ArbG Berlin: Verfügungsgrund - Hausverbot bei Wiederaufnahme der Arbeit nach Elternzeit
ArbG Berlin, Urteil vom 25.01.2013 - 28 Ga 178/13
Leitsatz
1. Wird eine Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit nach Beendigung der Elternzeit wieder aufzunehmen (hier: Tätigkeit als Abteilungsleiterin/Warenwirtschaft in der Verkaufsfiliale einer Kaufhauskette) unter Erteilung eines "Hausverbots" vom angestammten Arbeitsplatz verwiesen, das der Arbeitgeber im Betrieb anschließend in der Belegschaft bekannt macht, so kann das gesteigerte Beschäftigungsinteresse, das Teile der Gerichte für Arbeitssachen zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs im ungekündigten Arbeitsverhältnis per einstweiliger Verfügung als "Verfügungsgrund" für erforderlich halten, bereits in den rehabilitativen Effekten der Zurückgewinnung ihrer betrieblichen Präsenz durch die so gebrandmarkte Arbeitsperson zu erblicken sein.
2. Es verbleibt allerdings dabei, dass ein derartiges gesteigertes Beschäftigungsinteresse neben der Anspruchsvereitelung im Zeitablauf nicht erforderlich ist (wie LAG Hamm 12.12.2001 - 10 Sa 1741/01 - NZA-RR 2003, 311; LAG Berlin 16.9.2004 - 10 Sa 1763/04 - LAGE § 102 BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht Nr. 3; LAG Berlin-Brandenburg 27.1.2010 - 15 SaGa 2395/09- n.v.; LAG Berlin-Brandenburg 25.3.2010 - 2 Ta 387/10 - ArbR 2010, 349).
Sachverhalt
Es geht um (tatsächliche) Beschäftigung im ungekündigten Arbeitsverhältnis. - Vorgefallen ist dies:
I. Die (heute1) 35-jährige Verfügungsklägerin (künftig: „Klägerin") trat im August 1995 in die Dienste der Beklagten, die ein Filialunternehmen des Einzelhandels betreibt. Seit September 2007 beschäftigte die Beklagte sie unter Erteilung eines Zwischenzeugnisses zum 30. November 20072 (Kopie: Urteilsanlage I.), das „vollste Zufriedenheit" bescheinigte, als „Abteilungsleiter/-in Verwaltung/Warenwirtschaft"3. Anlässlich dessen schufen die Parteien unter dem 3. Dezember 20074 eine nach Erscheinungsbild und Diktion von der Beklagten vorformulierte neue Vertragsurkunde. Darin heißt es unter anderem:
„1. Tätigkeit, Probezeit, Versetzung
Die Mitarbeiterin wird bei r.,- ab dem 01.12.2007 als Abteilungsleiter/-in Verwaltung/Warenwirtschaft beschäftigt.
Die Betriebszugehörigkeit seit dem 01.08.1995 wird angerechnet.
Die Mitarbeiterin ist verpflichtet, alle zumutbaren Tätigkeiten zu verrichten, die ihr unter Berücksichtigung ihrer Vorkenntnisse und Fähigkeiten und der betrieblichen Erfordernisse übertragen werden können.
12. Freistellung
r.,- ist berechtigt, bei Erhalt einer Kündigung durch die Mitarbeiterin oder bei Ausspruch einer fristgerechten oder außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist durch r.,- die Mitarbeiterin einseitig freizustellen, wenn ein sachlicher Grund, insbesondere ein grober Vertrauensverstoß, vorliegt, der die Vertrauensgrundlage des Arbeitsverhältnisses beeinträchtigt (z.B. Eigentums-/Vermögensdelikt zu Lasten von r.,-, Verletzung von Geschäftsgeheimnissen, Konkurrenztätigkeit)".
14. Nebenabreden und Vertragsänderungen, Schriftform
Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Die Änderung dieser Schriftformvereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit ebenfalls der Schriftform. ... ".
Die Klägerin bezog vor jenen Ereignissen, die den Hintergrund des Rechts-streits bilden, bei ihrem Einsatz im Supermarkt der Beklagten an der K.straße in Berlin-Spandau ein Monatsgehalt von 3.960,08 Euro (brutto).
II. Mit besagten Ereignissen hat es folgende Bewandtnis:
1. Nachdem die Klägerin am 15. Mai 2011 ein Kind geboren hatte, wandte sie sich anhand betriebsüblichen Vordrucks unter dem 17. Juli 20115 (Kopie: Urteilsanlage III.) mit der Ankündigung an die Beklagte, vom 15. September 2011 bis 31. Mai 2013 in Elternzeit zu gehen. Dabei äußerte sie den Wunsch, im zweiten Lebensjahr des Kindes ab 1. September 2012 „in Teilzeit" tätig zu sein (Urteilsanlage III.).
2. Mit Schreiben vom 29. Juli 20116 (Kopie: Urteilsanlage IV.) ließ die Beklagte ihr darauf durch ihren Personalleiter7 (Herrn M.) ausrichten, dass für die Zeiten vom 19. Juli bis 14. August 2011 und 15. September 2011 bis 31. Mai 2013 Elternzeit vorgemerkt (Beklagte: „eingereicht") sei.
3. Per E-Mail vom 6. Februar 20128 (Kopie: Urteilsanlage V.) bat die Klägerin um eine „Bescheinigung Kita-Stelle":
„ ... wie am Donnerstag besprochen, melde ich mich nochmal bei Ihnen, bezüglich Bescheinigung für die Kita-Gutschein-Stelle.
Ich war am Donnerstag auch gleich nochmal beim Amt, aber einen Vordruck gibt es bei diesem nicht.
Denen reicht eine Bestätigung vom Arbeitgeber, ab wann und für wieviele Stunden ich wieder arbeiten gehe.
Die Angabe der Arbeitszeiten muss vom Arbeitgeber nicht bestätigt werden, die werden in meinem Antrag abgefragt und durch mich dann bestätigt, das reicht denen.
Ich habe bis zum 31.5.2013 Elternzeit bei Hr. M. eingereicht mit dem Hinweis, dass ich im 2. Lebensja[h]r meines Kindes in Teilzeit wieder arbeiten kommen möchte.
Ich möchte gern ab 1.1.13 wieder arbeiten in Teilzeit mit 25 Stunden/Woche, bis zum Ende meiner Elternzeit. Danach wieder in Vollzeit, wenn es sich mit der Betreuung meines Kindes vereinbaren läßt und vorausgesetzt, ich bekomme einen Kitaplatz.
Bitte Bescheinigen Sie mir für die Kita-Gutscheinstelle, daß ich ab 1.1.13 meine Tätigkeit wieder aufnehme mit 25 Stunden/Woche.
Über die eingereichte Elternzeit bitte nichts vermerken.
Ich hoffe somit, ab 1.8. einen Kitaplatz zu ergattern, was sich wirklich als sehr schwierig gestaltet.
Es wäre total lieb von Ihnen, wenn Sie mir das Schreiben diese Woche noch zukommen lassen könnten, damit ich mich gleich wieder ans Amt und dann an die Kita wenden kann.
Bitte informieren Sie Hr. L. und Hr. P. über meinen Wunsch, am 1.1.13 wieder ins Arbeitsleben zurückkehren zu wollen, (Immer vorausgesetzt, ich bekomme einen Kitaplatz und mein Kind entwickelt sich weiter so prächtig).
Schon mal lieben Dank für Ihre Bemühungen. Für Rückfragen bin ich telefonisch zu erreichen unter ... [usw.]".
4. Dem entsprach die Beklagte unter dem 9. Februar 20129 (Kopie: Urteilsanlage VI.):
„Bescheinigung zur Vorlage bei den Behörden
... hiermit bestätigen wir Ihnen, dass Sie mit Wirkung vom 01.01.2013 Ihre Tätigkeit in unserem Unternehmen wieder aufnehmen werden.
Die wöchentliche Arbeitszeit wird 25,00 Stunden betragen. Die Erbringung Ihrer Arbeitsleistung erfolgt im Rahmen der Ladenöffnungszeiten in der Zeit von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr (filialabhängig bis 24:00 Uhr) innerhalb einer 5-Tage-Woche von Montag bis Samstag)".
5. Dazu kam es nicht:
a. Mit einem auf den 18. April 2012 datierten Schreiben10 (Kopie: Urteilsanlage VII.) „bescheinigte" Herr M. der Klägerin unter Begleitumständen, die keine der Parteien näher erläutert hat (s. noch unten, S. 7 [VI.1.]), dass ihr „voraussichtliche[r] Arbeitsbeginn" der 1. September 2012 sein werde. Demgegenüber steht fest, dass die Klägerin ihre Arbeit zu diesem Termin nicht aufnahm.
b. Fest steht auch, dass sie unter dem 19. November 201211 (Kopie: Urteilsanlage VIII.) auf die Korrespondenz vom Februar des Jahres zurückkam:
„Beschäftigung in Teilzeit
... bezugnehmend auf das Schreiben vom 09.02.2012 von Frau K., möchte ich Sie bitten mir mitzuteilen, wann ich am 02.02.2013 meine Tätigkeit in Teilzeit wieder aufnehmen kann".
c. Das beschied Herr M. unter dem 22. November 201212 (Kopie: Urteilsanlage IX.) zunächst mit den Worten:
„Ihr Schreiben vom 19.11.2012
... wir nehmen Bezug auf Ihr o.a. Schreiben und verweisen in diesem Zusammenhang auf die entsprechenden Telefonate mit dem Unterzeichner",
denen er mit Schreiben vom 4. Dezember 201213 (Kopie: Urteilsanlage X.) diese Zeilen folgen ließ:
„ ... wir kommen zurück auf den letzten Schriftwechsel und die Telefonate mit dem Unterzeichner in Ihrer Angelegenheit. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf unser letztes Schreiben vom 22.11.2012. Weitere Ausführungen bedarf es in dieser Sache nicht".
d. Das sah die Klägerin anders: Sie ließ die Beklagte durch ihren Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19. Dezember 201214 (Kopie: Urteilsanlage XI.) nun nochmals anwaltlich auf ihr Beschäftigungsanliegen hin ansprechen und kündigte an, sich am 2. Januar 2013 zur Aufnahme ihrer Tätigkeit in der angestammten Verkaufsstelle in Berlin-Spandau einzufinden.
6. Das tat die Klägerin auch. - Allerdings traf sie damit bei ihren betrieblichen Ansprechpartnern nicht auf ungeteilte „Gegenliebe". Wie es ihr vor Ort erging, lässt sie im hiesigen Verfahren - unwidersprochen - so schildern15:
„Infolge dessen erschien die Antragstellerin am 2. Januar 2013 um 8.50 Uhr in dem von der Antragsgegnerin betriebenen Supermarkt in Spandau. Dort erteilte ihr der Marktleiter Hausverbot und forderte sie auf, sich unverzüglich von dem Betriebsgelände zu entfernen. Dieses Gespräch erfolgte im Beisein des anscheinend zur Elternzeitvertretung eingestellten Mitarbeiters. Der Antragstellerin wurde die Hinzuziehung eines Mitgliedes des Betriebsrates verweigert.
Die Antragstellerin verwies nochmals auf die Bestätigung in Teilzeit während der Elternzeit. Als Reaktion wurde nur neuerlich auf das Hausrecht verwiesen und die Aufforderung ausgesprochen, nun endlich das Betriebsgelände zu verlassen. [Glaubhaftmachung: ... ].
In der Folge hat der Marktleiter gegenüber den Mitarbeitern des Supermarktes in Spandau erklärt, dass die Antragstellerin Hausverbot habe. [Glaubhaftmachung: ... ]".
III. Mit diesem Schicksal will es die Klägerin nicht bewenden lassen: Sie nimmt die Beklagte mit ihrer am 15. Januar 2013 zugestellten Antragsschrift im Wege einstweiligen Rechtsschutzes auf Beschäftigung zu ihren arbeitsvertraglichen Bedingungen in Anspruch, allerdings bei einer Wochenarbeitszeit vom 25 Stunden. Sie hält den Anspruch auf Beschäftigung bei verkürzter Arbeitszeit nach Maßgabe der Grundsätze des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG-GS) vom 27. Februar 198516 zum Persönlichkeitsschutz nach Art. 117 und 218 GG im Lichte des § 15 BEEG19 und der diesbezüglichen Erklärungen der Beklagten vom 9. Februar 2012 (s. oben, S. 3-4 [4.]) für zwanglos gegeben20. Die für den Eilrechtschutz gebotene Dringlichkeit („Verfügungsgrund") ergebe sich entweder bereits daraus, dass ihre Beschäftigung als sogenannte „Fixschuld" zu klassifizieren sei, im Übrigen aber spätestens daraus, dass sie ihren gesetzlichen Teilzeitbeschäftigungsanspruch während der Elternzeit gerade zur Vorbereitung auf ihre Vollzeitbeschäftigung nach deren Ende nutzen wolle21. Nichts anderes ergebe sich hier zudem daraus, dass sie durch die Benachrichtigung aller im Spandauer Betrieb Beschäftigten „einen hohen Ansehensverlust erlitten" habe, da dort bekannt gewesen sei, dass sie ab 1. Januar 2013 ihre Arbeit in Teilzeit wieder habe aufnehmen wollen.
