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BB-Standpunkte
04.02.2019
BB-Standpunkte
Sebastian Siesenop: Steuerliche Folgen des Brexit – Kann die Limited gerettet werden?

Wenn Theresa May am Abend des 29. März 2019 gegen 23:00 Uhr aus Downing Street No. 10 tritt und kein Austrittsabkommen mit der EU in der Hinterhand hält, ist zumindest eines gewiss: Die steuerlichen Folgen des „harten“ Brexit sind ebenso schwer abschätzbar wie gravierend. Zwar hat Ende Januar das britische Unterhaus entschieden, dass es keinen Brexit ohne Abkommen geben soll. Der Nachverhandlung des Brexit-Deals wurde aber umgehend von der Europäischen Kommission eine Absage erteilt. Rechtssicherheit lässt sich aus diesem Hin und Her nicht ableiten. Ein Austritt Großbritanniens ohne Deal droht somit weiterhin.

Zukünftig wird das Vereinigte Königreich steuerlich als Drittland behandelt. Soweit sind die Auswirkungen planbar. Nicht kalkulierbar aber sind die Steuerfolgen für bereits abgeschlossene Sachverhalte: Für Einbringungsvorgänge nach dem deutschen Umwandungssteuergesetz etwa droht allein durch den Wegfall des EU-Bezugs die Besteuerung von Einbringungsgewinnen. Hat ein Unternehmen Wirtschaftsgüter in eine Betriebsstätte in Großbritannien verlagert, droht die Zwangsauflösung der zur Verhinderung der sofortigen Entnahmebesteuerung gebildeten Ausgleichsposten. In den Fällen des Wegzugs einer Person mit Beteiligungsbesitz schwebt das Damoklesschwert des Wegfalls der Stundung für die Wegzugsbesteuerung über dem Steuerpflichtigen.

In all diesen Fällen zeigt sich der Gesetzgeber bemüht, mit einer Änderung der Steuergesetze den Termin des Brexit künstlich nach hinten zu verlagern und zumindest für die Vergangenheit Bestandsschutz zu gewähren. Den Entwurf eines steuerlichen Begleitgesetzes zum „harten“ Brexit hat das Bundesfinanzministerium im Oktober vergangenen Jahres vorgelegt. Will dieser Entwurf den steuerlichen Crash verhindern, besteht aber noch erheblicher Nachbesserungsbedarf. Denn der Gesetzgeber hat bei Weitem nicht für alle Konstellationen Vorsorge getroffen.

Wirkungslos wird das Handeln des deutschen Gesetzgebers ohnehin dort sein, wo unilaterale Maßnahmen schlicht nicht ausreichend sind, um die Niederlassungsfreiheit auch über den 29. März 2019 hinaus zu gewährleisten. Dies betrifft allen voran die in etwa 10.000 in Deutschland aktiven britischen Limiteds, deren Gesellschaftern mit dem Brexit die persönliche Haftung für die Verbindlichkeiten der Limited bevorsteht. Bei Lichte betrachtet sind diese Limiteds angesichts der fortgeschrittenen Zeit nahezu chancenlos, noch einen risikolosen, geordneten Weg in eine deutsche Gesellschaftsform zu finden.

Zwar möchte auch hier das Bundesjustizministerium mit einem im Oktober vergangenen Jahres vorgelegten Reformentwurf zum Umwandlungsgesetz den Limiteds eine Brücke bauen, indem Verschmelzungen auf eine deutsche Gesellschaftsform auch für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren nach dem 29. März 2019 im deutschen Handelsregister eintragungsfähig sein sollen. Was hilft dies aber, wenn nicht auch das britische Companies House über den Zeitpunkt des „harten“ Brexits hinaus bereit ist, eine entsprechende Verschmelzungsbescheinigung zu erteilen. Der Abschluss einer Verschmelzung bis zum Brexit dürfte spätestens jetzt zeitlich nicht mehr durchführbar sein.

Wollen die Beteiligten die persönliche Haftung noch vermeiden, hilft wohl nur noch die Einbringung der Limited-Anteile in eine deutsche Kapitalgesellschaft. Befinden sich die Limited-Anteile sodann in einer Hand, erfolgt das automatische Anwachsen des Vermögens auf die deutsche Kapitalgesellschaft. Ob das die Haltefristen nach UmwStG verletzt und zu einer Versteuerung des Einbringungsgewinns II führt oder ob die Finanzverwaltung zumindest für im Companies House weiterhin eingetragene Limiteds nach wie vor mit Hilfe des Rechtstypenvergleichs die Limiteds zumindest steuerlich anerkennt, bleibt für Betroffene offen.

Steuerpflichtige müssen sich mehr und mehr daran gewöhnen, dass Besteuerungstatbestände auch ohne ihr aktives Zutun ausgelöst werden. Erst im Oktober des vergangenen Jahres hat das Bundesfinanzministerium klargestellt, dass auch die Änderung eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Entstrickung bewirken kann. Eine zeitnahe Klarstellung – in welche Richtung auch immer – wäre auch im Hinblick auf den nahenden Brexit wünschenswert.

Dipl.-Finanzwirt (FH) Sebastian Siesenop, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, ist im Steuer- und Gesellschaftsrecht bei der BRANDI Rechtsanwälte Partnerschaft mbB am Standort Hannover tätig.

 

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