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Arbeitsrecht
24.03.2010
Arbeitsrecht
BAG: Verwirkung des Widerspruchsrechts bei Betriebsübergang

BAG, Urteil vom 23.7.2009 - 8 AZR 357/08


Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen über den 30.9.2005 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht und ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. 

Der Kläger war seit 15.1.2001 bei der Beklagten als Konstrukteur beschäftigt, zuletzt im Bereich „Com MD (Mobile Devices)". Aufgrund eines Vertrages vom 6.6.2005 mit der BenQ Corporation (Sitz in Taiwan) übertrug die Beklagte mit Wirkung vom 30.9.2005 die Vermögensgegenstände dieses Geschäftsbereiches in Deutschland im Wege der Einzelrechtsübertragung („Asset Deal") auf die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG (im Folgenden: BenQ Mobile OHG). Diese Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.8.2005 gegründet. Gesellschafter waren die BenQ Mobile Management GmbH und die BenQ Wireless GmbH. Am 16.9.2005 wurde die BenQ Mobile OHG in das Handelsregister beim Amtsgericht München eingetragen. Die beiden Gesellschafter der BenQ Mobile OHG verfügten über ein Stammkapital von jeweils 25.000,00 Euro. Im Zusammenhang mit der Übertragung der Vermögensgegenstände von der Beklagten auf die BenQ Mobile OHG zahlte die Beklagte an die BenQ Corporation einen dreistelligen Millionenbetrag. 

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 29.8.2005 die Mitarbeiter des Geschäftsbereiches „Com MD" (Mobile Devices) über die „Übertragung der Aktivitäten" dieses „Geschäftsgebietes". Dieses Schreiben hat folgenden Wortlaut: 

„Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses 

Sehr geehrter Herr ...,

wie Ihnen bereits durch verschiedene Mitarbeiterinformationen bekannt ist, werden unsere Aktivitäten des Geschäftsgebietes Com MD (Mobile Devices) zum 01.10.2005 in die BenQ Mobile GmbH & Co. OHG (im Folgenden: BenQ Mobile) übertragen.

BenQ ist ein weltweit führender Anbieter von Consumer-Electronic-Produkten, wie beispielsweise LCD-Bildschirmen, Notebook-Computern, Kameras und Scannern. Und im Handygeschäft wird BenQ Mobile in den nächsten Jahren zu einem führenden globalen Anbieter.

In seinem asiatischen Heimatmarkt zählt BenQ schon heute zu den am schnellsten wachsenden Anbietern im Handysegment. Durch den Zusammenschluss mit Siemens kann BenQ seine ehrgeizigen internationalen Expansionspläne umsetzen. Siemens bietet BenQ eine globale Organisation mit führenden Marktpositionen in West- und Osteuropa sowie im Wachstumsmarkt Lateinamerika. Zudem erhält BenQ durch den Kauf einen starken, weltweit bekannten Markennamen, Mobiltelefontechnologie und Softwarekompetenz sowie globalen Zugang zu der breiten Kundenbasis von Siemens. Daneben bekommt BenQ einen auf drei Kontinenten hervorragend etablierten Fertigungsverbund von Siemens.

Die Übertragung des Geschäftsgebietes erfolgt auf Grund eines Kaufvertrags im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf BenQ Mobile. Mit diesem Betriebsübergang wird gem. § 613a BGB BenQ Mobile Ihr neuer Arbeitgeber, der in alle Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses mit der Siemens AG eintritt. Es wird also anlässlich des Betriebsübergangs - sofern nicht in der Überleitungsvereinbarung andere Regelungen getroffen sind - unverändert mit BenQ Mobile fortgeführt (insbesondere keine Veränderungen bei dem jeweiligen Einkommenssystem, Altersversorgung, Jubiläumsregelung, Dienstzeitregelung). Ebenso gelten die jeweiligen Tarifverträge (einschließlich des Ergänzungstarifvertrags B/K) gem. § 613a BGB weiter.

Die Höhe und Zusammensetzung des bisherigen Einkommens bleibt ebenso wie eine bestehende freiwillige, widerrufliche Sonderzulage anlässlich des Betriebsübergangs unverändert.

Im Einzelnen gilt für Sie die beiliegende, mit dem Gesamtbetriebsrat der Siemens AG vereinbarte Regelung zur Überleitung der Beschäftigungsbedingungen (Überleitungsvereinbarung), die Bestandteil dieses Schreibens ist.