IV. Die Klägerin beantragt zuletzt sinngemäß22,
die Beklagte im Wege einstweiliger Verfügung zu verurteilen, sie bei einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden zu ansonsten unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag vom 3. Dezember 2007 als Abteilungsleiterin „Verwaltung/Warenwirtschaft" bis zum 31. Mai 2013 zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
V. Sie hält das Antragsbegehren der Sache nach für gegenstandslos.
1. Dazu verweist sie zunächst auf das Reglement des Arbeitsvertrags (s. oben, S. 2 [I.] mit Fn. 3), das die Klägerin verpflichte, alle zumutbaren Tätigkeiten zu verrichten, die ihr unter Berücksichtigung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten und der betrieblichen Erfordernisse übertragen werden könnten23. Schon auf diesem Hintergrund sei, wie sie meint, festzustellen, dass ein Anspruch auf Beschäftigung ausschließlich als Abteilungsleiterin Verwaltung/Warenwirtschaft nicht bestehe und daher das Antragsbegehren zurückzuweisen sei24. Zudem habe die Klägerin ursprünglich (s. oben, S. 3 [1.]; Urteilsanlage III.) den Wunsch geäußert, ab 1. September 2012 in Teilzeit zu arbeiten25. Allerdings habe sie im Nachgang dazu „mehrfach ihre Vorstellungen bzgl. des möglichen Zeitpunktes einer Wiederaufnahme der Tätigkeit in Teilzeit" geändert26. Insofern „vergesse" die Klägerin auch zu erwähnen, dass ihr mit Schreiben vom 18. April 2012 (s. oben, S. 4 [5 a.]; Urteilsanlage VII.) wunschgemäß „bescheinigt" worden sei, dass sie die Arbeit „voraussichtlich am 01.09.2012 wieder aufnehmen" werde27. Zu diesem Zeitpunkt habe sie ihre Arbeit indessen - was unstreitig ist - nicht aufgenommen28. Dass dann etwa „im Nachgang" zum 18. April 2012 eine Vereinbarung zustande gekommen sei, die Arbeit ab Januar 2013 wieder aufzunehmen, behaupte jedoch auch die Klägerin nicht29. Insofern fehle dem Eilbegehren, wie die Beklagte meint, schon die Anspruchsgrundlage30.
2. Zur Frage der Dringlichkeit einstweiligen Rechtsschutzes („Verfügungsgrund") gibt die Beklagte zu bedenken, dass an den Erlass einer entsprechenden einstweiligen Verfügung wegen der in ihrer Befolgung liegenden sogenannten „Vorwegnahme der Hauptsache" besonders hohe Anforderungen zu stellen seien31. Insofern sei aber der bloße Wunsch eines Mitarbeiters nach einer bestimmten Form der Beschäftigung gerade nicht ausreichend32. So behaupte die Klägerin „bezeichnenderweise" (Beklagte) selber nicht, „dass sie in irgendeiner Form im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ein schutzwertes Interesse daran" habe, bis 1. Mai 2013 einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen33. Welche Nachteile sie demgegenüber bei Nichtbeschäftigung träfen, die „derartig gravierend" seien, ihnen per einstweiligem Rechtsschutz zuvorkommen zu müssen, lasse sich dem Vortrag der Klägerin jedenfalls nicht entnehmen34. Schließlich legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, dass sie „sowohl das Vorliegen eines Ansehensverlustes" der Klägerin als auch „besonderer Gründe", die ihre Teilzeitbeschäftigung bis 30. April 2013 erforderlich machten, bestreite35.
VII. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen. Allerdings geschieht dies mit dem Vorbehalt, dass die Klägerin zu den Beklagtenschriftsätzen vom 21. und 24. Januar 2013, die ihr - soweit ersichtlich - erst im Termin am 25. Januar 2013 überreicht werden konnten, kein ausreichendes rechtliches Gehör erhalten hat. Soweit hier aus diesen Schriftsätzen zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.
Aus den Gründen
Dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin war zu entsprechen. Die Beklagte hat die Klägerin bis auf Weiteres in der im Tenor zu I. bezeichneten Weise zu beschäftigen. Daran können ihre Einwände nichts ändern. - Im Einzelnen gilt folgendes:
I. Nach § 62 Abs. 2 ArbGG36 und den dort in Bezug genommenen §§ 93537, 94038 ZPO kann das Arbeitsgericht bei Streitigkeiten „aus dem Arbeitsverhältnis" (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG39) einstweilige Verfügungen unter anderem zum Zweck der Regelung eines einstweiligen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, sofern diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen notwendig erscheint; entsprechendes gilt im Bezug auf den Streitgegenstand, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechtes einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen sind hier für die von der Klägerin erstrebte Beschäftigung erfüllt (s. sogleich [II.]). Dem Erlass der hiesigen Verfügung steht namentlich nicht im Wege, dass der von ihr erstrebte Regelungszustand im Ergebnis eine Entscheidung in der Hauptsache vorwegnimmt (s. unten, S. 16 ff. [III.]).
II. Die Klägerin kann von der Beklagten tatsächliche Beschäftigung als Abteilungsleiterin Verwaltung/Warenwirtschaft bei zeitlich auf 25 Stunden pro Woche beschränktem Arbeitspensum bis auf weiteres fordern. Der sogenannte „Verfügungsanspruch" kann ihr nicht mit Erfolg streitig gemacht werden. Dies ließe sich im Streitfall wohl schon durch entsprechende Auslegung des Arbeitsvertrages im Gegenschluss aus Nr. 12 ArbV (s. oben, S. 2 [I.]) herleiten. Die Frage berührt aber auch prinzipielle normative Aspekte der geltenden Grundrechtsordnung, die zum selben Resultat führen: - Der Reihe nach:
1. Es gehört unter dem „Firmament der Grundrechtsordnung"40 zu den heute essentiellen Einsichten der Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen, dass der Arbeitnehmer namentlich als Ausfluss seines Grundrechtsschutzes im bestehenden Arbeitsverhältnis verlangen kann, nach Maßgabe der vertraglichen Regularien auch tatsächlich beschäftigt zu werden41. Er braucht sich - spätestens nach der schon erwähnten (s. oben, S. 5 [III.]) wegweisenden Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus dem Jahre 198542 - nicht darauf verweisen zu lassen, nach dem normativen Modell des Mietrechts43 (§ 537 Abs. 1 Satz 1 BGB44: Gebrauchsverzicht) ein Dasein im - und sei es auch: bezahlten - „Wartestand" zu fristen.
a. Warum das so ist, hat der Große Senat anschaulich herausgearbeitet; er sagt es so 45:
„Das Grundgesetz hat in seinen Art. 146 und 247 die Würde des Menschen und dessen Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zu zentralen Werten unserer Verfassung erhoben. Das Leben des Arbeitnehmers wird zu einem ganz wesentlichen Teil durch das Arbeitsverhältnis bestimmt und geprägt. Sein Selbstwertgefühl sowie die Achtung und Wertschätzung, die er in seiner Familie, bei seinen Freunden und Kollegen und überhaupt in seinem Lebenskreis erfährt, werden entscheidend mitbestimmt von der Art, wie er seine Arbeit leistet. Die Arbeit in einem Arbeitsverhältnis stellt für den Arbeitnehmer ... eine wesentliche Möglichkeit zur Entfaltung seiner geistigen und körperlichen Fähigkeiten und damit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit dar. Wird dem Arbeitnehmer diese Möglichkeit genommen, so berührt dies seine Würde als Mensch".
b. Kompakter - und mit klarerem Blick für die Realitäten48 des Arbeitnehmerdaseins - lässt es sich kaum ausdrücken. Aus den zitierten Worten spricht ein bemerkenswert49 tiefes Verständnis für die psychosoziale Bedeutung der Gelegenheit für Menschen, sich in aktiver betrieblicher Wertschöpfung mit anderen Menschen geschätzt und verbunden zu sehen:
ba. Tatsächlich kombinieren die Aussagen des Großen Senats mit dem „Selbstwertgefühl" des Einzelnen und erlebter „Achtung und Wertschätzung" anerkannte Strukturelemente des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit psychischen Grundbedürfnissen (nicht nur!) von Berufstätigen. Im selben Sinne kennzeichnet Roman Herzog50 die Arbeit als „eine Quelle von Selbstwertgefühl, von Selbstbestätigung, von innerer Zufriedenheit, auch von Sozialprestige". Dem entspricht, wovon gesicherte Erkenntnisse der Humanwissenschaften seit langem künden: Die Versorgung mit den „Nährstoffen" aus besagter Quelle bewirkt nicht nur den Aufbau menschlicher Identität 51. Sie mobilisiert nicht zuletzt auch psychosoziale Kräfte, die die inneren Ressourcen von Menschen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit maßgeblich stärken52.
bb. Dasselbe wirkt sich allerdings auch umgekehrt aus, nämlich wenn die besagte Quelle versiegt und die erwähnten Bedürfnisse dann notleidend werden. Wie gleichfalls überzeugende Erkenntnisse humanwissenschaftlicher Forschung - und im Grunde schon Selbsterfahrung oder Einfühlung - lehren, bleibt nämlich auch die Vernachlässigung dieser Bedürfnisse nicht ohne Folgen. Besonders der einseitig verfügte Ausschluss eines Einzelnen aus „seiner" Gruppe pflegt den Betroffenen danach nicht nur in seinem personalen Geltungsanspruch empfindlich53 zu kränken und so zum baren Kontrastprogramm zum intendierten Selbstwertgefühl (Großer Senat a.a.O.) zu geraten. Vielmehr löst solche Ausgrenzung im Adressaten typischerweise innere Spannungszustände („Stress") aus, die über komplexe hormonelle Wirkungsketten ganze Kaskaden physiologischer54 Begleitphänomene bis hinab auf die genetische Ebene des Organismus55 zur Folge haben. Vermag der Betroffene die emotionale Last solchen Erlebens nicht aufgrund glücklicher Umstände dank gegenläufiger individueller Bewältigungspotentiale zu kompensieren, so ist seine - auch physische - Erkrankung nur eine Frage der Zeit56. - Die Ursache dessen hat unlängst Joachim Bauer57 zutiefst markant noch einmal auf den Begriff gebracht: „Das Gehirn macht aus Psychologie Biologie. Psychische Belastungen können sich daher in körperlichen Veränderungen und auffälligen organischen Befunden äußern".
