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Arbeitsrecht
21.04.2022
Arbeitsrecht
BAG: Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot nach § 60 Abs. 1 HGB – Stufenklage – Auskunftsanspruch – Beginn der Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 HGB

BAG, Urteil vom 25.11.2021 – 8 AZR 226/20

ECLI:DE:BAG:2021:251121.U.8AZR226.20.0

Volltext: BB-Online BBL2022-948-1

Orientierungssätze

1. Ein Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber zur Auskunft über wettbewerbswidrige Geschäfte verpflichtet sein, sobald er in ausreichendem Umfang Anlass gegeben hat zu der Vermutung, dass er gegen das Wettbewerbsverbot nach § 60 Abs. 1 HGB verstoßen hat. Ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer in bestimmten, vom Arbeitgeber konkret benannten Einzelfällen das vertragliche Wettbewerbsverbot verletzt hat, begründet dies regelmäßig den Verdacht der Wiederholung mit der Folge, dass sich der Auskunftsanspruch des Arbeitgebers nicht auf die von ihm konkret benannten Einzelgeschäfte beschränkt. Ob auch ein geringerer Grad an Wahrscheinlichkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens einen Auskunftsanspruch des Arbeitgebers begründen kann, bedurfte keiner Entscheidung (Rn. 70, 74 ff.).

2. Ein Auskunftsanspruch des Arbeitgebers, der im Rahmen einer Stufenklage der Verwirklichung eines Schadensersatz- oder Herausgabeanspruchs dient, scheidet aus, wenn bereits bei seiner Prüfung feststeht, dass sämtlichen, aufgrund des behaupteten wettbewerbswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehenden Leistungsansprüchen die Einrede der Verjährung entgegensteht. In einem solchen Fall sind die Gerichte – abweichend von der Regel, dass bei einer Stufenklage über die verschiedenen Stufen getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden ist – ausnahmsweise befugt, eine Stufenklage insgesamt durch Endurteil abzuweisen (Rn. 32).

3. Die Frist von drei Monaten für die Verjährung von Leistungsansprüchen aufgrund einer Verletzung des Wettbewerbsverbots nach § 60 Abs. 1 HGB wird gemäß § 61 Abs. 2 HGB nicht allein durch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Arbeitgebers vom Abschluss des jeweiligen, vom Arbeitnehmer wettbewerbswidrig getätigten (Einzel-)Geschäfts ausgelöst. Die Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 HGB beginnt vielmehr auch zu laufen, wenn der Arbeitgeber weiß oder groß fahrlässig nicht weiß, dass der Arbeitnehmer ein konkurrierendes Handelsgewerbe betreibt. Ob die Verjährungsfrist gleichermaßen durch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Arbeitgebers von einem auf Dauer angelegten „Geschäftemachen“ durch Ausübung einer unselbständigen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers für einen Dritten in Gang gesetzt wird, konnte offenbleiben (Rn. 52 ff.).

Sachverhalt

Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage über Ansprüche der Klägerin wegen behaupteter Wettbewerbsverstöße des Beklagten.

Die Klägerin ist ein in O ansässiges Unternehmen. Sie betreibt Internetportale, erbringt Marketing- und Internetdienstleistungen einschließlich Stadtmarketing im Internet, verwaltet Kundenstämme, vertreibt Dienstleistungen und Werbeplätze, erstellt Webseiten und optimiert Suchmaschinen.

Der Beklagte war vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Oktober 2017 als Medienberater bei der Klägerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Eigenkündigung des Beklagten. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist – auszugsweise – geregelt:

„§ 15 Ausschlussklausel

(1) Alle Ansprüche aus dem Vertrag verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

(2) Werden Ansprüche abgelehnt oder erklärt sich die Gegenseite nicht schriftlich innerhalb von 2 Wochen nach Geltendmachung der Ansprüche, so sind diese innerhalb einer weiteren Frist von 3 Monaten gerichtlich geltend zu machen. Anderenfalls erlöschen sie.

(3) Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.“

Im Jahr 2017 verließen außer dem Beklagten noch weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das Unternehmen der Klägerin. Zwei der früheren Arbeitnehmerinnen gründeten die W GbR mit Geschäftsanschrift in M. Die W GbR, die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine Konkurrentin der Klägerin ist, erstellt und vertreibt digitale Werbeformen wie zB Werbeseiten, digitale Werbung und Bewertungen.

Im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin betreute der Beklagte ua. die Kunden M (im Folgenden F), S und Sch, die ihre jeweiligen Verträge mit der Klägerin im Mai, Juni und November 2017 kündigten.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. Dezember 2017 ließ die Klägerin dem Beklagten mitteilen, sie habe Kenntnis davon erlangt, dass dieser noch während seiner Beschäftigungszeit bei ihr in ihrem Geschäftszweig Verträge „im Namen und für die W GbR“ akquiriert und abgeschlossen habe. Konkret werden in dem Schreiben angebliche, auf den 27. Juni 2017 und 15. September 2017 datierende Vertragsschlüsse mit dem Kunden F sowie eine versuchte Abwerbung der Kundin S erwähnt. Zugleich verlangte die Klägerin vom Beklagten Auskunft über wettbewerbswidrig abgeschlossene Geschäfte und daraus erzielte Vergütung.

In einer an die Klägerin gerichteten E-Mail vom 15. Januar 2018 teilte die Kundin Sch der Klägerin mit:

„…   

Ich versuche eine kurze Zusammenfassung der Gespräche mit Herr G zu geben:

Im Oktober 2017 – Mitte Oktober – erhielt ich einen Anruf von Herrn G, um mir mitzuteilen, dass er die d AG verlassen würde und sich auf dem gleichen Gebiet sich selbständig machen würde. In dem Gespräch bot er mir an, die Tätigkeiten, die von der d AG z.Zt. für mich erstellt werden, in gleicher Weise durchführen zu können. Ich könnte die Verträge sofort kündigen, ohne Nachteile zu haben. Es sollten die Verträge gekündigt werden, die nicht über eine längere Zeit abgeschlossen worden sind. Er hätte noch Zugang zu meinen Auftragsdaten und hätte sich die Verträge genau angesehen. Außerdem hatte er in der Vergangenheit mich immer angerufen, um Verträge neu abzuschließen oder zu verlängern. Auf dieses Angebot wollte ich mich nicht sofort einlassen, weil Herr G noch bei der Firma d Ag angestellt war und ich nicht mit Wettbewerbsproblemen konfrontiert werden wollte. Also habe ich ihm geantwortet, dass er sich erst wieder bei mir melden sollte, wenn er tatsächlich in einer neuen Firma arbeiten bzw. selber Firmeninhaber sein sollte. Dieses Gespräch fand im November statt. Er bot mir noch einmal die gleichen Leistungen wie d an nur um 100,00 Euro günstiger. Daraufhin habe ich die Verträge bei d zum Ablauf 30.11.2017 gekündigt und den Vertrag der W unterschrieben.

Herr G hat meine gesamten Auftragsdaten im Oktober abgerufen. Ob er zu dem Zeitpunkt schon freigestellt war oder sich im Urlaub befand weiß ich nicht mehr zu 100 %. Ich habe nur gestutzt, dass er meine Daten einsehen und mitnehmen konnte. Gleichzeitig hat er mir bei dem Telefonat im Oktober mitgeteilt, dass der auch andere Kunden der d AG kontaktieren würde bzw. schon kontaktiert hätte, die Leistung der W in Zukunft in Anspruch nehmen würden.“

Mit E-Mail vom 23. August 2018 erklärte sich die Kundin L gegenüber der Klägerin wie folgt:

„teile Ich Ihnen jetzt mit, daß Herr G während seiner Amtszeit bei d, mich, L, abgeworben hat und entsprechend von meinem Konto, nachweislich, abgebucht hat.

Den Vertrag habe ich gekündigt, aber er läuft noch.

Kann mir vorstellen, daß er juristische Maßnahmen nicht ausser acht läßt.“

Mit ihrer am 6. April 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 18. April 2018 zugestellten Klage nimmt die Klägerin den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Rechnungslegung, Versicherung an Eides statt sowie auf Schadensersatz und Herausgabe wettbewerbswidrig erzielten Verdienstes in Anspruch. Sie hat geltend gemacht, aufgrund von Äußerungen ihrer Kunden berechtigten Anlass zu der Annahme gehabt zu haben, dass der Beklagte im Zeitraum vom 30. April bis zum 31. Oktober 2017 – sei es im eigenen Namen, sei es im Namen Dritter, insbesondere der W GbR – wiederholt Kunden abgeworben habe. Dabei habe er einzelnen Kunden gegenüber – auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – ihr Einverständnis mit einer Vertragsauflösung zugesichert, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein. Da sie den Schaden, der ihr aus dem Verhalten des Beklagten erwachsen sei, nicht beziffern und Ansprüche auf Herausgabe einer aufgrund wettbewerbswidrig getätigter Geschäfte erzielten Vergütung nicht konkretisieren könne, sei der Beklagte zur Erteilung der mit der Klage begehrten Auskunft und Rechnungslegung durch Herausgabe von Belegen verpflichtet.