Die bestehenden Gesamtbetriebsvereinbarungen und örtlichen Betriebsvereinbarungen gelten bis zu einer eventuellen Neuregelung weiter, sofern in der Überleitungsvereinbarung nichts Abweichendes geregelt ist.

BenQ Mobile haftet ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs unbeschränkt für alle, auch die rückständigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Zusätzlich haftet die Siemens AG für solche Verpflichtungen, die vor dem Betriebsübergang entstanden sind und spätestens ein Jahr danach fällig werden; soweit sie nach dem 1.10.2005 fällig werden, haftet sie nur zeitanteilig.

Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich gem. § 613a Abs. 4 BGB ausgeschlossen; das Recht zu Kündigungen aus anderen Gründen bleibt unberührt.

Sie werden auch nach dem 1.10.2005 durch Ihren bisherigen Betriebsrat weiter betreut; an den Standorten in U, B und M / G Strasse gilt dies solange, bis durch Neuwahlen eigene Betriebsratsgremien gewählt sind, längstens bis zum 31.1.2006.

Für den Standort K wurde der örtliche Betriebsrat informiert, dass an diesem Standort aufgrund von Produktivitätssteigerungen in der Fertigung der Abbau von ca. 340 Mitarbeitern im Bereich der Lohngruppen 2 bis 7 geplant ist.

Dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf BenQ Mobile können Sie nach § 613 a Abs. 6 BGB schriftlich widersprechen. Ihr Widerspruch hätte zur Folge, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht auf BenQ Mobile übergeht. Wir möchten Sie jedoch bitten, von diesem Recht nur nach sorgfältiger Abwägung Gebrauch zu machen, denn Ihr Widerspruch sichert Ihnen keinen Arbeitsplatz bei der Siemens AG, da die Com MD - Aktivitäten vollständig auf BenQ Mobile übertragen werden und damit diese Arbeitsplätze bei der Siemens AG entfallen, so dass es letztlich zu betriebsbedingten Beendigungen des Arbeitsverhältnisses kommen kann.

Sollten Sie trotz dieser Überlegungen dennoch widersprechen wollen, bitten wir darum, Ihren etwaigen Widerspruch unverzüglich, jedoch spätestens innerhalb von 1 Monat nach Zugang dieses Schreibens schriftlich an

Herrn R B, Com HR CG, M

oder an

Herrn Dr. V E, M

zu richten.

Für Fragen steht Ihnen Ihre Personalorganisation gerne zur Verfügung.

Wir würden uns freuen, wenn Sie mit gleichem Arbeitseinsatz und hoher Motivation Ihre Arbeit bei BenQ Mobile weiterführen und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

..."

Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BenQ Mobile OHG zunächst nicht. Am 9.8.2006 schloss er mit dieser einen Aufhebungsvertrag zum 31.10.2006. Als Abfindung sollte er 62.000,00 Euro erhalten. 

Nachdem die BenQ Mobile OHG am 29.9.2006 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte, wurde dieses zum 1.1.2007 eröffnet. Der Kläger widersprach mit Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 22.12.2006 gegenüber der Beklagten „dem Betriebsübergang" unter Berufung auf die Fehlerhaftigkeit seiner Unterrichtung über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses. 

Der Kläger meint, er sei auch noch im Dezember 2006 berechtigt gewesen, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB durch die Unterrichtung der Beklagten über den Betriebsübergang nicht in Gang gesetzt worden sei. Diese Unterrichtung habe nämlich nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen. So sei er insbesondere nicht über den Firmensitz, die Adresse der Betriebserwerberin und den Grund des Betriebsübergangs unterrichtet worden. Auch sei in dem Unterrichtungsschreiben ausdrücklich auf die wirtschaftliche Potenz der BenQ (Taiwan) abgestellt worden, ohne darauf hinzuweisen, dass diese nicht die Arbeitgeberin war und die persönlich haftenden Gesellschafter seiner neuen Arbeitgeberin nur mit einem Stammkapital von jeweils 25.000,00 Euro ausgestattet gewesen seien. Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, ihm stünde auch nach Übergang seines Arbeitsverhältnisses ein wirtschaftlich ähnlich starker Arbeitgeber wie bisher zur Verfügung. Die Konzernmutter BenQ Corporation, Taiwan, sei aber nicht verpflichtet gewesen, dem Betriebserwerber BenQ Mobile OHG finanziell beizustehen. 

Der Kläger hat - soweit der Rechtsstreit in die Revisionsinstanz gelangt ist - beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30.9.2005 hinaus fortbesteht,

und

2. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Konstrukteur zu unveränderten Bedingungen am Standort M weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. 

