BAG: Weiterbeschäftigung eines Auszubildendenvertreters in einem Arbeitsverhältnis
BAG, Beschluss vom 05.12.2012 - 7 ABR 38/11
Orientierungssatz
1. Ein Weiterbeschäftigungsverlangen iSv. § 78a Abs 2 S 1 BetrVG, das früher als drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gestellt wird, ist unwirksam. Die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs 1 S 2 BBiG findet keine entsprechende Anwendung.(Rn.23) Dem steht nicht die Änderung der in § 5 Abs 1 S 2 BBiG aF enthaltenen Dreimonatsfrist durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 entgegen.(Rn.26)
2. Ein Arbeitgeber ist jedenfalls dann nicht verpflichtet, den Auszubildenden vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses darauf hinzuweisen, dass sein vorzeitiges Übernahmeverlangen rechtlich unbeachtlich ist, wenn der Auszubildende zum einen durch die Gewerkschaft sachkundig vertreten ist und zum anderen dem Arbeitgeber aufgrund wiederholter Pflichtverstöße des Auszubildenden nicht zuzumuten ist, diesen bei der Wahrnehmung etwaiger Rechte ihm gegenüber zu unterstützen.(Rn.35)
Sachverhalt
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwischen der Arbeitgeberin und einem Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Hilfsweise begehrt die Arbeitgeberin die Auflösung dieses Arbeitsverhältnisses nach § 78a Abs. 4 BetrVG.
Die zu 1. beteiligte Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen für technische Dienstleistungen zur Errichtung und Instandhaltung von Industrieanlagen. In ihrem Betrieb in G sind der zu 3. beteiligte Betriebsrat und die zu 4. beteiligte Jugend- und Auszubildendenvertretung gebildet.
Der Beteiligte zu 2. absolvierte ab dem 1. September 2007 bei der Arbeitgeberin eine Ausbildung zum Gerüstbauer. Im Jahr 2008 wurde er in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt. Während der Ausbildung wurde er verschiedentlich wegen Unpünktlichkeit sowie wegen verspäteter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abgemahnt. Mit Schreiben vom 29. Januar 2010 teilte die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 2. mit, sie werde ihn im Anschluss an seine Ausbildung nicht in ein Arbeitsverhältnis übernehmen.
Daraufhin wandte sich der Beteiligte zu 2. mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 23. Februar 2010 an die Arbeitgeberin. In dem Schreiben heißt es:
Mit Schriftsatz vom 29.01.2010 teilen Sie unserem Mitglied mit, dass das seit dem 01.09.2007 bestehende Ausbildungsverhältnis mit Zeitablauf sein Ende finden wird bzw. ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Ausbildung nicht angeboten wird.
Zur Begründung berufen Sie sich dabei auf eine Abmahnung von März 2008 sowie auf zwei zeitgleich ausgesprochene Abmahnungen vom 24.02.2009.
Ohne auf die damaligen schwierigen persönlichen und familiären Verhältnisse des damals gerade 18- bzw. 19-jährigen Auszubildenden einzugehen, stellen wir fest, dass seit Februar 2009 keinerlei weitere Abmahnungen ausgesprochen wurden. Auch gab es nach Aussage unseres Mitgliedes, des Betriebsratsvorsitzenden, der Berufsschule, des Ausbildungszentrums und auch der Ausbilder und Vorgesetzten auf den Baustellen keinerlei Beschwerden über irgendwelche Fehlverhalten des Herrn I. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen bitten wir Sie, ihre Entscheidung zu überdenken.
Herr I ist der gewählte Jugend- und Auszubildendenvertreter der T, Niederlassung R. Die Amtszeit endet im November 2010. Herr I fällt insofern unter den besonderen Schutz des Betriebsverfassungsgesetzes.
Gem. § 78a Betriebsverfassungsgesetz beantragen wir daher schon jetzt rein vorsorglich die Weiterbeschäftigung des Herrn I nach erfolgreichem Bestehen der Gesellenprüfung auf unbestimmte Zeit.