Die Klägerin hat – nachdem sie ihre Klage in der Berufungsinstanz im Hauptantrag modifiziert und um mehrere Hilfsanträge ergänzt hat – zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1.    ihr Auskunft zu erteilen,

a)    mit welchen natürlichen und/oder juristischen Personen er im eigenen Namen und/oder im Namen der W GbR und/oder auf fremde Rechnung im Zeitraum vom 30. April 2017 bis zum 31. Oktober 2017 Verträge abgeschlossen und/oder durch abgegebene Angebote, Bestellungen oder Anfragen Verträge angebahnt hat und/oder an die W GbR und/oder an Dritte vermittelt hat,

b)    welche Leistungen bzw. Leistungspakete unter Angabe der Laufzeit gemäß Ziffer 1.a) abgeschlossen, angebahnt oder vermittelt wurden,

c)    welche Vergütungen er und/oder Dritte aus diesen Vertragsschlüssen und/oder Vertragsanbahnungen und/oder Vertragsvermittlungen bis heute erhalten haben bzw. noch erhalten werden; dies unter Angabe sowohl der jeweiligen Beträge als auch der einschlägigen Zahlungstermine,

d)    und die zu den vorstehenden Auskünften gehörenden Belege wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen vorzulegen,

2.    die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu Ziffer 1.a) bis Ziffer 1.c) an Eides statt zu versichern,

3.    an die Klägerin die in Ziffer 1.a) bis Ziffer 1.c) genannte Vergütung sowie Schadensersatz jeweils in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

1.    ihr Auskunft zu erteilen, mit welchen natürlichen und/oder juristischen Personen gemäß Anlage 1 [zur Berufungsbegründung] der Beklagte im Zeitraum vom 30. April 2017 bis zum 31. Oktober 2017 Kontakt aufgenommen hat und mit welchen dieser Personen er im eigenen Namen und/oder im Namen eines Dritten Verträge abgeschlossen und/oder durch abgegebene Angebote, Bestellungen oder Anfragen Verträge angebahnt und/oder vermittelt hat und welche Vergütung dabei vereinbart wurde und welche Vergütung er selbst dabei erhalten hat,

2.    die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben zu Ziffer 1. an Eides statt zu versichern,

3.    an die Klägerin die in Ziffer 1. genannte Vergütung sowie Schadensersatz jeweils in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zweitinstanzlich die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Auf den Einspruch der Klägerin hat es das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Aus den Gründen

13        A. Mit dem Einverständnis der Parteien konnte vorliegend im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 128 Abs. 2 ZPO.

14        B. Die zulässige Revision der Klägerin ist ganz überwiegend begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte auf den zulässigen Einspruch der Klägerin hin das die Berufung der Klägerin zurückweisende Versäumnisurteil nicht mit der von ihm gegebenen Begründung insgesamt aufrechterhalten. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch ganz überwiegend nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klägerin hat vielmehr in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Anspruch auf Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen. Soweit das Landesarbeitsgericht die Haupt- und Hilfsanträge zu 2. und 3. (eidesstattliche Versicherung, unbezifferter Leistungsantrag) abgewiesen hat, war die Sache infolgedessen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

15        I. Das Landesarbeitsgericht durfte das die Berufung der Klägerin zurückweisende Versäumnisurteil nicht mit der von ihm gegebenen Begründung insgesamt aufrechterhalten.

16        1. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

17        Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil habe keinen Erfolg, weil die Berufung unbegründet sei. Der auf der ersten Stufe gestellte, auf Auskunft und Rechnungslegung gerichtete Hauptantrag zu 1a bis 1d sei zwar zulässig, aber insgesamt unbegründet, da der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Auskunftserteilung nicht (mehr) zustehe. Etwaige nach dem Vorbringen der Klägerin in Betracht kommende Schadensersatz- und Herausgabeansprüche seien nach § 61 Abs. 2 HGB bereits verjährt. Damit könne die Auskunft nicht mehr der Vorbereitung des Leistungsanspruchs dienen, so dass das für die Begründetheit des Auskunftsanspruchs erforderliche Informationsbedürfnis fehle. Die dreimonatige Verjährungsfrist des § 61 Abs. 2 HGB habe spätestens am 21. Dezember 2017 zu laufen begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen – wie sich aus dem anwaltlichen Schreiben vom 21. Dezember 2017 ergebe – Kenntnis von der Unterstützung der W GbR durch den Beklagten gehabt. Werde jemand – wie hier – unselbständig, etwa als Arbeitnehmer oder Geschäftsführer, für ein Konkurrenzunternehmen tätig, sei es – ebenso wie bei der Einrichtung eines eigenen Konkurrenzbetriebs – gerechtfertigt, für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von dem einzelnen Geschäft zu verzichten und stattdessen die Kenntnis von dem „Geschäftemachen“ genügen zu lassen. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 6. April 2018 seien etwaige Forderungen der Klägerin demnach bereits verjährt gewesen. Dass der Beklagte die Verjährungseinrede erst in der Berufungsinstanz erhoben habe, führe nicht zu einer anderen Bewertung. Danach bleibe auch der infolge der Abweisung des Hauptantrags zu 1. dem Gericht zur Entscheidung angefallene erste Hilfsantrag erfolglos. Schließlich sei die Klage mit den Hauptanträgen zu 2. und 3. sowie den entsprechenden – ebenfalls auf eidesstattliche Versicherung und Zahlung gerichteten – Hilfsanträgen abzuweisen. Insoweit habe sich – wie ausgeführt – bereits bei der Prüfung des Auskunftsanspruchs ergeben, dass etwaige Leistungsansprüche wegen Verjährung keinen Erfolg haben könnten.

18        2. Mit dieser Begründung durfte das Landesarbeitsgericht das die Berufung der Klägerin zurückweisende Versäumnisurteil nicht vollumfänglich aufrechterhalten. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind die nach dem Vorbringen der Klägerin in Betracht kommenden Leistungsansprüche ganz überwiegend nicht verjährt.

19        a) Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass die Stufung der Hauptanträge nach § 254 ZPO zulässig ist.

20        aa) Gemäß § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der von der klagenden Partei beanspruchten Leistungen vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was die beklagte Partei aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Dabei ist die Zulassung eines unbestimmten Leistungsantrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn das Unvermögen der klagenden Partei zur bestimmten Angabe der auf der letzten Stufe der Klage beanspruchten Leistung(en) gerade auf den Umständen beruht, über die sie auf der ersten Stufe Auskunft begehrt. Das Auskunftsbegehren muss ein notwendiges Hilfsmittel sein, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des auf der letzten Stufe verfolgten Leistungsanspruchs vorzubereiten und herbeiführen zu können (vgl. BAG 8. September 2021 – 10 AZR 11/19 – Rn. 27; 28. August 2019 – 5 AZR 425/18 – Rn. 18 f. mwN, BAGE 167, 349; BGH 6. April 2016 – VIII ZR 143/15 – Rn. 15, BGHZ 209, 358). Hierfür reicht es aus, wenn lediglich ein Teil der benötigten Informationen im Wege der Auskunftsklage zu erlangen ist. Denn eine Stufenklage ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Auskunft in keiner Weise der näheren Bestimmung eines noch nicht hinreichend bestimmten, in einer nachfolgenden Stufe geltend gemachten Leistungsbegehrens, sondern anderen Zwecken dient (BAG 8. September 2021 – 10 AZR 11/19 – Rn. 27 f.; 28. August 2019 – 5 AZR 425/18 – Rn. 29 mwN, BAGE 167, 349). Maßgeblich für diese Beurteilung ist der von der klagenden Partei behauptete Leistungsanspruch (vgl. BGH 8. Dezember 2016 – IX ZR 257/15 – Rn. 15).

21        bb) Danach begegnet die Stufung der Anträge keinen Zulässigkeitsbedenken.

22        (1) Die erstrebten Auskünfte dienen erkennbar dem Zweck, die von der Klägerin verfolgten Schadensersatz- und Herausgabeansprüche beziffern zu können. Soweit der Hauptantrag zu 1a auch darauf gerichtet ist, die Namen betroffener Kunden zu nennen, verfolgt die Klägerin ersichtlich nicht allein das Ziel, Informationen zur (leichteren) Rechtsverfolgung zu gewinnen, was bedenklich wäre. Sie erstrebt die Auskunft vielmehr vor dem Hintergrund, dass sie gezielte Abwerbemaßnahmen behauptet, teils unter Verwendung unlauterer Mittel. Es geht ihr erkennbar auch darum, Schäden zu identifizieren, die ihr durch solche konkreten Abwerbemaßnahmen entstanden sind.

23        (2) Der Zulässigkeit der Stufenklage steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin aufgrund von Mitteilungen ihrer Kunden bereits über einzelne Informationen verfügt, die sich auf vermeintliche Abwerbemaßnahmen des Beklagten beziehen. Zum einen hat die Klägerin keine Möglichkeit, die Kundenmitteilungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Zum anderen geht die Klägerin aufgrund der Angaben einzelner Kunden gerade davon aus, dass der Beklagte noch andere, ihr gänzlich unbekannte Verstöße gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot begangen hat.

24        b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die Hauptanträge zu 1a bis 1c zulässig sind. Die Klage mit dem Hauptantrag zu 1d ist hingegen nur insoweit zulässig, als die Klägerin die Vorlage von Auftragsbestätigungen und Rechnungen verlangt; im Übrigen ist dieser Antrag mangels ausreichender Bestimmtheit unzulässig.