Sie ist der Ansicht, den Kläger mit Schreiben vom 29.8.2005 ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB über den beabsichtigten Betriebsübergang unterrichtet zu haben. Deshalb sei der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 22.12.2006 wegen Ablaufs der einmonatigen Widerspruchsfrist verspätet. Auf jeden Fall sei das Recht zum Widerspruch aber verwirkt. Auch habe der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile OHG auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. 

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil der Feststellungsklage stattgegeben und die Klage auf Weiterbeschäftigung abgewiesen. Über geltend gemachte Vergütungsansprüche des Klägers hat es nicht entschieden. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl die Berufung des Klägers als auch die der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten als zulässig betrachtet. Entgegen der Ansicht des Klägers sei diese nicht deshalb unzulässig, weil die Berufungsschrift nur von einem der beiden in der Unterschriftszeile angeführten Rechtsanwälte, nämlich durch die Rechtsanwältin Dr. S, unterzeichnet sei. 

Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Weiterbeschäftigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Revision die Abweisung des Feststellungsantrages begehrt.


Aus den Gründen

12        Die Revision der Beklagten ist begründet, diejenige des Klägers jedoch nicht. Zwischen den Parteien besteht über den 30.9.2005 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr. Dieses war gem. § 613a Abs. 1 BGB auf die BenQ Mobile OHG übergegangen. Der vom Kläger am 22.12.2006 gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erklärte Widerspruch ist wegen Verwirkung unwirksam. 

13        A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: 

14        I. Die Berufung der Beklagten sei zulässig. Der Berufungseinlegungsschriftsatz vom 22.11.2007 habe den Anforderungen des § 519 Abs. 4 i.V.m. § 103 Nr. 6 ZPO genügt. Es sei unschädlich, dass der Schriftsatz nicht von dem in der Unterschriftsleiste mit aufgeführten Rechtsanwalt Dr. M mitunterzeichnet worden sei und dass die Unterschrift der Rechtsanwältin Dr. S keinen Vertretungszusatz aufweise. Der Berufungsschriftsatz der Beklagten sei von zwei postulationsfähigen Rechtsanwälten verfasst/verantwortet, obwohl er nur von Dr. S, unterzeichnet worden sei. Diese habe im Zweifel die alleinige, volle Verantwortung für den Inhalt des Berufungsschriftsatzes übernommen. Bei der Kanzlei der Beklagtenvertreter handele es sich um eine Partnerschaftsgesellschaft, die als solche als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte beauftragt werden könne und in diesem Falle durch ihre Partner und Vertreter handele. Auch damit sei ohne weiteres von der Postulationsfähigkeit und alleinigen Unterzeichnungsbefugnis und somit wirksamen Berufungseinlegung durch die Rechtsanwältin Dr. S auszugehen. 

15        II. Die Berufung der Beklagten sei jedoch unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen eines wirksamen Widerspruchs nicht auf die BenQ Mobile OHG übergegangen sei. Der Widerspruch des Klägers vom 22.12.2006 sei nicht verspätet gewesen, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB aufgrund einer nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB genügenden Unterrichtung durch die Beklagte über den beabsichtigten Betriebsübergang nicht in Gang gesetzt worden sei. So enthalte das Unterrichtungsschreiben vom 29.8. 2005 nicht die Anschrift der Betriebsübernehmerin. Außerdem fehle es an der Angabe des Grundes für den Übergang (§ 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB). Letztlich enthalte das Schreiben auch keine ausreichenden Informationen über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs für die Arbeitnehmer (§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB). 

16        Das Widerspruchsrecht des Klägers sei nicht verwirkt oder entsprechend § 144 BGB als ausgeschlossen anzusehen. Es könne offenbleiben, ab wann das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu laufen beginne, weil es selbst bei der Annahme der Erfüllung des Zeitmoments am Umstandsmoment fehle. So ergebe sich ein solches weder aus der Weiterarbeit des Klägers bei der BenQ Mobile OHG noch daraus, dass ihm von dieser am 1. Januar 2006 eine Gehaltserhöhung gewährt worden sei. Dass der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile OHG gegenüber der Beklagten zum Ausdruck gebracht habe, sich endgültig (auch) aus den Rechtsbeziehungen mit ihr zu lösen, sei nicht anzunehmen. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger in Kenntnis vom Bestehen seines Widerspruchsrechts gehandelt hätte und er davon hätte ausgehen müssen, die Beklagte werde Kenntnis von seiner vertraglichen Ausscheidensregelung mit der BenQ Mobile OHG erhalten oder bereits haben. An diesen beiden Voraussetzungen fehle es. Aus den gleichen Gründen sei auch das Widerspruchsrecht des Klägers nicht in entsprechender Anwendung des § 144 BGB ausgeschlossen. 

