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BB-Standpunkte
22.06.2015
BB-Standpunkte
Dr. Manfred Reich: BMF: Reform der Unternehmenserbschaftsteuer

Das Bundesverfassungsgericht sprach im Urteil vom 17.12.2014 aus, dass die besonderen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Verschonungsregeln der §§ 13a und 13b ErbStG für kleine und mittelständische Unternehmen der punktuellen Nachjustierung bedürften und ein grundsätzlicher Reformbedarf für Großunternehmen/-erwerbe bestehe. Nun hat das BMF am 1.6.2015 einen Referentenentwurf vorgelegt.

Der Gesetzesentwurf beinhaltet u.a. eine umfassende, sehr komplexe und streitanfällige Neuregelung für das begünstigte Vermögen. Von zentraler Bedeutung ist, dass nach dem Gesetzesentwurf zum begünstigten Vermögen nur noch die Wirtschaftsgüter des begünstigungsfähigen Vermögens gehören, die im Zeitpunkt der Steuerentstehung jeweils überwiegend einer originär gewerblichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit als Hauptzweck dienen. Es ist folglich z.B. nicht nur ein originärer Gewerbebetrieb erforderlich, sondern zusätzlich erforderlich, dass die Wirtschaftsgüter nicht aus dem Betriebsvermögen herausgelöst werden können, ohne die eigentliche betriebliche Tätigkeit zu beeinträchtigen. Diese Prüfung ist in den einzelnen Unternehmen eines Konzerns durchzuführen und anschließend sind die Wirtschaftsgüter in einer Verbundvermögensaufstellung zusammenzufassen, damit Kaskadeneffekte vermieden werden.

Der bisherige Verschonungsabschlag i.H.v. 85 % bzw. 100 % soll grundsätzlich nur noch auf das begünstigte Vermögen gewährt werden. Das nicht begünstigte Vermögen ist nur noch zu 10% mitbegünstigt (Geringfügigkeitsgrenze). Der nach oben hin abschmelzende Abzugsbetrag i.H.v. EUR 150.000 bleibt erhalten. Die Verschonung wird aber nur dann gewährt, wenn der Erwerb des begünstigten Vermögens den Betrag von EUR 20 Mio. nicht übersteigt (Freigrenze). Mehrere innerhalb von 10 Jahren von derselben Person anfallende Erwerbe sind zusammenzurechnen. Bei Erfüllung (unrealistischer) Voraussetzungen beträgt die Freigrenze EUR 40 Mio., diese Voraussetzungen müssen z.B. auch 10 Jahre vor und 30 Jahre nach der Steuerentstehung vorliegen.

Wird die Freigrenze überschritten, so kann der Erwerber den Erlass der auf das begünstigte Vermögen entfallenden Steuer beantragen, soweit er nachweisen kann, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen (sog. Verschonungsbedarfsprüfung). Zum verfügbaren Vermögen gehören 50 % der gemeinen Werte des miterworbenen und im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits dem Erwerber gehörenden sonstigen Vermögens. Zudem sind weitere Erwerbe innerhalb von zehn Jahren u.U. zu berücksichtigen. Der Erwerber hat bei Großerwerben auch die Möglichkeit, einen abschmelzenden Verschonungsabschlag zu beantragen, wenn der Wert des begünstigten Vermögens EUR 110 Mio. nicht übersteigt. Für darüber hinausgehende Erwerbe kann ein Verschonungsabschlag i.H.v. 25 % (Regelverschonung) bzw. i.H.v. 40 % (Optionsverschonung) für das begünstigte Vermögen beantragt werden. Auch bei diesem Wahlrecht sind Erwerbe innerhalb von zehn Jahren zusammenzurechnen.

Positiv ist für die Gestaltungspraxis, dass nach dem derzeitigen Stand des Gesetzesentwurfs die Neuregelungen – auch nicht partiell – rückwirkend in Kraft gesetzt werden sollen.

Dr. Manfred Reich
ist als Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht und Steuerberater für Flick Gocke Schaumburg Partnerschaft mbB am Standort Frankfurt am Main im Bereich der nationalen und internationalen Unternehmens- und Vermögensnachfolge tätig. Er berät als assoziierter Partner Unternehmer und Privatpersonen insbesondere im Erbschaft-, Schenkung- und Einkommensteuerrecht sowie Erb-, Gesellschafts- und Stiftungsrecht sowie im internationalen Zivil- und Steuerrecht. Er veröffentlicht fortlaufend Beiträge in Fachzeitschriften zu Themen der Unternehmens- und Vermögensnachfolge und hält regelmäßig Vorträge auf Fachveranstaltungen.

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