25        aa) Die Hauptanträge zu 1a bis 1c bedürfen der Auslegung. Diese ergibt, dass die Klägerin ausschließlich Auskünfte über Geschäfte begehrt, die der Beklagte im Klagezeitraum, dh. noch während seines laufenden Arbeitsverhältnisses, im Geschäftszweig der Klägerin abgeschlossen, angebahnt und/oder vermittelt hat.

26        (1) Das Revisionsgericht hat prozessuale Willenserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte Wille zu ermitteln. Im Zweifel sind prozessuale Willenserklärungen so auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 14. Oktober 2021 – 8 AZR 96/20 – Rn. 12 mwN).

27        (2) Wie sich aus der Klageschrift und den weiteren Schriftsätzen in den Tatsacheninstanzen ergibt, bezieht sich die mit den Anträgen zu 1a bis 1c erstrebte Auskunft auf Geschäfte, die der Beklagte im Klagezeitraum im Geschäftszweig der Klägerin abgeschlossen, vermittelt und/oder angebahnt hat. Es gibt hingegen keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin auch Auskunft über geschäftliche Aktivitäten des Beklagten ohne Wettbewerbsbezug begehrt.

28        bb) In dieser Auslegung sind die Anträge zu 1a bis 1c zulässig, insbesondere sind sie ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie lassen erkennen, in Bezug auf welche konkreten Sachverhalte Auskunft in welchem Umfang begehrt wird. Der erfasste Personenkreis – nicht nur Kunden der Beklagten, sondern alle möglichen Geschäftspartner – wird ausreichend deutlich. Ob die Klägerin die Auskunft verlangen kann, insbesondere, ob ein begründeter Anlass für das Begehren – auch in dem geltend gemachten Umfang – besteht, ist keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit der Stufenklage (vgl. BAG 27. Juli 2021 – 9 AZR 376/20 – Rn. 24).

29        cc) Der Hauptantrag zu 1d ist demgegenüber – was das Landesarbeitsgericht übersehen hat – nur insoweit hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, als die Klägerin in Bezug auf Geschäfte, die der Beklagte abgeschlossen, angebahnt und/oder vermittelt hat, Rechnungslegung durch Vorlage von Auftragsbestätigungen und (Einzel-)Rechnungen verlangt. Im Übrigen ist dieser Klageantrag mangels ausreichender Konkretisierung unzulässig. Zwar kann das Begehren, das seine Grundlage in § 259 Abs. 1 Halbs. 2 BGB hat, dahin verstanden werden, dass die Klägerin über die konkret bezeichneten Schriftstücke hinaus die Vorlage solcher Belege erreichen will, die beim Abschluss, der Anbahnung oder Vermittlung von Geschäften üblicherweise erteilt zu werden pflegen. Auch mit diesem Inhalt wird die Verpflichtung jedoch nicht ausreichend beschrieben, sondern nur der Gesetzeswortlaut wiederholt. Das ist unzureichend, weil unklar bleibt, welche Art von Belegen der Beklagte bei einer stattgebenden Entscheidung vorzulegen hat.

30        dd) Ob hinsichtlich der Hauptanträge zu 1. eine Klageänderung in der Berufungsinstanz vorliegt, kann dahinstehen. Deren Zulässigkeit nach § 533 ZPO ist in der Revision analog § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen, wenn das Landesarbeitsgericht – wie hier – in der Sache entschieden hat (st. Rspr., zB BAG 21. Juli 2020 – 3 AZR 142/16 – Rn. 30 mwN, BAGE 171, 307).

31        c) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die Auskunftsklage nicht deshalb unbegründet, weil alle in Betracht zu ziehenden Leistungsansprüche der Klägerin verjährt wären. Diese Leistungsansprüche sind vielmehr ganz überwiegend nicht verjährt.

32        aa) Zwar ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein Auskunftsanspruch, der – wie im Streitfall – der Verwirklichung eines Schadensersatz- oder Herausgabeanspruchs dient, nicht weiter als der Leistungsanspruch gehen kann. Ein Auskunftsanspruch des Arbeitgebers scheidet deshalb aus, wenn bereits bei seiner Prüfung feststeht, dass ein Leistungsanspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt (mehr) besteht (st. Rspr., zB BAG 11. Dezember 1990 – 3 AZR 407/89 – zu II 1 der Gründe). Das gilt auch dann, wenn bereits bei der Entscheidung über die auf der ersten Stufe der Stufenklage geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung feststeht, dass der Anspruchsgegner wegen eingetretener Verjährung nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt ist, die begehrten Leistungen zu verweigern. In all diesen Fällen sind die Gerichte zudem – abweichend von der Regel, dass bei einer Stufenklage über die verschiedenen Stufen getrennt und nacheinander zu verhandeln und zu entscheiden ist (zB BAG 28. Juni 2011 – 3 AZR 385/09 – Rn. 16 mwN, BAGE 138, 184) – ausnahmsweise befugt, einheitlich über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge zu entscheiden und die Stufenklage insgesamt durch Endurteil abzuweisen (st. Rspr., zB BAG 26. August 2020 – 7 AZR 345/18 – Rn. 45; 28. Juni 2011 – 3 AZR 385/09 – aaO; BGH 28. November 2001 – VIII ZR 37/01 – zu II 4 der Gründe).

33        bb) Der Beklagte hat auch gegenüber sämtlichen Leistungsansprüchen der Klägerin wirksam die Einrede der Verjährung erhoben. Dass dies erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte, führt zu keiner anderen Bewertung.

34        (1) Abweichend von den im Zivilprozess geltenden Regelungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 3 ZPO ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren nach § 67 ArbGG neuer Vortrag in der Berufungsinstanz grundsätzlich möglich. § 67 ArbGG geht § 531 ZPO als Spezialregelung vor. Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel können insbesondere nach den Regelungen des § 67 Abs. 2 bis Abs. 4 ArbGG bereits dann zulässig sein, wenn durch sie die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wird. Auch die Einrede der Verjährung ist danach im arbeitsgerichtlichen Verfahren in der Berufungsinstanz unter erleichterten Voraussetzungen zuzulassen (BAG 19. Dezember 2018 – 10 AZR 233/18 – Rn. 74, BAGE 165, 19).

35        (2) Hat das Berufungsgericht – wie hier – Vorbringen zugelassen, ist dies im Revisionsverfahren unanfechtbar und das vom Landesarbeitsgericht zugelassene Vorbringen ist zu berücksichtigen, weil die Beschleunigungswirkung, der die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG dient, nicht wieder herstellbar ist. Das betrifft auch die Einrede der Verjährung als solche (vgl. BAG 13. November 2018 – 3 AZR 103/17 – Rn. 26 mwN).

36        cc) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass sämtliche nach dem Vorbringen der Klägerin in Betracht kommende Schadensersatz- und Herausgabeansprüche der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB in unmittelbarer bzw. analoger Anwendung unterliegen.

37        (1) Gemäß § 60 Abs. 1 HGB darf der Handlungsgehilfe ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Verletzt der Handlungsgehilfe diese Verpflichtung, kann der Prinzipal nach § 61 Abs. 1 Halbs. 1 HGB Schadensersatz verlangen. Nach § 61 Abs. 1 Halbs. 2 HGB kann der Prinzipal statt des Schadensersatzes verlangen, dass der Handlungsgehilfe die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete. Gemäß § 61 Abs. 2 HGB verjähren die Ansprüche in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Prinzipal Kenntnis von dem Abschluss des Geschäfts erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB), und ohne Rücksicht auf diese Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in fünf Jahren von dem Abschluss des Geschäfts an (§ 61 Abs. 2 Halbs. 2 HGB).

38        (2) Entgegen der Auffassung der Klägerin finden die §§ 60, 61 HGB im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Dafür ist nicht entscheidend, ob der Beklagte – wozu das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen hat – in seiner Tätigkeit als Medienberater kaufmännische Dienste geleistet hat und damit Handlungsgehilfe iSv. § 59 Satz 1 HGB war. Das Wettbewerbsverbot des § 60 Abs. 1 HGB gilt für die gesamte Dauer des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses auch für andere Arbeitnehmer; hierdurch werden Umfang und Reichweite der vertraglichen Nebenpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB ausgestaltet (st. Rspr., zB BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 38; 30. Mai 2018 – 10 AZR 780/16 – Rn. 33). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (ausführlich BAG 17. Oktober 2012 – 10 AZR 809/11 – Rn. 16 ff., BAGE 143, 203) ist die entsprechende Anwendung von § 61 HGB – einschließlich der in Abs. 2 getroffenen Verjährungsregelung – auf Arbeitnehmer, die keine Handlungsgehilfen sind, verfassungsrechtlich geboten. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG erfordert, dass die Gruppe der Handlungsgehilfen und die Gruppe der sonstigen Arbeitnehmer in Bezug auf Ansprüche des Arbeitgebers bei Wettbewerbsverstößen nicht unterschiedlich behandelt werden (vgl. etwa BAG 26. September 2007 – 10 AZR 511/06 – Rn. 19, BAGE 124, 133).

39        (3) Dabei unterliegen der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB – ebenfalls in entsprechender Anwendung der Bestimmung – nicht allein die sich unmittelbar aus § 60 iVm. § 61 Abs. 1 HGB ergebenden Ansprüche, sondern grundsätzlich auch konkurrierende Ersatzansprüche des Arbeitgebers wie vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche, die aus demselben Rechtsverhältnis hervorgehen (vgl. BAG 30. Mai 2018 – 10 AZR 780/16 – Rn. 44; 28. Januar 1986 – 3 AZR 449/84 – zu B I der Gründe), einschließlich etwaiger Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB (vgl. BAG 11. April 2000 – 9 AZR 131/99 – zu I 2 b der Gründe, BAGE 94, 199), und ebenso konkurrierende Herausgabeansprüche nach § 687 Abs. 2, § 681 Satz 2 oder § 667 BGB (vgl. MüKoHGB/Thüsing 5. Aufl. HGB § 61 Rn. 30; Wagner/Vogt in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas HGB 5. Aufl. § 61 Rn. 30).

40        (4) Nicht von § 61 Abs. 2 HGB (analog) erfasst sind danach zwar Ansprüche, deren Entstehung auf Handlungen des Arbeitnehmers ohne Wettbewerbsbezug beruht (vgl. BAG 30. Mai 2018 – 10 AZR 780/16 – Rn. 44; 11. August 1987 – 8 AZR 609/84 – zu II 3 c der Gründe). Das trifft entgegen der Auffassung der Klägerin aber auf diejenigen Schadensersatzansprüche nicht zu, die sich nach ihrem Vorbringen daraus ergeben sollen, dass der Beklagte Kündigungen ihrer Kunden „bestätigt“ habe, ohne hierzu bevollmächtigt gewesen zu sein. Die behaupteten „Bestätigungen“ dienten erkennbar dem Zweck, den betreffenden Kunden wirtschaftlich den Wechsel zu einem Wettbewerber zu erleichtern. Dafür, dass der Beklagte die Klägerin losgelöst von seinen Abwerbemaßnahmen hätte schädigen wollen, fehlt es im Vorbringen der Klägerin an Anhaltspunkten. Damit liegt dem Begehren der Klägerin auf Schadensersatz wegen „absichtlicher“ Schädigung ihres Vermögens einerseits und auf Schadensersatz wegen erfolgter Abwerbemaßnahmen andererseits ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde, der zu einer Anspruchskonkurrenz und im Hinblick auf die Verjährung von Ansprüchen zu einer einheitlichen Anwendung von § 61 Abs. 2 HGB führt.

41        (5) Ob Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB (Untreue) – abweichend von dem unter Rn. 39 angeführten Grundsatz – nicht der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB unterliegen, und ob insoweit deshalb auf die allgemeinen Verjährungsvorschriften zurückzugreifen ist (offen gelassen durch: BAG 30. Mai 2018 – 10 AZR 780/16 – Rn. 48; 11. Dezember 1990 – 3 AZR 407/89 – zu II 3 b der Gründe), kann dahinstehen. Ebenso offenbleiben kann, ob Gleiches für die von der Klägerin auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 StGB gestützten Leistungsansprüche gilt. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sich der Beklagte ihr gegenüber einer Untreue oder eines Betrugs zu ihrem Nachteil schuldig gemacht hätte.

42        (a) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 StGB nicht vorliegen, weil den Beklagten keine Vermögensbetreuungspflicht (zu den Voraussetzungen vgl. BAG 23. Februar 2010 – 9 AZR 44/09 – Rn. 37, BAGE 133, 213) traf. Insoweit erhebt die Revision auch keine Rügen.

43        (b) Wie das Landesarbeitsgericht zudem zutreffend angenommen hat, scheidet auch § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 StGB als Anspruchsgrundlage für mögliche Schadensersatzansprüche der Klägerin aus.

44        (aa) Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt haftungsbegründend voraus, dass sämtliche objektiven und subjektiven Merkmale des Betrugstatbestands iSd. § 263 Abs. 1 StGB erfüllt sind (st. Rspr., zB BAG 13. Februar 2007 – 9 AZR 106/06 – Rn. 20 f.; BGH 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 – Rn. 18 mwN). In objektiver Hinsicht erfordert der Betrugstatbestand, dass eine Täuschungshandlung des Täters einen Irrtum des Getäuschten hervorruft oder unterhält, und dass dieser Irrtum zu einem Vermögensschaden beim Opfer führt. Dabei brauchen zwar Getäuschter und Geschädigter nicht identisch zu sein. Jedoch muss die Verfügung des Getäuschten – entsprechend der Natur des Betrugs als Selbstschädigungsdelikt – als Verfügung des Vermögensinhabers erscheinen, diesem also zurechenbar sein (vgl. BAG 13. Februar 2007 – 9 AZR 207/06 – Rn. 24, 32 mwN, BAGE 121, 182). Für eine solche Zurechnung bedarf es eines ausreichenden Näheverhältnisses des Verfügenden zu dem Geschädigten, das etwa dann vorliegt, wenn der Getäuschte mit dem Einverständnis des Vermögensinhabers eine Schutz- oder Prüfungsfunktion wahrnimmt (BGH 7. März 2017 – 1 StR 41/17 – Rn. 14).

45        (bb) Gemessen daran ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin nicht, dass der Beklagte einen Betrug zum Nachteil der Klägerin begangen hätte.

46        Die Klägerin hat dem Beklagten angelastet, er habe einigen ihrer Kunden ihr Einverständnis mit einer (vorzeitigen) Auflösung bestehender Verträge vorgespiegelt. Ohne diese wahrheitswidrige Behauptung hätten diese Kunden keine Kündigungs- oder sonstigen Beendigungserklärungen abgegeben. Soweit die Klägerin hierfür – was allenfalls in Bezug auf den Kunden F und die von der Klägerin weiter angeführte Kundin K GmbH angenommen werden kann – konkreten Tatsachenvortrag zu vermeintlichen Täuschungshandlungen des Beklagten geleistet hat, fehlt es bereits an einem schlüssigen Vortrag zur Kausalität einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung ihrer Kunden für einen ihr, der Klägerin entstandenen Vermögensschaden. Dass ihr aufgrund von Erklärungen der Kunden F und K GmbH, die auf eine Beendigung der mit ihr geschlossenen Verträge zielten, Zahlungen aus diesen Verträgen entgangen wären, hat die Klägerin nicht konkret dargetan. Insoweit hat sie sich vielmehr auf die Unwirksamkeit der in Rede stehenden Beendigungserklärungen und eine fortbestehende Verpflichtung der Kunden zur Vertragserfüllung berufen. Dementsprechend rügt die Klägerin in der Revision auch nur, das Landesarbeitsgericht habe im Rahmen seiner Ausführungen zum Fehlen eines Vermögensschadens auf Seiten der Klägerin übersehen, dass ohne die wahrheitswidrigen Behauptungen des Beklagten weitere Verträge zwischen ihr, der Klägerin und den Kunden zustande gekommen wären. Diese Verträge hätten die Kunden aber entweder mit dem Beklagten in dessen Namen, oder auf Vermittlung des Beklagten mit einem Wettbewerber geschlossen. Dabei übersieht die Klägerin jedoch, dass Gewinnerwartungen nur dann als ein durch § 263 Abs. 1 StGB geschützter Vermögensbestandteil anzuerkennen sind, wenn sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Vermögensverfügung des Getäuschten (dazu etwa BGH 19. Mai 2021 – 1 StR 496/20 – Rn. 12 mwN) die Aussicht des Geschädigten auf einen Erwerb bereits so verdichtet hatte, dass nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Möglichkeit einer Vermögensmehrung bestand, und es sich nicht nur um eine wirtschaftlich noch nicht fassbare, flüchtige Hoffnung handelte, die vom Schutzbereich des § 263 StGB nicht erfasst ist (vgl. Schönke/Schröder/Perron 30. Aufl. § 263 Rn. 87 f. mwN; zum Begriff des Vermögensschadens in § 266 StGB vgl. BGH 28. Januar 1983 – 1 StR 820/81 – zu C I 3 b der Gründe, BGHSt 31, 232). Für eine Schädigung des Vermögens der Klägerin fehlt es danach an ausreichenden Anhaltspunkten, wobei sich insbesondere auswirkt, dass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin sowohl der Kunde F als auch die K GmbH die Auflösung ihrer Verträge mit der Klägerin vor dem Hintergrund eigener wirtschaftlicher Schwierigkeiten angestrebt haben. Unabhängig davon fehlt es auch an einer den Kunden hinsichtlich des Vermögens der Klägerin zukommenden Schutzfunktion und damit an einem ausreichenden Näheverhältnis als Voraussetzung einer zurechenbaren Vermögensverfügung.

47        (6) Ob und ggf. welche Schadensersatzansprüche aufgrund von Verstößen gegen das GeschGehG der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB unterliegen, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Dieses Gesetz ist erst am 26. April 2019 und damit nach dem Zeitpunkt der in Rede stehenden Handlungen des Beklagten in Kraft getreten (vgl. BGBl. 2019 I S. 472).

48        dd) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts sind der Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB unterliegende mögliche Leistungsansprüche der Klägerin ganz überwiegend nicht verjährt.

49        (1) § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB knüpft den Beginn der dreimonatigen Verjährungsfrist an die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis „von dem Abschluss des Geschäfts“. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist insoweit maßgeblich das vom Handlungsgehilfen bzw. Arbeitnehmer konkret getätigte Einzelgeschäft. Dabei müssen dem Prinzipal bzw. Arbeitgeber nicht alle Einzelheiten des Geschäfts bekannt sein. Es genügt die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Vertragsabschluss (Wagner/Vogt in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas HGB 5. Aufl. § 61 Rn. 28).

50        (2) In seiner Entscheidung vom 24. Februar 2021 (- 10 AZR 8/19 -) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts – unter ausführlicher Darstellung des Meinungsstands im Schrifttum (Rn. 69 bis 71) und unter Hinweis auf eine bis dahin nicht erfolgte Klärung in der Rechtsprechung (Rn. 72 bis 75) – erkannt, dass die Frist von drei Monaten für die Verjährung nach § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB in Fällen, in denen der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot des § 60 Abs. 1 HGB in dem Betreiben eines konkurrierenden (zu dieser gebotenen Einschränkung vgl. zB BAG 3. Mai 1983 – 3 AZR 62/81 – BAGE 42, 329) Handelsgewerbes besteht, mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis von diesem Betreiben beginnt, und dass der Arbeitgeber nicht erst Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von den einzelnen getätigten Geschäften haben muss. Zur Begründung hat der Zehnte Senat – zusammengefasst – ausgeführt: Zwar lege der Wortlaut von § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB in Anbetracht der Formulierung „von dem Abschluss des Geschäfts“ zunächst ein anderes Gesetzesverständnis nahe. Das gefundene Ergebnis werde aber bereits durch die Gesetzessystematik und insoweit die Parallelität zur Bestimmung in § 113 Abs. 3 Halbs. 1 HGB gestützt, die die Verjährung von Ansprüchen wegen Verstoßes des OHG-Gesellschafters gegen das Wettbewerbsverbot aus § 112 HGB regelt. Nach § 112 HGB dürfe der Gesellschafter ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen. In § 113 Abs. 3 Halbs. 1 HGB seien Ansprüche wegen beider Arten des Wettbewerbsverstoßes bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der übrigen Gesellschafter hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist gleichgestellt. Zudem werde in der Gesetzesbegründung sowohl zu § 61 Abs. 2 HGB als auch zu § 113 Abs. 3 HGB als Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährungsfrist jeweils auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem „Wettbewerbsverstoß“ abgestellt. Auch werde in den Materialien zu § 113 Abs. 3 HGB als Begründung für die Beibehaltung der Verjährungsfristen in dieser Bestimmung auf die Begründung zu § 61 Abs. 2 HGB verwiesen. Aus alledem werde deutlich, dass der Gesetzgeber in beiden Vorschriften von einem einheitlichen Verständnis für den Beginn der Verjährungsfrist – den Wettbewerbsverstoß – ausgegangen sei. Daher sei von einem Redaktionsversehen auszugehen, soweit § 61 Abs. 2 HGB für den Beginn der Verjährungsfrist nicht ausdrücklich an das Betreiben eines Handelsgewerbes als mögliche Ausprägung einer Verletzung des Wettbewerbsverbots anknüpfe. Vor allem aber verlange der Zweck der Bestimmung, eine rasche Bereinigung von Ansprüchen wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Unterlassung von Wettbewerb sicherzustellen, für den Beginn der Verjährungsfrist auch auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem Betrieb eines Handelsgewerbes abzustellen.

51        (3) Dem schließt sich der erkennende Senat an, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung des Urteils des Zehnten Senats vom 24. Februar 2021 (- 10 AZR 8/19 – Rn. 89 ff.) Bezug genommen wird. Die dort vorgenommene Auslegung von § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB steht auch nach Auffassung des erkennenden Senats mit dem Rechtsstaatsprinzip in Einklang (vgl. BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 89 ff.). Soweit demgegenüber (vgl. Diller Anm. AP HGB § 61 Nr. 6) eine unzureichende Kohärenz mit einer ggf. sich aus dem Wettbewerbsverstoß ergebenden Kündigungsbefugnis des Arbeitgebers eingewandt wird, greift diese Kritik nicht durch. Ob und unter welchen Voraussetzungen die Kenntnis vom Betreiben eines konkurrierenden Handelsgewerbes dem Arbeitgeber ein Recht zur – ggf. außerordentlichen – Kündigung gibt, ist für Fragen der Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots ohne Belang. Entscheidend ist vielmehr, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf etwaige Leistungsansprüche seine Rechte wahren kann, indem er bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis vom Betreiben eines Handelsgewerbes eine die Verjährung hemmende Stufenklage erheben kann. Ob der Wettbewerbsverstoß bereits die Qualität eines Grundes für eine außerordentliche Kündigung erreicht, ist hingegen keine Frage, die für die Voraussetzungen der Verjährung von entscheidender Relevanz ist.

52        (4) Ob – wie das Landesarbeitsgericht gemeint hat – die Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit als Arbeitnehmer oder als Geschäftsführer eines Konkurrenzunternehmens im Hinblick auf die Verjährung nach § 61 Abs. 2 HGB dem Betreiben eines eigenen Handelsgewerbes gleichzustellen ist, dh., ob es auch im Fall einer derartigen, auf Dauer angelegten Tätigkeit gerechtfertigt ist, für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Arbeitgebers von dem jeweiligen Einzelgeschäft zu verzichten und stattdessen die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem „Geschäftemachen“ genügen zu lassen, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Entscheidung.

53        (a) Für die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, die auch im Schrifttum (vgl. BeckOGK/Ittmann Stand 15. September 2021 HGB § 61 Rn. 39; NK-GA/Reinhard § 61 HGB Rn. 9; Grobys/Panzer/Middendorf SWK-ArbR 3. Aufl. Wettbewerbsverbot Rn. 20) vertreten wird, könnte sprechen, dass es nach der Entwurfsbegründung des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3214) im Willen des Gesetzgebers lag, für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB an den Wettbewerbsverstoß des Arbeitnehmers anzuknüpfen (ausführlich dazu BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 83 bis 86). Ein solcher Verstoß ist zwar nicht in dem bloßen Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einem Wettbewerber zu sehen, weil darin – isoliert betrachtet – noch kein „Geschäft“ bzw. „Geschäftemachen“ iSd. §§ 60, 61 HGB liegt (vgl. BAG 17. Oktober 2012 – 10 AZR 809/11 – Rn. 20 mwN, BAGE 143, 203). Das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB ist jedoch nicht darauf beschränkt, dass sich ein Arbeitnehmer selbständig macht oder ein Unternehmen leitet und Geschäfte abschließt. Vielmehr soll der Arbeitgeber durch das Verbot auch davor geschützt werden, dass ein Arbeitnehmer seine Kenntnisse und Fähigkeiten sowie etwaige Kundenkontakte zugunsten eines Wettbewerbers einsetzt und diesen dadurch fördert. Ein Verstoß des Arbeitnehmers gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot kann deshalb auch in der Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit für ein Konkurrenzunternehmen „an sich“ liegen, soweit nicht nur bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug erbracht werden (vgl. BAG 24. März 2010 – 10 AZR 66/09 – Rn. 17 mwN, BAGE 134, 43). Das Bedürfnis nach rascher Bereinigung aller möglichen, sich aus dem Wettbewerbsverstoß des Arbeitnehmers ergebenden Ansprüche ist bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der Ausübung einer unselbständigen untersagten Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers grundsätzlich auch nicht geringer als wenn der Arbeitnehmer selbständig ein Handelsgewerbe im Geschäftszweig des Arbeitgebers betreibt. Wie bei der Kenntnis vom Betreiben eines konkurrierenden Handelsgewerbes ist der Arbeitgeber, der Kenntnis von einer unselbständigen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers erlangt, grundsätzlich durch Ansprüche auf Unterlassung und auf Auskunft sowie die Möglichkeit, hinsichtlich noch nicht zu beziffernder Leistungsansprüche eine die Verjährung hemmende Stufenklage zu erheben, ausreichend geschützt (vgl. dazu BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 87 mwN). Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 26. September 2007 (- 10 AZR 511/06 – Rn. 14, BAGE 124, 133), ohne dies allerdings näher zu begründen, für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB bezüglich sämtlicher, sich aus einer Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers ergebenden Leistungsansprüche auf die Tätigkeit als solche – im entschiedenen Fall als angestellter Rechtsanwalt – abgestellt, und einen Beginn der Verjährungsfrist nicht erst mit Kenntnis des Arbeitgebers von dem jeweils wahrgenommenen Einzelgeschäft (Mandat) angenommen.

54        (b) Im Ergebnis kommt es hierauf nicht an. Die Verjährungseinrede greift gegenüber möglichen Leistungsansprüchen der Klägerin auch dann nicht vollständig durch, wenn zugunsten des Beklagten unterstellt wird, dass maßgeblicher Anknüpfungspunkt für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB auch die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von einer unselbständigen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers für einen anderen ist.