17        III. Die Berufung des Klägers habe deshalb keinen Erfolg, weil ihm bis zur Rechtskraft des Urteils über den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gegen diese kein Weiterbeschäftigungsanspruch zustehe. 

18        B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 

19        I. Die Revision der Beklagten ist begründet. 

20        1. Die Revision der Beklagten ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil ihre Berufung unzulässig war. 

21        a) Die Zulässigkeit der Berufung gehört zu den im Revisionsverfahren zu prüfenden Prozessfortsetzungsvoraussetzungen. Gleichgültig, ob der Revisionskläger oder der Revisionsbeklagte die Berufung eingelegt hat, muss das Revisionsgericht prüfen, ob die in den Vorinstanzen eingelegten Rechtsmittel ordnungsgemäß waren. 

22            Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten als zulässig angesehen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren müssen Berufungs- und Berufungsbegründungsschriftsatz von einem nach § 11 Abs. 2 ArbGG (in der bis 30.6.2008 geltenden Fassung, § 11 Abs. 4 ArbGG in der ab 1.7.2008 geltenden Fassung) postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten handschriftlich und eigenhändig unterzeichnet sein. Fehlt es hieran, ist die Berufung unzulässig (st. Rspr., vgl. Senat 27.10.2005 - 8 AZR 546/03 - m.w.N., AP ArbGG 1979 § 12a Nr. 13 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 180) . 

23        Die eigenhändige Unterschrift soll dem Nachweis dienen, dass die Berufung von einer Person, die nach dem Arbeitsgerichtsgesetz befähigt und befugt ist, Prozesshandlungen vorzunehmen, in eigener Verantwortung eingelegt bzw. begründet worden ist (st. Rspr., vgl. BAG 11.8.1987 - 7 AZB 17/87 - m.w.N., AP ZPO § 518 Nr. 54 = BB 1987, 2028 Ls) . 

24        b) Im Streitfalle hatte die Rechtsanwältin Dr. S, eine nach § 11 Abs. 2 ArbGG (in der bis 30.6.2008 geltenden Fassung) postulationsfähige Prozessbevollmächtigte, die Berufungsschrift vom 22.11.2007 unterzeichnet. Sie war Vertreterin i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 PartGG der Partnergesellschaft G, welche als Prozessbevollmächtigte der Beklagten (§ 7 Abs. 4 Satz 1 PartGG) aufgetreten war. 

25            Entgegen der Ansicht des Klägers ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, dass Rechtsanwältin Dr. S die inhaltliche Verantwortung für die Berufungsschrift übernehmen wollte. Gegenteiliges kann nicht allein daraus gefolgert werden, dass in der Kopfzeile des Berufungsschriftsatzes neben Dr. S auch Dr. M aufgeführt ist und dass dieser den Schriftsatz nicht unterzeichnet hat, obwohl in der Unterschriftszeile sein Name maschinenschriftlich angegeben ist. Regelmäßig ist nämlich davon auszugehen, dass ein Prozessbevollmächtigter mit seiner Unterschrift auch für den Inhalt eines bestimmenden Schriftsatzes (§ 519 Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 6 ZPO) die Verantwortung übernimmt. Der Sinn einer solchen Unterzeichnung ist es, dass der Unterzeichner für den Inhalt des von ihm unterzeichneten Schriftstücks „gerade steht". Deshalb reicht das äußere Merkmal der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten für die Erfüllung des Unterschriftserfordernisses des § 130 Nr. 6 i.V.m. § 519 Abs. 4 ZPO regelmäßig aus, ohne dass ein darüber hinausgehender Nachweis zu fordern wäre (vgl. BAG 11.8.1987 - 7 AZB 17/87 - AP ZPO § 518 Nr. 54 = BB 1987, 2028 Ls) . 

26        Davon ist auch vorliegend auszugehen. Allein der Umstand, dass der auf der Berufungsschrift vom 22.11.2007 sowohl im Briefkopf als auch in der Unterschriftszeile erwähnte Rechtsanwalt Dr. M den Schriftsatz nicht unterzeichnet hat, stellt kein zwingendes Indiz dafür dar, dass die Rechtsanwältin Dr. S die Verantwortung für die Einlegung der Berufung nicht übernehmen wollte. 

