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BB-Standpunkte
05.10.2015
BB-Standpunkte
Dominic Steinborn/Dr. Christoph Wege: Angriff auf die Verkehrsgeltung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp)

Die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) nehmen im Transportgeschäft eine herausragende Stellung ein. Sie sind kein Gesetz, genießen aber bis heute eine Verkehrsgeltung, wie sie für Allgemeine Geschäftsbedingungen äußerst ungewöhnlich ist. In ihrer praktischen Anwendung sehen sie einem Gesetz zum Verwechseln ähnlich. Gemeint ist das tägliche Massengeschäft, dort, wo Speditions-, Fracht- oder Lagerverträge (Verkehrsverträge) auf Zuruf geschlossen und Bedingungen nicht im Einzelnen ausgehandelt werden. Die ADSp steuern zu einem per Telefon, Fax oder Mail geschlossenen Transportvertrag die Bedingungen bei.

Ihre Verkehrsgeltung drohen die ADSp nun einzubüßen. Die seit Oktober 2012 geführten Verhandlungen über eine Neufassung sind gescheitert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) und der Handelsverband Deutschland (HDE) wollen sich an einer Überarbeitung nicht mehr beteiligen. Sie halten die ADSp nicht länger für empfehlenswert und raten seit dem 18.09.2015 zur Anwendung ihres eigenen Gegenentwurfs: den sogenannten Allgemeinen Deutschen Transport- und Lagerbedingungen (DTLB).

Man darf bezweifeln, dass die DTLB tatsächlich als ernstgemeinter Ersatz der ADSp ins Rennen geschickt worden sind. Dafür ist das Regelungskonzept zu einseitig zugunsten der verladenden Wirtschaft ausgefallen. Das Haftungskonzept der ADSp hat den Auftragnehmern Haftungserleichterungen zugestanden, die es erlauben, die Haftung überschaubar, die Versicherungsprämien niedrig und den Transportpreis wirtschaftlich zu halten. Die DTLB weichen von dieser Verteilung der Haftungsrisiken deutlich zulasten des Auftragnehmers ab. Vereinfacht dargestellt heben sie das durch die ADSp etablierte Haftungsniveau wieder auf das gesetzliche Maß an, ohne dabei dem Auftragnehmer eine summenmäßige Haftungshöchstgrenze pro Schadensfall und Schadensereignis zuzugestehen.

Die DTLB weisen auch überflüssige Regelungskomplexe auf. Der Transportunternehmer soll sich an einem Austausch von Sendungsdaten per Datenfernübertragung beteiligen, soll bei Störungen des Transportablaufs ein eigenes Notfallkonzept entwickeln und sich einem Bewertungs- und Monitoringsystem unterziehen, in dem seine Leistungsqualität in Kennzahlen abgebildet wird. Dazu soll der Transportunternehmer noch ein eigenes Qualitätsmanagementsystem errichten und unterhalten. Für das tägliche Massengeschäft ist das zu viel des Guten, weil es Geld kostet, das den Transport verteuert. Leistungen, die nur ausnahmsweise erwünscht sind, sollten nicht in AGB zur Regel erklärt werden.

Aber auch die Regelungstechnik der DTLB weist so gravierende Mängel auf, so dass man die DTLB auch den Transporttauftraggebern aus Industrie und Handel nicht ans Herz legen kann. Der Anwendungsbereich der DTLB beschränkt sich nach Ziffer 1.3.1 auf Transport- und Lagerverträge. Den Speditionsvertrag haben die Verfasser der DTLB aber komplett aus dem Anwendungsbereich herausgenommen, was offenbar so nicht beabsichtigt gewesen ist, weil in Ziffer 1.1 ist eine Frachtführerdefinition enthalten ist, die u.a. auch den in der Praxis bedeutsamen Fixkostenspediteur (§ 459 HGB) umfasst.

Ob man die Empfehlung der DTLB als interessenpolitisch gelungenes Manöver zur Schwächung der ADSp verstehen kann, bleibt abzuwarten. Den marktbeteiligten Verladern, Transportunternehmern und Lagerhaltern kann man für den Fall, dass das Kalkül der Schwächung der ADSp aufgeht, empfehlen, eigene, auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Bedingungen zu verwenden.

Dominic Steinborn, Rechtsanwalt, Kunz Rechtsanwälte, Koblenz

Dr. Christoph Wege, Rechtsanwalt, Kunz Rechtsanwälte, Koblenz

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