c. Das hat es - gerade für den hiesigen Problemzusammenhang - in sich: Es führt in seinen Konsequenzen nämlich noch einen Schritt über die an sich schon wegweisende Judikatur des Großen Senats hinaus:
ca. Diese zeichnet sich darin aus, mit der Auslegung und Anwendung des einfachen Gesetzesrechts (hier: §§ 611 Abs. 158, 613 Satz 159, 241 Abs. 260 und 24261 BGB62) nach Maßgabe der im zitierten Beschluss denn auch benannten63 Grundrechte (hier: Art. 1 Abs. 164 und 2 Abs. 165 GG) ein seinerzeit eher noch singuläres Vorbild dessen zu sein, was in Gestalt der sogenannten Schutzpflichtenlehre66 bekanntlich seit spätestens Anfang 199067 vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur allgemeinen methodischen Richtschnur erhoben worden ist. Nach ihren bereits in Art. 1 Abs. 3 GG68 angelegten Geboten sind auch die Bestimmungen der Privatrechtsordnung durch die Fachgerichte im Lichte jener Grundrechte zu interpretieren, deren Schutzbereich im fraglichen Konflikt betroffen ist. Was der Große Senat des Jahres 1985 dabei nach dem damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allerdings noch nicht berücksichtigen konnte, ist die erst aufgrund neuester hirnneurologischer Forschungen zutage geförderte Einsicht, dass die Problematik kränkenden Ausschlusses des Arbeitnehmers aus dem betrieblichen Sozialgeschehen auch enge funktionelle Bezüge zu den Gewährleistungen des Grundrechts in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG69 aufweist. Es sind diese Zusammenhänge, die künftig verstärkte Beachtung auch bei der Würdigung von Rechtsstreitigkeiten über die tatsächliche Beschäftigung von Arbeitspersonen einfordern:
cb. Das Grundrecht in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährt den Schutz „körperlicher Unversehrtheit" bekanntlich nicht allein gegen körperliche Einwirkungen, sondern - so das BVerfG schon Anfang des Jahres 1981 - „zumindest" auch gegen solche psychischen Einwirkungen, „die in ihrer Wirkung körperlichen Einwirkungen gleichzusetzen" sind70. Solche „Gleichsetzung" erfahren dabei - wiederum nach den Worten des BVerfG - „jedenfalls" Einwirkungen, „die das Befinden einer Person in einer Weise verändern, die der Zufügung von Schmerzen entspricht"71. Und es ist genau dieser Gesichtspunkt, der nach beeindruckenden Erkenntnissen der neueren hirnneurologischen Forschung mit ihren kernspintomographisch „bildgebenden" Mitteln eine Brücke zur oben erwähnten Problematik des rigorosen Ausschlusses einzelner Menschen (bildhaft: „Platzverweis") aus ihrem bisher in die Gruppe integrierten Aktivitätsschema schlägt: Nach diesen Erkenntnissen zeigten nämlich Probanden, die sich ohne eigenes Zutun (bildhaft: „Foulspiel") sozialer Ausgrenzung ausgesetzt sahen, in ihren hirnneurologischen Reaktionsmustern signifikante Übereinstimmungen mit Personen, denen körperlicher Schmerz zugefügt wurde72.
cc. Beim aktuellen Forschungsstand erweist sich die nicht situativ unmittelbar nachvollziehbare Ausschaltung berufstätiger Menschen aus ihrem Teamzusammenhang mithin nicht nur - wie vom Großen Senat einfühlsam herausgearbeitet - als Thema der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG. Es handelt sich vielmehr um einen zwischenmenschlichen Konflikt, der thematisch auch im Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG angesiedelt ist.
2. Mit diesem normativen Bezugsrahmen sind die Weichen zur rechtlichen Würdigung des hiesigen Rechtsschutzbegehrens der Klägerin gestellt. Die Klä- gerin kann von der Beklagten fordern, vertragsgerecht eingesetzt zu werden. Soweit die Beklagte dem Einwände (s. oben, S. 6-7 [V.1.]) entgegenzusetzen sucht, hilft das nicht weiter. - Der Reihe nach:
a. Wenn die Beklagte die Klägerin zunächst auf den formularvertraglichen Versetzungsvorbehalt in Nr. 1 Abs. 3 ArbV (s. oben, S. 2 [I.]) verweist (S. 6 [VI.1.]), wonach diese „alle zumutbaren Tätigkeiten" zu verrichten habe, so ist daraus kein Argument für sie zu gewinnen. Im hiesigen Verfahren geht es nicht darum, vertragsgerechte Tätigkeiten von vertragsfremden Tätigkeiten zu unterscheiden, sondern darum, die Klägerin überhaupt vertragsgerecht zu beschäftigen. Zudem stellte die hiesige Verweigerung jeglicher Beschäftigung schon begrifflich keine „zumutbare Tätigkeit" dar. Unabhängig davon hielte die von der Beklagten gestellte Vertragsklausel einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB73 ohnehin nicht stand: Da die Klausel nämlich nicht klarstellt, dass etwaige Alternativen zum in Nr. 1 Abs. 1 ArbV (s. oben, S. 2 [I.]) bedungenen Einsatz als Abteilungsleiter/-in Verwaltung/Warenwirtschaft sowohl allenfalls bei gleicher Vergütung zu erbringen als auch in ihrem Sozialbild gleichwertig zu sein hätte, vernachlässigt die Regelung nach zutreffender Ansicht das sogenannte Transparenzgebot74. Schließlich mag noch daran erinnert dass sich die jeweilige Weisungslage nach langjährig eingespielter Judikatur der Gerichte für Arbeitssachen ohnehin bis zu wirksamer Neugestaltung der Verhältnisse nach jenen Bedingungen richtet, zu denen der Arbeitnehmer zuletzt vertragsgerecht beschäftigt war75. Das war hier vor der Elternzeit der Klägerin aber ihr Einsatz als Abteilungsleiterin.
b. Die Beklagte kann für sich auch daraus nichts herleiten (s. oben, S. 6 [V.1.]), dass die Klägerin in ihrer Elternzeitanzeige vom 17. Juli 2011 (s. oben, S. 3 [1.]; Urteilsanlage III.) ursprünglich in der Tat den Wunsch verlautbart hatte, ab 1. September 2012 in Teilzeit tätig zu werden. Diese Überlegung war nämlich erwiesenermaßen spätestens im Februar 2012 überholt. Wie der Austausch der diesbezüglichen Schriftstücke vom 6. und 9. Februar 2012 (s. oben, S. 3-4 [3. u. 4.]; Urteilsanlagen V. u. VI.) belegt, hatten die Parteien die Karten - um nochmals ein Bild zu gebrauchen - offenbar später „neu gemischt". Dort bekannte sich die Beklagte sogar schriftlich dazu, die Klägerin wieder ab Januar 2013 in Teilzeit mit 25 Wochenarbeitsstunden tätig werden zu lassen (Urteilsanlage VI.). Das der Klägerin so gegebene Wort hat sie zu halten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. - Schließlich ist das sich ergebende Blatt auch nicht mit jenem merkwürdigen Vorgang zu wenden, kraft dessen sie der Klägerin per 18. April 2012 (s. oben, S. 4 [5 a.]; Urteilsanlage VII.) einen Arbeitsbeginn - voraussichtlich - ab 1. September 2012 „bescheinigte". Zu diesem Revers fällt auf, dass keine der Parteien sich darauf eingelassen hat, seine Hintergründe konkret aufzuhellen. Das lässt tief blicken, kann bei dieser Sachlage aber auf sich beruhen. Hier genügt die Feststellung, dass das Schriftstück im übrigen Kontext seiner Thematisierung jedenfalls keinen brauchbaren Anhaltspunkt für die Annahme bietet, dass die Parteien sich nach ihrem Schriftwechsel vom Februar 2012 etwa auf eine andere terminliche Handhabung des Teilzeitbegehrens der Klägerin verständigt hätten. Daher mag der Beklagten zugebilligt sein, dass sich „im Nachgang" zum 18. April 2012 keine diesbezügliche Neubesinnung ergeben hat. Darauf kommt es wegen der unmissverständlichen Festlegungen im Februar 2012 nicht an. Ob die Beklagte sich andernfalls möglicherweise - trotz deren Unwirksamkeit76 - auf ihre selber gestellte Schriftformklausel in Nr. 14 ArbV (s. oben, S. 2 [I.]) verweisen lassen müsste77, kann somit gleichfalls auf sich beruhen.
c. Der sich nach allem ergebenden vertraglichen Bindung der Beklagten an ihre Zusage vom 9. Februar 2012 könnte sie schließlich auch dann nicht entgehen, wenn sie sich inzwischen eines anderen besonnen und über die Besetzung der Stelle der Klägerin beispielsweise nun lieber anderweit disponieren würde. Wie das Bundesarbeitsgericht bekanntlich vor mittlerweile annähernd 60 Jahren aus guten Gründen klargestellt hat, ist der Arbeitgeber diesseits etwaiger Kündigungsbefugnisse gehalten, seinen Betrieb so einzurichten, dass nicht zuletzt Beschäftigungspflichten erfüllt werden können78.
III. Führt an der Anerkennung des Beschäftigungsanspruchs der Klägerin nach allem kein Weg vorbei, so ist dem Erfolg ihres Rechtsschutzbegehrens - wie schon vorausgeschickt (s. oben, S. 8 [I.]) - auch nicht deshalb auszuweichen, weil sie sich damit bereits in der „Hauptsache" durchsetzte. Im Gegenteil: Solche Durchsetzung ist im Interesse des Grundrechtsschutzes sogar unvermeidlich. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:
1. Richtig ist zwar, dass einstweilige Verfügungen im Sinne der §§ 93579, 94080 ZPO nach Möglichkeit nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen sollen. Denn im Vordergrund steht zunächst immer nur eine vorläufige, eben „einstweilige" richterliche Intervention in den Konflikt der Beteiligten. Die tatsächliche Anspruchsbefriedigung des Gläubigers ist als Konsequenz einer „einstweiligen" Verfügung andererseits aber - im Unterschied zum „Arrest" bei Geldforderungen (§ 916 Abs. 1 ZPO81: nur „Sicherung" der Zwangsvollstreckung) - keineswegs ausgeschlossen 82:
a. Anerkannt ist vielmehr auch, dass besondere Lebenssachverhalte eine Ausnahme von dem erwähnten Grundsatz - übliche Formel im Gerichtsgebrauch (s. daher oben, S. 8 [I.]): keine „Vorwegnahme" der Hauptsache - gebieten können. Das gilt etwa dort, wo die Verwirklichung von (mutmaßlichen) Gläubigerrechten - namentlich wegen Zeitablaufs - ausschließlich durch ihre Befriedigung vor Erwirkung eines vollstreckbaren Titels im ordentlichen Verfahren erreichbar ist83 und daher die Verweigerung richterlicher Intervention ihrerseits „vollendete Tatsachen" schafft84. Im Interesse der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes85 nimmt die Rechtsordnung in solchen Problemlagen das Risiko einer materiell unrichtigen Entscheidung im Eilverfahren über den Bestand des erhobenen Anspruchs bewußt in Kauf, sofern nur eine Abwägung der Interessen der Parteien dies zulässt oder gar gebietet.
b. Bei solchen „Abwägungen" sind nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts insbesondere „Fragen des Grundrechtsschutzes einzubeziehen"86. Das gilt selbst dann, wenn dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich und deshalb - anders als im hiesigen Streitfall - nur „anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden" ist: Auch dann „sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen"87. In jedem Falle müssen sich die Gerichte „schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen" und dies wiederum „ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht"88. „Eine Verletzung dieser grundrechtlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte", so heißt es beim BVerfG (a.a.O.) klipp und klar, „zu verhindern"89.
2. Damit schließt sich nicht nur der Kreis zu den oben (S. 8 ff. [II.1.]) wohlweislich in Erinnerung gerufenen freiheitsrechtlichen Grundlagen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs (Art. 1 Abs. 190, 2 Abs. 191 GG) schon nach bisherigem92 Verständnis. Sondern danach kommt nicht zuletzt auch im Lichte des vorbeugenden Gesundheitsschutzes des Arbeitnehmers a l l e s zusammen, was hier eine Eilverfügung erzwingt. - Auch dazu, letztmalig, der Reihe nach:
a. Wie die grundrechtliche Dimension des des Beschäftigungsanspruchs (hoffentlich) anschaulich gemacht hat, geht es dabei neben der - folglich alles andere als „profanen" - Anspruchsvereitelung durch Zeitablauf93 im sachlichen Kern um Wertgehalte, als deren oberstes Leitbild die „Würde des Menschen", in Rede steht:
aa. So liegt es in der Natur der Sache, dass sich „Beschäftigung" im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht nur strukturell in Zeit und Raum vollzieht. Quantitativ geht es für den Arbeitnehmer vielmehr sogar - typischerweise - um erhebliche94Teile seiner Lebenszeit. Hierzu wird im Schrifttum sehr anschaulich darauf hingewiesen95, dass der Berufstätige „seinen Vorgesetzten und Kollegen in der Regel mehr Zeit" widme, „als dem Partner, der Familie und den Freunden zusammen". Da kommt also einiges zusammen. - Das ist aber nicht alles:
(1.) Denn menschliche Lebenszeit hat es nun an sich, dass sie nicht nach Belieben vermehrt werden kann. Sie kann auch nicht - einmal verstrichen - mit anderen Inhalten nachgeholt werden. Das bedeutet im hiesigen Kontext: Ist der Betroffene vom betrieblichen Sozialgeschehen für die Zeitspanne „X" einmal ferngehalten worden, so ist sie zur Füllung mit Erlebnissen, die sein Selbstwertgefühl stärken oder ihm Achtung und Wertschätzung durch andere verschaffen könnten (s. Großer Senat a.a.O.), ein für allemal dahin. - Die unberechtigte Ausschaltung des Einzelnen aus besagtem Sozialgeschehen bildet insofern - schon phänomenologisch - den Inbegriff rechtswidriger Anspruchsvereitelung. Nimmt man deren auch grundrechtliche Relevanz hinzu, die nach der besagten Judikatur des Bundesverfassungsgerichts im Zuge der „Abwägung" der wechselseitigen Belange die erhöhte Aufmerksamkeit der Fachgerichte einfordert (s. oben, S. 17 [III.1 b.]) und hier nach den Ausführungen des Großen Senats des BAG in den von ihm benannten - psychosozialen - Positiveffekten seines betrieblichen „Da-Seins" liegen, so wirkt die Folgerung unausweichlich: Es geht bei der rechtswidrigen Fernhaltung des Betroffenen von seiner arbeitsvertraglichen Wirkungsstätte um nicht weniger als um „die endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten" im Sinne der bereits zitierten verfassungsgerichtlichen Judikatur96.