27        2. Die Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2005 hinaus fortbesteht, ist unbegründet. 

28        a) In einer Reihe von gleichgelagerten Fällen hat der Senat entschieden, dass das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 29.8.2005 über den beabsichtigten Betriebsübergang auf die BenQ Mobile OHG den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB nicht genügt (vgl. Senat 23.7.2009 - 8 AZR 538/08 = BB 2010, 573 mit Komm. Bittmann/Mujan, - 8 AZR 539/08 -, - 8 AZR 540/08 -, - 8 AZR 541/08 - und - 8 AZR 558/08 - mit eingehender Begründung) . 

29        b) Die unzulängliche Unterrichtung durch die Beklagte hatte die einmonatige Widerspruchsfrist für den Kläger (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) nicht in Lauf gesetzt (st. Rspr. vgl. Senat 22.1.2009 - 8 AZR 808/07 - m.w.N., AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4). 

30        c) Das Recht des Klägers zum Widerspruch war zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 22.12.2006 jedoch verwirkt. 

31        aa) Der Senat hat bereits mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers verwirken kann (vgl. z.B. Senat 24.7.2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347)

32        Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) . Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist. 

33        Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (Senat 15.2.2007 - 8 AZR 431/06 - m.w.N., BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64 = BB 2007, 1675) . 

34            Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei (BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (Senat 15.2.2007 - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64 = BB 2007, 1675) . Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs (27.1.2000 - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Außerdem ist die Länge des Zeitablaufs in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 15.2.2007 - 8 AZR 431/06 - m.w.N. a.a.O.) . 

35        bb) Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen im Streitfalle vor. 

36        (1) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben (vgl. BAG 17.1.2007 - 7 AZR 23/06 - EzAÜG AÜG § 10 Fiktion Nr. 116) . Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil jedoch darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 12.12.2006 - 9 AZR 747/06 - m.w.N., EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1) . 

37        (2) Vorliegend ist dem Landesarbeitsgericht ein - auch revisionsrechtlich zu beachtender - Rechtsfehler unterlaufen. Es hat nämlich die Voraussetzungen für das Vorliegen des Umstandsmoments, welches zusammen mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führen kann, verkannt. 

38        (3) Das Zeitmoment ist erfüllt. 

39        Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen zu laufen (vgl. Senat 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 - BB 2009, 1422 mit Komm. Rolf = NZA 2009, 552) . Damit setzt auch nicht erst die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung die Frist für die Beurteilung des Vorliegens des Zeitmoments in Lauf. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgeschriebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei der das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind. 

40        Erfolgt die Prüfung entsprechend diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufs, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalls, zu denen auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Grundsätzlich ist der gesamte Zeitablauf seit der Rechtsentstehung von Bedeutung, im Falle der Beklagten jedenfalls der Zeitraum ab Ende September 2005, weil zu diesem Zeitpunkt die aus ihrer Sicht durch ihr Unterrichtungsschreiben vom 29.8.2005 in Gang gesetzte gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist (§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) für den Kläger ablief. 

41        Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht erst über 14 1/2 Monate nach dem vollzogenen Betriebsübergang am 1.10.2005 ausgeübt, nämlich mit Schreiben vom 22.12.2006. Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Schriftform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt der Arbeitgeber grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet (Senat 24.7.2008 - 8 AZR 166/07 -; 24.7.2008 - 8 AZR 1020/06 -) . 

42        Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war. Der Zeitraum von über 15 1/2 Monaten zwischen der Unterrichtung über den Betriebsübergang und der Erklärung des Widerspruchs und von über 14 1/2 Monaten nach Ablauf der gesetzlichen Widerspruchsfrist ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich geeignet, das Vorliegen des Zeitmoments zu bejahen (vgl. Senat 24.7.2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) und erfüllt im Streitfalle insbesondere auch deshalb das Zeitmoment, weil der Kläger durch den Abschluss seines Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile OHG ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hatte (vgl. unten). 

43        (4) Der Kläger hat durch sein Verhalten, insbesondere durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der BenQ Mobile OHG am 9.8.2006 das Umstandsmoment verwirklicht. 