Die Arbeitgeberin antwortete der gewerkschaftlichen Vertretung mit Schreiben vom 8. März 2010, sie werde den Beteiligten zu 2. im Anschluss an die berufliche Ausbildung weiterbeschäftigen; für den Fall erneuter Verstöße gegen Pflichten aus dem Ausbildungsverhältnis behalte sie sich vor, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 78a Abs. 4 BetrVG zu beantragen. Dem Beteiligten zu 2. ließ sie unter dem 9. März 2010 ein Schreiben folgenden Inhalts zukommen:
„ ... im Frühsommer dieses Jahres werden Sie voraussichtlich Ihre Ausbildung zum Gerüstbauer mit der Abschlussprüfung beenden.
Sollten Sie bis dahin ihren Pflichten als Auszubildender ordnungsgemäß nachkommen, werden wir Sie entgegen dem Schreiben vom 29.01.2010 weiterbeschäftigen.
Unter dem 8. März 2010 informierte die Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes die Arbeitgeberin darüber, dass sich der Beteiligte zu 2. im Rahmen der schulischen Ausbildung am 3. und am 4. März 2010 jeweils eine Stunde unentschuldigt verspätet habe. Mit Schreiben vom 14. Juni 2010 unterrichtete die Sozialkasse die Arbeitgeberin über eine unentschuldigte Verspätung des Beteiligten zu 2. von drei Stunden am 8. Juni 2010. In der Woche vom 28. Juni bis zum 2. Juli 2010 erschien der Beteiligte zu 2. nicht zur Arbeit auf der Baustelle in S, ohne die Arbeitgeberin von seiner Arbeitsunfähigkeit in Kenntnis zu setzen; eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung legte er erst am 5. Juli 2010 vor.
Der Beteiligte zu 2. bestand die Abschlussprüfung am 12. Juli 2010. Mit gewerkschaftlichem Schreiben vom 14. Juli 2010 erneuerte er sein Übernahmeverlangen. Daraufhin leitete die Arbeitgeberin am 16. Juli 2010 das vorliegende Beschlussverfahren ein.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis sei nicht begründet worden, weil der Beteiligte zu 2. die für ein Übernahmeverlangen zu wahrende Dreimonatsfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht eingehalten habe. Die Berufung hierauf sei nicht treuwidrig. In den Schreiben vom 8. und 9. März 2010 sei eine Übernahme des Beteiligten zu 2. in ein Arbeitsverhältnis nicht vorbehaltlos zugesichert, sondern vom künftig pflichtgemäßen Verhalten des Beteiligten zu 2. abhängig gemacht worden. Das Verhalten des Beteiligten zu 2. habe sich nicht gebessert. Dies zeigten die weiteren Verspätungen in der Berufsschule und die verspätete Entschuldigung der Arbeitsunfähigkeit. Jedenfalls sei ihr die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. unzumutbar und daher ein etwa entstandenes Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt
1.
festzustellen, dass zwischen ihr und dem Beteiligten zu 2. nach Ablauf der Ausbildungszeit am 12. Juli 2010 ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden ist,
2.
hilfsweise das zustande gekommene Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Der Beteiligte zu 2. hat die Zurückweisung der Anträge beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, aufgrund seines Weiterbeschäftigungsverlangens vom 23. Februar 2010 sei zwischen ihm und der Arbeitgeberin ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Auch die „vorfristige" Geltendmachung wahre die Dreimonatsfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Jedenfalls sei die sechsmonatige Erklärungsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG nF entsprechend anzuwenden. Diese habe er eingehalten. Im Übrigen könne sich die Arbeitgeberin nach ihren Schreiben vom 8./9. März 2010 auf eine Versäumung der Frist nicht mehr berufen. Die Weiterbeschäftigung sei ihr auch nicht unzumutbar.
Der Betriebsrat hat den Standpunkt der Arbeitgeberin unterstützt. Er hat vorgetragen, auch in seiner Eigenschaft als Jugend- und Auszubildendenvertreter sei der Beteiligte zu 2. selten erreichbar gewesen. Von der Wahl in die Jugend- und Auszubildendenvertretung bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses habe er lediglich an zwei Sitzungen teilgenommen; für sein Nichterscheinen habe er sich in der Regel nicht entschuldigt.
Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag der Arbeitgeberin entsprochen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. blieb ohne Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 2. weiterhin die Abweisung der Anträge der Arbeitgeberin. Diese beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Betriebsrat haben im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Anträge gestellt.
Aus den Gründen
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2. ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass zwischen dem Beteiligten zu 2. und der Arbeitgeberin im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Sie haben dem Hauptantrag der Arbeitgeberin mit der zutreffenden Begründung stattgegeben, der Kläger habe seine Weiterbeschäftigung nicht rechtzeitig innerhalb von drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt. Unter Berücksichtigung der festgestellten Umstände ist die Berufung der Arbeitgeberin auf die Fristversäumnis auch nicht treuwidrig. Der auf Auflösung gerichtete Hilfsantrag fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.
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I. Es kann dahinstehen, ob die Arbeitgeberin den Hauptantrag erstinstanzlich zutreffend im Beschlussverfahren verfolgt hat. Die Zulässigkeit der Verfahrensart wird nach § 93 Abs. 2 iVm. § 65 ArbGG im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geprüft. Nach früherer Rechtsprechung des Senats musste der Arbeitgeber das Klageverfahren beschreiten, wenn er mit einer negativen Feststellungsklage geklärt haben wollte, dass kein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 oder Abs. 3 BetrVG zustande gekommen ist, weil der Auszubildende kein rechtswirksames Übernahmeverlangen gestellt hat (BAG 29. November 1989 - 7 ABR 67/88 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 63, 319). Mit Urteil vom 11. Januar 1995 (- 7 AZR 574/94 - zu II 2 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 24 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 22) hat der Senat demgegenüber ausgeführt, er neige nunmehr dazu, dem Arbeitgeber zu ermöglichen, in einem einheitlichen Beschlussverfahren (gegebenenfalls durch Kombination von Haupt- und Hilfsanträgen) sowohl die Feststellung der Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 78a Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG als auch die Auflösung eines solchen Arbeitsverhältnisses wegen Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung nach § 78a Abs. 4 BetrVG zu verfolgen (vgl. ferner ErfK/Kania 13. Aufl. § 78a BetrVG Rn. 11; Fitting 26. Aufl. § 78a Rn. 61; Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 78a Rn. 182 f.; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 78a Rn. 27; KR-Weigand 9. Aufl. § 78a BetrVG Rn. 49 ff.). In vorliegendem Verfahren hält der Senat weitere Hinweise nicht für angezeigt.
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II. An dem Beschlussverfahren sind neben der Arbeitgeberin und dem betroffenen Auszubildenden der Betriebsrat und die Jugend- und Auszubildendenvertretung beteiligt.
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III. Der von der Arbeitgeberin gestellte Hauptantrag ist zulässig.
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1. Er ist hinreichend bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Wie die Auslegung des Antrags ohne Weiteres ergibt, will die Arbeitgeberin mit ihm festgestellt wissen, dass zwischen ihr und dem Beteiligten zu 2. nach Ablauf der Ausbildungszeit am 12. Juli 2010 mangels eines frist- und formgerechten Übernahmeverlangens nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein Arbeitsverhältnis nicht entstanden ist. Dagegen verfolgt die Arbeitgeberin keinen Antrag nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG. Für einen solchen wäre nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses ohnehin kein Raum. Im Übrigen zeigt der Umstand, dass die Arbeitgeberin den Auflösungsantrag nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG lediglich hilfsweise stellt, dass es ihr in erster Linie um die Feststellung geht, ein Arbeitsverhältnis sei überhaupt nicht entstanden. In diesem Sinn haben auch die Vorinstanzen den Antrag verstanden.
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2. Die Arbeitgeberin hat an der begehrten negativen Feststellung ein berechtigtes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, da sich der Beteiligte zu 2. des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der Arbeitgeberin berühmt.
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IV. Der Hauptantrag ist begründet. Zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2. ist nach dessen Ausbildungszeit am 12. Juli 2010 kein Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG begründet worden.