(2.) Das sollte genügen, den Belangen des schutzsuchenden Arbeitnehmers in aller Regel den Vorrang vor etwaigen Gegenbelangen des - vertragswidrig agierenden - Arbeitgebers einzuräumen: Die Aussagen des Großen Senats, wonach tragend für die Anerkennung des grundrechtlich inspirierten allgemeinen Beschäftigungsanspruchs ideelle Bedürfnisse („Interessen") von Arbeitnehmern seien97, bedeutet nämlich, dass damit alles andere als intrinsische „Luxusartikel" gemeint seien, deren Vorenthaltung im Zweifel eben verschmerzt werden könne. Wenn der Große Senat die tatsächliche Beschäftigung des Arbeitnehmers normativ eigens mit dessen „Würde als Mensch" in Verbindung bringt, so verweist dies vielmehr sehr eindringlich darauf, dass Achtung und Wertschätzung durch andere als - psychosoziale - „Lebensmittel"98 (an)erkannt sind. Berührt die „Versorgung" des Berufstätigen durch tatsächliche Beschäftigung im bestehenden Arbeitsverhältnis seine Würde als Mensch, so darf er davon nicht ohne unabweisbare Gründe vertragswidrig abgeschnitten sein.
(3.) Das geht an die Adresse der Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung der Gesetzesvorschriften (hier: §§ 935, 940 ZPO - s. oben, S. 8 [I.]) zum Eilrechtsschutz99: Für die vom Großen Senat des BAG als für den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers einschlägig nominierten Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gilt nämlich das oben (S. 17-18 [b.]) zitierte Diktum des Bundesverfassungsgerichts, wonach „eine Verletzung dieser grundrechtlichen Gewährleistung auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert", von den Gerichten „zu verhindern" sei.
ab. Im Lichte der modernen Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Humanwissenschaften, von denen oben (S. 9-11 [II.1 b.]) schon die Rede war, ist dies aber noch immer nicht alles: Denn dort ist bereits ausgeführt, was es für die Grundlagen der Gesunderhaltung des Einzelnen bedeutet, wenn seine psychosozialen Bedürfnisse durch Ausschluss vom betrieblichen Sozialgeschehen notleidend werden. Da die psychische Befindlichkeit von Menschen mit ihren gesundheitlichen Ressourcen nach den besagten Erkenntnissen aufs Engste verflochten ist100, ergibt sich die Veranlassung zur gerichtlichen Intervention bei - wie hier - vertragswidriger Verbannung vom Arbeitsplatz bei grundrechtsorientierter Auslegung (s. oben, S. 11-12 [II.1 ca.]) nicht zuletzt als dringendes101 Erfordernis präventiven Gesundheitsschutzes (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG102). Insofern trifft es sich gut, dass dessen verstärkte Beachtung im Alltagsgebrauch der Fachgerichte spätestens seit 1997103 ohnehin auf die Tagesordnung gesetzt ist.
b. Auf diesem normativen Hintergrund könnte der Streitfall als Paradebeispiel unverdienter sozialer Ausgrenzung einer langjährig nicht nur unbescholtenen, sondern auch hochgeschätzten104 Mitarbeiterin herhalten, die alle Veranlassung zur grundrechtsgeleiteten richterlichen Intervention gibt:
ba. So ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig (s. oben, S. 5 [6.]), dass die Beklagte die Klägerin am Morgen des 2. Januar 2013 nicht nur schlicht abgewiesen, sondern darüber hinaus sogar mit „Hausverbot" belegt hat. Obendrein hat sie es für richtig befunden, den Vorgang in der Weise betriebsöffentlich zu machen, dass sie das komplette übrige Personal über die so verfügte Brandmarkung der Klägerin unterrichtete. Dergleichen hat nicht nur das Zeug zur Traumatisierung der Zielperson, sondern verkörpert zugleich das bare Gegenteil jenes heute nicht zuletzt gesundheitspräventiv gebotenen zwischenmenschlichen Umgangs, von dem weiter oben (s. Seite 10 Fn. 52) schon die Rede war. - Vor allem verdeutlicht es aber, dass hier allenfalls unverzügliche gerichtliche Intervention dazu beitragen kann, potentiell irreparable Folgen des Ereignisses möglichst zu begrenzen: Es liegt nämlich auf der Hand, was der hier als überaus rabiat zutage getretene Umgang mit der Klägerin in den Augen ihres betrieblichen Umfeldes namentlich dann anrichtet, wenn die diesbezügliche Deutungshoheit allein den betrieblichen Urhebern überlassen bleibt. Der Eindruck, die Klägerin sei aus Gründen in Ungnade gefallen, die bei ihr liegen, pflegt sich unter solchen Umständen mit jedem Tag unheilvoll zu verfestigen, mit dem der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten bleibt. Insofern gebieten bereits die rehabilitativen Effekte eigener betrieblicher Präsenz, ihr den Zugang zur vertragsgerechten Beschäftigung ohne vermeidbares Zögern zu verschaffen. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang „schutzwertes Interesse" und „Ansehensverlust" der Klägerin beharrlich in Abrede stellen lässt (s. oben, S. 7 [2.]), bis 1. (gemeint wohl: 31. Mai 2013), steht dem die schlichte Evidenz der vorerwähnten betriebssoziologischen Zusammenhänge entgegen. Was für die Klägerin damit nicht nur als Rufschaden, sondern auch als Kränkung auf dem Spiel steht, kann nur durch sofortige Intervention zumindest in Grenzen gehalten werden.
bb. Könnte die rechtliche Prüfung des Streitfalls damit an sich abgebrochen werden, weil die Dringlichkeit einstweiligen Rechtsschutzes auf solchem Hintergrund auch bei restriktivster Sicht anzuerkennen wäre, so sei für den Fall, dass den bisherigen Überlegungen nicht gefolgt werden sollte, vorsorglich nochmals105 in Erinnerung gerufen, dass es der Überwindung zusätzlicher Hürden neben der puren Anspruchsvereitelung entgegen der Ansicht der Beklagten (s. oben, S. 7 [2.]) in Wahrheit nicht einmal bedürfte:
(1.) Richtig ist insofern allerdings, dass die Meinung der Gerichte für Arbeitssachen nach wie vor auffallend geteilt sind: Nach einem restriktiven Verständnis von Teilen der Arbeitsjustiz kann nämlich keine Rede davon sein, dass für den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers allein schon der sichere Anspruchsverlust im Zeitablauf nach rechtsstaatlichen Prinzipien106 als „wesentlicher Nachteil" im Sinne des § 940 ZPO107 anzuerkennen sei108. Vielmehr bedürfe es zu seiner erfolgreichen Einforderung im Eilverfahren eines über die pure Nichtbeschäftigung hinausgehenden aktuellen „Notstandes" des Antragstellers109, der dessen besonderes Beschäftigungsinteresse aufzeige. Als Beispiele solcher Sonderinteressen werden bevorzugt die Erhaltung „erworbener Qualifikation"110 bzw. „der beruflichen Fähigkeiten"111 des Arbeitnehmers genannt.
(2.) Diese restriktive Judikatur greift die Beklagte unter Benennung passender Präjudizien - allzu verständlich - für sich auf. Ließe sich die befasste Kammer nun von „Referenzen" leiten, so könnte sie es sich leicht machen und einfach mit aus ihrer Sicht völlig zutreffenden Entscheidungen (nicht nur) des Landesarbeitsgerichts Berlin112 - oder gleichläufigen Literaturstimmen113 - „kontern".
Damit begnügt sich die Kammer aber nicht. Denn gerade die von der Beklagten herangezogenen „Präjudizien", denen neue Gesichtspunkte - soweit ersichtlich - bislang nicht hinzugefügt worden sind, geben Veranlassung die verfassungsrechtlichen Grundlagen und Konsequenzen des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs vorsorglich nochmals114 in Erinnerung zu rufen:
(3.) Zur Veranschaulichung genügen Schlaglichter:
(a.) Wie eben erwähnt, soll sich aus Sicht der besagten „Präjudizien" das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers erst dann in der nach § 940 ZPO praktizierten „Abwägung" durchsetzen können, wenn es von Zusatzinteressen und namentlich der Bedrohung spezieller beruflicher Belange des Betroffenen begleitet wird, die ihm im Verfügungsverfahren rechtliche Durchschlagskraft verleihen. - Schon darin offenbaren sich aber mehrere Missverständnisse:
(aa.) Es bedeutet nämlich zunächst, dass die vom Großen Senat benannten Grundrechte (Art. 1 Abs. 1115 und Art. 2 Abs. 1116 GG) sich im Rahmen solcher Abwägungsprozedur überhaupt nicht bemerkbar machen. Ihre Wertgehalte (s. dazu nochmals oben, S. 8 ff. [II.1.]), die durch vergleichbar relevante Gegenbelange des Arbeitgebers erst einmal aufzuwiegen wären, sind darin verflüchtigt. Und das heißt: Aus dem „ideellen" Interesse des Arbeitnehmers (Großer Senat a.a.O. - S. 19 Fn. 97) wird so - jedenfalls beim Eilrechtsschutz - ein „virtuelles". - Das aber verfehlt das Schutzkonzept des Großen Senats schon im Ansatz117.
(ab.) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass sich der Große Senat insofern einer Stellungnahme seinerzeit - ausdrücklich118 - enthalten hat. Denn diese Enthaltsamkeit ergab sich nur daraus, dass der damalige Vorlagefall den Eilrechtsschutz nicht betraf119. Für die fachgerichtliche Sachbehandlung beim Schutze grundrechtlicher Wertgehalte macht es demgegenüber keinen Unterschied, ob die betreffenden Rechtspositionen im Verfügungsverfahren oder im „gründlichen und schwierigeren Hauptsacheverfahren" (LAG Hamm a.a.O.120) zu würdigen sind. - Im Gegenteil: Wie schon ausgeführt121, gebieten es die Schutzpflichten (s. nochmals Art. 1 Abs. 3 GG; S. 12 Fn. 68) vielmehr, die einschlägigen Wertgehalte auch bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum Eilrechtsschutz zur Geltung zu bringen und dies wiederum mit oberster Priorität122 dann, wenn mit dem betroffenen Grundrecht - wie auch beim Beschäftigungsanspruch - der Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG in Rede steht. - Das Verfügungsverfahren ist danach alles andere, als eine Zone verminderter Grundrechtsgeltung.
(ac.) Nun ist freilich nicht zu übersehen, dass den erwähnten Judikaten grundrechtliche Wertgehalte auch wiederum nicht völlig fremd sind. Das zeigen die eben (S. 22 [vor (2.)]) als „Verstärkung" persönlichkeitsrechtlicher Belange apostrophierten Gesichtspunkte, die grundrechtsthematisch in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallen. Eine damit am Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG orientierte Rechtsfindung verfehlt indessen den normativen Geltungsgrund des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs in Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG und verbaut sich zwangsläufig den Zugang zu den für deren Gewährleistungen maßgeblichen - psychosozialen - Belangen von Betroffenen123 (s. oben, S. 8 ff.).