44        Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert (vgl. Senat 27.11.2008 - 8 AZR 188/07 -; 21.8.2008 - 8 AZR 407/07 - AP BGB § 613a Nr. 348). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (vgl. Senat 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 - BB 2009, 1422 mit Komm. Rolf = NZA 2009, 552; 20.3.2008 - 8 AZR 1016/06 - BB 2008, 2072 mit Komm. Bittmann/Rosemann = NZA 2008, 1354). 

45        Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer (zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar (vgl. Senat 27.11.2008 - 8 AZR 225/07 -; 24.7.2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, z.B. Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden. Als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen sich nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers dar, durch welche es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, zB Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Senat 27.11.2008 - 8 AZR 174/07 - BB 2009, 1422 mit Komm. Rolf = NZA 2009, 552) bzw. die Hinnahme einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung (Senat 24.7.2008 - 8 AZR 175/07 - a.a.O.), oder durch welche das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird (z.B. die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses). 

46            Aufgrund des Abschlusses des Aufhebungsvertrages zwischen dem Kläger und der BenQ Mobile OHG am 9.8.2006 durfte die Beklagte davon ausgehen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (Erfüllung des Umstandsmoments). 

47        (5) Es ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts unerheblich, ob und gegebenenfalls ab wann die Beklagte von dem Abschluss des Aufhebungsvertrages Kenntnis hatte. 

48        Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber mit Erfolg auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen darf. 

49        Die Unterrichtungspflicht des § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Betriebsinhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt dies nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstandes zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber (Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären darf. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen „Umstände" kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6, „ein anderes" normiert (§ 425 Abs. 1 BGB) . Neuer und alter Arbeitgeber dürfen sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 2.4.2009 - 8 AZR 220/07 -) . 

50        d) Die vom Kläger erhobene Aufklärungsrüge ist unbeachtlich. Entgegen seiner Ansicht ist es ohne Belang, unter welchen Umständen es zum Abschluss des Aufhebungsvertrages zwischen ihm und der BenQ Mobile OHG am 9.8.2006 gekommen ist. Der Kläger hatte bis zum Zeitpunkt der Erklärung seines Widerspruchs am 22.12.2006 weder gegenüber der Beklagten noch der BenQ Mobile OHG geltend gemacht, der Aufhebungsvertrag sei - aus welchen Gründen auch immer - rechtsunwirksam. Da er somit am rechtlichen Bestand des Aufhebungsvertrages bis zur Ausübung des Widerspruchs festgehalten hatte, durften sowohl die Beklagte als auch die BenQ Mobile OHG davon ausgehen, der Kläger habe über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss dieses Aufhebungsvertrages disponiert. Ob sich aus einer möglicherweise durch die BenQ Mobile OHG gegenüber dem Kläger begangenen unerlaubten Handlung Ansprüche für diesen ergeben könnten, war nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. 

51        II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. 

52        Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf Weiterbeschäftigung im Ergebnis zu Recht abgewiesen. 

53        Da das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten aufgrund des am 1.10.2005 erfolgten Betriebsübergangs beendet worden ist, steht ihm ab diesem Zeitpunkt kein Beschäftigungsanspruch gegen die Beklagte mehr zu. 

54        III. Der Kläger hat nach § 91 Abs. 1, § 97 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

BB-Kommentar

Dr. Timon Grau, RA, Freshfields Bruckhaus Deringer LLP, Köln

Titel

Problem

Im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung über den Betriebsübergang (§ 613a Abs. 5 BGB) können Arbeitnehmer dem Übergang auf den Erwerber bekanntermaßen auch noch nach Monaten, im Extremfall nach Jahren widersprechen. Auch weil die Rechtsprechung die Anforderungen an Unterrichtungsschreiben zunehmend verschärft hat, häufen sich die bekannt werdenden Entscheidungen, in denen Arbeitnehmer mit ihrem nachträglichen Widerspruch vor den Arbeitsgerichten Erfolg haben. Oftmals haben diese Fälle eine spätere Insolvenz des Erwerbers zum Hintergrund, bei denen es aus Arbeitnehmersicht tatsächlich sinnvoll sein kann, auch noch längere Zeit nach dem Betriebsübergang gezielt nach einer Lücke oder Ungenauigkeit im Unterrichtungsschreiben zu suchen, um einen Rückfall des Arbeitsverhältnisses auf den Veräußerer erreichen zu können. Begrenzt wird diese Möglichkeit nur durch das vage und einzelfallabhängige Institut der Verwirkung. Die hierfür geltenden Grundsätze hat das BAG in der hier besprochenen sowie in fünf weiteren Entscheidungen vom 23.7.2009 präzisiert (s. auch 8 AZR 538 bis 541/08 und 8 AZR 558/08). Allen Verfahren lag vom Sachverhalt her der Verkauf der Mobilfunksparte des Veräußerers zugrunde. Die Arbeitnehmer dieses Geschäftsbereichs waren am 29.8.2005 über den Anfang Oktober bevorstehenden Betriebsübergang auf die seinerzeit noch in Gründung befindliche Erwerberin unterrichtet worden. Auf diesen Umstand wurde in der Unterrichtung ebenso wenig hingewiesen wie die gesetzliche Haftungsverteilung (§ 613a Abs. 2 BGB) zwischen den Betriebsübertragungsparteien korrekt dargestellt wurde. Im August 2006 schloss der Kläger mit dem Erwerber einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum Ende Oktober 2006. Im September 2006 stellte der Betriebserwerber Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Kläger widersprach daraufhin im Dezember 2006 dem Übergang des Arbeitsverhältnisses unter Berufung auf die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung und verlangte vom Veräußerer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG hat der Klage stattgegeben.

