LAG Rheinland-Pfalz: Vermeidung von Schadenersatzansprüchen der Arbeitnehmer durch Supervision und Mediation
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.12.2013 – 10 Sa 375/13
Sachverhalt
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Abfindungszahlung als Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens sowie eine Entschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung schuldet.
Die 1975 geborene Klägerin war vom 18.08.1997 bis zum 30.06.2013 in der Kindertagesstätte der beklagten Kirchengemeinde als Erzieherin angestellt. Im März 2012 wurde Frau R. (R.), eine Arbeitskollegin der Klägerin (J.), zur Leiterin der Kindertagesstätte befördert. In der Folgezeit kam es zu verschiedenen Konflikten. Seit 16.10.2012 war die Klägerin bis zum 30.06.2013 ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Mit Anwaltschreiben vom 12.11.2012 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Abmahnung, die ua. folgenden Wortlaut hat:
"… Wegen den fünf oben aufgeführten Vorfällen wird Ihnen hiermit eine Abmahnung
erteilt. Sie werden dringend aufgefordert, Ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und Frau R. anzuweisen, sich in Zukunft mit äußerster Korrektheit gegenüber Frau J. zu verhalten.
Notfalls muss das "Paar" R./ J. räumlich durch Versetzung getrennt werden. Kommen Sie Ihrer Fürsorgepflicht nicht nach, wiederholen sich also Vorfälle dieser Art, so ist meine Mandantin berechtigt gemäß § 626 II das Arbeitsverhältnis zu kündigen und
Schadensersatz
zu verlangen. Da Frau J. seit 1997 bei Ihrer Einrichtung ist und das monatlich durchschnittliche Bruttogehalt € 3.250 beträgt, würde sich dieser Schadenersatz auf € 24.375 belaufen.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist meine Mandantin aufgrund des beschriebenen Arbeitskonfliktes krankgeschrieben und muss psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.
Diese Angriffe stellen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Art. 1 GG dar. Es ist eine Entschädigung zu zahlen, die so hoch und abschreckend ist, dass sich Vorfälle der beschriebenen Art in Zukunft nicht wiederholen.
Ohne Beschränkung wird ausdrücklich dieser Betrag mit € 10.000,00 benannt. Bitte erklären Sie bis spätestens 20.11.2012, dass Sie die Rechte meiner Mandantin schützen und diesen Entschädigungsbetrag zahlen werden.
…"
Mit Anwaltsschreiben vom 19.11.2012 wies die Beklagte den Vorwurf, sie habe ihre Fürsorgepflicht verletzt, zurück. Die Zahlung einer Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts lehnte sie ab. Daraufhin kündigte die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27.11.2012 zum 30.06.2013. Sie führt ua. aus:
"… Das Schreiben Ihrer Rechtsanwälte vom 19.11.2012 liegt mir vor.
In diesem Schreiben haben Sie sich geweigert, Schutzmaßnahmen zu Gunsten meiner Mandantin zu ergreifen und damit erneut gegen Ihre Fürsorgepflicht verstoßen. Sie haben daher einen wichtigen Grund im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB geschaffen.
Unter Bezugnahme auf die beigefügte Originalvollmacht erkläre ich hiermit die
Kündigung
des Arbeitsverhältnisses fristgemäß zum 30.06.2013.
Nach der Entscheidung des BAG vom 22.04.2004, Az. 8 AZR 269/03, sind Sie verpflichtet, Schadenersatz nach den Grundsätzen der §§ 9,10 KSchG zu leisten.
Meine Mandantin ist seit dem 18.08.1997 in Ihren Diensten. Der Schadenersatz bemisst sich nach der Formel 7,5 × 2.950, mithin beläuft er sich auf eine Summe von € 22.125.
Darüber hinaus bleibt der Anspruch der Frau J. auf eine Entschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes in Höhe von € 10.000 erhalten.
