R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
BB-Standpunkte
02.06.2014
BB-Standpunkte
Dr. Christian Zwirner: Hinterlegung des Jahresabschlusses nach MicroBilG – Wahlrecht zum Verzicht auf den Anhang entbindet nicht vom True-and-Fair-View-Grundsatz!

Mit der Veröffentlichung des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) am 27.12.2012 beabsichtigte der Gesetzgeber, umfangreiche Entlastungen für Kleinstkapitalgesellschaften einzuführen, ohne das Informationsinteresse der Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber hinsichtlich relevanter Jahresabschlussdaten zu vernachlässigen. Eine zentrale Erleichterung im MicroBilG betrifft die Erstellung eines Anhangs. Auf die Erstellung eines solchen darf eine Kleinstkapitalgesellschaft (nach § 264 Abs. 1 S. 5 HGB) verzichten, wenn mindestens folgende Angaben unter der Bilanz gemacht und mit hinterlegt werden:

• Haftungsverhältnisse nach § 251 HGB i.V.m. § 268 Abs. 7 HGB,
• Vorschüsse und Kredite an Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsführungs- oder
  Aufsichtsorgane nach § 285 Nr. 9 Buchst. c HGB,
• Transaktionen eigener Aktien i. S. d. § 160 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AktG.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein ohne Anhang aufgestellter Jahresabschluss einer Kleinstkapitalgesellschaft i. S. d. MicroBilG grds. ein tatsächliches Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt. Dennoch müssen Kleinstkapitalgesellschaften berücksichtigen, dass das Wahlrecht zum Verzicht auf einen Anhang diese nicht vom True-and-Fair-View-Grundsatz entbindet, sodass u. U. trotz Wahlrechtsausübung weitere Angaben unter der Bilanz erforderlich sein können.

Der Gesetzgeber hat diesbezüglich in der Regierungsbegründung bereits die Angabe mittelbarer Pensionsverpflichtungen nach Art. 28 EGHGB genannt. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat sich in der 232. Sitzung des Hauptfachausschusses (HFA) dahingehend geäußert, dass die Schlusserklärung zum Abhängigkeitsbericht gem. § 312 AktG unter der Bilanz anzugeben sei, wenn kein Anhang erstellt wird. Die beiden vorstehenden Beispiele machen deutlich, dass bis heute kein abschließender Umfang der notwendigen Angaben unter der Bilanz feststeht. Zudem hat der Gesetzgeber bereits in der Regierungsbegründung zum MicroBilG klargestellt, dass auch dann (weitere) Angaben unter der Bilanz zu machen sind, wenn die gewählte aggregierte Darstellung in Bilanz und GuV kein zutreffendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, S. 23).

Nach dem hier vertretenen Standpunkt kommen vor diesem Hintergrund zudem folgende Sachverhalte in Betracht, die zur Erreichung des mit der Hinterlegung der Bilanz verfolgten Gläubigerschutzaspekts und der gesetzlichen Forderung nach einem True and Fair View unter der Bilanz anzugeben sind:

• Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern nach
  § 42 Abs. 3 GmbHG,
• Risiken zur Fortentwicklung der Gesellschaft sowie bestandsgefährdende Risiken,
• Angabe des Betrags der im Handelsregister eingetragenen Einlage, soweit diese
 nicht geleistet ist (§ 264c Abs. 2 S. 9 HGB),
• wesentliche außerordentliche Effekte nach § 276 Abs. 5 HGB (da diese Angabe als
 explizite Anhangangabe gefordert ist, auch wenn nur eine verkürzte GuV erstellt, aber
 nicht hinterlegt wird),
• mögliche Haftungsrisiken aufgrund einer unbeschränkten Haftung als Gesellschafter
 eines Tochterunternehmens.

Letztlich ist die Frage nach den notwendigen Angaben unter der Bilanz stets unternehmensindividuell zu beantworten. Verantwortlich sind Vorstand bzw. Geschäftsführung. Daher muss empfohlen werden, im Zweifel eine wesentliche Angabe zu machen, anstatt auf sie zu verzichten und sich etwaigen Haftungsrisiken auszusetzen.

Dr. Christian Zwirner, WP/StB, ist Geschäftsführer der Dr. Kleeberg & Partner GmbH, München

Kommentare (Kommentieren)

Wir sind stets um Qualität bemüht. Deshalb wird Ihr Beitrag erst nach kurzer Prüfung durch unsere Redaktion sichtbar sein.

Ihre E-Mail-Adresse wird niemals veröffentlicht oder verteilt. Benötigte Felder sind mit * markiert

stats