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BB-Standpunkte
19.05.2014
BB-Standpunkte
Dr. Mark C. Hilgard, RA: Englisch als Gerichtssprache? – auf die Ausgestaltung des Verfahrens kommt es an

Der Bundesrat hat erneut den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen eingebracht. Diese Initiative wird von vielen Verbänden unterstützt.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn die Tatsache, dass Englisch zunehmend im internationalen Wirtschaftsverkehr um sich greift, auch bei der Prozessführung in Deutschland berücksichtigt wird. Insbesondere Anlagen in Englisch sollten ohne Übersetzung in ein Verfahren eingebracht werden können.

Allerdings darf im Wettbewerb der Rechtssysteme nicht übersehen werden, dass dort die Ausgestaltung des Verfahrens zählt, und erst in zweiter Linie die Sprache.

Wer sich für ein Zivilverfahren in Deutschland entscheidet, trifft damit bewusst eine Entscheidung gegen eine „discovery“.Zumindest zwei Dinge werden ausländische Parteien sehr stören: Der Grundsatz der Mündlichkeit wird im deutschen Zivilprozess aus Sicht ausländischer Juristen sehr gewöhnungsbedürftig gehandhabt. Was soll eine ausländische Partei von einer mündlichen Verhandlung halten, in der laut einem knappen (dann englischsprachigen) Protokoll „die Rechts- und Sachlage umfassend erörtert“ wurde? Und von einer Beweisaufnahme, bei der die Zeugenaussagen zwar in Englisch, aber nicht wörtlich („verbatim“), sondern durch den Filter des die Aussage ins Protokoll diktierenden Richters zusammenfassend wiedergegeben werden?Für wen wird denn eigentlich Englisch gesprochen? Man stelle sich den Fall vor, dass zwei deutsche Anwälte (und beim Anwaltszwang soll es auch nach dem neuen Modell bleiben) vor einem deutschen Richter in Englisch über Feinheiten des deutschen Rechts plädieren. Wer muss denn eigentlich überzeugt werden („Empfängerhorizont“), der Richter oder die Partei? In Schiedsverfahren, bei denen Englisch als Verfahrenssprache vereinbart wurde (etwa weil der Unternehmenskaufvertrag, über den gestritten wird, in Englisch abgeschlossen wurde), zeigt es sich nach den Erfahrungen des Verfassers häufig, dass die Beteiligten in einer solchen Konstellation nach einiger Zeit dann doch zur deutschen Sprache übergehen wollen.

Dr. Mark C. Hilgard, Rechtsanwalt/Partner, Mayer Brown LLP, Frankfurt a. M.


Hinweis der Redaktion:
Die ausführliche kritische Stellungnahme von Hilgard können Sie abrufen unter: BB-Online BBL2014-1219-1.

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