…"
Mit am 17.12.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz erhob die Klägerin Klage. Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.08.2013 (dort Seite 2-9) Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie Entschädigung iHv. € 22.125,00 brutto zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. € 10.000,00 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage mit Urteil vom 02.08.2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil die Beklagte ihre Eigenkündigung nicht durch vertragswidriges schuldhaftes Verhalten iSd. § 628 Abs. 2 BGB veranlasst habe. Die Klägerin habe die Beklagte mit Schreiben vom 12.11.2012 wegen des Verhaltens ihrer Vorgesetzten R. abgemahnt. Die abgemahnten Vorfälle selbst könne die Klägerin nicht zur Begründung ihrer Kündigung heranziehen. Zu weiteren Vorfällen mit Frau R. sei es nach der Abmahnung nicht mehr gekommen. Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe sich geweigert, Schutzmaßnahmen zu ihren Gunsten zu ergreifen und damit gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen, sei nicht berechtigt. Aufgrund ihrer Beschwerde beim Pfarrer habe am 03.09.2012 eine Teambesprechung stattgefunden, in der ihre Situation im Kindergarten thematisiert worden sei. Die Beklagte habe damit eine erste Maßnahme ergriffen. Außerdem habe die Beklagte zu einer Supervision am 19.10.2012 eingeladen, die die Klägerin aus Krankheitsgründen abgesagt habe. Mit der beabsichtigten Supervision habe die Beklagte einen anerkannten Weg der internen Konfliktlösung gewählt. Da die Klägerin seit dem 16.10.2012 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und auch keine Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit angekündigt habe, habe für die Beklagte kein aktueller Handlungsbedarf in Bezug auf weitere Maßnahmen bestanden.
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lasse sich der Schluss ziehen, sie sei von der Kindergartenleiterin R. "gemobbt" worden. Die Klägerin habe in einem Zeitraum von fünf Monaten fünf Vorfälle geschildert. Es liege kein die Schwelle eines unsachlich geführten Konflikts überschreitendes Verhalten vor. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es seit August 2012 zu massiven, anonymen gegen die Person der Leiterin R. gerichteten Handlungen gekommen sei (Autoreifen zerstochen, Außenwände des Kindergartens mit Beleidigungen verschmiert). Verhaltensweisen der Leiterin R. ggü. der Klägerin seien auch im Licht einer für sie bestehenden bedrohlichen Ausnahmesituation zu sehen. Soweit sich die Situation zwischen der Vorgesetzten und der Klägerin zugespitzt und Frau R. überzogen reagiert habe, könne dies nicht losgelöst von diesen Rahmenumständen und einer Situation der absoluten Überforderung der Leiterin bewertet werden. Bei dieser Sachlage liege keine zielgerichtete, systematische Anfeindung und Herabwürdigung der Klägerin vor. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Ludwigshafen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 10 bis 17 des erstinstanzlichen Urteils vom 02.08.2013 Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 07.08.2013 zugestellt worden. Sie hat mit am 02.09.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.10.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 02.10.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie macht geltend, das Arbeitsgericht habe ausgeführt, dass eine Supervision ein anerkannter Weg der internen Konfliktlösung sei. Sie habe am 29.08.2012 mit dem Pfarrer ein persönliches Gespräch geführt und ihm die Situation mit Frau R. geschildert. Sie habe den Pfarrer aufgefordert, etwas zu unternehmen. Der Pfarrer habe an der nächsten Teamsitzung am 03.09.2012 teilgenommen und ihr Gelegenheit gegeben, die aus ihrer Sicht unerträgliche Situation zu schildern. Der Pfarrer habe im Anschluss an ihre Schilderung die anderen Teammitglieder gebeten, sich dazu zu äußern. Abschließend habe er erklärt: "Die Leute, die etwas untereinander zu klären haben, sollen dies direkt tun". Er habe keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergriffen, sondern das Problem sozusagen wieder in die „Löwengrube“ zurückgeworfen. Allein dadurch habe er gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen. Das Arbeitsgericht hebe darauf ab, dass sie von der Beklagten - während ihrer Krankschreibung ab 16.10.2012 - zu einer Team-Supervision am 19.10.2012 eingeladen worden sei. Sie sei jedoch wegen eines Nervenzusammenbruchs, den sie aufgrund des Konfliktgesprächs mit Frau R. am 16.10.2012 erlitten habe, nicht in der Lage gewesen, der Kindergartenleiterin drei Tage später wieder entgegenzutreten. Weitere Teamsitzungen unter Leitung eines fachkundigen Supervisors seien nicht erfolgt. Dies zeige erneut, dass die Beklagte nach dem Grundsatz „Augen zu und durch" hinter Frau R. gestanden habe. Eine weitere Sitzung wäre ohnehin nicht geeignet gewesen, die Konflikte herunter zu kühlen. Dies beweise auch das Schreiben, dass sie gemeinsam mit drei anderen Mitarbeiterinnen am 29.10.2012 an den Pfarrer verfasst haben.
