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BB-Standpunkte
20.04.2018
BB-Standpunkte
Tino Duttiné: Grundsteuer – Verfassungswidriges „Augen zu und durch“ hat endlich ein Ende!

Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsteuer wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot für verfassungswidrig erklärt. Die Entscheidung war lange erwartet worden und im Ergebnis überrascht sie nicht.

Im Kern geht es um die Auswirkungen der Einheitsbewertung für Grundstücke, welche in den „alten“ Bundesländern letztmalig zum 1.1.1964 erfolgte. Seinerzeit wollte man alle sechs Jahre eine Bewertung durchführen, um die Entwicklung der Verkehrswerte möglichst gut nachbilden zu können. Tatsächlich aber gab es seit über fünfzig Jahren (!) keine Hauptfeststellung mehr.

Viele Kommunen von Grundsteuer-Einnahmen abhängig

Die Grundsteuer ist heute, wie die Gewerbesteuer auch, ein Kernelement der Kommunalfinanzierung. Sie ohne angemessenen Vorlauf für unanwendbar zu erklären, hätte katastrophale Folgen. Die Steuer ist allerdings auch ein willkommener Spielball der Politik. Die Kommunen haben ein Hebesatzrecht und üben hiermit unmittelbaren Einfluss auf die Belastung ihrer Bürger aus. Diesem Hebesatzrecht sind keine rechten Grenzen gesetzt und man liest immer wieder von Fällen, in welchen der Hebesatz mehr als verdoppelt wurde. War die Grundsteuer früher eine geringe Belastung, so ist dies heute oft nicht mehr so. Die Entscheidungsträger nutzen hierbei gerne den Umstand, dass die Steuer nicht zu umgehen ist und man kaum wegen ihrer Belastung umzieht. Und Gegenleistung muss man weder bei hoher noch bei niedriger Steuer bringen. Häufig sind verschuldete Kommunen abhängiger von der Grundsteuer als andere und bringen gleichzeitig weniger Leistungen für ihre Bürger. Das der Steuer zugrundeliegende Äquivalenzprinzip funktioniert schon lange nicht mehr.

Es verwundert nicht, dass man nunmehr auch höchstrichterlich feststellt, dass die wachsende Divergenz zwischen Einheitswert und Verkehrswert zu einer Ungleichbehandlung führt. Die einstmals vergleichbaren Werte können sich heute jedoch auseinanderentwickelt haben. Man überlege sich nur, welche Wertentwicklung es für bebauten Grund und Boden hat, wenn die Arbeitersiedlung der Hippieunterkunft mit Dachterrasse gewichen ist. Im Einheitswert spiegelt sich diese Entwicklung nicht wider. Noch gravierender wird es, wenn man von besagter Dachterrasse auf die aus städtebaulichen Gründen verbliebenen Reste der Arbeitersiedlung schaut. Es ist davon auszugehen, dass beide bebauten Grundstücke denselben relativen Einheitswert haben. Diese Ungleichbehandlung ist auch nicht zu rechtfertigen.

Die Entscheidung macht dankbarer Weise sehr klar, dass die im System der Einheitsbewertung angelegten Schwächen nicht einen verfassungswidrigen Zustand rechtfertigen können. Wenn man nicht in der Lage ist, ein verfassungsmäßiges Gesetz zu erlassen, so ist als Konsequenz vorgesehen, auf ein solches Gesetz eben zu verzichten! Augen zu und durch, sprichwörtlich auf Kosten der Bürger, kann nicht die Lösung sein.

Der Gesetzgeber hat nunmehr Zeit, bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung zu treffen. Geschieht dies, kann die aktuelle Regelung längstens bis zum 31.12.2024 angewandt werden. Gibt es bis Ende 2019 keine Neuregelung, tritt die Altregelung ab diesem Zeitpunkt außer Kraft. Das Land wäre von einer zweifelhaften Steuer befreit. Die zeitlichen Vorgaben erscheinen großzügig und doch könnte es eng werden. Die Reform der Erbschaftsteuer, weckt Erinnerungen an eine von Partikularinteressen geprägte Diskussion. Reformmodelle zur Grundsteuer gibt es einige. Ob die Politik sich auf ein gerechteres System einigen kann und nicht zu sehr auf die klebrigen Finger der Kämmerer schaut, ist abzuwarten.

Tino Duttiné ist Partner in der Steuerrechtspraxis im Frankfurter Büro von Norton Rose Fulbright. Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung von Unternehmen in allen Fragen des deutschen und internationalen Steuerrechts. Sein besonderer Fokus liegt dabei auf projektorientierter Steuerplanung, Beratung bei M&A-Transaktionen, der Optimierung von Konzernsteuern sowie bei strukturierten Finanzierungen und Immobilienakquisitionen.

 

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