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BB-Standpunkte
02.07.2014
BB-Standpunkte
Jens Berger: IASB - Diskussionspapier zu Macro Hedging – Lesen Sie trotzdem weiter!

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Wenn Begriffe wie „Macro Hedging“, „dynamisches Risikomanagement“ oder „Hedge Accounting“ fallen, dann winkt selbst der geneigte Rechnungsleger ab mit dem Verweis „Das ist ein Bankenthema!“. Und so wird es auch vielen ergehen, die vom neuen Diskussionspapier des International Accounting Standards Board (IASB) mit dem sperrigen Titel „Accounting for Dynamic Risk Management: a Portfolio Revaluation Approach to Macro Hedging“ hören.

Aber: Risiken ist jedes Unternehmen ausgesetzt – ob Bank oder Wellpappehersteller. Und die meisten steuern diese Risiken auch aktiv – oftmals mit einem sehr ausgefeilten Instrumentenkasten. Das reicht von „einfachen“ Termingeschäften für Warenbeschaffungsvorgänge bis zu ausgefeilten Zinsswaps im Rahmen der finanziellen Mittelbeschaffung. Mit anderen Worten: Risikomanagement betreibt so gut wie jedes Unternehmen. Wenn Sie jetzt noch Ihre Risiken laufend (sprich: dynamisch) steuern, aggregieren und natürliche Ausgleichseffekte nutzen, also auf Nettobasis steuern, dann werden die Überlegungen des IASB für Sie schon relevant.

Beim ersten Lesen des Papiers wird jedoch der Eindruck erweckt, es handle sich tatsächlich um ein reines Bankenthema: Das vom IASB vorgeschlagene Lösungsmodell (portfolio revaluation approach) wird anhand der Steuerung eines Kreditportfolios und der dazugehörigen Refinanzierung unter Nutzung von Zinsswaps dargestellt. Sicherungsinstrumente und gesicherte Geschäfte kompensieren sich in den Wertänderungen – wenn eines im Wert steigt, sinkt das andere. Dies soll in der Bilanzierung reflektiert und somit der Effekt der Fair-Value-Bewertung der Sicherungsderivate in der GuV zumindest teilweise ausgeglichen werden.

Soweit die Theorie. Wie dieses Modell dann umgesetzt werden könnte, ist schon aus konzeptioneller Sicht sehr interessant. Da werden beispielsweise kalkulatorische Kosten für das Eigenkapital berücksichtigt, was eine implizite Bewertung des Eigenkapitals zur Folge hat. Ein weiteres Bespiel sind Sichteinlagen  – denken Sie an Ihr Girokonto. Diese dürfen mit einer erwarteten Laufzeit designiert werden (obwohl täglich fällig – Sie können jederzeit von ihrem Girokonto Geld abheben), und man löst sich somit von der Einzelvertragsebene. Weiterhin werden in die Bewertung Geschäfte einbezogen, die noch nicht einmal existieren, sondern von denen nur erwartet wird, dass es sie in Zukunft geben wird. In nur ganz wenigen Fällen haben zukünftige Geschäfte unmittelbare Auswirkung auf die Bilanzierung. Hier werden also „Grundpfeiler der Rechnungslegung“ zur Disposition gestellt. Dabei hat der IASB ein laufendes Projekt zur Überarbeitung des Conceptual Framework auf seiner Agenda, und ein Abgleich zwischen den Entscheidungen in beiden Projekten ist bislang nicht erkennbar. Allein das ist schon ein Grund, sich kritisch mit dem Diskussionspapier auseinander zu setzen, denn in anderen Bereichen wären diese Grenzen sakrosankt (man stelle sich vor, das historische Mindestniveau der Umsatzerlöse könnte realisiert werden…). An manchen Stellen scheint das Diskussionspapier aus Sicht eines Rechnungslegers somit „revolutionär“, aber es vermag trotzdem nicht die Lösung aller Probleme der Abbildung der dynamischen Risikosteuerung zu liefern.

Denn das vorgeschlagene Modell soll als Blaupause für andere Risikoarten dienen, auch außerhalb des Bankenbereichs (z. B. Warenpreisrisiken). Hier bleibt das Papier jedoch noch reichlich vage – die Themen werden nur am Rande diskutiert. Daher ersucht der IASB explizit um Eingaben hinsichtlich der Anwendbarkeit des Modells auf andere Risikoarten und andere Branchen. Wenn Ihr Unternehmen Risiken dynamisch steuert, ist die Lektüre somit dringend anzuraten und eine Kommentierung zu empfehlen.

Jens Berger, CPA, ist Partner beim Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte in Frankfurt a. M. und Leiter des deutschen IFRS Centre of Excellence. 

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