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BB-Standpunkte
08.10.2018
BB-Standpunkte
Dr. Jürgen Niebling: Autonomie der Rechtsanwaltsversorgung – auch über die Höhe der Rente?

Die 16 Rechtsanwaltsversorgungswerke haben durchweg gleichlautende Bestimmungen in ihrer Satzung. Ob eine Rente steigt oder fällt, liegt hiernach in der Entscheidung der Vertreterversammlung.  

Und hier beginnt man sich als erstes zu wundern: Haben wir als Rechtsanwälte nicht alle den gleichen Beitragssatz erbracht? Wie kann es dann sein, dass die Rente beim Versorgungswerk A steigt, beim Versorgungswerk B nicht erhöht wird und beim Versorgungswerk C sogar fällt. Die alleinige Zugehörigkeit zu einem Versorgungswerk entscheidet daher über die Höhe späterer Leistungen. Da wir uns mit dem Thema im öffentlichen Recht befinden, liegt doch der Schluss nahe, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz hier anscheinend keine Anwendung finden soll. Kann die rechtlich gebilligte Eigenständigkeit der Rechtsanwaltsversorgungswerke jedwede Unterschiede rechtfertigen?

Die zweite Frage, die sich stellt, ist: Kann es sein, dass ein Organ des Versorgungswerks, die Vertreterversammlung, über die Hohe der Rente entscheidet, ohne dass die Kriterien hierfür transparent sind. Wären die Satzungsbestimmungen AGB, so wäre es ein leichtes, diese am Transparenzgebot scheitern zu lassen. Kann das Versorgungsrecht dies tatsächlich umkehren und die Unbestimmtheit als Wesensmerkmal der Autonomie ausgeben? Wird die Rente zehn Jahre nicht erhöht, so bedeutet dies bei einer Inflationsrate von jährlich 5 % eine Halbierung der Rente. Antwort daher nein, das kann und darf nicht möglich sein. Nachdem der Gesetzgeber bei allen wesentlichen Eingriffen eine bestimmte gesetzliche Grundlage benötigt, muss auch hier so präzise wie möglich die Entwicklung der Altersrente aus der Satzung ersichtlich sein. Ich habe also meine Bedenken, ob das der Fall ist. Es bleibt der Ausblick:  Ein übergreifendes Versorgungswerk für alle in Deutschland tätigen Rechtsanwälte würde die territoriale Ungleichheit beseitigen. Eine Anknüpfung der Renten an den Lebenshaltungskosten die inhaltliche. Nur am Rande: Keine Lösung ist es dagegen, die Versorgungswerke – die sich grundsätzlich seit 1982 bewährt haben – generell abzuschaffen zu Gunsten der gesetzlichen Rentenversicherung. 

Dr. Jürgen Niebling ist Rechtsanwalt in Olching mit den Schwerpunkten Europarecht, AGB und Automobilvertriebsrecht.

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