Entscheidung des Gerichts

Die Revision des Betriebsveräußerers hatte beim BAG Erfolg. Zwar hielt der 8. Senat die Unterrichtung für fehlerhaft, so dass die einmonatige Widerspruchsfrist gem. § 613a Abs. 6 BGB nicht ausgelöst worden sei. Dabei verweist der Senat im Urteil auf die ausführliche Begründung in den zitierten übrigen Entscheidungen vom gleichen Tage. Wie sich daraus ergibt, scheiterte die Ordnungsgemäßheit der Unterrichtung neben der nicht hinreichend präzisen Darstellung der Haftungsfolgen aus Sicht des Senats unter andere auch daran, dass im Informationsschreiben keine hinreichende Transparenz über den Umstand der Neugründung des Erwerbers und seiner „Randstellung" im Erwerberkonzern hergestellt worden war. Auf die Einzelheiten kam es vorliegend nicht an, weil die Richter den vom Kläger ausgeübten Widerspruch aufgrund eingetretener Verwirkung als unwirksam ansahen.

Das Urteil referiert zunächst die allgemein für die Verwirkung des Widerspruchsrechts geltenden und aus der Rechtsprechung bereits bekannten Grundsätze. Danach setzt die Verwirkung ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraus. Das Widerspruchsrecht darf zunächst über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausgeübt worden sein. Dies muss unter solchen Umständen erfolgt sein, die beim Betriebsveräußerer bzw. Erwerber den berechtigten Eindruck hervorgerufen haben, dass der Arbeitgeberwechsel akzeptiert wurde. Feste Grenzen für das Zeitmoment bestehen nicht. Zeit- und Umstandsmoment stehen zudem in einer Wechselbeziehung zueinander. Je stärker das gesetzte Vertrauen in die Akzeptanz des Übergangs des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer ist, desto schneller kann das Widerspruchsrecht verwirken. Umgekehrt können also mit fortschreitendem Zeitablauf auch die Anforderungen an das Umstandsmoment sinken.

Aufgrund des erst fast 15 Monate nach dem erfolgten Betriebsübergang und fast 16 Monate nach Zugang des Informationsschreibens erklärten Widerspruchs bejaht das BAG vorliegend das Zeitmoment. Dabei stellt der Senat im Einklang mit der allgemeinen Verwirkungsdogmatik zutreffend klar, dass das Zeitmoment nicht erst ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung bzw. vom Fortbestehen seines Widerspruchsrechts zu laufen beginnt, sondern der gesamte Zeitraum ab Entstehung des Widerspruchsrechts, jedenfalls aber der Zeitraum nach der aus der Sicht der Betriebsübertragungsparteien bereits abgelaufenen Widerspruchsfrist (d.h. einen Monat nach Unterrichtungszugang) zu würdigen ist. Als „verkürzendes" Moment für das Zeitmoment stellt der Senat den vom Kläger mit dem Erwerber abgeschlossenen Aufhebungsvertrag heraus, da hierdurch ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt worden sei.

