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BB-Standpunkte
30.09.2019
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Michael Krumwiede: Vermögensteuer 2.0 - Kommt ein altes Schreckgespenst zurück?

Am 26. August hat die SPD ein Eckpunktepapier verabschiedet, welches der erste Schritt zur Wiedereinführung einer Vermögensteuer in Deutschland sein soll. Im Detail sind die Vorschläge noch nicht sehr konkret – fest steht jedoch, dass „nur“ die Reichsten ein bis zwei Prozent der Deutschen betroffen sein sollen und dass mit einem Steueraufkommen von etwa zehn Mrd. Euro pro Jahr gerechnet wird. Betroffen sein soll das weltweite Vermögen von deutschen Steuerpflichtigen – und zwar nicht nur das von natürlichen Personen, sondern auch von Kapitalgesellschaften.

Die Sozialdemokraten greifen damit ein Thema wieder auf, dass seit 1997 schwelt. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich der Gesetzgeber dazu, die Erhebung der Vermögensteuer auszusetzen. Die Steuer war 1995 von den Karlsruher Richtern für verfassungswidrig erklärt, da die Begünstigung von Immobilienvermögen nach der seinerzeit geltenden Rechtslage gegen den Gleichheitsgrundsatz verstieß.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen Begünstigungen

Will die SPD somit wirklich ernst machen mit ihren Plänen, müsste eine Begünstigung bestimmter Vermögensarten weitestgehend ausgeschlossen werden. Zwar will man laut dem Eckpunktepapier für Betriebsvermögen bestimmte Verschonungsregeln einführen, allerdings hat man schon bei der Erbschaftsteuer gesehen, wie unglaublich schwierig es ist, derartige Verschonungsregelungen so auszugestalten, dass sie mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Auch bei den nunmehr seit Juli 2016 geltenden Regelungen zur Erbschaftsteuer ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, was eine verfassungsrechtliche Prüfung angeht.

Eine Hürde für die Vermögensteuer hat Karlsruhe aber schon selbst aus dem Weg geräumt. Bereits im Jahr 2006 verabschiedete sich das BVerfG vom Halbteilungsgrundsatz, welcher im Urteil zur Vermögensteuer in einem obiter dictum erwähnt wurde. Mittlerweile steht fest, dass die Karlsruher Richter aus dem Grundgesetz nicht ableiten können, dass es eine Belastungsobergrenze für Steuern in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen Staat und Steuerpflichtigen geben muss.

Damit sind zumindest aus rechtlicher Sicht viele Baustellen beseitigt, die eine Wiedereinführung der Vermögensteuer verhindern könnten. Eine realistische Option für eine Vermögensteuer dürfte es aber nur mit einer rot-rot-grünen Regierung geben, die nicht zuletzt durch den aktuellen Höhenflug der Grünen zumindest etwas realistischer erscheint, als noch vor einigen Jahren.

Es drohen unvorhersehbare wirtschaftliche Folgeschäden

Ob eine Vermögensteuer tatsächlich für mehr Steuergerechtigkeit sorgt, darf zumindest bezweifelt werden. Zum einen würde es überwiegend diejenigen Unternehmen und Unternehmer treffen, die bereits heute für einen Großteil der Steuereinnahmen in Deutschland sorgen. Zum anderen würde es nahezu den gleichen Personenkreis treffen, der von der deutschen Erbschaft- und Schenkungssteuer betroffen ist. Die Abschaffung der österreichischen Erbschaftsteuer im Jahr 2008 hat bereits dazu geführt, dass sich viele vermögende Deutsche mit Wegzugsgedanken beschäftigt haben, auch wenn das in vielen Fällen kein Schutz vor der deutschen Erbschaftssteuer gewesen wäre. Die Frage, ob eine neue Vermögensteuer dazu führt, dass viele Superreiche Deutschland den Rücken zukehren, lässt sich aus heutiger Sicht schwer beurteilen – ein Argument, um vermögende Leistungsträger im Land zu halten, ist sie aber ganz sicher nicht.

Daher muss die Frage erlaubt sein, ob es das geplante Steueraufkommen, das bei weniger als 1,5 Prozent des Gesamtsteueraufkommens liegen würde, wert ist, unvorhersehbare wirtschaftliche Folgeschäden zu riskieren. Es wird nun spannend sein, die politische Diskussion hierzu zu verfolgen. Erste Stimmen in der SPD fordern schon die Wiedereinführung der Vermögensteuer zur Bedingung für den Fortbestand der großen Koalition zu machen. Sollte es so kommen, muss man kein Prophet sein, um festzustellen, dass die Wähler schon sehr viel früher als geplant zurück an die Wahlurne dürfen. Dann dürfte die Vermögensteuer ein ganz heißes Wahlkampfthema werden.

Michael Krumwiede ist Partner von THEOPARK Rechtsanwälte Steuerberater und als Steuerberater schwerpunktmäßig in den Bereichen Steuerrecht und Steuergestaltung, M&A sowie Unternehmens- und Vermögensnachfolge tätig.

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