(ad.) Wenn sich die Aufmerksamkeit von Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung trotz deren markanter Herausarbeitung durch den Großen Senat bis heute unbeirrt auf berufliche Fertigkeiten des Arbeitnehmers fixiert, so hat dies vermutlich allerdings einen Grund: Wie (s. oben, S. 9 Fn. 43) schon erwähnt, ist der Beschäftigungsanspruch des Dienstnehmers von den Gerichten einst gegen die „klassischen" Plausibilitätsstrukturen des historischen Gesetzgebers entwickelt worden. Er ist aus punktueller Anerkennung von Sonderbedürfnissen spezieller Berufskreise hervorgegangen, unter denen - neben Belangen von Auszubildenden - vor allem diejenigen von „Bühnenkünstlern" als unabweisbar empfunden wurden124.
Dass sie es ursprünglich waren, die dem vertraglichen Beschäftigungsanspruch eine erste Bresche schlugen, ist heute zwar rechtshistorisch zweifellos von Interesse. Als normatives Leitbild im Rechtsgebrauch der Gerichte kann dies aber auch im Eilrechtsschutz keine Rolle mehr spielen.
(ae.) Fazit: Die Ausschau nach „Sonderinteressen", die obendrein vor allem auf den zeitbedingten Verlust beruflicher Qualifikation des Betroffenen „geeicht" ist, liegt für den von Wertgehalten in Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG konfigurierten Beschäftigungsanspruch teleologisch insgesamt neben der Sache.
(b.) Es zählt ersichtlich zu den Folgewirkungen der erwähnten und um die maßgeblichen normativen Gesichtspunkte verkürzten Perspektive, wenn abgewiesenen Antragstellern im Verfügungsverfahren zur Begründung ihres Misserfolgs bis heute vielfach der Hinweis erteilt wird, es sei bis zur Verhandlung über die „Hauptsache" im regulären Klageverfahren (ersatzweise: bis zum Ablauf der Kündigungsfrist) doch nicht mehr lange hin125. - Im Klartext: Sie mögen sich also gedulden, bis das Gericht das Hauptsacheverfahren für spruchreif hält.
Dem entspricht zwar der hiesige Hinweis der Beklagten (s. oben, S. 7 [2.]), es gehe mit der Teilzeitbeschäftigung bis 30. April 2013 (gemeint aber wohl: 31. Mai 2013; d.U.) nur um „einen begrenzten Zeitraum"126, abermals jedoch nicht das, was das Bundesverfassungsgericht den Fachgerichten als Ausfluss ihrer Schutzpflichten aufgegeben hat (s. oben, S. 17 [III.1 b.]): Nämlich eine Verletzung der grundrechtlichen Gewährleistung aus Art. 1 Abs. 1 GG auch dann „zu verhindern", wenn sie „nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert".
(c.) Ein weiteres Missverständnis durchzieht jene - seither häufig zitierte - Judikatur noch aus dem November 2005127, in der es heißt128: Die Kammer habe „nicht nachzuvollziehen" vermocht, dass es für „die Gewährleistung der Persönlichkeit des Klägers unerlässlich" sei, ihn „die wenigen Wochen" bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beschäftigen. Es sei „nicht konkret dargetan", inwiefern durch die Nichtbeschäftigung „seine Persönlichkeit Schaden nähme"129.
In diesen Worten wird nun der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit der erstrebten Beschäftigungsverfügung zwar thematisiert. Es wird aber der Tatsache keinerlei Rechnung getragen, dass das verfolgte Beschäftigungsinteresse wegen der vom Großen Senat des BAG benannten Strukturelemente aus dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts („Selbstwertgefühl" und „Achtung und Wertschätzung" durch andere) bereits zum Rechtsanspruch verdichtet ist und insofern das „Rad" nicht in jedem vor Gericht gelangenden Verfahren erst „neu erfunden" werden muss. Außerdem vernachlässigt die sich nach einem konkreten „Schaden" an der „Persönlichkeit" des Antragstellers erkundigende Betrachtungsweise, dass der Große Senat eigens darauf hingewiesen hat (s. oben, S. 19 Fn. 95), es gehe wegen des „ideellen" Interesses von Arbeitnehmern an ihrer Beschäftigung nicht um einen „konkreten Schaden".
(d.) Eher pragmatische Überlegungen prägen schließlich ein typisches Begründungsmuster in den hier sogenannten „Präjudizien", mit dem die Schlaglichterkette an dieser Stelle ihr Ende finden soll:
(da.) In einem gleichfalls oft zitierten Urteil vom Februar 1998130 wird die Annahme, die Unwiederbringlichkeit verflossener Zeit stelle „keinen Notstand" im Sinne des Eilrechtsschutzes dar131, damit begründet, es könnten sonst „sehr viele Verfahren ohne die gesetzlich vorgesehene Darlegung eines Verfügungsgrundes immer durch einstweilige Verfügung im vereinfachten summarischen Verfahren statt des gründlichen und schwierigeren Hauptsacheverfahrens entschieden werden"132. Ein ähnlich empirisch akzentuierter Gedanke findet sich auch im schon wiederholt erwähnten Urteil aus dem November 2005133, wo das Problem der Rechtsvereitelung im Blick auf den Beschäftigungsanspruch mit dem resignierenden Einwand ausgeräumt wird, es sei eben „ein im Rechtsleben immer wieder vorkommender Vorgang, dass bestehende Ansprüche durch Zeitablauf ... vereitelt" würden134.
(db.) Beide Begründungsmuster sind aber schon nicht geeignet, die fachgerichtliche Verantwortung zum Schutze grundrechtlicher Wertgehalte zu neutralisieren. Wie bereits mehrfach hervorgehoben, ist es die Aufgabe der Fachgerichte als Adressaten der Schutzpflichten aus Art. 1 Abs. 3 GG namentlich bei Problemlagen, in denen grundrechtsthematisch Art. 1 Abs. 1 GG betroffen ist, eine Verletzung seiner Gewährleistung „zu verhindern". Insbesondere die Besorgnis, es könnten dabei „sehr viele Verfahren" auf die Fachgerichte zukommen, ist demgegenüber kein statthafter Gesichtspunkt. Vor womöglich „sehr vielen Verfahren" kapitulieren zu wollen, zäumt nicht nur das Pferd von hinten auf, sondern hieße vielmehr auch, den Grundrechtsschutz im Ergebnis allein dem Bundesverfassungsgericht zu überantworten. Auch hierzu hat der oberste Hüter unserer Verfassung135 bekanntlich aber alles Nötige bereits gesagt136.
IV. Wie in der mündlichen Verhandlung schon deutlich gemacht, seien die Parteien abschließend auch hier noch einmal darin ermutigt, ihre Kräfte möglichst nicht in rechtlichen Grabenkämpfen zu verzehren. Die dafür aufgewandte Energie wäre mutmaßlich weitaus segensreicher in den Dienst des ehrlichen Bemühens gestellt, etwaige Bedingungen einer - nach dem bisherigen Verlauf von der Beklagten wohl partout intendierten - Trennung ebenso realistisch wie konstruktiv (d.h. mit dem ernsten Willen zur Einigung) auszuhandeln.
V. War dem Rechtsschutzanliegen der Klägerin nach allem zu entsprechen, so bringt der Tenor zu I. dieses Urteils die Konsequenzen zum Ausdruck. - Für die sogenannten „Nebenentscheidungen" genügen Stichworte:
1. Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO137). Diese Kosten hat das Gericht der Beklagten als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO138; Tenor zu II.).
2. Den Wert des Verfahrensgegenstandes hat es aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG139 im Tenor festgesetzt und nach den Gepflogenheiten der arbeitsrichterlichen Praxis mit einer Monatsvergütung der Klägerin bemessen. Das macht 3.960,08 Euro und erklärt den Tenor zu III.
Fußnoten
1) Geboren im März 1977.
2) S. Kopie als Anlage Ast 3zur Antragsschrift (Bl. 12-13 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA"]).
3) S. Kopie des Arbeitsvertrags vom 3.12.2007 als Anlage Ast 1zur Antragsschrift (Bl. 8-11 GA), zu dem die Beklagte Wert auf die - zutreffende - Feststellung legt (Antragserwiderungsschrift vom 21.1.2013 S. 2 [Bl. 37 GA]; s. dazu Kopie in Urteilsanlage II.), dass das von der Klägerin eingereichte Vertragsexemplar von ihr „nicht unterschrieben" sei.
4) S. vorige Fußnote.
5) S. Kopie als Anlage Ast 5zur Antragsschrift (Bl. 15 GA).
6) S. Kopie als Anlage Ast 4zur Antragsschrift (Bl. 14 GA).
7) S. Antragserwiderungsschrift S. 3 (Bl. 38 GA).
8) S. Kopie als Anlage Ast 6zur Antragsschrift (Bl. 16-17 GA).
9) S. Kopie als Anlage Ast 7zur Antragsschrift (Bl. 18 GA).
10) S. Kopie als Anlage AG 2zur Antragserwiderungsschrift vom 21.1.2013 (Bl. 42 GA).
11) S. Kopie als Anlage Ast 8zur Antragsschrift (Bl. 19 GA).
12) S. Kopie als Anlage Ast 9zur Antragsschrift (Bl. 20 GA).
13) S. Kopie als Anlage Ast 10zur Antragsschrift (Bl. 21 GA).
14) S. Kopie als Anlage Ast 11zur Antragsschrift (Bl. 22-23 GA).
15) S. Antragsschrift S. 5-6 (Bl. 5-6 GA).
16) S. BAG (GS)27.2.1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14.
17) S. Text: „Art. 1 [Schutz der Menschenwürde, Menschenrechte, Grundrechtsbindung](1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt".
18) S. Text: „Art. 2 [Freie Entfaltung der Persönlichkeit, ... ](1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt".
19) S. Text: „§ 15 Anspruch auf Elternzeit.(1) ... - (5) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung beantragen. Über den Antrag sollen sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin innerhalb von vier Wochen einigen. ... - (6) Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann gegenüber dem Arbeitgeber, soweit eine Einigung nach Absatz 5 nicht möglich ist, unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen. - (7) Für den Anspruch auf Verringerung gelten folgende Voraussetzungen: 1. ... [usw.]".
20) S. Antragsschrift S. 6 [III.] (Bl. 6 GA).
21) S. Antragsschrift S. 7 (Bl. 7 GA).
22) Die Klägerin hat im Termin das Datum des Arbeitsvertrags, das ursprünglich versehentlich mit dem 1.1.2013 angegeben war, auf den 3.12.2007 (s. oben, S. 2 [I.]) korrigieren lassen; d.U.
23) S. Antragserwiderungsschrift S. 2 (Bl. 37 GA).
24) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
25) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
26) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
27) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
28) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
29) S. Antragserwiderungsschrift S. 2-3 (Bl. 37-38 GA).
30) S. Antragserwiderungsschrift S. 3 (Bl. 38 GA).
31) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
32) S. Antragserwiderungsschrift S. 3-4 (Bl. 38-39 GA).
33) S. Antragserwiderungsschrift S. 4 (Bl. 39 GA).
34) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.
35) S. Antragserwiderungsschrift a.a.O.; ähnlich nochmals Schriftsatz vom 24.1.2013 S. 2 (Bl. 50 GA).
36) S. Text: „§ 62 Zwangsvollstreckung.(1) ... (2) Im Übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozessordnung Anwendung".
37) S. Text: „§ 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand.Einstweilige Verfügungen in Bezug auf den Streitgegenstand sind zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte".
38) S. Text: „§ 940 Einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes.Einstweilige Verfügungen sind auch zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, sofern diese Regelung, insbesondere bei dauernden Rechtsverhältnissen zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint".
39) S. Text: „§ 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren.(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für - 1. ... 3. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern - a) aus dem Arbeitsverhältnis".
40) Sprachliche Anleihe bei Hartmut Oetker, Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz unter dem Firmament der Grundrechtsordnung (1996).
41) S. dazu kurz und bündig BAG 21.9.1993 - 9 AZR 335/91 - NZA 1994, 267 [1.]: „Eine einseitige Freistellung in Form der ‚Suspendierung' von der Arbeit ist angesichts des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis rechtlich nicht möglich".
42) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16).
43) S. zu den Gründen dafür, dass der historische Gesetzgeber des BGB die Dinge noch durchaus anderssah, Fritz Fabricius, ZfA 1972, 35, 37 [B.I.]: „Die ... Regelung für den Arbeitsvertrag erklärt sich daraus, dass der Gesetzgeber den Dienstvertrag am Modell der Sachmiete ausgerichtet hat, was wiederum auf die Regelung der römischen Sklavenmiete zurückführt. Für den Mieter besteht ... keine Abnahmepflicht".
44) S. Text: „§ 537 Entrichtung der Miete bei persönlicher Verhinderung des Mieters.(1) Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt".
45) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [C.I.2 b.].
46) S. Textauszug oben, S. 5 Fn. 17.
47) S. Textauszug oben, S. 5 Fn. 18.
48) S. dazu nur Franz Wieacker, Pandektenwissenschaft und industrielle Revolution, JJb 9 (1968/1969), S. 1, 28: Der „Wirklichkeitsbezug der Rechtswissenschaft ist ein Hauptthema, vielleicht das Grundthema unserer Berufsverantwortung".
49) S. dazu die Analyse bei Bernd Ruberg, Schikanöse Weisungen (2004), S. 16 ff. und S. 18: „'magna charta' eines normativen Leitbildes zum betrieblichen Dasein arbeitender Menschen".
50) S. Roman Herzog, in: Peter Hanau/Friedrich Heither/Jürgen Kühling(Hrg.), Festschrift für Thomas Dieterich (1999), S. 1.
51) S. dazu das prägnante Diktum des ehemaligen Direktors der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Werner Wilkening, „Welche Hoffnungen verknüpfen wir mit ‚Guter Arbeit'"?, in: Initiative Neue Qualität der Arbeit (inqa), „Zukunftsforum" vom 24. und 25. November 2003 anlässlich der Deutschen Arbeitsschutzausstellung (DASA), Dortmund; Tagungsdokumentation über www.inqa.de - Veranstaltungen/Zukunftsforum, S. 13: „Selbstachtung, Ichstärke, Stolz auf eigene Leistungen, Anerkennung durch Andere, dies alles sind wichtige Bausteine für das, was sich in uns, in der bewussten oder unbewussten Selbstwahrnehmung als Identität herausbildet. Und diese unsere Identität ist in gewisser Weise Träger und Subjekt unserer Würde, der Menschenwürde; selbstverständlich auch in der Welt der Arbeit"; s. im gleichen Sinne auch Jürgen Kocka, Last und Lust: Arbeit im Wandel, in: DASA Dortmund (Hrg.), Wie wollen wir morgen arbeiten?, Symposium November 2001, www.inqa.de, wonach „Erwerbsarbeit eine entscheidende und schwer ersetzbare Basis für die Herausbildung sozialer Identität" bleibe; s. ferner Gertrud Höhler, Arbeit gibt's genug, (Berliner) „Tagesspiegel" v. 9.7.2004 S. 6, wo der hohe Wert der Arbeit „für die Selbsterkundung" und den Austausch zwischen Menschen betont ist.
52) S. hierzu vor allem die zur Lektüre dringend anempfohlene - und über den Buchhandel (wohl) nach wie vor kostenloserhältliche - Studie von Bernhard Badura, Eckhard Münch und Wolfgang Ritter aus dem Jahre 1997, Partnerschaftliche Unternehmenskultur und betriebliche Gesundheitspolitik - Fehlzeiten durch Motivationsverlust? Verlag Bertelsmann Stiftung, S. 12-13: „Die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen hat eine ganz besondere Bedeutung für Motivation, Arbeitszufriedenheit und Gesundheit - darauf verweist eine mittlerweile erdrückende Zahl sozialepidemiologischer Forschungsarbeiten. ... Als positiv empfundene soziale Beziehungen, gegenseitige Unterstützung und die dadurch gegebenen Erleichterungen bei der Problemlösung und Gefühlsregulierung bilden die vielleicht wichtigsten Gesundheitspotentiale des Menschen - auch in der Arbeitswelt"; s. auch Klaus Schiller-Stutz, Psychosozialer Stress und Mobbing, Vortrag vom 12.11.2002 im Inselspital, Bern (Originalmanuskript), S. 3, wonach „jeder Mensch nur dann relativ symptomfrei funktionieren" könne, wenn er das Gefühl habe, „sich in einer ihm entsprechenden Weise entfalten, produktiv und kreativ sein zu können".
53) S. dazu, dass dieser Begriff hier wörtlich- nicht nur „rhetorisch" - verwendet wird, sogleich im Text (S. 12-13 [II.1 cb.]).
54) S. dazu nur Joachim Bauer, Prinzip Menschlichkeit - Warum wir von Natur aus kooperieren (2006), S. 50 Fn. 41: „Elliot Friedmann(2005) publizierte kürzlich eine Studie, in der nachgewiesen wurde, dass gute soziale Beziehungen die Schlafqualität verbessern, die Konzentration eines Stress- und Alterungsbotenstoffes (Interleukin-6) senken und die Lebenserwartung erhöhen. Umgekehrt stellte Janice Kiecolt-Glaser(2005) fest, dass zwischenmenschliche Konflikte zu einem Anstieg der Interleukin-6-Werte führen, die Wundheilung verzögern und die Wahrscheinlichkeit von Herzattacken signifikant erhöhen"; ders.S. 160 Fn. 56: „Alle Formen von zwischenmenschlichem Stress, insbesondere unlösbare Konflikte und fehlende Unterstützung, führen zur Aktivierung des Stressgens CRH (Corticotropin Releasing Hormone), was einen Anstieg des Stresshormons Cortison hervorruft. Dauerhaft erhöhte Cortisonspiegel haben eine Beeinträchtigung des Immunsystems zur Folge, da Cortison körpereigene Immungene abschalten kann".
55) S. Joachim Bauer(Fn. 54) S. 157 Fn. 51: „Zur ‚Umwelt' aus der Sicht der Gene zählt die Situation innerhalb der jeweiligen Zellen, die Situation des Körpers als Ganzes, die aufgenommene Nahrung, die ökologische Qualität unserer Lebenswelt, unser Lebensstil, aber auch die aktuelle zwischenmenschliche Situation, die vom Gehirn in biologische Signale übersetzt wird, die einen starken, wissenschaftlich nachgewiesenen Effekt auf die Regulation von Genen haben".
56) S. zu diesen Zusammenhängen die namentlich im modernen Arbeitsschutzrecht vordringenden Erkenntnisse eines „salutogenetisch" begriffenen Gesundheitsverständnisses (hierzu grundlegend Aaron Antonovsky, Salutogenese - Zur Entmystifizierung der Gesundheit [1997]) etwa Ralf Pieper, ArbSchR, 4. Auflage [2009], Einleitung Rn. 10; Bernd Ruberg(Fn. 49), S. 37-38.
57) S. Joachim Bauer(Fn. 54) S. 217.
58) S. Text: „§ 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag.(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienst zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet".
59) S. Text: „§ 613 Unübertragbarkeit.Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten".
60) S. Text: „§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis.(1) ... (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten".
61) S. Text: „§ 242 Leistung nach Treu und Glauben.Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern".
62) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [C.I.2.]: „Rechtsgrundlage eines solchen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers ist das Arbeitsvertragsrecht. Der Anspruch ist abzuleiten aus den §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242 BGB"; entsprechend a.a.O. [C.I.2 b am Ende].
63) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [C.I.1 b)] und [C.I.2.]: „Die Generalklausel des § 242 BGB wird dabei ausgefüllt durch die Wertentscheidung der Art. 1 und 2 GG"; s. auch das Zitat oben, S. 9 [a.].
64) S. Text oben, S. 5 Fn. 17.
65) S. Text oben, S. 5 Fn. 18.
66) S. statt vieler aus jüngerer Zeit BVerfG30.7.2003 - 1 BvR 792/03 - NZA 2003, 959, wo das Gericht einmal mehr betont, dass die Grundrechte „ihre Wirkkraft als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen durch das Medium der Vorschriften entfalten, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, damit vor allem auch durch die zivilrechtlichen Generalklauseln". Der Staat habe „auch insoweit die Grundrechte des Einzelnen zu schützen und vor Verletzung durch andere zu bewahren". Dabei fällt es, soweit das geschriebene Gesetzesrecht den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten nicht abschließend ausgestaltet hat, den Fachgerichtsbarkeiten zu, „diesen grundrechtlichen Schutz durch Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren".
67) S. hierzu namentlich BVerfG7.2.1990 - 1 BvR 26/84 - BVerfGE 81, 242 = NJW 1990, 1469 [C.I.3]; 19.10.1993 - 1 BvR 567/89 u.a. - BVerfGE 89, 214 = NJW 1994, 36 [C.I.1]; s. dazu statt vieler ErfArbR/Thomas Dieterich, 9. Auflage (2009), Einleitung GG Rnrn. 33 ff., 41, 45; Hartmut Oetker RdA 2004, 8, 10 [1.], 11; s. zur gedanklichen Wegbereitung namentlich Claus-Wilhelm Canaris, AcP 184 (1984), S. 201, 227 ff.
68) S. Text: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht".
69) S. Text: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit".
70) So bereits BVerfG14.1.1981 - 1 BvR 612/72 - BVerfGE 56, 43, 74 = NJW 1981, 1655, 1656 [C.I.1 a].
71) S. BVerfG14.1.1981 a.a.O.
72) S. die im Oktober 2003 in der Wissenschaftszeitschrift „Science" erschienene Studie von Naomi I. Eisenberger/Matthew D. Liebermann/Kipling D. Williams, Does Rejection Hurt? - An fMRI Study of Sozial Exclusion, Science 10/2003, S. 290 ff.; s. hierzu auch Joachim Bauer(Fn. 33) S. 64: „Naomi Eisenberger konnte ... nachweisen, dass Menschen, die in einer für sie unverständlichen Weise von anderen aus der Gemeinschaft ausgegrenzt und ausgeschlossen werden, nicht nur psychologisch, sondern auch neurobiologisch mit einer Mobilisierung des emotionalen Schmerzzentrums reagieren. Das Gehirn scheint zwischen seelischem und körperlichem Schmerz nur unscharf zu trennen"; ders.S. 79: „Soziale Isolation wird vom Körper also nicht nur psychisch, sondern auch neurobiologisch als Schmerz erlebt und mit einer messbaren biologischen Stressreaktion beantwortet. ... Laura Stroudund andere fanden heraus, dass soziale Zurückweisung nicht nur die Emotionszentren des Gehirns alarmiert, sondern auch einen Anstieg des Blutdrucks und des Stresshormons Cortisol zur Folge hat".
73) S. Text: „§ 307 Inhaltskontrolle.(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist".
74) S. etwa BAG 25.8.2010 - 10 AZR 275/09 - EzA § 307 BGB 2002 Nr. 49 = NZA 2010, 1355 = NJW 2011, 328 [II.2 c, aa.]: „Die Vertragsklausel muss dabei die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der oben dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Insbesondere muss sich aus dem Inhalt der Klausel oder aus dem Zusammenhang der Regelung deutlich ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten - ggf. noch unter Verringerung der Vergütung - vorbehält"; im selben Sinne BAG9.5.2005 - 9 AZR 424/05 - BAGE 118, 189 = AP § 307 BGB Nr. 21 = NZA 2007, 145 [II.2 b, cc.], wo der Senat an einer Versetzungsklausel beanstandet, dass deren Text „keine Einschränkung" dahin enthielt, dass eine einseitige Änderung der Art der Tätigkeit nur dann zugelassen sei, wenn diese in der Zuweisung einer „gleichwertigen Tätigkeit" bestehe: „zu weit gefasste Änderungsklausel".
75) S. hierzu statt vieler schon BAG14.7.1965 - 4 AZR 347/63 - BAGE 17, 241 = AP § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 19 [Bl. 2-2 R]: „Mangels gegenteiliger Vereinbarungen blieb es daher bei der Verpflichtung des Klägers, die vor seiner Umsetzung zugewiesenen Dienste weiter zu leisten, und bei der Verpflichtung der Beklagten, den Kläger bis zu einer rechtmäßigen anderweitigen Ausübung des Weisungsrechts demgemäß zu beschäftigen"; 24.4.1996 - 4 AZR 976/94 - EzA § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 17 [II.1.]: „Diese Tätigkeit kennzeichnete seither die von ihm [dem Kläger; d.U.] geschuldete Arbeitsleistung. Seit diesem Zeitpunkt hat er Anspruch auf Zuweisung lediglich solcher Tätigkeiten, die den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entspricht"; s. aus neuerer Zeit auch BAG19.11.2002 - 3 AZR 591/01 - AP § 1 TVG Tarifverträge: Papierindustrie Nr. 18 [I.].
