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Arbeitsrecht
30.09.2021
Arbeitsrecht
BAG: Wechselschichtarbeit im Sinne des TVöD

BAG, Urteil vom 16.6.2021 – 6 AZR 179/20

ECLI:DE:BAG:2021:160621.U.6AZR179.20.0

Volltext: BB-Online BBL2021-2355-2

Orientierungssätze

1. Die Regelungen des TVöD-F entsprechen bezüglich der Voraussetzungen für die Leistung von Wechselschichtarbeit denen des allgemeinen Teils des TVöD (Rn. 20, 23).

2. Wechselschichtarbeit liegt demnach nur dann vor, wenn in dem Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, an allen Kalendertagen ununterbrochen 24 Stunden gearbeitet wird (Rn. 20).

3. Der Beschäftigte muss dabei zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt werden. Seine individuellen Schichten müssen den kompletten Zeitrahmen „rund um die Uhr“ abdecken (Rn. 20, 23, 25).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über Ansprüche der Kläger auf Zahlung einer Wechselschichtzulage und Gewährung von Zusatzurlaub für die Leistung von Wechselschichtarbeit.

Die Beklagten haben zum Zweck des Betriebs des Flughafens M einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Beide Kläger haben mit der Beklagten zu 2. Arbeitsverträge abgeschlossen. Auf die Arbeitsverhältnisse findet kraft Verbandszugehörigkeit und vertraglicher Inbezugnahme die Durchgeschriebene Fassung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Flughäfen im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-F) vom 7. Februar 2006 Anwendung.

Der TVöD-F sieht ua. folgende Regelungen vor:

„§ 7 Sonderformen der Arbeit

(1) 1Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. 2Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird. 3Nachtschichten sind Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.

…      

(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.

…      

§ 8 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit

…      

(5) 1Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von 105,00 Euro monatlich. …

§ 27 Zusatzurlaub

(1) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7 Abs. 1 … leisten und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 … zusteht, erhalten

a)    bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate …

einen Arbeitstag Zusatzurlaub.“

Demgegenüber sieht § 8 Abs. 6 Satz 1 TVöD-F für ständige Schichtarbeit iSd. § 7 Abs. 2 TVöD-F eine Schichtzulage von nur 40,00 Euro monatlich vor. Ein Zusatzurlaub von einem Arbeitstag wird bei ständiger Schichtarbeit erst nach vier zusammenhängenden Monaten gewährt.

Die Beklagten haben mit dem in ihrem Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrat am 27. Januar 2017 eine Betriebsvereinbarung „Arbeitszeitmodelle“ (im Folgenden BV-AZ) abgeschlossen. Deren Geltungsbereich ist in Ziff. 1 definiert. Demnach gilt diese Betriebsvereinbarung ua. für alle voll- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der A (gemeint: Beklagte zu 2.) im Bereich Ramp & Baggage Handling (AER), Außendienst und Innendienst, und im Bereich Transportservice und Versorgungsdienste (AET) im Bustransport sowie im Frachttransport und Frischwasser- und Toilettenservice tätig sind.

Der Bereich AET („Transportservice und Versorgungsdienste“) umfasst die Arbeitnehmer im Bustransport (AETP) sowie die Arbeitnehmer im Fracht-transport und Frischwasser- und Toilettenservice (AETC). Nach Ziff. 3.3 BV-AZ können die Arbeitnehmer dieser beiden Bereiche wählen, welches Modell des Schichtturnus in ihrem Bereich gelten soll.

