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BB-Standpunkte
15.03.2016
BB-Standpunkte
Prof. Niko Härting, RA: „Wie es euch gefällt“ – der Streit um den „Like“-Button

Justizminister, Datenschützer, Verbraucherschützer, seit neuestem auch das Bundeskartellamt: In einem Überbietungswettbewerb profilieren sich viele im energischen „Kampf gegen Facebook“. Der Beifall der Medien ist den Protagonisten dabei gewiss. Selten war es so einfach, Schlagzeilen zu produzieren.

Die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale wollte in dem Chor der „Facebook-Kritiker“ auch einmal mitspielen und versandte Abmahnung an eine Reihe von namhaften Unternehmen, denen man die Einbindung eines „Gefällt mir“-Buttons nicht erlauben möchte. Begründung: Über den Facebook-Button werden IP-Adressen der Besucher erfasst, ohne dass die Besucher die Gelegenheit der Einwilligung haben.

Dem Vernehmen nach sollen eine Reihe von Unternehmen Unterlassungserklärungen unterschrieben und den Button von ihren Seiten entfernt haben. Wer riskiert schon schlechte Presse und einen aufwändigen Rechtsstreit um ein kleines Plug-In?

Eine Tochterfirma des Textilhändlers Peek & Cloppenburg blieb unbeirrt und wurde jetzt vom LG Düsseldorf zur Unterlassung verurteilt (LG Düsseldorf vom 9.3.2016 – 12 O 151/15). IP-Adressen seien jedenfalls für Facebook personenbezogene Daten, und der Websitebetreiber sei für die Verarbeitung dieser Daten datenschutzrechtlich verantwortlich. Da es an einer gesetzlichen Erlaubnis für eine solche Datenverarbeitung fehle, bedürfe es einer Einwilligung aller Seitenbesucher in die Übermittlung der IP-Adressen an Facebook. An einer solchen Einwilligung habe es gefehlt.

Der Textilhändler wird die Niederlage verschmerzen können, denn die „Lösung“ des Problems steht bereit: Die „Zwei-Klick-Lösung“, die den Button erst aktiviert, nachdem der Seitenbesucher per Mausklick seine Zustimmung zur Datenübermittlung erteilt hat. Dies ist Datenschutz, wie er den berufsmäßigen Verbrauchs- und Datenschützern gefällt: ein Internet voller lästiger Klickfenster, wie man sie derzeit auch – millionenfach – bei den „Cookie-Belehrungen“ findet.

Bei den „Gefällt mir“-Buttons geht um die Auswertung von IP-Adressen zum Zwecke der Einblendung personalisierter Werbung. Dies ist eine Methode, die seit mehr als 15 Jahren praktiziert wird. Dass dabei Verbraucher Schaden erlitten haben, ist nicht ersichtlich. So rechtfertigt man den Kampf gegen die Datensammlungen auch nie mit Erfahrungen, sondern nur mit Befürchtungen und Szenarien. Aber wer glaubt denn wirklich, dass im Silicon Valley daran gearbeitet wird, Niko Härtings „Surfverhalten“ aus IP-Adressen zu rekonstruieren, um ihn damit zu erpressen oder bloßzustellen?

Während sich Daten- und Verbraucherschützer, Journalisten und Politiker an Google und Facebook abarbeiten, ist es ruhig geworden in den Diskussionen um Massenüberwachung durch Polizei und Geheimdienste. Die Vorratsdatenspeicherung wurde weitgehend geräuschlos verabschiedet, die Erweiterung der BND-Spähbefugnisse auf „Cybergefahren“ blieb nahezu unbemerkt. Und der NSA/BND-Untersuchungsausschuss tagt, ohne dass sich die Öffentlichkeit dafür noch merklich interessiert. Ob das den tapferen Verbraucherschützen aus Nordrhein-Westfalen wirklich gefällt?

Prof. Niko Härting
, RA, ist Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin, und Honorarprofessor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin. Seine Tätigkeitsschwerpunkte bilden das Medien- und Internetrecht.

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