) und anderweitig verantwortliche Prüfungspartner (Other Key Audit Partner) vor. Der Mitunterzeichner wird zwar per Gesetz zum verantwortlichen Prüfungspartner (s.o.), ist in nach dem Wortlaut des Code aber wohl eher als Other Key Audit Partner zu beurteilen.

b) Dauer der Abkühlphase

Art. 17 Abs. 7 AP-VO sieht abweichend zu den Anforderungen des Code für den verantwortlichen Prüfungspartner lediglich eine dreijährige Abkühlphase vor.

Für diesen Fall, dass ein Gesetzgeber oder eine Aufsichtsbehörde eine kürzere Abkühlphase als der Code vorsieht, enthält der Code eine Übergangsregelung. Danach hat der Anwender des Code lediglich die gesetzlich vorgegebene kürzere Abkühlphase zu beachten, mindestens jedoch drei Jahre (290.163 bzw. R540.19). Diese Übergangsregelung ist nur für Prüfungen anwendbar, die vor dem 15.12.2023 beginnen. In Deutschland gibt es mit Art. 17 Abs. 7 AP-VO eine solche kürzere gesetzliche Abkühlphase.

Weitere Informationen

Der aktuelle Text des IESBA Code of Ethics sowie weiterführende Informationen zu Long Association finden Sie auf der Internetseite der IFAC.

(Neu auf WPK.de vom 4.3.2019)

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