Hinsichtlich der Schichtarten sieht die BV-AZ in Ziff. 4.1 die Frühschicht und die Spätschicht vor, wobei Frühschichten frühestens ab 03:00 Uhr beginnen und spätestens um 17:00 Uhr enden. Spätschichten sind Schichten, die frühestens ab 11:00 Uhr beginnen und spätestens um 01:00 Uhr des Folgetags enden. Die Betriebsvereinbarung deckt damit den gesamten Tagesverlauf bis auf die Zeit von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr ab. Bezüglich Wechselschichten enthält die Betriebsvereinbarung in Ziff. 5.4 folgende Regelung:

„5.4 Wechselschichten

Ausschließlich Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallen und zugleich auf der jeweils aktuellen Nachrücker- und Freiwilligenliste gemäß der Betriebsvereinbarung ‚Freiwillige Wechselschichtarbeit‘ vom 27.01.2017 verzeichnet sind, können neben den Schichtarten dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziffer 4.1 auch Schichten wählen, die das Zeitfenster von 1:00 bis 3:00 Uhr abdecken. Näheres, insbesondere die Auswahl der freiwilligen Arbeitnehmer für solche Schichten, Nachrückverfahren usw. regelt die Betriebsvereinbarung ‚Freiwillige Wechselschichtarbeit‘ vom 27.01.2017.“

Die in Bezug genommene Betriebsvereinbarung „Freiwillige Wechselschichtarbeit“ (im Folgenden BV-WS) wurde ebenfalls zwischen den Beklagten und dem im Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Betriebsrat am 27. Januar 2017 geschlossen. Sie bezieht sich auf die „freiwillige Wechselschichtarbeit bei Tätigkeiten im Bodenverkehrsdienst“ und lautet auszugsweise wie folgt:

„Präambel

Der Regelbetrieb der A findet gemäß der Betriebsvereinbarung ‚Arbeitszeitmodelle‘ vom 27.01.2017 in der Zeit von 3:00 Uhr bis 1:00 Uhr des Folgetages statt. Am Flughafen M besteht jedoch eine 24-Stunden-Betriebspflicht, d.h. auch bei außerplanmäßigen Flugereignissen während der Nacht muss eine ordnungsgemäße Abfertigung sichergestellt sein. Hierzu müssen die Bodenverkehrsdienstleister am Flughafen M wie die A ausnahmsweise auch im Zeitraum von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr zumindest eine geringe Anzahl bestimmter Arbeitskräfte bzw. Qualifikationen vorhalten, auch wenn der Regelbetrieb der A mit dem Großteil der Arbeitnehmer ansonsten ruht. Die Arbeitnehmer, die ausnahmsweise auch im Zeitraum von 1:00 Uhr bis 3:00 Uhr nachts tätig werden, haben sich hierzu freiwillig bereit erklärt. Das Auswahlverfahren und weitere Einzelheiten regelt diese Betriebsvereinbarung.“

Der in Ziff. 1.1 im ersten Satz bestimmte Geltungsbereich der BV-WS entspricht dem vorstehend wiedergegebenen Geltungsbereich der BV-AZ. Hinsichtlich der Wechselschichtarbeit sieht die BV-WS auszugsweise folgende Regelungen vor:

„2. Freiwillige Wechselschichtarbeit

2.1     Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallen, können sich freiwillig dazu bereiterklären, neben Frühschichten, die ab 3:00 Uhr beginnen können, und neben Spätschichten, die spätestens um 1:00 Uhr des Folgetages enden, auch Schichten zu übernehmen, die das Zeitfenster von 1:00 bis 3:00 Uhr nachts abdecken (Freiwillige Wechselschichtarbeit).

2.2     Eine Einteilung zu Freiwilliger Wechselschichtarbeit unter Beachtung des betrieblichen Bedarfs ist nur möglich, wenn sich der Arbeitnehmer hierzu vorab freiwillig bereit erklärt hat. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Betriebsvereinbarung sind dies im Bereich AER, Außendienst und Innendienst, sowie im Bereich AET im Bustransport die Arbeitnehmer gemäß der Anlage 1 (Nachrücker- und Freiwilligenliste); …

2.3     Die Anzahl der im Bereich AER, Außendienst und Innendienst, sowie im Bereich AET im Bustransport insgesamt benötigten Freiwilligen legt der Arbeitgeber fest. …“

Unter Ziff. 5 stellt die BV-WS klar, dass Arbeitnehmer der Freiwilligenliste als Arbeitnehmer gelten, die ständig Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinn leisten. Die Gewährung der Zulage für ständige Wechselschichtarbeit sowie die Gewährung des Zusatzurlaubs wegen ständiger Wechselschichtarbeit richte sich nach den tariflichen Vorschriften.