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1. Nach § 78a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BetrVG gilt zwischen einem Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines der anderen dort genannten Betriebsverfassungsorgane ist, und dem Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn der Auszubildende in den letzten drei Monaten vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vom Arbeitgeber schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangt. Diese Übernahmeverpflichtung soll die Ämterkontinuität der in § 78a Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen gewährleisten und den Amtsträger vor nachteiligen Folgen bei seiner Amtsführung während des Berufsausbildungsverhältnisses schützen. Die Vorschrift stellt eine besondere gesetzliche Ausformung des betriebsverfassungsrechtlichen Benachteiligungsverbots von Amtsträgern in § 78 Satz 2 BetrVG dar. Durch ein form- und fristgerechtes Übernahmeverlangen des Auszubildenden entsteht zwischen dem Arbeitgeber und einem Mitglied der in § 78a Abs. 1 BetrVG genannten Arbeitnehmervertretungen nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im Ausbildungsberuf (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 13 mwN, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7).
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2. Danach ist zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2. kein Arbeitsverhältnis entstanden. Der Beteiligte zu 2. gehört zwar zu dem von § 78a Abs. 1 BetrVG geschützten Personenkreis. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses war er Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, die im Betrieb der Arbeitgeberin gebildet ist. Er hat aber seine Weiterbeschäftigung gegenüber der Arbeitgeberin nicht - wie nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG erforderlich - fristgerecht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt. Die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG findet keine analoge Anwendung. Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass es der Arbeitgeberin unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf die Versäumung der Frist zu berufen.
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a) Der Beteiligte zu 2. hat seine Weiterbeschäftigung nicht fristgerecht innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt. Sein Schreiben vom 23. Februar 2010 ging der Arbeitgeberin bereits vor Fristbeginn, sein Schreiben vom 14. Juli 2010 erst nach Fristablauf zu.
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aa) Ein Weiterbeschäftigungsverlangen iSv. § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG, das früher als drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses gestellt wird, ist unwirksam. Die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG findet keine entsprechende Anwendung (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 23 ff., AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7).
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(1) Aus dem Wortlaut des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG geht die Dreimonatsfrist unzweifelhaft hervor. Die Begrenzung des Übernahmeverlangens auf den Dreimonatszeitraum dient dem Schutz des Auszubildenden. Er soll sich nicht vorzeitig darauf festlegen, nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis einzugehen (vgl. BAG 15. Januar 1980 - 6 AZR 621/78 - zu II 4 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 78a Nr. 8). Das stimmt mit den gesetzgeberischen Wertungen in § 5 Abs. 1 Satz 2 BBiG aF und § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG überein. Daneben dient die Dreimonatsfrist aber auch der Rechtssicherheit und der Planungssicherheit des Arbeitgebers (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 27, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7; vgl. BT-Drucks. 7/1334 S. 3; Oetker GK-BetrVG § 78a Rn. 75).
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(2) Die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG ist nicht entsprechend anzuwenden. § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist nicht planwidrig lückenhaft. Die Interessenlage der von beiden Bestimmungen geregelten Fälle ist auch nicht identisch. Die Dreimonatsfrist kann deswegen nicht auf sechs Monate verlängert werden (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 28, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7; ebenso DKKW-Bachner 13. Aufl. § 78a Rn. 19; Oetker GK-BetrVG § 78a Rn. 74 f. mwN; KR-Weigand § 78a Rn. 27b; Thüsing in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 78a Rn. 21; WPK/Preis § 78a Rn. 10; aA Fitting § 78a Rn. 19; HaKo-BetrVG/Lorenz 3. Aufl. § 78a Rn. 12; APS/Künzl 4. Aufl. § 78a Rn. 61).
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(a) Dem steht die Änderung der in § 5 Abs. 1 Satz 2 BBiG aF enthaltenen Dreimonatsfrist durch das Arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476) nicht entgegen. Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG können sich Auszubildende innerhalb der letzten sechs Monate des Berufsausbildungsverhältnisses dazu verpflichten, nach dessen Beendigung mit den Ausbildenden ein Arbeitsverhältnis einzugehen. § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG enthält dennoch keine unbeabsichtigte Lücke. Der Gesetzgeber hat das BetrVG mit dem Betriebsverfassungsgesetz-Reformgesetz vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) umfassend reformiert, diese Novelle aber nicht zum Anlass genommen, die Dreimonatsfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG an die Sechsmonatsfrist des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG anzupassen (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7).