Das Arbeitsgericht sei bei seiner Gesamtschau fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass Frau R. die Grenzen des Erlaubten nicht überschritten habe. Das Arbeitsgericht habe darauf abgestellt, dass Frau R. schwersten anonymen Angriffen ausgesetzt gewesen sei. Soweit Frau R. überzogen reagiert habe, könne dies nicht losgelöst von den Rahmenumständen und der Situation einer absoluten Überforderung bewertet werden. Es könne sein, dass sich Frau R. in einer Situation der Überforderung befunden habe. Diese Situation rechtfertige jedoch nicht, sie in ihrer Psyche schwer zu schädigen. Spätestens im Anschluss an das Gespräch vom 16.10.2012 hätte sich Frau R. besinnen und für ihr Verhalten entschuldigen müssen. Stattdessen habe sie in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht ihre Behauptung wiederholt, dass sie [die Klägerin] möglicherweise hinter den Sachbeschädigungen und anonymen Schmierereien stecke. Frau R. habe wohl auch das Ermittlungsverfahren gegen ihren Lebensgefährten durch eine Strafanzeige wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung in Gang gesetzt. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 01.10.2013 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 02.08.2013, Az. 4 Ca 2325/12, abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, an sie Entschädigung iHv. € 22.125,00 brutto zu zahlen.
die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. € 10.000,00 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 15.10.2013 als zutreffend. Die Berufung sei bereits unzulässig, weil die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag wörtlich in die Berufungsbegründung kopiert habe. Neu sei lediglich die Behauptung, der Pfarrer habe in der Besprechung vom 03.09.2012 zum Ausdruck gebracht, dass er sich zurückhalten und keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen ergreifen wolle. Dies sei falsch. Der Termin habe als erster Schritt zur Konfliktlösung der Sachverhaltsrecherche gedient. Nachdem die Klägerin die Supervision abgesagt habe, habe der Pfarrer wegen der fortlaufenden Krankschreibung der Klägerin keine weiteren Maßnahmen ergreifen können.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Aus den Gründen
I. Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO). Die Klägerin hat sich mit den Gründen, die das Arbeitsgericht für die Abweisung ihrer Zahlungsanträge angeführt hat, gerade noch hinreichend auseinandergesetzt. Die Berufungsbegründung lässt erkennen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht der Berufungsklägerin unrichtig ist. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Berufungsbegründung setzt § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht voraus.
II. Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Zahlungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf eine Abfindung als Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens noch auf eine Entschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Das Vorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Abfindungszahlung als Schadensersatz iHv. € 22.125,00.
Wie das Arbeitsgericht bereits ausführlich dargestellt hat, ist für einen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB erforderlich, dass die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten des anderen Teils veranlasst worden ist. Dabei muss das für den Schadensersatz erforderliche „Auflösungsverschulden“ des Vertragspartners das Gewicht eines wichtigen Grundes iSv. § 626 BGB haben (BAG 14.12.2011 - 5 AZR 439/10 - Rn. 31 mwN, NJW 2012, 1900).
a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung der Klägerin vom 27.11.2012 zum 30.06.2013 nicht bestand. Die von der Klägerin dargestellten fünf Vorfälle zwischen ihr und ihrer Vorgesetzten R. sind durch die Abmahnung ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12.11.2012 als Kündigungsgründe verbraucht. Regelmäßig liegt im Ausspruch einer Abmahnung der konkludente Verzicht auf das Recht zur Kündigung aus den in ihr gerügten Gründen (BAG 12.05.2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 53 mwN, AP § 123 BGB Nr. 69).