Der Kläger zu 1. ist als Busfahrer im Bereich AETP beschäftigt. Der Kläger zu 2. ist hingegen im Bereich AETC (Frachttransport, Frischwasser- und Toilettenservice) eingesetzt. Beide Kläger haben sich nicht zur freiwilligen Wechselschichtarbeit iSd. BV-WS bereit erklärt.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass sie auch ohne Einbeziehung in den Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr ständig Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinn leisteten und deshalb Anspruch auf die Wechselschichtzulage und den Zusatzurlaub wegen Wechselschichtarbeit hätten. Sie seien dem Bereich des „operativen Bodenverkehrsdienstes“ zugeordnet. Dieser Bereich gewährleiste den durchgehenden Betrieb des Flughafens und könne nicht weiter unterteilt werden. Es werde in diesem Bereich ununterbrochen in Wechselschichten gearbeitet. Dabei werde der Zeitraum zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr nicht durch eine eigene Schichtart oder eine eigenständige Schicht abgedeckt, sondern von der Früh- oder Spätschicht sowie den Freiwilligen/Nachrückern nach der BV-WS.

Für die Ansprüche auf Wechselschichtzulage und Zusatzurlaub sei nicht Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer selbst bezogen auf einen Zeitraum von 24 Stunden pro Tag in Wechselschichten eingesetzt werde. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der tariflichen Ansprüche auf Wechselschichtzulage und Zusatzurlaub. Mit diesen Leistungen solle ein Ausgleich dafür gewährt werden, dass Wechselschichtarbeit erheblich auf den Lebensrhythmus einwirke. Diese Erschwernis sei auch bei einer durchweg arbeitsfreien Zeit von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr gegeben. Im Übrigen bestehe ansonsten die Gefahr der rechtsmissbräuchlichen Schaffung von Unterbrechungszeiten, um die Erfüllung der Voraussetzungen für Wechselschichtarbeit zu verhindern.

Die Kläger haben beantragt:

1.    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger zu 1. für den Zeitraum Mai 2017 bis April 2018 die tarifliche Wechselschichtzulage iHv. monatlich 105,00 Euro brutto abzüglich bereits erhaltener Schichtzulage iHv. monatlich 40,00 Euro, damit insgesamt noch 780,00 Euro brutto zu zahlen.

2.    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger zu 2. für den Zeitraum Mai 2017 bis April 2018 die tarifliche Wechselschichtzulage iHv. monatlich 105,00 Euro brutto abzüglich bereits erhaltener Schichtzulage iHv. monatlich 40,00 Euro brutto für den Zeitraum Mai 2017 bis März 2018 sowie abzüglich 38,67 Euro brutto für April 2018, damit insgesamt noch 781,33 Euro brutto zu zahlen.

3.    Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, den beiden Klägern den tariflichen Zusatzurlaub von sechs Arbeitstagen für den Zeitraum Mai 2017 bis April 2018 abzüglich bereits erhaltener drei Arbeitstage Zusatzurlaub zu gewähren.

Die Beklagten haben die Abweisung der Klage beantragt. Die Kläger leisteten keine Wechselschichtarbeit iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-F. Der maßgebliche Arbeitsbereich beider Kläger sei der Regelbetrieb, welcher durch die BV-AZ bestimmt werde. In diesem Bereich werde nicht rund um die Uhr gearbeitet, weil der Zeitraum zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr für alle Arbeitnehmer arbeitsfrei sei. Hiervon zu unterscheiden sei der „Ausnahmebetrieb“ nach der BV-WS, welchem beide Kläger nicht zugehörig seien. Sie könnten mangels Einverständniserklärung nicht in der Zeit zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr eingesetzt werden. Die mit dem bloßen Schichtdienst verbundene Erschwernis rechtfertige nach den tariflichen Vorgaben die geltend gemachten Ansprüche nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Kläger zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgen die Kläger ihre Klageziele weiter. Dies entspricht der mit den Beklagten abgestimmten Vorgehensweise. In der Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte zu 1. klargestellt, dass sie trotz fehlender arbeitsvertraglicher Beziehung vor dem Hintergrund einer Musterklagevereinbarung als passivlegitimiert anzusehen sei.