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(b) Im Übrigen ist die Interessenlage der von § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG einerseits und der von § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG andererseits geregelten Fälle auch nicht in jeder Hinsicht dieselbe. Beide Vorschriften dienen zwar dazu, den Auszubildenden vor einer zu frühen Bindung zu bewahren. Daneben schützt die Frist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG aber, anders als die des § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG, auch die Interessen des Arbeitgebers. Übernahmeverlangen von Auszubildenden, die früher als drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses gestellt werden, sind unbeachtlich und müssen bei der Personalplanung nicht berücksichtigt werden (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 30, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7).
28
bb) Danach hat der Beteiligte zu 2. seine Weiterbeschäftigung nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG verlangt.
29
(1) Für die Berechnung der dreimonatigen Frist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist der Beendigungszeitpunkt des Berufsausbildungsverhältnisses maßgeblich. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG endet das Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich mit Ablauf der Ausbildungszeit. Besteht der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung, endet das Berufsausbildungsverhältnis nach § 21 Abs. 2 BBiG schon mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Um den Beginn der Dreimonatsfrist zu ermitteln, ist von dem Zeitpunkt an, in dem die Abschlussprüfung bestanden wird, zurückzurechnen (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 21 mwN, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7).
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(2) Hier endete das Berufsausbildungsverhältnis mit Bestehen der mündlichen Abschlussprüfung am 12. Juli 2010. Die Dreimonatsfrist begann daher am 12. April 2010 zu laufen. Das Schreiben des Beteiligten zu 2. vom 23. Februar 2010 ging der Arbeitgeberin somit bereits vor Beginn der Dreimonatsfrist zu und stellte kein fristgemäßes Übernahmeverlangen dar. Das im Schreiben vom 14. Juli 2010 geltend gemachte Übernahmeverlangen war verspätet.
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b) Rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden ist die Beurteilung des Landesarbeitsgerichts, die Berufung der Arbeitgeberin auf die Fristversäumung sei nicht treuwidrig.
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aa) Der Jugendvertreter muss sein Weiterbeschäftigungsverlangen grundsätzlich form- und fristgerecht nach § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG geltend machen. Die Berufung des Arbeitgebers auf die Nichteinhaltung der Frist kann nur dann treuwidrig sein, wenn besondere außergewöhnliche Umstände hinzutreten. Das ist der Fall, wenn das Verhalten des Arbeitgebers darauf abzielt, den Auszubildenden von der form- und fristgerechten Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsverlangens abzuhalten, obwohl die entstehenden Nachteile für den Arbeitgeber vorhersehbar waren und es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, sie abzuwenden (BAG 15. Dezember 2011 - 7 ABR 40/10 - Rn. 39, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7; vgl. zu § 9 BPersVG BVerwG 9. Oktober 1996 - 6 P 20.94 - zu II 3 b der Gründe, BVerwGE 102, 100; 31. Mai 2005 - 6 PB 1.05 - zu 3 b der Gründe mwN, EzBAT MTV § 22 Auszubildende Betriebs- und Personalratsmitglieder [Jugendvertreter] Nr. 16).
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bb) Nach diesen Maßstäben ist es der Arbeitgeberin nicht nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichteinhaltung der Dreimonatsfrist des § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu berufen. Es liegen keine besonderen außergewöhnlichen Umstände vor, die das Verhalten der Arbeitgeberin als treuwidrig erscheinen ließen.