76) S. in der Tat etwa BAG20.5.2008 - - 9 AZR 382/07 - BAGE 126, 364 = AP § 307 BGB Nr. 35 = BB 2008, 2242 [A.II.3 c.]: „Unwirksam ist eine Schriftformklausel, wenn sie dazu dient, nach Vertragsschluss getroffene Individualvereinbarungen zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen § 305 b BGB unwirksam (...). Solche Klauseln sind geeignet, den Vertragspartner von der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte abzuhalten (...). Die Bedeutung der Schriftformklausel liegt in einer stets unzutreffenden Belehrung über die Rechtslage. Diese Irreführung des Vertragspartners benachteiligt ihn unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB. Der Arbeitnehmer wird davon abgehalten, sich auf die Rechte zu berufen, die ihm auf Grund einer wirksamen mündlichen Vereinbarung zustehen (...)"; s. auch schon BGH15.2.1995 - VIII ZR 93/94 - NJW 1995, 1488 = BB 1995, 742 [II.2 a.]; 15.5.1991 - VIII ZR 38/90 - NJW 1991, 1750 = MDR 1991, 628 [II.2 b, bb.].
77) S. dazu für die strukturell selbe Problematik bei einer unwirksamen Verfallklausel nur Hessisches LAG 9.12.2011 - 3 Sa 506/11 - n.v. (Volltext: „Juris") [„Juris"-Rn. 71]: „Die Rechtsunwirksamkeit der Ausschlussfrist betrifft allerdings nur das Verhältnis der Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten. Die Beklagte selbst ist nicht berechtigt, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als rechtsunwirksam zu rügen. Sie bleibt als Verwenderin hieran gebunden (vgl. BGH4.12.1997 - VII ZR 187/96 - NJW-RR 1998, 594 f.)".
78) S. dazu bereits BAG10.11.1955 - 2 AZR 591/54 - BAGE 2, 221 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 2 [II.], wonach die (dortige) Beklagte sich ihrer Beschäftigung nicht durch organisatorische Veränderungen entziehen könne: Die Arbeitgeber habe „vielmehr ... ihren Betrieb so einzurichten, dass die Klägerin ihre Tätigkeit weiter ausüben" könne; s. auch LAG München19.8.1992 - 5 Ta 185/92 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 32 = NZA 1993, 1130 [Leitsatz 3]: „Die Übertragung der Aufgaben des gekündigten Arbeitnehmers auf andere Arbeitnehmer schließt den allgemeinen Beschäftigungsanspruch jedenfalls grundsätzlich aus keinem Rechtsgrund aus".
79) S. Text oben, S. 8 Fn. 37.
80) S. Text oben, S. 8 Fn. 38.
81) S. Text: „§ 916 Arrestanspruch.(1) Der Arrest findet zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung oder wegen eines Anspruchs statt, der in eine Geldforderung übergehen kann".
82) So bereits RG30.3.1883 - II. 573/82 - RGZ 9, 334, 335, wo es heißt: „Allgemeine Grundsätze, wie sie in dem Berufungsurteile für die Aufhebung der angefochtenen einstweiligen Verfügung geltend gemacht werden, kennt die Civilprozessordnung nicht. Einstweilige Verfügungen können je nach den Umständen ‚bis zu den äußersten Grenzen der Zwangsvollstreckung gehen'. Dies ist nicht allein in den Motiven zu §. 762 des Entwurfes der Civilprozessordnung gesagt worden, sondern ergiebt sich auch aus dem Gesetze selbst".
83) S. prägnant LAG München10.2.1994 - 5 Sa 969/93 - NZA 1994, 997, 999: Der „Verfügungsgrund kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Befriedigungsverfügung die einzige wirksame Möglichkeit ist, das Recht des Gläubigers durchzusetzen beziehungsweise den Gläubiger vor der Rechtsvereitelung zu schützen. Das gilt auch dann, wenn man § 940 ZPO als Rechtsgrundlage der Befriedigungsverfügung ansieht. Denn: ‚In einem Rechtsstaat, in dem das Selbsthilferecht grundsätzlich ausgeschlossen ist, gibt es keinen größeren Nachteil i.S. des § 940 ZPO als den endgültigen Rechtsverlust (so schon LAG München[19.12.1979] EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 35 unter Bezugnahme auf Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 19. Aufl., Vorb. § 935 Anm. VII 3; zustimmend nunmehr auch Jauernig, Zwangsvollstreckungs- und KonkursR, 19. Aufl., § 37 III; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Rdnr. 247, Fußn. 163)".
84) S. statt vieler LAG Berlin31.8.2000 - 10 Sa 1728/00 - NZA 2001, 53, 55 [2.1.2.]: Es „steht fest, dass auch die Versagung einer einstweiligen Verfügung einen ebenso ‚endgültigen Zustand' zu Ungunsten des Verfügungsklägers schaffen kann, wie es die etwaige Vorwegnahme der Hauptsache durch deren Erlass auf Seiten der Verfügungsbeklagten bewirken kann".
85) S. hierzu aus jüngerer Zeit zur strukturell trotz Art. 19 Abs. 4 GG gleich gelagerten Problematik (s. Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG: Rechtsstaatsgebot) bei Rechtsakten der öffentlichenGewalt nur BVerfG12.5.2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 [II.1 c, aa.]: „Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann" - mit Hinweisen auf BVerfG25.10.1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69, 74 = NJW 1989, 827 [C.I.1.]; 16.5.1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1 = NJW 1995, 2477 zu § 123 VwGO [C.I.1.]; im gleichen Sinne statt vieler LAG Berlin31.8.2000 (Fn. 84) [2.1.2.]: Es sei maßgeblich „die am konkreten Einzelfall zu prüfende und zu beantwortende Frage, ob der Erlass der einstweiligen Verfügung angesichts des dem Gericht unterbreiteten Sachverhalts auf der Grundlage der §§ 935, 940 ZPO dringend geboten ist oder nicht"; sei dies zu bejahen, so ergebe sich „nicht zuletzt aus dem Gebot der Sicherung effektiven Rechtsschutzes ... die Pflicht, diese Rechtsposition des Verfügungsklägers auch verfahrensmäßig abzusichern"; LAG Hamm6.11.2007 - 14 SaGa 39/07 - n.v. (Volltext: „Juris") [II.2 a.]: „Soweit ... die Prozessordnung wie vorliegend neben den Regeln des Hauptsacheverfahrens auch Eilentscheidungen vorsieht, besteht weder ein allgemeines Verbot der ‚Vorwegnahme der Hauptsache' im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, noch kann aus denselben Gründen der Erlass einer sog. Befriedigungsverfügung an den Eintritt ‚schwerster Nachteile' gebunden werden".
86) S. BVerfG12.5.2005 a.a.O. [II.1 c, aa (1)].
87) S. BVerfG12.5.2005 a.a.O. [II.1 c, aa (2)].
88) S. BVerfG12.5.2005 a.a.O.
89) S. BVerfG12.5.2005 a.a.O.
90) S. Text oben, S. 5 Fn. 17.
91) S. Text oben, S. 5 Fn. 18.
92) Also bereits ohnedie oben (S. 10-11 [II.1 bb.] u. S. 11-13 [II.1 c.]) herausgearbeiteten funktionellen Zusammenhänge zu Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; d.U.
93) S. zu diesem Verständnis prototypisch LAG München10.11.2005 - 3 Sa 867/05 - n.v. [Juris, Rn. 7]: „Auch der Gesichtspunkt der Justizgewährung (...) führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist ein im Rechtsleben immer wieder vorkommender Vorgang, dass bestehende Ansprüche durch Zeitablauf ... vereitelt werden"; s. im Kontext noch unten, S. 21 Fn. 108.
94) S. etwa Peter Halama, Mobbing - Aktuelle und vergleichende Ergebnisse über Schikane am Arbeitsplatz, epd-Dokumentation Nr. 43 a/97 S. 2: „Der vollschichtig arbeitende Arbeitnehmer hält sich bis zu seinem regulären Renten-/Pensionsalter in der Regel wenigstens bis zu 1/3 seines Lebens am Arbeitsplatz auf".
95) So Jürgen Hesse/Hans Christian Schrader, Krieg im Büro (1993), Umschlagseite 2.
96) S. BVerfG12.5.2005 (Fn. 85) [II.1 c, aa (1.)].
97) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [C.I.3.]: „Bei der persönlichkeitsrechtlichen Begründung des Beschäftigungsanspruchs aus der ideellen Interessenlage besteht grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer ein Beschäftigungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Darauf, ob er höherwertige oder geringerwertige Arbeiten verrichten kann, ob er für seine Arbeit eine spezielle Vor- oder Ausbildung benötigt oder nicht, kann es nicht ankommen. Ebensowenig kann der Beschäftigungsanspruch davon abhängig gemacht werden, ob im Einzelfalle ein faktisches Interesse des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung besteht oder sich die vertragsgemäße Arbeitsleistung nach dem subjektiven Empfinden des Arbeitnehmers als Last und Bürde oder als sinnvolle Entfaltung seiner Persönlichkeit darstellt. ... Da schon das ideelle Interesse zur Begründung des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs genügt, kann es für den Beschäftigungsanspruch auch nicht entscheidend sein, ob der Arbeitnehmer durch die Nichtbeschäftigung einen konkreten Schaden erleidet".
98) S. zu dieser keineswegs nur „blumigen" Metapher Horst Ehmann, in: Walter Erman, BGB, 11. Auflage (2004), Anh. § 12 Rn. 21: Die „angemessene Anerkennung eines Menschen ... durch andere Menschen ist eine unverzichtbare Bedingung seiner Existenz"; ders.a.a.O., 10. Auflage (2000), Rn. 228: „Ohne die Anerkennung anderer kann ein Mensch nicht leben"; s. im gleichen Sinne Joachim Bauer(Fn. 54) S. 79: „Der Organismus sozial ausgerichteter Lebewesen betrachtet ... keineswegs nur ausreichende Nahrung und die Abwesenheit von körperlichem Schmerz als unabdingbare Voraussetzung seiner biologischen Unversehrtheit. Bindung und soziale Akzeptanz sind - aus biologischerPerspektive! - ebenso unverzichtbar".
99) S. insofern auch BVerfG16.5.1995 (Fn. 85) [C.I.1] - dort im Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG: „Hieraus ergeben sich für die Gerichte Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen Gesetzesbestimmungen über den Eilrechtsschutz (vgl. BVerfGE 49, 220, 226; 77, 275, 284)".
100) Das unterschätzt LAG München10.11.2005 (Fn. 93) [„Juris"-Rn. 10], wenn es „gesundheitliche Probleme als Folge der Nichtbeschäftigung" für fernliegend hält.
101) S. hierzu wiederum statt vieler nur Joachim Bauer(Fn. 54) S. 68: „Intakte soziale Netzwerke schützen die Gesundheit und erhöhen die Lebenserwartung. Ungewollte Einsamkeit hingegen macht krank. Verschiedene Studien zeigen, dass Einsamkeit nicht nur körperliche Erkrankungen begünstigt, sondern auch die Lebenserwartung verkürzt".
102) S. zum Zusammenhang der modernen Arbeitsschutzgesetzgebung mit der grundrechtlichen Gewährleistung von Leben und körperlicher Unversehrtheit des Einzelnen nur BT-Drs. 13/3540 S. 11 [2.], wonach bereits „aus Art. 2 Abs. 2 des Grundgesetzes die Pflicht des Staates" folge, Leben und Gesundheit der Beschäftigen durch öffentlich-rechtliche Vorschriften zu schützen".
103) S. hierzu ArbSchG v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1246); s. zum aktuellen Gesundheitsbegriff in der modernen Entwicklung des Arbeitsschutzrechts mit seiner Erstreckung auf psychosomatisch vermittelte Gefährdungen im Arbeitsleben statt vieler nur BVerwG31.1.1997 - 1 C 20/95 - NZA 1997, 482, 483 [II.2 b, aa.], wonach der Gesundheitsbegriff heute „auch die durch Arbeitsbedingungen beeinflussbaren psychischen Befindlichkeiten, insbesondere psychosomatische Zustände" umfasse, und sich jedenfalls im Bereich gesetzlich geregelter Fürsorge zum Schutz von Arbeitnehmern „auf das psychische Wohlbefinden insoweit [erstrecke], als es durch die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse und -bedingungen betroffen werden kann".
104) Das entnimmt das Gericht dem - äußerst positiven - Zwischenzeugnis vom 30.11.2007 (s. oben, S. 2 [I.]; Urteilsanlage I.).
