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BB-Standpunkte
09.06.2014
BB-Standpunkte
Dr. Jochen Koch: Rente ab 63 und ihre Auswirkungen auf die Altersteilzeit

Der Bundestag hat am 23. Mai 2014 das "Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz)“ verabschiedet. Es soll voraussichtlich am 01. Juli 2014 in Kraft treten. Ein wesentliches Element ist die Rente ab 63: Beschäftigte, die eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben, sollen gemäß § 236b SGB VI vorübergehend einen Anspruch auf die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte erhalten.

Die Auswirkungen, die die Rente ab 63 auf bestehende Altersteilzeitarbeitsverhältnisse haben wird, sind vielen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht klar. Beide Seiten sind verunsichert, auch hinsichtlich möglicher Gestaltungsvarianten. Diese sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

  • In vielen Kollektiv- und Arbeitsverträgen ist geregelt, dass das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endet, sobald der Mitarbeiter einen Anspruch auf eine ungeminderte Altersrente hat. Dies gilt auch für die abschlagsfreie Rente ab 63.

Somit enden bestehende Altersteilzeitarbeitsverhältnisse nun vorzeitig, die gemäß der vertraglichen Vereinbarung erst nach einem möglichen Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ab 63 enden würden. Der Arbeitgeber muss die vorzeitige Beendigung rechtzeitig mitteilen. Eine einvernehmliche Fortsetzung der Altersteilzeit bis zu ihrem ursprünglich vorgesehenen Ende erscheint möglich. Der Arbeitnehmer hat jedoch keinen Anspruch darauf.  

Es bleibt abzuwarten, ob die jeweiligen Sozialpartner modifizierende Regelungen treffen werden, die eine automatische Beendigung im Falle der Rente ab 63  ausschließen.

  • Bestehende Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, die enden, bevor der Mitarbeiter einen Anspruch auf die Rente ab 63 erwirbt, bleiben von der Neuregelung unberührt. Sie enden grundsätzlich zum vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt, also noch vor dem ungeminderten Rentenzugang. 

Häufig fühlen sich die Arbeitnehmer durch diese Situation benachteiligt, weil sie – wie von Anfang an geplant – nur eine geminderte Altersrente beziehen können. Der Anspruch auf eine ungeminderte Altersrente ist für manchen Arbeitnehmer nach der Rente ab 63 jedoch oft nur wenige Monate entfernt. Vielfach äußern sie daher den Wunsch, diese Zeit nach Ende der Altersteilzeit mit Hilfe des Arbeitgebers zu überbrücken. Dazu ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet. 

Kommt der Arbeitgeber diesem Wunsch dennoch nach, kann das Altersteilzeitarbeitsverhältnis aus praktischen Gründen meist nur verlängert werden, wenn die Arbeitsphase noch nicht abgeschlossen ist. Eine weitere Möglichkeit könnte sein, für die Überbrückungsdauer ein reguläres Arbeitsverhältnis abzuschließen.  

  • Der Anspruch des Arbeitgebers gegen die Bundesagentur für Arbeit auf Erstattung der Aufstockungsleistungen bleibt – wenn alle übrigen Erstattungsvoraussetzungen ebenfalls vorliegen – auch bestehen, wenn der Altersteilzeitmitarbeiter Anspruch auf die Rente ab 63 Jahren hat. Dies regelt eine gesetzliche Übergangsvorschrift zu § 5 Abs. 1 Satz 2 AltTZG. 

 

  • Die abschlagsfreie Rente ab 63 soll nicht für Betriebsrenten gelten. Zwar kann der Arbeitnehmer beim  Bezug der gesetzlichen Altersrente für besonders langjährig Versicherte ab Vollendung des 63. Lebensjahres auch die Leistung der Betriebsrente verlangen. Für die Dauer der möglichen Betriebszugehörigkeit ist aufgrund einer Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dennoch weiterhin auf das 65. Lebensjahr abzustellen.

 

Der Gesetzgeber hat die Forderungen ausgeschlagen, den Anspruch auf die abschlagsfreie Rente ab 63 nicht im Anschluss an ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis zu ermöglichen, in diesen Fällen also die Rentenabschläge beizubehalten. So greift die Rente ab 63 erheblich in das Gefüge bestehender Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Arbeitsverträge ein. Die jeweiligen Vertragsparteien sind daher gehalten, die Scherben dieser rentenrechtlichen Neuerung zusammenzukehren. Schließlich wird durch den frühzeitigen abschlagsfreien Rentenzugang – nicht nur, aber auch im Rahmen der Altersteilzeit – für den Arbeitnehmer jeder Anreiz genommen, bis zur Regelaltersgrenze zu arbeiten. Dies ist angesichts des Fachkräftemangels und der demographischen Entwicklung kaum zu verantworten.

 

Dr. Jochen Koch, RA und FAArbR, arbeitet als Rechtsanwalt bei SÜDWESTMETALL e.V.  

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