Aus den Gründen

17        Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Kläger keine Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet haben und daher weder die Wechselschichtzulage noch den streitgegenständlichen Zusatzurlaub beanspruchen können.

18        I. Die Klage ist unbegründet. Die auf Grundlage des unstreitig anzuwendenden TVöD-F geltend gemachten Ansprüche auf Wechselschichtzulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-F und auf Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1 Buchst. a TVöD-F setzen voraus, dass die Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ständig Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet haben. Dies ist nicht der Fall.

19        1. Wechselschichtarbeit ist im Geltungsbereich des allgemeinen Teils des TVöD (TVöD-AT) die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT). Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT).

20        2. Die Regelungen des TVöD-F weichen nicht von diesen Vorschriften des TVöD-AT ab. Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinn liegt daher auch im Bereich des TVöD-F nur dann vor, wenn in dem Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, an allen Kalendertagen ununterbrochen 24 Stunden gearbeitet wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn beispielsweise an Sonn- und Feiertagen in aller Regel keine Schichtarbeit anfällt oder die tägliche Arbeit, sei es auch nur in geringfügiger Form, unterbrochen wird (zur insoweit möglichen rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Dienstplänen sh. Rn. 26). Unerheblich ist hingegen, in wie viele Schichten der 24-Stunden-Tag aufgeteilt wird oder ob in allen Schichten der Arbeitsanfall gleich groß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von Arbeitnehmern arbeitet (BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 351/11 – Rn. 14, BAGE 142, 55; 18. Mai 2011 – 10 AZR 255/10 – Rn. 13; zu § 7 TVöD-K BAG 23. November 2017 – 6 AZR 43/16 – Rn. 31; zur Unterbrechung durch Bereitschaftsdienst BAG 11. Dezember 2013 – 10 AZR 480/13 – Rn. 16). Die Arbeit muss nach einem Dienst- oder Schichtplan erfolgen, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten im genannten Sinn vorsieht. Der Beschäftigte muss zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt werden (zB Früh-, Spät- und Nachtschicht im tariflichen Sinn), nicht aber in allen Schichten (vgl. BAG 26. Mai 2020 – 9 AZR 129/19 – Rn. 20; 24. Mai 2018 – 6 AZR 191/17 – Rn. 14, BAGE 163, 47; 13. Januar 2016 – 10 AZR 792/14 – Rn. 16; 16. Oktober 2013 – 10 AZR 1053/12 – Rn. 43 f. mwN, Rn. 48; 13. Juni 2012 – 10 AZR 351/11 – Rn. 14, BAGE 142, 55; zu § 7 TV-Charité BAG 20. Januar 2010 – 10 AZR 990/08 – Rn. 11 ff.). Die Beschäftigten leisten ständig Wechselschichtarbeit, wenn ihnen diese Tätigkeit dauerhaft vom Arbeitgeber zugewiesen ist und die Arbeitsleistung tatsächlich erbracht wird. Unterbrechungen in den in § 21 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F genannten Fällen der Entgeltfortzahlung sind allerdings unschädlich (vgl. zum TVöD-K BAG 24. Mai 2018 – 6 AZR 191/17 – Rn. 13, aaO).

21        3. Ausgehend von diesen Grundsätzen haben beide Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keine Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet.