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(1) Das Verhalten der Arbeitgeberin zielte nicht darauf ab, den Beteiligten zu 2. von der fristgerechten Geltendmachung seines Übernahmeverlangens abzuhalten. Der Beteiligte zu 2. durfte aufgrund des an ihn persönlich gerichteten Schreibens der Arbeitgeberin vom 9. März 2010 weder darauf vertrauen, dass ihn die Arbeitgeberin ungeachtet seines weiteren Verhaltens übernehmen werde, noch konnte er berechtigterweise davon ausgehen, dass ein fristgerechtes Übernahmeverlangen entbehrlich sei. Die im Schreiben vom 9. März 2010 erklärte Bereitschaft der Arbeitgeberin, den Beteiligten zu 2. entgegen dem Schreiben vom 29. Januar 2010 weiterzubeschäftigen, stand unter dem ausdrücklichen, für den Beteiligten zu 2. ohne Weiteres erkennbaren Vorbehalt, dass dieser künftig seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkomme. Einen anderen Schluss lässt auch nicht das an die gewerkschaftliche Vertretung des Beteiligten zu 2. gerichtete Schreiben der Arbeitgeberin vom 8. März 2010 zu. Aus der darin enthaltenen Ankündigung der Arbeitgeberin, sie werde den Beteiligten zu 2. im Anschluss an die berufliche Ausbildung weiterbeschäftigen, behalte sich jedoch vor, bei erneuten Pflichtverstößen gemäß § 78a Abs. 4 BetrVG die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, lässt sich nicht schließen, die Arbeitgeberin verzichte auch bei weiteren Pflichtverstößen des Beteiligten zu 2. auf ein frist- und formgerechtes Übernahmeverlangen. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass sich der Beteiligte zu 2. solche weiteren Pflichtverstöße hat zuschulden kommen lassen.
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(2) Die Berufung der Arbeitgeberin auf das Fehlen eines fristgemäßen Übernahmeverlangens ist auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie es unterlassen hat, den - gewerkschaftlich vertretenen - Beteiligten zu 2. vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses darauf hinzuweisen, dass sein vorzeitiges Übernahmeverlangen rechtlich unbeachtlich ist. Der Senat hatte im Beschluss vom 15. Dezember 2011 (- 7 ABR 40/10 - Rn. 40 aE, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 78a Nr. 7) keine Veranlassung, zur Frage einer allgemeinen Hinweispflicht des Arbeitgebers bei Form- oder Fristverstößen von Weiterbeschäftigungsverlangen Stellung zu nehmen. Auch der Streitfall verlangt insoweit keine abschließende Beurteilung. Jedenfalls unter den vorliegenden Umständen bestand für die Arbeitgeberin keine Verpflichtung, den Beteiligten zu 2. vor Abschluss des Berufsausbildungsverhältnisses darauf hinzuweisen, dass es bislang an einem wirksamen Übernahmeverlangen fehlt. Zum einen war der Beteiligte zu 2. durch die Gewerkschaft sachkundig vertreten. Zum anderen war der Arbeitgeberin angesichts der weiteren Pflichtverstöße des Beteiligten zu 2. nicht zuzumuten, diesen bei der Wahrnehmung möglicher Rechte ihr gegenüber zu unterstützen.
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(3) Es kann dahinstehen, ob die Arbeitgeberin durch ihr Schreiben vom 29. Januar 2010 ihre Mitteilungspflicht nach § 78a Abs. 1 BetrVG - abschließend - erfüllt hat oder ob diese Pflicht aufgrund der Schreiben der Arbeitgeberin vom 8. und 9. März 2010 wieder „auflebte". Selbst wenn die Arbeitgeberin ihrer Pflicht nach § 78a Abs. 1 BetrVG nicht vollständig nachgekommen sein sollte, durfte der Beteiligte zu 2. nicht darauf vertrauen, ohne ein form- und fristgerechtes Übernahmeverlangen übernommen zu werden (vgl. BAG 31. Oktober 1985 - 6 AZR 557/84 - zu II 2 der Gründe, BAGE 50, 79; Oetker GK-BetrVG § 78a Rn. 46). Nach § 78a Abs. 5 BetrVG ist die Anwendbarkeit der Absätze 2 bis 4 unabhängig davon, ob der Arbeitgeber der Mitteilungspflicht nach Abs. 1 nachgekommen ist.
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V. Da kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, fällt der nach § 78a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG auf dessen Auflösung gerichtete Hilfsantrag der Arbeitgeberin dem Senat nicht zur Entscheidung an.