Die Klägerin hat in der Abmahnung vom 12.11.2012 die fünf Vorfälle aus ihrer Sicht geschildert und der Beklagten für den Fall, dass sie ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkomme, sich also Vorfälle dieser Art "wiederholen", eine Kündigung in Aussicht gestellt. Mit dieser Ankündigung hat sie stillschweigend erklärt, eben dies aufgrund der "fünf oben aufgeführten Vorfälle" nicht tun zu wollen. Darin liegt ein bewusster Verzicht auf das Recht zur Kündigung. Da die Klägerin ab dem 16.10.2012 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 27.11.2012 ununterbrochen arbeitsunfähig krankgeschrieben war, kam es nach der Abmahnung vom 12.11.2012 zu keinen weiteren "Vorfällen" mit Frau R. an ihrem Arbeitsplatz in der Kindertagesstätte, die zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden könnten. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
b) Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass die Klägerin ihre Kündigung vom 27.11.2012 nicht auf eine Fürsorgepflichtverletzung der Beklagten stützen kann. Die Beklagte hat vielmehr in Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht versucht, den Arbeitsplatzkonflikt in der Kindertagesstätte durch eine Team-Supervision zu bereinigen. Die Klägerin hat ihre Teilnahme an der Supervision aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Die seit 16.10.2012 ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung am 27.11.2012 - und ununterbrochen bis zu ihrem Ausscheiden am 30.06.2013 - fort.
Fürsorgepflichtverletzungen der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum zwischen der Abmahnung vom 12.11.2012 und der Kündigung vom 27.11.2012 hat die Klägerin auch zweitinstanzlich nicht darzulegen vermocht. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Entgegen ihren Ausführungen im Kündigungsschreiben kann die Klägerin den Vorwurf, die Beklagte habe nach Zugang der Abmahnung "erneut" gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen, nicht auf den Inhalt des außergerichtlichen Schriftsatzes der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 19.11.2012 stützen. Der Schriftsatz vom 19.11.2012 ist die zulässige Reaktion auf die Abmahnung der Klägerin vom 12.11.2012 und von der Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt. Die Formulierungen des Beklagtenvertreters stehen in einem sachlichen Bezug zu den maßgeblichen rechtlichen Fragen und sind weder im Inhalt noch in der Form zu beanstanden. Es stellt keine Fürsorgepflichtverletzung dar, wenn die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin vom 12.11.2012 mit der Beauftragung eines Rechtsanwalts reagiert, der in seinem Schriftsatz vom 19.11.2012 die Vorwürfe der Klägerin und die geltend gemachten Zahlungsansprüche zurückweist.
Die Rüge der Berufung, die Beklagte habe keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen zur Lösung des Konflikt ergriffen, sondern das Problem wieder in die "Löwengrube zurückgeworfen" bzw. nach dem Motto „Augen zu und durch" hinter der Kindergartenleiterin R. gestanden, geht fehl. Im Gegenteil: Die Beklagte hat in Erfüllung ihrer Fürsorgepflicht alles Zumutbare versucht, den Konflikt in der Kindertagesstätte zu klären und durch eine Supervision eine Änderung oder Verbesserung der Situation zu erzielen. Da die Klägerin seit dem 16.10.2012 bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 27.11.2012 arbeitsunfähig erkrankt war, konnte sie nicht an einem Supervisionsverfahren beteiligt werden. Die Klägerin hat auf die Einladung der Beklagten, am 19.10.2012 an einer Supervision teilzunehmen, mit einer Absage reagiert und darüber hinaus am 12.11.2012 eine Abmahnung erteilt.
Die Klägerin hatte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Maßnahmen ergreift, die sie zur Beseitigung des Konflikts für erforderlich hielt. Die Beklagte hatte vielmehr analog § 12 AGG einen Ermessensspielraum, mit welchen Maßnahmen sie auf die auftretenden Konflikte zwischen der Vorgesetzten R. und der Klägerin reagiert (BAG 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 68, AP § 611 BGB Mobbing Nr. 6). Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, stellte die angebotene Supervision bei objektiver Betrachtungsweise eine geeignete und angemessene Maßnahme der Beklagten dar, um den Konflikt in der Kindertagesstätte zu lösen und ein gedeihliches Miteinander herbeizuführen. Auf die subjektive Sicht der Klägerin, die sich gesundheitlich nicht in der Lage fühlte, an einer Supervision teilzunehmen, kommt es nicht an. Soweit die Klägerin zweitinstanzlich die Fachkunde des von der Beklagten beauftragten Supervisors bestreitet, reicht ihre substanzlose Mutmaßung nicht aus, um daraus ein Auflösungsverschulden der Beklagten ableiten zu können. Deren Konfliktlösungsbemühungen waren auch aus Sicht der Berufungskammer angemessen und ausreichend.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung iHv. € 10.000,00 wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG).
Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den - auch von der Berufungskammer geteilten - Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Haftung des Arbeitgebers in sog. Mobbing-Fällen (BAG 28.10.2010 - 8 AZR 546/09 – AP § 611 BGB Mobbing Nr. 7, mwN.) ausgegangen. Insoweit kann auf die grundsätzlichen Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass das Vorbringen der Klägerin keinen Anspruch auf eine Geldentschädigung rechtfertigt. Weder aus den von der Klägerin angeführten einzelnen fünf Vorfällen noch aus der anzustellenden Gesamtschau lässt sich der Schluss ziehen, sie sei von der Kindergartenleiterin R. "gemobbt" worden. Das Arbeitsgericht hat unter ausführlicher und sorgfältiger Würdigung des beiderseitigen Sachvortrags zu den einzelnen von der Klägerin geschilderten Vorfällen festgestellt, dass die einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen weder für sich genommen, noch in einer Gesamtschau persönlichkeitsrechtsverletzenden Charakter haben, und dies eingehend begründet. Diesen Ausführungen schließt sich die Berufungskammer nach eigener Prüfung vollinhaltlich an.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren die Bewertung der einzelnen Verhaltensweisen durch das Arbeitsgericht angreift, wiederholt sie im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen und ihre andere - subjektive - Bewertung der Vorgänge. Auch die Rüge, das Arbeitsgericht habe es unterlassen, durch eine Gesamtschau den rechtsverletzenden Charakter der Verhaltensweisen von Frau R. und die ihnen zugrunde liegende Systematik und Zielrichtung festzustellen, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im Arbeitsleben übliche und typische Konfliktsituationen grundsätzlich nicht geeignet sind, die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vertragspflichtverletzung oder einer unerlaubten Handlung zu erfüllen (BAG 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - AP § 611 BGB Mobbing Nr. 5). Die von der Klägerin geschilderten Konflikte offenbaren, dass es zu erheblichen Spannungen zwischen ihr und ihrer neuen Vorgesetzten R. gekommen ist. Bei den von der Klägerin dargelegten "Vorfällen" handelt es sich um typische Meinungsverschiedenheiten und Reibereien des alltäglichen Arbeitslebens, bei denen das Auftreten der Kindergartenleiterin R. subjektiv als unangemessen empfunden worden sein mag, ohne dass der Schluss auf systematische Anfeindungen und/oder schikanöses oder diskriminierendes Verhalten gerechtfertigt ist. Auch bei einer Gesamtschau der von der Klägerin genannten, behaupteten Vorkommnisse lässt sich nicht feststellen, dass ihre Vorgesetzte R. sie durch eine systematische und zielgerichtete Vorgehensweise herabgewürdigt hat.
Die Rüge der Klägerin, das Arbeitsgericht habe eine fehlerhafte Gesamtwürdigung der von ihr geschilderten Einzelvorfälle vorgenommen, ist nicht berechtigt. Das Arbeitsgericht hat zutreffend berücksichtigt, dass es seit August 2012 zu massiven, anonymen gegen die Person der Leiterin R. gerichteten Handlungen gekommen ist (Autoreifen zerstochen, Außenwände des Kindergartens mit Beleidigungen verschmiert). Soweit sich die Situation zwischen Frau R. und der Klägerin zugespitzt und Frau R. überzogen reagiert habe, könne ihr Verhalten nicht losgelöst von diesen Rahmenumständen und einer Situation der absoluten Überforderung bewertet werden. Dem pflichtet die Berufungskammer bei. Eine gezielte Verletzung der Würde der Klägerin vermag auch die Berufungskammer nicht zu erkennen, selbst wenn die von der Klägerin geschilderten Einzelfälle zutreffen sollten.
III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.