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BB-Standpunkte
18.08.2014
BB-Standpunkte
Dr. Stephan Bausch, D.U.: BGH entscheidet zu versteckten Innenprovisionen – zivilrechtliche Aufklärungspflicht ab dem 1. August 2014

Der XI. Zivilsenat des BGH hat sich mit seinem am 3.6.2014 verkündeten Urteil (XI ZR 147/12 – BB 2014, 1802 mit BB-Kommentar Zoller) ausführlich mit der Pflicht zur Aufklärung über verdeckte Innenprovisionen befasst. Im Gegensatz zu Rückvergütungen handelt es sich bei Innenprovisionen um Vertriebsprovisionen, die aus dem Anlagebetrag gezahlt werden, nicht aber aus offen ausgewiesenen Provisionen.

Anders als erwartet, haben die Bundesrichter nicht über die Frage der Aufklärungspflicht für die Vergangenheit entschieden. Vielmehr sollen beratende Banken regelmäßig deshalb nicht haften, weil eine – unterstellte – Aufklärungspflicht jedenfalls nicht erkennbar gewesen sei und es damit regelmäßig an dem erforderlichen Verschulden fehle.

Diese Lösung ist sehr praxisgerecht. Sie vermeidet insbesondere jahrelange Auseinandersetzungen über die Frage des Verschuldens einschließlich der Differenzierung zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit, die sich im Falle einer auch für die Vergangenheit angenommenen Aufklärungspflicht zwangsläufig gestellt hätte. Auch zeugt das Urteil von Augenmaß, da es die Anforderungen an die Erkennbarkeit einer unterstellten Aufklärungspflicht nicht überspannt.

Darüber hinaus hat der XI. Senat entschieden, dass Banken ab dem 1.8.2014 in Bezug auf versteckte Innenprovisionen auch auf der Grundlage eines Beratungsvertrags aufklärungspflichtig sind. Dies gilt auch für Finanzanlagen, die nicht in den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes fallen. Hintergrund für die beratungsvertragliche Aufklärungspflicht ist das Transparenzgebot, dem das Aufsichtsrecht den provisionsbasierten Vertrieb von Kapitalanlagen in neuer Zeit unterworfen hat.

Die Feststellung einer ex nunc geltenden Aufklärungspflicht in Form eines Urteils ist zwar recht ungewöhnlich, im Ergebnis aber gleichwohl zu befürworten. Immerhin gibt das Urteil den Banken eine weitaus größere Planungssicherheit als zahlreiche vergangene Urteile, die weit reichende Aufklärungspflichten für die Vergangenheit feststellten.

Das – im Ergebnis sehr ausgewogene – Urteil ist über den Bereich der Innenprovisionen hinaus auch insoweit von großer Bedeutung, als die Ausführungen zum unvermeidbaren Rechtsirrtum eine brauchbare Subsumtionshilfe für die Beurteilung der Erkennbarkeit anders gelagerter Aufklärungspflichten liefern. Denn an demselben vom XI. Senat aufgestellten Maßstab wird auch zu beurteilen sein, ob eine beratende Bank vor dem Urteil des BGH vom 22.3.2011 (sog. „Swap-Urteil“) erkennen konnte, dass sie unter besonderen Umständen über ihr wirtschaftliches Eigeninteresse und damit einen anfänglich negativen Marktwert aufzuklären hatte.

Dr. Stephan Bausch, D.U., RA, ist Partner bei der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH im Bereich Prozessführung am Kölner Standort. Er vertritt u.a. Banken in komplexen gerichtlichen Auseinandersetzungen.

 

 

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