55        (aa) § 61 Abs. 2 HGB setzt für den Beginn der Verjährungsfrist – ebenso wie § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für die regelmäßige Verjährung (vgl. zB BAG 13. März 2013 – 5 AZR 424/12 – Rn. 24, BAGE 144, 322) – Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen voraus. Liegt der Wettbewerbsverstoß im Betreiben eines Handelsgewerbes, kann die dreimonatige Verjährungsfrist nach § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB erst beginnen, wenn der Arbeitgeber Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von denjenigen Tatsachen hat, die bei objektiver Bewertung die Annahme eines solchen Betreibens begründen. Soweit die Ausübung einer unselbständigen Konkurrenztätigkeit bei einem anderen dem Betreiben eines Handelsgewerbes gleichzustellen sein sollte, müsste Entsprechendes gelten. Insoweit käme es auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis derjenigen Tatsachen an, die den Tatbestand eines auf Dauer angelegten „Geschäftemachens“ begründen.

56        (bb) Danach hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, alle möglichen Leistungsansprüche der Klägerin seien bereits verjährt. Das Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachen feststellt, aufgrund derer angenommen werden könnte, die Klägerin habe bereits am 21. Dezember 2017 Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von einem „Geschäftemachen“ des Beklagten – entweder durch Betreiben eines konkurrierenden Handelsgewerbes, ggf. auch innerhalb von Strohmannstrukturen, oder durch Ausübung einer unselbständigen Konkurrenztätigkeit für einen Dritten – gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass das von der Klägerin behauptete wettbewerbswidrige Handeln des Beklagten als ein auf Dauer angelegtes „Geschäftemachen“ angesehen werden könnte, lagen nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin frühestens am 15. Januar 2018 vor. Der Beklagte, der als Schuldner die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist trägt (vgl. BGH 29. Juli 2021 – VI ZR 1118/20 – Rn. 17 mwN, BGHZ 231, 1), hat zum Eintritt der Verjährung keinen Vortrag geleistet; er hat vielmehr bestritten, sich überhaupt wettbewerbswidrig verhalten zu haben. Darauf, ob er sich hilfsweise Vorbringen der Klägerin zu eigen gemacht hat, kommt es demnach nicht an.

57        (aaa) Nach dem Inhalt ihres Schreibens vom 21. Dezember 2017 hat die Klägerin vom Beklagten näher bezeichnete Auskunft über Geschäfte begehrt, die der Beklagte unter Verletzung seines vertraglichen Wettbewerbsverbots getätigt haben soll. Dabei hat sich die Klägerin zur Begründung vorrangig auf zwei Geschäfte berufen, die der Beklagte zwischen ihrem Kunden F und der W GbR vermittelt haben soll, und die am 27. Juni 2017 sowie am 15. September 2017 zwischen dem Kunden F und der W GbR abgeschlossen worden sein sollen. Zudem hat die Klägerin dem Beklagten eine versuchte Abwerbung der Kundin S vorgeworfen.

58        (bbb) Allein die evtl. wettbewerbswidrige Vermittlung bzw. der etwaige Abschluss zweier einzelner Geschäfte zwischen dem Kunden F und der W GbR, dh. mit demselben Kunden, kann die Annahme, es handele sich bei diesen beiden Geschäften um bloße Teilakte eines auf Dauer angelegten Wettbewerbsverstoßes, nicht ausreichend begründen. Dafür bedürfte es vielmehr zusätzlicher konkreter Anhaltspunkte, die sich zwar aus dem konkreten Verhalten des Beklagten ergeben könnten, etwa, indem er sich selbst zum Inhalt seiner betreffenden Tätigkeit geäußert hätte. Dafür gibt das Geltendmachungsschreiben der Klägerin aber nicht im Ansatz etwas her. Soweit die Klägerin in diesem Schreiben zusätzlich ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten durch eine versuchte Abwerbung der Kundin S in den Raum gestellt hat, sind schon keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine Kündigung dieser Kundin und deren möglicher „Wechsel“ zur W GbR auf Abwerbemaßnahmen des Beklagten zurückzuführen wären.

59        (ccc) Auch dem weiteren Parteivorbringen ist nicht zu entnehmen, dass die Klägerin bereits länger als drei Monate vor dem für die Hemmung der Verjährung maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO), mithin vor dem 6. April 2018, über die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis von Umständen verfügte, die auf das Betreiben eines Handelsgewerbes oder die Ausübung einer unselbständigen, auf Dauer angelegten Konkurrenztätigkeit des Beklagten hätten hinweisen können.

60        (aaaa) Soweit die Klägerin dem Beklagten vorgeworfen hat, dieser habe im Oktober 2017 die Kundin Sch für die W GbR abzuwerben versucht, und in Gesprächen mit dieser Kundin erklärt, er habe bereits andere Kunden der Klägerin entsprechend angesprochen bzw. werde diese ansprechen, stützen sich diese Vorwürfe auf Angaben der Kundin Sch aus deren E-Mail vom 15. Januar 2018. Von der behaupteten Abwerbung der Kundin L hat die Klägerin nach ihren Darlegungen erst durch eine E-Mail von August 2018 erfahren. Erste konkrete Hinweise darauf, dass eine Kündigung seitens der Kundin K GmbH vom 12. Juni 2017 auf wettbewerbswidrige Aktivitäten des Beklagten zurückzuführen sein könnte, ergaben sich nach dem Vortrag der Klägerin aus Äußerungen in einem Schreiben vom 13. Juli 2018.

61        (bbbb) Nach alledem kommt als frühestmöglicher Beginn der Frist für die Verjährung etwaiger Leistungsansprüche der Klägerin – soweit es um die Kenntnis bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis von einem Wettbewerbsverstoß in Gestalt eines auf Dauer angelegten „Geschäftsmachens“ geht – der 15. Januar 2018, dh. der Tag in Betracht, an dem die Klägerin die E-Mail der Kundin Sch erhalten hat. Da die Klägerin am 6. April 2018 Stufenklage eingereicht hat, und diese Klage dem Beklagten iSv. § 167 ZPO „demnächst“ zugestellt worden ist, kommt eine Verjährung lediglich in Bezug auf Einzelgeschäfte in Betracht, die der Klägerin vor dem 6. Januar 2018 bekannt geworden sind. Das betrifft aber nur die beiden, vermeintlich mit dem Kunden F getätigten Geschäfte (vgl. auch Rn. 73).

62        II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch ganz überwiegend nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Die Klägerin hat vielmehr in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Anspruch auf Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen.

63        1. Etwaige Schadensersatz- und/oder Herausgabeansprüche der Klägerin sind nicht nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 des Arbeitsvertrags verfallen. Diese Bestimmung des Arbeitsvertrags, bei der es sich schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt, ist wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig und entfällt nach § 306 Abs. 1 BGB unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen. Die Klägerin muss die Klausel auch nicht nach den Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichwohl gegen sich gelten lassen.

64        a) Nach § 202 Abs. 1 BGB kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Das Verbot des § 202 Abs. 1 BGB gilt für alle Schadensersatzansprüche aus Delikt und Vertrag. Die Vorschrift ergänzt den allgemeinen Grundsatz des § 276 Abs. 3 BGB, wonach die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden darf, wobei § 276 Abs. 3 BGB erst durch § 202 Abs. 1 BGB seine volle Wirksamkeit entfaltet. Deshalb ist auch der Weg verschlossen, die Wertungsaussage des § 276 Abs. 3 BGB durch verjährungserleichternde Vereinbarungen auszuhöhlen (BT-Drs. 14/6040 S. 110). Weil das Gesetz einen umfassenden Schutz gegen im Voraus vereinbarte Einschränkungen von Haftungsansprüchen aus vorsätzlichen Schädigungen bezweckt, verbietet § 202 Abs. 1 BGB nicht nur Vereinbarungen über die Verjährung, sondern auch über Ausschlussfristen, die sich auf eine Vorsatzhaftung des Schädigers beziehen. Da § 202 Abs. 1 BGB eine Verbotsnorm im Sinne von § 134 BGB darstellt, ist eine gegen § 202 Abs. 1 BGB verstoßende Klausel nach dieser Bestimmung nichtig (vgl. etwa BAG 26. November 2020 – 8 AZR 58/20 – Rn. 66 mwN).

65        b) Danach ist die Ausschlussklausel in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 des Arbeitsvertrags wegen Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig und entfällt nach § 306 Abs. 1 BGB unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen.

66        Die Ausschlussklausel erfasst nach ihrem Abs. 1 „alle Ansprüche aus dem Vertrag“ und damit nicht nur vertragliche Erfüllungsansprüche, sondern auch vertragliche Schadensersatzansprüche, und zwar unabhängig davon, ob sie auf ein bloß fahrlässiges oder ein vorsätzliches Verhalten des Schädigers zurückzuführen sind. Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 15 Abs. 3 der Ausschlussklausel, wonach es für Ansprüche aus unerlaubter Handlung bei der gesetzlichen Regelung verbleibt. Dieser Ausnahmetatbestand erfasst Haftungsansprüche aus vorsätzlich begangener Vertragspflichtverletzung nicht (vgl. BAG 9. März 2021 – 9 AZR 323/20 – Rn. 18 ff.). Danach ist die im Arbeitsvertrag unter § 15 enthaltene pauschale Ausschlussklausel, da sie auch Schadensersatzansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverstöße erfasst, nach § 134 BGB nichtig. Dies führt nach § 306 Abs. 1 BGB, der nicht nur dann zur Anwendung kommt, wenn sich die Unwirksamkeit einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus den §§ 307 ff. BGB selbst ergibt, sondern auch dann, wenn die Klausel gegen sonstige Verbote – hier gegen § 202 Abs. 1 BGB – verstößt, mangels Teilbarkeit der Klausel zu ihrem vollständigen Fortfall unter Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen (vgl. etwa BAG 26. November 2020 – 8 AZR 58/20 – Rn. 67).