22        a) Hinsichtlich des als Busfahrer im Bereich AET beschäftigten Klägers zu 1. kann zwar davon ausgegangen werden, dass in seinem Arbeitsbereich ununterbrochen in Wechselschichten iSv. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F gearbeitet wird, denn der Bustransport wird unstreitig 24 Stunden täglich gewährleistet. Dementsprechend kann nach Ziff. 2.2 BV-WS im Bereich AET im Bustransport freiwillig Wechselschichtarbeit geleistet werden, welche auch das Zeitfenster von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr abdeckt. Der Kläger zu 1. hat sich hierzu aber nicht bereit erklärt und leistet dementsprechend keine Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-F.

23        aa) Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-AT wird nur dann, wie tariflich verlangt, „geleistet“, wenn der Arbeitnehmer in allen Schichten, die „rund um die Uhr“ geleistet werden, eingesetzt wird. Dies umfasst das Erfordernis, dass die wechselnden Arbeitsschichten „ununterbrochen“ iSv. § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT stattfinden und der Arbeitnehmer in diesen Ablauf integriert ist. Er muss selbst mit seinen individuellen Schichten, zu denen er eingeteilt ist, den kompletten Zeitrahmen „rund um die Uhr“ abdecken (Burger in HK-TVöD/TV-L 4. Aufl. § 7 Rn. 3; aA Litschen öAT 2019, 199, 201). Nur dann ist er in allen Schichtarten eingesetzt. Erst der Wechsel „rund um die Uhr“ in bestimmten Zeiträumen und die damit einhergehenden Belastungen lösen die Wechselschichtzulage aus (vgl. BAG 24. September 2008 – 10 AZR 140/08 – Rn. 13, 15 f.; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Teil B 4.5 § 7 TVöD-F Stand März 2013 Rn. 1 mit Verweis auf die Kommentierung zu § 7 TVöD in Teil B 1 Stand Januar 2021 Rn. 6.1. f.; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 7 Stand November 2012 Rn. 13, 15). Das gilt auch im Anwendungsbereich des TVöD-F (vgl. BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 1053/12 – Rn. 48). Die Tarifvertragsparteien haben mit ihrer Definition in § 7 Abs. 1 TVöD-F den Begriff der Wechselschicht abschließend und eindeutig formuliert. Danach steht jede Unterbrechung der täglichen Arbeit, sei es auch nur in geringfügiger Form, der Annahme von Wechselschichtarbeit entgegen (vgl. BAG 24. September 2008 – 10 AZR 669/07 – Rn. 22, BAGE 128, 29; ebenso zu § 7 TV-Charité BAG 20. Januar 2010 – 10 AZR 990/08 – Rn. 16).

24        bb) Der Kläger zu 1. hat keine Bereitschaft zur Wechselschichtarbeit erklärt und wird schon deshalb nicht „rund um die Uhr“ eingesetzt. Seine Einsatzmöglichkeit ist nach den Regelungen der BV-AZ auf die Zeit von 03:00 Uhr bis 01:00 Uhr des Folgetags beschränkt (vgl. Ziff. 5.4 BV-AZ). Dies gilt gemäß § 106 Satz 1 GewO auch für das Weisungsrecht des Arbeitgebers.

25        cc) Entgegen der Ansicht der Revision gebietet die nur zweistündige Unterbrechung der Einsatzmöglichkeit auch nicht nach Sinn und Zweck der Wechselschichtzulage bzw. des Zusatzurlaubs eine Annahme der Leistung von Wechselschichtarbeit. Bei der Wechselschichtzulage handelt es sich um einen in Monatsbeträgen festgelegten Entgeltbestandteil, der dem Arbeitnehmer einen finanziellen Ausgleich dafür gewähren soll, dass die Wechselschichtarbeit erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirkt und ihr Beginn und ihr Ende außerhalb der allgemein üblichen Arbeits- und Geschäftszeiten liegen (BAG 24. Mai 2018 – 6 AZR 191/17 – Rn. 13, BAGE 163, 47). Eine vergleichbare Belastung ist zwar auch bei einer Arbeitsunterbrechung von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr zu verzeichnen. Die Tarifvertragsparteien haben aber dem Begriff „ununterbrochen“ in § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F nicht den Sinn beigelegt, dass geringfügige Unterbrechungen unschädlich sein sollen. Wäre dies der Fall, müssten sich aus dem Tarifvertrag Anhaltspunkte dafür ergeben, ab welchem Umfang Unterbrechungen unerheblich sein sollten (vgl. BAG 20. Januar 2010 – 10 AZR 990/08 – Rn. 20). Solche Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich. Zudem haben die Tarifvertragsparteien die durch den bloßen Schichtdienst entstehenden Belastungen durch Gewährung einer Schichtzulage (§ 8 Abs. 6 TVöD-F) und des Zusatzurlaubs für Schichtarbeit (§ 27 Abs. 1 Buchst. b TVöD-F) berücksichtigt. Schichtarbeit unterscheidet sich von Wechselschichtarbeit gerade dadurch, dass der Arbeitnehmer bei Schichtarbeit zwar in regelmäßigem Wechsel in Arbeitsschichten eingeteilt ist, diese aber nicht „rund um die Uhr“ zu leisten sind (vgl. Conze/Karb/Wölk/Reidel 7. Aufl. Schicht- und Wechselschichtarbeit Rn. 2682). Die Tarifvertragsparteien haben damit einen differenzierten Belastungsausgleich vorgesehen, der an Wechselschichtarbeit erhöhte Anforderungen stellt, die vorliegend nicht erfüllt sind. Dies ist zu respektieren.

26        dd) Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen eine Dienstplangestaltung zur Vermeidung von Wechselschichtarbeit durch kurzzeitige Unterbrechungen der Arbeitszeit im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein kann. In der Praxis dürften schon die Mitbestimmungsrechte der Betriebs- und Personalräte einen Rechtsmissbrauch verhindern (vgl. Reinfelder ZTR 2010, 555, 556 zu Ziff. 2.2.1.). Dementsprechend beruht die kollektivrechtliche Ausgestaltung der Arbeitszeit durch die BV-AZ und die BV-WS nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf einem verminderten Arbeitskräftebedarf von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr, der die Unterbrechung des Regelbetriebs in dieser Zeit rechtfertigt. Ein Rechtsmissbrauch liegt damit im konkreten Fall nicht vor. Dies stellt die Revision auch nicht in Abrede, sondern verweist nur auf ein abstraktes Missbrauchsrisiko.

27        b) Der im Frachttransport, Frischwasser- und Toilettenservice beschäftigte Kläger zu 2. hat ebenfalls keine Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet.

28        aa) Dabei kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass er nach Ziff. 1.1 BV-WS dem Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung unterfällt. Dort wird ebenso wie in Ziff. 1 BV-AZ der zum Bereich AET gehörige Frachttransport, Frischwasser- und Toilettenservice genannt, obwohl diese Leistungen nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Zeitraum von 01:00 Uhr bis 03:00 Uhr nicht erbracht werden und Ziff. 2.2 und 2.3 BV-WS dementsprechend für den Bereich AET einen Bedarf an freiwilliger Wechselschichtarbeit nur für den Bustransport vorsehen. Es wäre dessen ungeachtet möglich, dass im Frachttransport, Frischwasser- und Toilettenservice beschäftigte Arbeitnehmer sich zur freiwilligen Wechselschichtarbeit bereit erklären können und dann ggf. zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr in einem Bereich mit Arbeitskräftebedarf eingesetzt werden.

29        bb) Der Kläger zu 2. hat jedoch ebenso wie der Kläger zu 1. keine Bereitschaft zur Wechselschichtarbeit erklärt und demzufolge schon deshalb keine Wechselschichtarbeit geleistet. Seine Arbeitszeit bestimmt sich auch bei eröffnetem Geltungsbereich der BV-WS nur nach der BV-AZ.

30        c) Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob der Kläger zu 2. in einem Arbeitsbereich tätig ist, in dem in Wechselschichten nach § 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F gearbeitet wird, ist daher nicht entscheidungserheblich.

31        II. Die Kläger haben als Streitgenossen die Kosten der erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO jeweils zur Hälfte zu tragen.

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