Das Umstandsmoment für die Verwirkung des Widerspruchsrechts ist nach den Feststellungen des Senats regelmäßig verwirklicht, wenn der Arbeitnehmer inzwischen beim Betriebserwerber über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert hat. Als relevante Dispositionen kommen dem BAG zufolge insbesondere Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers in Betracht, durch die es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, wie hier z.B. der Abschluss des Aufhebungsvertrags. Da eine bloß relative Wirkung der Verwirkung des Widerspruchsrechts nur gegenüber dem Veräußerer oder dem Erwerber ausgeschlossen ist, steht es dem Umstandsmoment nach zutreffender Ansicht des BAG auch nicht entgegen, wenn zunächst nur eine der Betriebsübertragungsparteien die maßgeblichen Tatsachen kennt. Insofern können sich Veräußerer und Erwerber wechselseitig auf die verwirkungsrelevanten Umstände berufen, auch wenn sie aus der Sphäre der jeweils anderen Betriebsübertragungspartei stammen.

Praxisfolgen

Das BAG sieht den Abschluss eines Aufhebungsvertrages beim Erwerber als Anwendungsfall der Verwirkung, so dass neben der Verfügung über das Arbeitsverhältnis wie dargestellt zusätzlich auch ein Zeitmoment für den Ausschluss des Widerspruchsrechts verwirklicht sein muss. Mit der zum Teil befürworteten abweichenden dogmatischen Einordnung derartiger Tatbestände, die kein Erfordernis eines Zeitmoments beinhalten (s. Rieble/Wiebauer, NZA 2009, 401, 404 ff. unter dem Gesichtspunkt einer Bestätigung der Arbeitgeberwahl durch Verfügung über das Arbeitsverhältnis beim Erwerber) setzt sich das Urteil nicht auseinander.

Aus Praxissicht ist die Entscheidung im Ergebnis dennoch zu begrüßen, weil sie zumindest in Einzelfällen, in denen beim Erwerber eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses getroffen worden ist, ein wirksames Korrektiv für die - gerade auch angesichts der vom BAG angenommenen Informationspflicht über mittelbare wirtschaftliche „Folgen" des Übergangs für die Arbeitnehmer (s. BAG, NZA 2008, 642 ff.) ausufernde Unterrichtungspflicht - bietet. In einem früheren Urteil hatte der Senat bereits angedeutet, dass die Hinnahme einer durch den Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung das Umstandsmoment für die Verwirkung des Widerspruchsrechts erfüllen kann (BAG, 20.3.2008, NZA 2008, 1354, 1359). Daraus lässt sich ableiten, dass das Umstandsmoment auch in Konstellationen verwirklicht wird, in denen der Arbeitnehmer gegenüber dem Erwerber selbst kündigt oder z.B. einer Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zustimmt (Dzida, DB 2010, 167, 168). Gleiches gilt, worauf der Senat im Urteil am Rande hinweist, wenn der Arbeitnehmer mit dem Erwerber ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis begründet. Insofern steht eine etwaige grundlegende  Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses einer qualifizierten Disposition über das Arbeitsverhältnis gleich.

Abgesehen von der Relevanz des Urteils für derartige (Ausnahme-)Konstellationen ist dessen Verallgemeinerungswert allerdings gering. Dies gilt zum einen in Bezug auf das Zeitmoment. So lässt der Senat in den übrigen Parallelfällen vom 23.7.2009 (a.a.O.), in denen der jeweilige Arbeitnehmer allerdings keinen Aufhebungsvertrag mit dem Erwerber abgeschlossen hatte, ausdrücklich offen, ob von einer Erfüllung des Zeitmoments ausgegangen werden könne. Auch in anderen Fällen hat die Rechtsprechung die Ausübung des Widerspruchsrechts bei annähernd ähnlichen Zeiträumen noch zugelassen (s. z. B. LAG München, 9.9.2008 - 3 Sa 128/08). Zum anderen betont das BAG, dass in Abgrenzung zu der Konstellation mit einer Verfügung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses bloße inhaltliche Veränderungen im Arbeitsverhältnis wie z. B. Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber über eine Änderung einzelner Arbeitsbedingungen oder eine Versetzung zur Begründung des Umstandsmoments nicht ausreichen, woran das BAG im Übrigen eine Verwirkung in den anderen am gleichen Tag entschiedenen Verfahren scheitern ließ. Als flächenwirksames Instrument zur Begrenzung des Risikos von Unterrichtungsfehlern beim Betriebsübergang ist und bleibt die Verwirkung damit untauglich. Dem Ruf aus Fachkreisen (s. Stellungnahme Nr. 20/2009 durch den Ausschuss Arbeitsrecht im DAV, abrufbar unter www.anwaltverein.de) nach einer ausgewogenen Regelung durch den Gesetzgeber kann sich der Autor daher im Interesse von mehr Rechtssicherheit bei § 613a BGB nur anschließen.

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