67        c) Die Klägerin als Verwenderin muss die Klausel nicht nach den Grundsätzen über die personale Teilunwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gleichwohl gegen sich gelten lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob in dem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB zudem eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt (vgl. BGH 27. Januar 2015 – XI ZR 174/13 – Rn. 17; 9. April 2014 – VIII ZR 404/12 – Rn. 20, BGHZ 200, 362; 17. Dezember 2013 – XI ZR 66/13 – Rn. 10, BGHZ 199, 281) und ob die Klausel darüber hinaus ggf. aus anderen Gründen nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam ist. Die Grundsätze der personalen Teilunwirksamkeit finden in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Klausel wegen eines Verstoßes gegen § 202 Abs. 1 BGB nach § 134 BGB nichtig ist, keine Anwendung (vgl. etwa BAG 26. November 2020 – 8 AZR 58/20 – Rn. 68 ff.).

68        2. Die Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Anspruch auf Auskunftserteilung und Vorlage von Belegen.

69        a) Die Klägerin hat nach § 241 Abs. 2 BGB in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Anspruch auf die mit den Hauptanträgen zu 1a bis 1c begehrte Auskunft.

70        aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB kann derjenige, der einem anderen gegenüber vertraglich verpflichtet ist, Wettbewerb zu unterlassen, dem anderen zur Auskunft verpflichtet sein, sobald er in ausreichendem Umfang Anlass gegeben hat zu vermuten, er habe seine Vertragspflicht verletzt (st. Rspr., zB BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 39 mwN). Das kann nur angenommen werden, wenn der begründete Verdacht eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers besteht.

71        Es ist anerkannt, dass nach Treu und Glauben Auskunftsansprüche bestehen können. Dafür müssen es die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die Auskunft unschwer geben kann, die erforderlich ist, um die Ungewissheit zu beseitigen. Zudem darf die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess durch materiell-rechtliche Auskunftsansprüche nicht unzulässig verändert werden. Ein billigenswertes Interesse an einer Auskunft kann zB bestehen, wenn sie erforderlich ist, um einen Leistungsanspruch, wie etwa einen Anspruch auf Schadensersatz, geltend zu machen (zu den Voraussetzungen im Einzelnen: vgl. BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 40 ff.; 27. Mai 2020 – 5 AZR 387/19 – Rn. 31 mwN, BAGE 170, 327).

72        bb) Danach ist der Beklagte der Klägerin zur Auskunft über Geschäfte verpflichtet, die er mit den aus der Anlage zum Tenor dieses Urteils, die der der Berufungsbegründung der Klägerin beigefügten Anlage 1 entspricht, ersichtlichen Kunden der Klägerin in der Zeit vom 30. April 2017 bis zum 31. Oktober 2017 im Geschäftszweig der Klägerin im eigenen Namen, im Namen der W GbR und/oder auf Rechnung Dritter getätigt oder auch nur angebahnt oder vermittelt hat.

73        (1) Ausgenommen sind allerdings Geschäfte, die im Zusammenhang stehen mit der seitens des Kunden F gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 15. Mai 2017 erklärten Kündigung und die die Geschäfte zwischen dem Kunden F und der W GbR betreffen, über die die W GbR die Rechnungen vom 27. Juni 2017 (Rechnungs-Nr. 73) sowie vom 15. September 2017 (Rechnungs-Nr. 226) erteilt hat. Insoweit ist das Auskunftsverlangen der Klägerin unbegründet, weil jedenfalls aus diesen Geschäften resultierende Leistungsansprüche der Klägerin – wie unter Rn. 61 ausgeführt – gemäß § 61 Abs. 2 Halbs. 1 HGB verjährt sind. Nach ihren eigenen Darlegungen hatte die Klägerin bereits im Zeitpunkt ihres Geltendmachungsschreibens vom 21. Dezember 2017 Kenntnis von Abwerbemaßnahmen des Beklagten den Kunden F betreffend. Auch wusste sie bereits nach ihrem eigenen Vorbringen, dass dieser Kunde infolge der Abwerbemaßnahmen Verträge mit der W GbR abgeschlossen hatte. Dass sie unter Umständen die Einzelheiten dieser Geschäfte nicht kannte, ist ohne Belang, da die Verjährungsfrist, soweit es – wie hier – auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dem jeweiligen Einzelgeschäft ankommt, mit der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis vom Abschluss dieses Geschäfts zu laufen beginnt. Am 6. April 2018 war damit für die vermeintlichen, den Rechnungen der W GbR vom 27. Juni 2017 und vom 15. September 2017 zugrunde liegenden Geschäfte des Beklagten bereits Verjährung eingetreten.

74        (2) Im Übrigen kann die Klägerin vom Beklagten Auskunft über Geschäfte verlangen, die dieser mit den aus der Anlage zum Tenor dieses Urteils ersichtlichen Kunden der Klägerin in der Zeit vom 30. April 2017 bis zum 31. Oktober 2017 im Geschäftszweig der Klägerin im eigenen Namen, im Namen der W GbR und/oder auf Rechnung Dritter getätigt oder auch nur angebahnt oder vermittelt hat.

75        (a) Im Bereich des Wettbewerbsrechts ist umstritten, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss, um einen begründeten Verdacht eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers, der – wie unter Rn. 70 ausgeführt – eine Voraussetzung eines Auskunftsanspruchs ist, annehmen zu können (offengelassen von BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 53).

76        (aa) Nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reicht es für einen Auskunftsanspruch grundsätzlich aus, wenn ein Arbeitnehmer erheblichen Anlass zu der Vermutung gegeben hat, er habe entgegen seiner Vertragspflicht Wettbewerb betrieben (BAG 12. Mai 1972 – 3 AZR 401/71 – zu A I 1 a der Gründe). Verlangt wird insoweit grundsätzlich eine hohe Wahrscheinlichkeit (BAG 21. Oktober 1970 – 3 AZR 479/69 – zu 2 c und d der Gründe). Soweit in Einzelfällen eine geringe Wahrscheinlichkeit für ausreichend erachtet wurde, erfolgte dies – soweit ersichtlich – im Hinblick auf die Besonderheiten eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots (vgl. etwa BAG 19. April 1967 – 3 AZR 347/66 – zu II 4 der Gründe).

77        (bb) Während im Schrifttum vielfach ein „begründeter“ (HWK/Diller 9. Aufl. § 61 HGB Rn. 10; BeckOK ArbR/Hagen Stand 1. September 2021 HGB § 61 Rn. 4; HK-ArbR/Schütte/Schlegel 4. Aufl. § 61 HGB Rn. 3) oder „erheblicher“ (MüKoHGB/Thüsing 5. Aufl. § 61 Rn. 26; Wagner/Vogt in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas HGB 5. Aufl. § 61 Rn. 21) Anlass verlangt wird, was in der Sache keine wesentlichen Unterschiede bedeuten dürfte, sprechen sich andere Stimmen für das Erfordernis einer hohen Wahrscheinlichkeit der Konkurrenztätigkeit aus (zB ErfK/Oetker 22. Aufl. HGB § 61 Rn. 6; Schaub ArbR-HdB/Vogelsang 19. Aufl. § 54 Rn. 26; BeckOK HGB/Wetzel Stand 15. Oktober 2021 § 61 Rn. 22; womöglich abschwächend BeckOGK/Ittmann HGB Stand 15. September 2021 Rn. 29: „in ausreichendem Umfang Anlass gegeben“).

78        (cc) Auch im vorliegenden Verfahren kann offen bleiben, welcher Grad an Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss, um einen begründeten Verdacht eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen zu können. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit den Kundinnen Sch und L Tatsachen vorgetragen hat, die die hohe Wahrscheinlichkeit zweier Wettbewerbsverstöße begründen und dass dies begründeten Anlass zu der Vermutung gab, dass der Beklagte auch in anderen Fällen gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen hat. Die konkreten Wettbewerbsverstöße begründen mithin den Verdacht der Wiederholung, weshalb sich der Auskunftsanspruch der Klägerin auch nicht auf die bereits benannten bzw. konkret behaupteten Vertragsverstöße beschränkt (vgl. etwa BAG 19. April 1967 – 3 AZR 347/66 – zu II 3 der Gründe). Dies gilt allerdings nur insoweit, als die Klägerin Auskunft über Geschäfte mit Personen verlangt, die zu ihrem – in der Anlage zum Tenor aufgeführten – Kundenkreis gehören. Für ein Auskunftsverlangen, das sich auf Geschäfte mit Personen bezieht, die im Klagezeitraum nicht zum Kundenstamm der Klägerin gehörten, ist demgegenüber kein Raum. Insoweit hat die Klägerin nicht im Ansatz etwas dafür vorgetragen, dass der Beklagte noch vor der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses entsprechend weitreichende geschäftliche Aktivitäten entfaltet hätte. Damit hat sie insoweit noch nicht einmal die geringe Wahrscheinlichkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens des Beklagten dargetan.

79        (aaa) In ihrer E-Mail vom 15. Januar 2018 hat die Kundin Sch mitgeteilt, der Beklagte sei im Oktober 2017 telefonisch an sie herangetreten, um sie für die W GbR abzuwerben. Daraufhin hat die Kundin ihre Verträge mit der Klägerin auch tatsächlich mit Ablauf des 30. November 2017 gekündigt und nach ihren Darlegungen anschließend Leistungen der W GbR in Anspruch genommen. Aus der E-Mail der Kundin L vom 23. August 2018 geht hervor, dass der Beklagte sie „während seiner Amtszeit“ abgeworben habe. Der Beklagte hat weder bestritten, dass die Kundinnen die betreffenden Erklärungen abgegeben haben noch geltend gemacht, dass die E-Mails insoweit „gefälscht“ seien. Da es sich bei der W GbR nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um eine Wettbewerberin der Klägerin handelt, hat der Beklagte erheblichen Anlass gegeben zu vermuten, er habe die ihm angelasteten Vertragsverletzungen begangen. Dies gibt seinerseits – wie auch das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – Anlass zu der Vermutung, dass der Beklagte auch in anderen Fällen gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen hat.

80        (bbb) Allerdings hat die Klägerin sich, soweit sie vermeintliche Verstöße des Beklagten gegen das Wettbewerbsverbot konkret benannt hat, lediglich auf Vertragsverletzungen berufen, die ihre eigenen Kunden betrafen. Soweit sie Auskunft über Geschäfte mit Personen verlangt, die im Klagezeitraum nicht zu ihrem Kundenstamm gehörten, hat sie nicht im Ansatz Umstände vorgetragen, aus denen sich ein begründeter Anlass für die Vermutung ergeben könnte, dass der Beklagte im maßgeblichen Klagezeitraum wettbewerbswidrig Geschäfte auch mit Personen außerhalb ihres Kundenstamms abgeschlossen, angebahnt oder vermittelt hat.

81        (b) Die Klägerin ist – von den unter Rn. 73 aufgeführten, den Kunden F betreffenden Einzelgeschäften abgesehen – auch in entschuldbarer Weise über die Tatsachen im Ungewissen, auf die sich ihr Auskunftsbegehren insgesamt bezieht. Zwar kann sie ohne Weiteres ermitteln, ob und wann einzelne Kunden ggf. ein mit ihr bestehendes Vertragsverhältnis gelöst haben. Sie hat aber – bis auf die og., den Kunden F betreffenden Geschäfte – keine konkrete Kenntnis darüber, welche Geschäfte auf Initiative des Beklagten zwischen ihren Kunden mit dem Beklagten oder Dritten, insbesondere der W GbR, zustande gekommen sind, welche Vergütungen insoweit vereinbart wurden und welche Zahlungen an wen geflossen sind. Über Geschäfte mit Kunden, die sie nicht konkret benannt hat, ist sie ohnehin vollständig im Ungewissen.

82        (c) Die Klägerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, an ihre Kunden heranzutreten, um sich die erforderlichen Informationen zu beschaffen. Abgesehen davon, dass ihre Kunden keine Auskunftspflicht trifft und es deshalb völlig offen ist, ob diese einem Auskunftsbegehren nachkommen würden, war der Klägerin ein derartiges Vorgehen auch nicht zuzumuten. Ein entsprechendes Auskunftsersuchen wäre geeignet, die noch bestehenden Kundenbeziehungen zu belasten, was die Klägerin nicht in Kauf nehmen musste.

83        (d) Der Beklagte kann die begehrte Auskunft auch unschwer erteilen. Dass ihm bestimmte Informationen, die zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs erforderlich sind, etwa Informationen über an die W GbR geflossene Zahlungen, nicht zugänglich wären, hat er nicht behauptet. Er hat auch keine schützenswerten eigenen Interessen oder solche der W GbR daran vorgetragen, diese Informationen gegenüber der Klägerin nicht offenlegen zu müssen.

84        (e) Durch den Auskunftsanspruch der Klägerin, der sich – wie im Streitfall – auf die hohe Wahrscheinlichkeit bereits erfolgter Wettbewerbshandlungen des Beklagten stützt, wird auch die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess nicht unzulässig verändert. Leistungsansprüche aus § 61 Abs. 1 HGB und damit konkurrierende Ansprüche lassen sich mit den von der Klägerin begehrten Informationen über abgeschlossene, angebahnte oder vermittelte Geschäfte und damit in Zusammenhang stehende Zahlungen bzw. Vergütungen allein nicht begründen. Die Klägerin muss im Streit auf der Leistungsstufe vielmehr insbesondere mit Blick auf entgangene Einnahmen die Umstände darlegen und in den Grenzen des § 287 ZPO beweisen, aus denen sich nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Falls ergibt, dass ein Gewinn wahrscheinlich gewesen wäre. Ebenso muss sie zumindest greifbare Anknüpfungstatsachen vortragen und beweisen, die für eine Schadensschätzung unabdingbar sind (vgl. BAG 24. Februar 2021 – 10 AZR 8/19 – Rn. 65 mwN).

85        (f) Dem Auskunftsanspruch steht letztlich auch nicht entgegen, dass die Klägerin sich bisher nicht festgelegt hat, ob sie auf der Leistungsstufe (wahlweise) Schadensersatz oder Gewinnherausgabe (Eintritt) fordern will. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 61 Abs. 1 HGB bei einer Verletzung der dem Arbeitnehmer aus § 60 HGB obliegenden Verpflichtung nur entweder Schadensersatz fordern oder verlangen, dass der Arbeitnehmer die für eigene Rechnung getätigten Geschäfte als für seine Rechnung eingegangen gelten lässt und die aus den Geschäften bezogene Vergütung herausgibt oder einen Vergütungsanspruch abtritt (vgl. BAG 17. Oktober 2012 – 10 AZR 809/11 – Rn. 12, BAGE 143, 203). Daraus folgt, dass beide Ansprüche nicht kumulativ verfolgt werden können. Eine Begrenzung des Auskunftsanspruchs ergibt sich daraus jedoch nicht, da dieser auch der Vorbereitung der Ausübung des Wahlrechts dient (HWK/Diller 9. Aufl. § 61 HGB Rn. 10 mwN).

86        cc) Der Beklagte hat die begründeten Auskunftsansprüche der Klägerin nicht erfüllt. Er hat lediglich bestritten, gegen das im laufenden Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bestehende Wettbewerbsverbot verstoßen zu haben. In diesem Bestreiten liegt keine „Negativauskunft“. Seinen prozessualen Äußerungen ist nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Erklärungen zumindest auch zum Zwecke der Auskunftserteilung erfolgten.

87        b) Der Hauptantrag zu 1d ist – soweit er, wie unter Rn. 29 ausgeführt, zulässig ist – in dem Umfang begründet, in dem die Klägerin nach den Hauptanträgen zu 1a bis 1c Auskunft verlangen kann. Die Klägerin kann vom Beklagten nach § 259 Abs. 1 Halbs. 2 BGB die Vorlage der zu den jeweiligen Geschäften gehörenden Auftragsbestätigungen und Rechnungen verlangen. Sie benötigt diese Belege, weil sie nur so die Richtigkeit der Angaben des Beklagten sachgerecht prüfen (zu diesem Gesichtspunkt BAG 21. November 2000 – 9 AZR 665/99 – zu I 2 a der Gründe, BAGE 96, 274) und ein ihr nach § 61 Abs. 1 HGB zukommendes Wahlrecht (Schadensersatz oder Gewinnherausgabe) sachgerecht ausüben kann.

88        c) Der Hilfsantrag zu 1., der bei richtigem Verständnis mehrere Anträge enthält, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Die Klägerin wollte, wie ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung belegen, mit den Hilfsanträgen verhindern, dass ihre Klage wegen fehlender Bestimmtheit des Hauptantrags zu 1a als unzulässig abgewiesen wird. Die Hilfsanträge wurden danach lediglich für den Fall der Unzulässigkeit des Hauptantrags zu 1a erhoben. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

89        III. Die Revision der Klägerin hat nach alledem auch insoweit Erfolg, als das Landesarbeitsgericht die Haupt- und Hilfsanträge zu 2. und 3. abgewiesen hat. Das Berufungsgericht durfte – wie unter Rn. 48 ff. ausgeführt – die Haupt- und Hilfsanträge zu 2. und 3. nicht mit der von ihm gegebenen Begründung, sämtliche in Betracht kommenden Leistungsansprüche der Klägerin seien verjährt, abweisen. Insoweit stellt sich die angefochtene Entscheidung – wie ausgeführt – auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies führt, da der Rechtsstreit insoweit nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur ggf. anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird im weiteren Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht über den Antrag auf Abgabe einer Versicherung an Eides statt und über einen noch zu beziffernden Leistungsantrag jeweils erst auf Terminsantrag zu entscheiden sein.

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