105) S. dazu - falls Interesse - schon ArbG Berlin18.9.2009 - 28 Ga 15428/09 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 8 („Juris") [Leitsatz 3.]: „Ist der Verfügungsanspruch gegeben, so bedarf es im Hinblick auf den drohenden endgültigen Rechtsverlust keiner besonderen Glaubhaftmachung von Tatsachen zum Verfügungsgrund (...)".
106) S. hierzu demgegenüber schon LAG München10.2.1994 (Fn. 85) - Zitat dort.
107) S. Text oben, S. 8 Fn. 38.
108) So exemplarisch LAG München10.11.2005 (Fn. 93) [„Juris"-Rnrn. 5 ff.], wonach „deutlich mehr vorgetragen werden" müsse, „als der Hinweis darauf, dass wegen der Rechtswidrigkeit der Arbeitgebermaßnahme der Verfügungsanspruch besteht und dieser bei Nichterlass der Einstweiligen Verfügung vereitelt würde"; [Rn. 7]: „Auch der Gesichtspunkt der Justizgewährung (...) führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Es ist ein im Rechtsleben immer wieder vorkommender Vorgang, dass bestehende Ansprüche durch Zeitablauf ... vereitelt werden. Gerade auch in solchen Fällen reicht die Anspruchsvereitelung für sich genommen für die Annahme eines Verfügungsgrundes nicht aus. Sonst würde in solchen Fällen auf das Erfordernis eines wesentlichen Nachteils im Sinne von § 940 ZPO verzichtet"; der Sache nach ebenso ArbG Köln3.3.2008 - 1 Ga 28/08 - BB 2008, 665 (Leitsatz) (Volltext: „Juris") [II.2 b.], wonach auch zu beachten sei, „dass das rechtsstaatliche Gebot des umfassenden und effektiven Rechtsschutzes nicht nur für den Gläubiger, sondern auch für den Schuldner des Verfügungsanspruchs" gelte; wo die Vollziehung der Befriedigungsverfügung ebenso irreversible Verhältnisse schaffe wie ihre Verweigerung, müsse im Ergebnis „eine Interessenabwägung auf der Grundlage des Rechtsstaatsprinzips" stattfinden.
109) So etwa LAG Hamm18.2.1998 - 3 Sa 297/98 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 41 = NZA-RR 1998, 422 = MDR 1998, 1036 [II.1.] „Die Unwiederbringlichkeit der verflossenen Zeit stellt keinen Notstand dar, denn dann könnten sehr viele Verfahren ohne die gesetzlich vorgesehene Darlegung eines Verfügungsgrundes immer durch einstweilige Verfügungen im vereinfachten summarischen Verfahren statt des gründlichen und schwierigeren Hauptsacheverfahrens entschieden werden"; im gleichen Sinne LAG Köln13.5.2005 - 4 Sa 400/05 - n.v. [„Juris"-Rn. 13]; ArbG Stralsund11.8.2004 - 3 Ga 7/04 - NZA-RR 2005, 23.
110) So etwa LAG Rheinland-Pfalz21.8.1986 - 1 Ta 140/86 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 19 [II.]; in gleichen Sinne LAG Köln13.5.2005 a.a.O.: „Verlust von Fähigkeiten und Fertigkeiten" als „typischer Verfügungsgrund"; wohl auch dass.20.3.2001 - 6 Ta 46/01 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 44 = MDR 2001, 1176 [II.]; ähnlichArbG Frankfurt8.10.1998 - 2 Ga 214/98 - ARST 1999, 43 (Leitsatz) [„Juris"-Rn. 20]: „wesentliche Nachteile" des Betroffenen „in seiner beruflichen Stellung".
111) So etwa LAG München10.11.2005 (Fn. 93) [„Juris"-Rn. 8].
112) S. LAG Berlin16.9.2004 - 10 Sa 1763/04 - LAGE § 102 BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht Nr. 3 [2.2]: „Die erkennende Kammer geht mit der wohl überwiegenden Meinung davon aus, dass im Hinblick auf den drohenden (endgültigen) Rechtsverlust es einer gesonderten Glaubhaftung von Tatsachen zum Verfügungsgrund nicht bedarf"; LAG Berlin-Brandenburg27.1.2010 - 15 SaGa 2395/09 - n.v. (Bestätigung von ArbG Berlin18.9.2009 - oben, Fn. 105); LAG Berlin-Brandenburg25.3.2010 - 2 Ta 387/10 - ArbR 2010, 349 (Kurzwiedergabe) = AA 2010, 168 (Kurzwiedergabe) (Volltext: „Juris") [Leitsatz 1.]: „Im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Weiterbeschäftigung bedarf es der Darlegung und Glaubhaftmachung von Tatsachen, die einen Verfügungsgrund belegen sollen, nicht, weil durch die Nichtbeschäftigung zeitabschnittsweise ein endgültiger Rechtsverlust droht (...)"; ebenso statt vieler bereits LAG Hamm12.12.2001 - 10 Sa 1741/01 - NZA-RR 2003, 311 = RzK II 3 Nr. 42 [3.]: „Die Dringlichkeit für eine Weiterbeschäftigungsverfügung folgt aus dem andernfalls eintretenden Rechtsverlust"; dass.9.6.2006 - 19 Sa 881/06 - ArbuR 2006, 371 (Redaktioneller Leitsatz) (Volltext: „Juris") [II.1.]: „Die Dringlichkeit folgt aus dem anderenfalls eintretenden endgültigen Rechtsverlust (...). Eines weitergehenden Nachteils bedarf es grundsätzlich nicht".
113) S. im hiesigen Sinne statt vieler KR/Gerhard Etzel, 10. Auflage (2013), § 102 BetrVG Rn. 222: „Zur Begründung der Dringlichkeit der einstweiligen Verfügung (Verfügungsgrund) bedarf es aber nicht der Darlegung weiterer Umstände als des drohenden Zeitablaufs"; APS/Ulrich Koch, 3. Auflage (2007), § 102 BetrVG Rn. 213; Michael Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Auflage (2007), S. 240-241; Max Gussone ArbuR 1994, 245, 255 [4.2.]; GK-BetrVG/Thomas Raab, 8. Auflage (2002), § 102 Rn. 187; ErfArbR/Thomas Kania, 13. Auflage (2013), § 102 BetrVG Rn. 36.
114) S. dazu auch Ingrid SchmidtNZA 2005, 601 ff.; dieselbe, Schutzpflicht der Gerichte [Interview], AuA 2005, 523 ff.
115) S. Text oben, S. 5 Fn. 17.
116) S. Text oben, S. 5 Fn. 18.
117) S. im selben Sinne wohl auch schon LAG Hamm9.3.1995 - 12 Sa 2036/94 - NZA-RR 1996, 145, 148 [II.4.]: „Die im Rahmen des Verfügungsgrundes an sich zusätzlich erforderliche Interessenabwägung spielt beim Weiterbeschäftigungsanspruch praktisch keine Rolle, weil eine solche schon der Prüfung des Verfügungsanspruchs zugrunde liegt"; im Anschluss LAG Hamm12.12.2001 (Fn. 112) [3.] mit Hinweisen auf Reidel NZA 2000, 454, 461; Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozess und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, Rnrn. 685 ff., 690.
118) S. BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [B.3.]: „Der Große Senathat nur darauf zu achten, dass seine Entscheidung nicht auf die Erstattung eines Gutachtens hinausläuft"; deshalb „kann sich die [Vorlage-]Frage nicht auch darauf erstrecken, ob und gegebenenfalls unter welchen rechtlichen Voraussetzungen im einzelnen vor der Entscheidung im Hauptprozess eine einstweilige Verfügung zur Durchsetzung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs möglich ist. Hierauf kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits ersichtlich nicht an".
119) S. vorherige Fußnote.
120) S. oben, Fn. 109.
121) S. oben, S. 16 Fn. 85 u. S. 19 Fn. 99.
122) S. oben, S. 17-18 [III.1 b.].
123) Dessen Ergiebigkeit bei sachgerechtem Gebrauch unterschätzt das LAG Niedersachsen22.5.1987 - 3 Sa 557/87 - LAGE § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 21 [I.2 a.] in seiner äußerstgründlich ausgearbeiteten Entscheidung, wenn es wegen der Verankerung des Beschäftigungsanspruchs in Art. 1 u. Art. 2 GG befürchtet, dass der „Anwendungsbereich von auf eine tatsächliche Beschäftigung gerichteten einstweiligen Verfügung[en] auf ein praktisch nicht relevantes Maß" eingegrenzt werde und deshalb Art. 12 Abs. 1 GG die zu bevorzugende grundrechtliche Basis sei. Tatsächlich haben sich die Dinge in der Rechtsanwendung der Fachgerichte aber genau umgekehrtentwickelt. Und gerade dann, wenn es - wie dem LAG Niedersachena.a.O. [I.2 b. am Ende] - darum geht, auch „psychosoziale Umstände" in die Rechtsfindung einzubeziehen, ist dafür mit den Gewährleistungen aus Art. 1 und Art. 2 GG, nicht zuletzt bei Erweiterung der Perspektive um Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (s. oben, S. 11-13 [II.1 c.]), grundrechtsthematisch wesentlichbessere Vorsorge getroffen als durch Art. 12 Abs. 1 GG.
124) S. dazu BAG (GS)27.2.1985 (Fn. 16) [C.I.1 a.] mit Hinweisen auf RG26.10.1910 - 539/09 III. - JW 1911, 39 zum „Bühnenengagementsvertrag" und KG24.1.1917 - 3 U. 6156/16 - JW 1917, 488, wonach der Theaterleiter einem Schauspieler „die Gelegenheit geben" müsse, „in für ihn geeigneten Rollen aufzutreten"; der Schauspieler müsse „spielen können, um in seiner Kunst fortzuschreiten und in ständiger Berührung mit Publikum und Presse zu bleiben, da er sonst leicht vergessen" werde"; dort (BAG GS) auch weitere Hinweise auf die Darstellungen bei Fritz Fabricius ZfA 1972, 35, 36 ff.; Achim Lepke, Der Anspruch auf Beschäftigung (1966), S. 26 ff.
125) S. in diesem Sinne LAG Hamm18.2.1998 (Fn. 109) [II.] für die Zeitspanne vom 18.2. bis 31.3.1998 - mit dem weiteren Hinweis „Auch Urlaubs- und Krankheitszeiten verursachen häufig solche Fehlzeiten, ohne dass danach Eingliederungserschwerungen insbesondere bei einer Sekretärin auftreten"; im Ergebnis auch LAG München10.11.2005 (Fn. 93) [„Juris"-Rn. 8]: „wenige Wochen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist"; ArbG Frankfurt8.10.1998 (Fn. 110) [1 a am Ende] bei „nur kurzer Kündigungsfrist"; ArbG Stralsund11.8.2004 (Fn. 109).
126) S. Schriftsatz vom 24.1.2013 S. 2 (Bl. 49 GA).
127) S. LAG München10.11.2005 (Fn. 93).
128) S. LAG München10.11.2005 a.a.O. [„Juris"-Rn. 8].
129) S. LAG München10.11.2005 a.a.O.
130) S. LAG Hamm18.2.1998 (Fn. 107).
131) S. LAG Hamm18.2.1998 (Fn. 107) [II.1.] - Zitat auch Fn. 107.
132) S. LAG Hamm18.2.1998 a.a.O.; ausdrücklich aufgegriffen auch von LAG Köln13.5.2005 (Fn. 107) [„Juris"-Rn. 13].
133) S. LAG München 10.11.2005 (Fn. 91).
134) S. LAG München 10.11.2005 (Fn. 91) [„Juris"-Rn. 7] - Zitat a.a.O.
135) S. die (Status-)Denkschrift BVerfG27.6.1952 JöR 6 (1957), 144, 189; BVerfG21.3.1957 - 1 BvB 2/51 - BVerfGE 6, 304.
136) S. BVerfG14.5.1996 - 2 BvR 1516/93 - BVerfGE 94, 166, 216, wonach das BVerfG„weder dazu berufen noch der Lage (sei), einen in gleichem Maße zeit- und sachnahen vorläufigen Individualrechtsschutz zu gewährleisten wie die Fachgerichtsbarkeit. Der ihm übertragene Grundrechtsschutz setzt die Existenz einer die Grundrechte achtenden und schützenden Fachgerichtsbarkeit voraus, die im Allgemeinen dafür sorgt, dass Grundrechtsverletzungen und deren Folgen ohne Anrufung des Bundesverfassungsgerichts abgeholfen wird".
137) S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge.(1) ... (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen".
138) S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht.(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen ... ".
139) S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils.(1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest".