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Arbeitsrecht
27.05.2011
Arbeitsrecht
ArbG Essen: Verbot unzulässiger Wahlbeeinflussung

ArbG Essen, Beschluss vom 7.9.2010 - 2 BV 123/09

Leitsätze

1. Anlässlich von Wahlen der Arbeitnehmer zum Aufsichtsrat hat sich das Unternehmen grundsätzlich neutral zu verhalten und darf insbesondere nicht einer Liste Vorteile gewähren, die es einer anderen Gruppierung untersagt.(Rn.55)

2. Das Verbot der Wahlbeeinflussung gilt nicht nur für das Vertretungsorgan desjenigen Unternehmens, dessen Aufsichtsrat zu wählen ist, sondern auch für die Vertretungsorgane aller anderen in das Wahlverfahren einbezogenen Unternehmen.(Rn.58)

3. Verfügt ein Unternehmen über ein internes Postsystem ("Hauspost"), so stellt es gemäß § 20 Abs. 2 MitbestG keinen Verstoß gegen das Verbot unzulässiger Wahlbeeinflussung dar, wenn das Unternehmen einer Liste dessen Nutzung zur Verteilung von Wahlwerbung gestattet, sofern es diese Nutzung - wenn dies begehrt wird - auch den konkurrierenden Listen gestattet.(Rn.68)

4. Entsprechendes gilt, wenn es das Unternehmen einer Liste gestattet, sich zum Zwecke der Wahlwerbung des Intranets des betreffenden Unternehmens zu bedienen.(Rn

Sachverhalt

A.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der in der Zeit vom 27. bis 29. Oktober 2009 durchgeführten Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der ...- Gesellschaft mbH .

Bei der ...-Gesellschaft mbH [im Folgenden: Beteiligte zu 3.] handelt es sich um ein Unternehmen, welches die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 MitbestG erfüllt und bei welchem daher gem. §§ 6 ff. MitbestG ein Aufsichtsrat zu bilden ist.

Gemäß der Bekanntmachung des Hauptwahlvorstandes über die Einreichung von Wahlvorschlägen vom 01. Juli 2009 waren anlässlich der zwischen dem

27. und 29. Oktober 2009 stattfindenden Wahlen der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat 10 Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen, und zwar 6 Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG, ein Aufsichtsratsmitglied der der leitenden Angestellten (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG) sowie drei Vertreter der Gewerkschaften.

Nach der Bekanntmachung des Hauptwahlvorstandes waren drei Wahlvorschläge für gültig erklärt worden, nämlich

(1) Kennwort: „ Konzernliste " mit sechs Wahlbewerbern und sechs Ersatzmitgliedern

(2) Kennwort: „ ÖPNV Kommunal " mit einem Bewerber

(3) Kennwort: „ SWE " mit vier Bewerbern und vier Ersatzmitgliedern

Das Ergebnis der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat wurde am 03. Dezember 2009 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht (vgl. Bl. 66/67 d. A.). Danach waren als Arbeitnehmer im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG gewählt:

1. X. I. (Ersatzmitglied: E. C. )

2. U. B. (Ersatzmitglied: T. B. )

3. V. L.-L. (Ersatzmitglied: I. G. )

4. B. H. (Ersatzmitglied: U. O. )

5. B. X. (Ersatzmitglied: K. O. )

6. C. N. (Ersatzmitglied: B.C. )

Ebenfalls bekannt gemacht wurden der Vertreter der leitenden Angestellten sowie die Gewerkschaftsvertreter und die Vertreter der Gesellschafterin.

Mit dem am 30. November 2009 bei Gericht eingegangenen Antrag ficht der Antragsteller zu 1.), mit dem am 14. Dezember 2009 bei Gericht eingegangenen weiteren Antrag - 7 BV 126/09 - auch der Antragsteller zu 2.) die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat an. Das Gericht hat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Antragsteller haben im Wesentlichen geltend gemacht, im Mitarbeitermagazin der S. E. AG „Wir über uns" Nr. 3/2009 sei ein zweiseitiger Artikel über die bevorstehenden Aufsichtsratswahlen veröffentlicht worden. Herausgeber dieser Mitarbeiterzeitung sei die S. E. AG ; Redaktionsmitglied sei u. a. die Listenführerin der Liste SWE , Frau V. L.-L. . In diesem Artikel sei für die Teilnahme an der Aufsichtsratswahl und insbesondere für die Wahl der Kandidatenliste der SWE geworben worden. Die Darstellung der Aufsichtsratswahl in diesem Artikel enthalte eine Reihe unrichtiger und werbender Angaben. So werde nur die Liste SWE zutreffend bezeichnet, die beiden anderen Listen „Konzernbetriebsrat" und „EVAG" hätten nicht unter dieser Bezeichnung, sondern als „Konzernliste" bzw. „ÖPNV Kommunal" an der Wahl teilgenommen. Die drei Listen seien auch nicht entsprechend den ihnen zugewiesenen Listenplätzen aufgeführt, sondern zweimal in umgekehrter Reihenfolge, jeweils beginnend mit der Liste 3 „SWE".

In dem Artikel werde außerdem fälschlich der Eindruck erweckt, der Betriebsrat der S. E. AG habe einen Wahlvorschlag erstellt, wozu dieser jedoch nach Gesetz und Wahlordnung nicht berechtigt sei. Vielmehr sei der Wahlvorschlag SWE ein von Arbeitnehmern der S. E. AG mit Unterstützerunterschriften eingereichter Wahlvorschlag gewesen. Mit dem weiteren Hinweis „Jede und jeder Wahlberechtigte kann dann nur eine Stimme abgeben und eine der Liste wählen. Wir S.-Werker brauchen aber ein 2. Stimme im Konzern!" sei darauf hingewiesen worden, dass die SWE -Liste die Chance eröffne, einen weiteren Kandidaten in den Aufsichtsrat zu entsenden - unter der Voraussetzung, dass alle S.-Werker die Möglichkeit zur Stimmabgabe nutzten. Schließlich sei die Wahlbewerberin L.-L. in diesem Artikel namentlich hervorgehoben worden.

Darüber hinaus heiße es in dem Kasten „ für Schnell-Leser ": „Zur Info: Die S. E. sind auf dem Wahlvorschlag des Konzernbetriebsrats der ... bereits mit einem Kollegen vertreten. Durch seinen Listenplatz 3 hat B. H. die besten Chancen, uns im ...-Aufsichtsrat zu vertreten." Durch diese Information und die Nennung des Wortes „ bereits " sei der Eindruck entstanden, dass diese Liste nicht gewählt werden brauche, weil Herr H. ohne Zutun der S.-Werke -Wähler die beste Chance habe, in den Aufsichtsrat zu gelangen. Dementsprechend lege der Text in diesem Kasten nahe, dass auf jeden Fall die Liste SWE gewählt werden solle. Das Mitarbeitermagazin werde auf Kosten der S. E. AG erstellt, gedruckt und bei deren Mitarbeitern verteilt.

Rechtzeitig vor der Wahl sei bei der S. E. AG ein Wahlplakat in DIN A3-Format mit Hochglanzpapier und farbiger Gestaltung ausgehängt worden. Abgebildet gewesen seien die vier Kandidaten der Liste 3 SWE . Auf dem Plakat habe sich die Aufforderung „ S.-Werker geht wählen " und u. a. die Aufschrift befunden: „Liste des Betriebsrats der S. E. AG für die ...-Aufsichtsratswahlen 2009". Unten rechts auf dem Plakat sei als Impressum „ S. E." angebracht gewesen. Ein Hinweis auf die weiteren Listen zur Aufsichtsratswahl habe hingegen gefehlt. Dieses Plakat sei auf Kosten bzw. mit Mitteln der S. E. AG hergestellt und gedruckt sowie vervielfältigt und verteilt worden. Allerdings sei das vorstehend erwähnte Plakat kurze Zeit später dahingehend abgeändert worden, dass anstelle des Satzes „Liste des Betriebsrats" auf dem ansonsten unveränderten Plakat nunmehr formuliert worden sei: „ Die Arbeitnehmer der S. E. AG gehen mit eigener Liste in die Wahl zum Aufsichtsrat der ... ". Auch dieses Plakat sei auf Kosten und mit Mitteln der S. E. AG gedruckt, vervielfältigt und verteilt worden.

In dem von der S. E. AG betriebenen Intranet sei bis zum 29. Oktober 2009 in der Rubrik Infothek unter „ News " eine Seite „S.-Werker geht wählen!" abrufbar gewesen. Dort seien die drei Listen aufgeführt und zur Liste 3 Kennwort SWE mitgeteilt worden: „Die Liste 3 ist unsere Liste. Auf dieser Liste stellt sich unsere Listenführerin L.-L. zur Wahl. Die Wahl der Liste „SWE" ist die einzige Chance, entsprechend unserer Stärke und Bedeutung im Aufsichtsrat vertreten zu sein. Je höher die Wahlbeteiligung, desto größer die Chance, mehr als nur eine Vertreter/in in den Aufsichtsrat der ... zu entsenden. Dazu brauchen wir eine möglichst hohe Wahlbeteiligung - nutzt die Chance zur Stimmabgabe und wählt die Liste „SWE"! Damit schafft ihr die Voraussetzungen für ein stärkeres Mitspracherecht" .

Schließlich habe die S. E. AG darüber hinaus ihren sämtlichen Mitarbeitern zusammen mit der im Oktober versandten Gehaltsabrechnung einen Flyer übersandt. Auf diesem Faltblatt sei - wie schon bei den beiden oben erwähnten Wahlplakaten - unter der Überschrift „S.-Werker geht wählen!" erklärt worden: „Die Arbeitnehmer der S. E. AG gehen mit eigener Liste in die Wahl zum Aufsichtsrat der ...!" Im Innenteil dieses Flyers habe es darüber hinaus geheißen: „Die SWE geht mit eigener Liste in die Wahl zum Aufsichtsrat der .... Unser gemeinsames Ziel: Mindestens zwei SWE-Vertreterinnen in den Aufsichtsrat! " sowie der Hinweis, dass von den drei Listen diejenige mit dem Kennwort SWE „ unsere Liste" sei und Frau L.-L. „ unsere Listenführerin". Schließlich heiße es am Ende des Flyer-Textes: „Deshalb sollte sich jede/r Einzelne bei der Wahl zum Aufsichtsrat der ... engagieren und seine/ihre Stimme den S.-Werken geben".

Die Antragsteller sind der Ansicht, in der geschilderten Art und Weise habe die S. E. AG der Liste SWE vielfältige und massive Unterstützung gewährt. Die S.-Werke hätten der Liste SWE den Wahlkampf praktisch finanziert, Plakate gedruckt und verteilt, die Mitarbeiterzeitung habe irreführende Werbung zur Verfügung gestellt, und im Intranet sei eine ebenso irreführende Werbung entweder aktiv betrieben, zumindest aber geduldet und darüber hinaus durch die Beilegung eines - auch irreführenden - Flyers zu den Lohn- und Gehaltsabrechnungen eine ebenso einseitige wie massive Wahlbewerbung zugunsten der Liste SWE betrieben worden.

Darüber hinaus sei die Wahl ungültig, weil eine sittenwidrige Wahlbeeinflussung durch Irreführungen seitens der Liste SWE stattgefunden habe. Zwar sei es jeder Liste bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat unbenommen, Werbung und Propaganda für die eigene Liste und die eigenen Kandidaten zu machen. Eine unzulässige Wahlbeeinflussung liege jedoch dann vor, wenn sowohl das Wahlgeschehen als auch die konkurrierenden Listen so dargestellt würden, dass der Wähler über die Alternativen und Möglichkeiten zur Wahl regelrecht irregeführt und vorsätzlich verwirrt werde. Dies sei vorliegend seitens der Liste SWE auf das Massivste geschehen in Form der Falschbezeichnung der konkurrierenden Listen in falscher Reihenfolge im Mitarbeitermagazin, durch die Erklärung, dass der Wahlvorschlag vom Betriebsrat stamme, durch die Erklärung, dass die SWE mit eigener Liste in die Wahl gehe, durch die Erklärung, dass die Stimme „den S.-Werken" gegeben werden solle, durch die namentliche Hervorhebung der Wahlbewerberin L.-L. in dem von ihr mitverantworteten Mitarbeitermagazin, durch irreführende Informationen über die ohnehin guten Chancen des S.-Werkers H. auf der Konzernliste (für Schnell-Leser), durch die Behauptung, die Arbeitnehmer der S. E. AG hätten einen Wahlvorschlag aufgestellt, durch die Bezeichnung der Liste 3 als „unsere Liste" sowie durch die Erklärung, dass „unser" gemeinsames Ziel die Gewinnung eines weiteren Aufsichtsratsmandates sei. Eine derart geballte Falsch- und Fehlinformation über die drei Listen zur Aufsichtsratswahl, ihre Bezeichnung und ihre Herkunft habe bei den Beschäftigten der S. E. AG den Eindruck erwecken müssen, dass alles andere als die Wahl dieser Liste illoyal sei. Genau diesen Eindruck hätte die Listenvertreter der SWE ja auch - zusammen mit ihrem Arbeitgeber - hervorrufen wollen.

Die Antragsteller beantragen,

die Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat der ...-Gesellschaft mbH vom 27. bis 29.10.2009 für unwirksam zu erklären.

Das beteiligte Unternehmen beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung macht das beteiligte Unternehmen (Beteiligte zu 3.) geltend, in Bezug auf das bei der S. E. AG quartalsweise erscheinende Mitarbeitermagazin „Wir über uns" sei darauf hinzuweisen, dass für die Inhalte dieses Magazins ausschließlich die Arbeitnehmer der S. E. AG verantwortlich seien. Arbeitgeberseitig würden zwar - wie generell üblich - die Kosten des Drucks getragen, jedoch bestehe kein redaktioneller Einfluss auf die Inhalte des Magazins und insbesondere keine Zensurmöglichkeit seitens der S. E. AG . Dass diese im Impressum aufgeführt sei, liege daran, dass nach § 8 des Landespressegesetzes NRW der Herausgeber des Druckwerkes genannt sein müsse. Im Impressum heiße es aber zweifelsfrei „Mitarbeitermagazin" und unter „Redaktion" seien ausschließlich Mitarbeiter aufgelistet (Magazin von Mitarbeitern für Mitarbeiter).

Des Weiteren sei nicht ersichtlich, inwiefern die Darstellungen in dem streitgegenständlichen Artikel über die Aufsichtsratswahl über das Maß zulässiger Wahlwerbung seitens der Arbeitnehmer hinausgegangen seien. Die Bezeichnung der späteren Listen „Konzernliste" und „ÖPNV Kommunal" als Listen „Konzernbetriebsrat" und „EVAG" sei von dem Urheber des Artikels, dem Wahlbewerber K. N. , lediglich deshalb gewählt worden, weil die endgültige Bezeichnung dieser Listen im Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels noch nicht festgestanden habe. Der Artikel sei nämlich bereits vor der offiziellen Bekanntmachung der Wahlvorschläge, die am 04.09.2009 erfolgt sei, bei der Redaktion des Mitarbeitermagazins eingereicht worden. Die Leser des Mitarbeitermagazins hätten lediglich darüber informiert werden sollen, dass - was bereits absehbar gewesen sei - der Konzernbetriebsrat und Mitarbeiter der im Konzern das Geschäft des öffentlichen Nahverkehrs abdeckenden EVAG ebenfalls eine Liste zur Wahl stellen würden. Die Bezeichnung dieser Listen mit „Konzernbetriebsrat" und „EVAG" sei insoweit nicht irreführend gewesen, vielmehr hätten objektiv verständige Leser und insbesondere die Mitarbeiter der S.-Werke die künftigen Listen eindeutig ihren Urhebern zuordnen können.

Ebenso verhalte es sich mit dem Vorwurf, die Listen seien unzulässigerweise in falscher Reihenfolge dargestellt worden. Im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels hätten die jeweiligen Listenplätze noch nicht festgestanden, weshalb die zu erwartende Kandidatenliste im Artikel auch noch nicht nummeriert gewesen seien. Was im Übrigen an der sachlichen Feststellung, dass Herr B. H. mit seinem Platz 3 auf der Konzernliste beste Chancen habe, die Arbeitnehmer der S.-Werke im Aufsichtsrat zu vertreten, wahlbeeinflussend gewesen sein solle, sei nicht zu erkennen. Die Folgerung, mit dieser Tatsachenfeststellung habe der Eindruck erweckt werden sollen, keine Stimme mehr für die Konzernliste abgeben zu müssen, sei abwegig. Genauso gut könne die gegenteilige Auffassung vertreten werden, dass mit diesem Hinweis gerade angeregt werde, die „Konzernliste" zu wählen, weil auf dieser Liste bereits ein S.-Werke -Mitarbeiter ( B. H. ) auf einem aussichtsreichen Listenplatz stehe.

Bei dem Intranet der S. E. AG handele es sich um ein neutrales, vom Arbeitgeber, vom Betriebsrat und allen Arbeitnehmern gemeinsam genutztes Informationsportal. Die Nutzung des Intranets durch Arbeitnehmervertreter verursache diesen keine Kosten und erfolge ohne arbeitgeberseitige Kontrolle oder Einflussnahme. Der streitgegenständliche Artikel zur Aufsichtsratswahl sei von dem Wahlbewerber K. N. verfasst und eingestellt worden. Inhaltlich handele es sich um einen sachlichen Beitrag zur Information der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Nachdem zunächst über alle drei Wahllisten in ordnungsgemäßer Reihenfolge informiert werde, folge der von den Antragstellern gerügte, für die SWE werbende Text, der allerdings weder verfälschende noch beleidigende Inhalte aufweise.

In Bezug auf die Wahlplakate sei zunächst richtigzustellen, dass diese ausschließlich auf Verantwortung der Wahlbewerber der Liste SWE und auf alleinige Kosten der Wahlbewerberin V. L.-L. hergestellt worden seien. Es sei zwar zutreffend, dass auf den ersten Wahlplakaten „Liste des Betriebsrats..." gestanden habe. Dieser Fehler sei aber bereits am ersten Tag des Aushangs des Plakates bemerkt worden. Daraufhin seien alle Plakate unverzüglich eingesammelt bzw. vernichtet worden. Die daraufhin neugedruckten Plakate hätten die zutreffende Bezeichnung „Die Arbeitnehmer der S. E. AG ..." enthalten. Beide Drucke seien von der Wahlbewerberin V. L.-L. allein finanziert worden.

Auch bezüglich der Flyer sei klarzustellen, dass diese ausschließlich auf Verantwortung der Wahlbewerber der Liste SWE und auf Kosten der Wahlbewerberin L.-L. hergestellt worden seien (vgl. Überweisungsbeleg zu der Rechnung). Die Flyer seien den Gehaltsabrechnungen der Mitarbeiter für Oktober 2009 auf alleinige Initiative der Wahlbewerber der Liste SWE und insbesondere ohne Kenntnis oder Initiative des Vorstands der S. E. AG beigefügt gewesen. In diesem Zusammenhang sei von Bedeutung, dass die Beifügung von Informationsblättern aller Art zu den Gehaltsabrechnungen eine absolut übliche Form der Arbeitnehmerinformation bei der S. E. AG darstelle. Beispielsweise seien in der Vergangenheit Broschüren von Versicherungen, Informationen zu Leasing-Fahrzeugen, Flyer zu Betriebsfesten oder ein Informationsblatt der betrieblichen Beratungsstelle „..." der Stadt Essen beigelegt gewesen.

Der Vorstand der S. E. AG habe von diesen Vorgängen im Vorfeld der Aufsichtsratswahl keine Kenntnis gehabt. Sämtliche Maßnahmen des Wahlkampfes einschließlich der Werbemaßnahmen seien allein durch die Vertreter der Liste SWE , insbesondere durch Frau L.-L. , organisiert und verantwortet worden, ohne dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine Abstimmung mit leitenden Angestellten der S. E. AG oder Mitgliedern des Vorstands stattgefunden hätte. Insbesondere sei der Wahlkampf arbeitnehmerseitig ohne jede tatsächliche oder finanzielle Unterstützung durch den Arbeitgeber geführt worden. Der Vorstand der S.-Werke habe das Wahlgeschehen im Bereich des Wahlkampfes nicht näher verfolgt und habe aufgrund der eigenverantwortlichen Organisation der Werbemaßnahmen durch die Wahlbewerber auch keinerlei Kenntnis von den streitgegenständlichen Publikationen in der Mitarbeiterzeitschrift oder im Intranet gehabt. Die Plakat- und Flyer-Werbung seien dem Vorstand wie den eigentlichen Werbungsadressaten erst im Zeitpunkt der jeweiligen Veröffentlichung zur Kenntnis gelangt. Der Vorstand habe sich hier vielmehr ganz bewusst aus dem Wahlkampf herausgehalten, gerade um den Eindruck irgendeiner unzulässigen Wahlbeeinflussung zu vermeiden.

Nicht zuletzt sei der antragstellerseitig in den Raum gestellte Vorwurf von Verstößen zum Nachteil der Konkurrenzlisten „Konzernliste" und „ÖPNV Kommunal" auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil den Vertretern dieser Konkurrenzlisten der Aushang eigener Werbeplakate in den Räumlichkeiten der S. E. AG ermöglicht worden sei. Dies gerade deshalb, um Neutralität zu wahren und Chancengleichheit für alle Wahlvorschläge zu ermöglichen, damit nicht der Eindruck unzulässiger Wahlbeeinflussung entstehe. So hätten ab Oktober 2009 Werbeplakate der „ Konzernliste " mit dem Logo der ... und dem Slogan „Deine Stimme für eine starke Arbeitnehmervertretung, Erfahrung und Kompetenz" bei den S.-Werken ausgehangen. Des Weiteren seien zwei Wahlplakate des Vorschlagsvertreters der Liste „ÖPNV Kommunal" , Herrn D. I. , mit werbenden Angaben (u. a.: „EVAG wählt EVAG") ausgehängt gewesen.

Schließlich habe, selbst wenn man einen Verstoß gegen Wahlvorschriften einmal unterstellen würde - dieser vorliegend keine Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben können (Hinsichtlich der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Antragserwiderung Bezug genommen).

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsprotokolle, jeweils nebst Anlagen, ergänzend Bezug genommen.

Aus den Gründen

B.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

I.

1. Das geltend gemachte Begehren wird von den Antragstellern zutreffend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren verfolgt. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Mitbestimmungsgesetz im Sinne der §§ 2 a Abs. 1  Nr. 3, 2 a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG, da über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat zu entscheiden ist.

2. Das - im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren stets erforderlich und von Amts wegen zu prüfende ( vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 81 Rz. 23 - 32; Bader/Creutzfeld/Friedrich, ArbGG, 4. Aufl.,  § 81 Rz. 4; Hauck/Helml, ArbGG, 3. Aufl., § 81 Rz. 9; Schwab/Weth, ArbGG,  2. Aufl., § 81 Rz. 87 - 96; ArbGV-Koch, 2. Aufl., § 81 Rz. 24 - 28; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 80 Rz. 20 - 22 ) - Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ergibt sich aus § 22 Abs. 1 MitbestG.

3. Die Antragsbefugnis der Antragsteller folgt aus § 22 Abs. 2 Nr. 2 MitbestG.

Nach § 83 Abs. 3 ArbGG ist Beteiligter an einem Beschlussverfahren, wer von der in dem Verfahren ergehenden Entscheidung materiell-rechtlich in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen sein kann ( vgl. BAG vom 25. September 1986 - 6 ABR 68/84 - AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972; BAG vom 11. November 1998 - 4 ABR 40/97 - AP Nr. 18 zu § 50 BetrVG 1972; BAG vom 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - AP Nr. 128 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung; BAG vom 16. Mai 2007 - 7 ABR 63/06 - AP  Nr. 3 zu § 96 a ArbGG 1979 Rz. 11 ). Das Gericht hat in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen, wer Beteiligter im Sinne des § 83 Abs. 3 ArbGG ist ( ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. nur: BAG vom 15. Januar 1992 - 7 ABR 23/90 - AP Nr. 41 zu § 40 BetrVG 1972 ).

Nach den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG waren danach am vorliegenden Verfahren auch die gewählten Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat, die Beteiligten zu 5. bis 14., der Aufsichtsrat selbst sowie das Unternehmen der Arbeitgeberin zu beteiligen ( vgl. BAG vom 27. Januar 1993 - 7 ABR 37/92 - NZA 1993, 949 = AP Nr. 29 zu § 76 BetrVG 1972 = DB 1993, 2030 = EzA § 76 BetrVG 1972 Nr. 14, zu B II 2 der Gründe ). Sie sind durch eine Entscheidung über die Wirksamkeit der Wahl unmittelbar in ihrer Rechtsstellung betroffen.

Gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen insgesamt keine Bedenken.

II.

Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Die Aufsichtsratswahl ist nicht mit Erfolg angefochten worden, denn Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren, die gemäß § 22 Abs. 1 MitbestG zur Anfechtung dieser Wahl berechtigen würden, sind weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

1. Allerdings haben die Beteiligten zu 1.) und 2.) die Aufsichtsratswahl form- und fristgerecht angefochten.

a) Sie gehören zu dem nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 MitbestG anfechtungs-berechtigten Personenkreis. Hiernach sind zur Anfechtung berechtigt der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens oder, wenn in dem Unternehmen nur ein Betriebsrat besteht, der Betriebsrat sowie, wenn das Unternehmen herrschendes Unternehmen eines Konzerns ist, der Konzernbetriebsrat, soweit ein solcher besteht.

b) Die Anfechtungsfrist des § 22 Abs. 2 S. 2 MitbestG ist eingehalten.

Die Vorschrift des § 22 Abs. 2 MitbestG, nach der die Anfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger an gerechnet, zulässig ist, knüpft an die Vorschrift des § 19 MitbestG an. Diese bestimmt, dass das zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugte Organ die Namen der Mitglieder und der Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats unverzüglich nach ihrer Bestellung durch zweiwöchigen Aushang in den Betrieben des Unternehmens bekanntzumachen und im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen hat. Diesen Erfordernissen genügt die im elektronischen Bundesanzeiger vom 03.12.2009 unter Bezugnahme auf § 19 MitbestG erfolgte Bekanntmachung.

Der Antragsteller zu 1.) hat die Wahl mit seinem am 30.11.2009, der Antragsteller zu 2.) mit seinem am 14.12.2009 bei Gericht eingegangenen Antrag angefochten, so dass die Wahlanfechtung fristgerecht erfolgt ist.

2. Nach § 22 Abs. 1 MitbestG kann die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds oder eines Ersatzmitglieds der Arbeitnehmer angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Dabei sind als wesentlich alle zwingenden Vorschriften anzusehen, bloße Ordnungsvorschriften oder reine Soll-Vorschriften dagegen nicht.

Auf einen derartigen Anfechtungsgrund können sich die Antragsteller im Streitfall nicht berufen. Entgegen der Annahme der Antragsteller haben weder das beteiligte Unternehmen noch die Vertreter der Liste SWE gegen das Verbot unzulässiger Wahlbeeinflussung verstoßen.

a) Noch zutreffend sind die Antragsteller davon ausgegangen, dass das Unternehmen, vertreten durch seine Geschäftsführer, anlässlich der Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat zur Neutralität verpflichtet ist ( vgl. Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge, Mitbestimmungsrecht, 3. Aufl. § 20 MitbestG Rz. 32; MünchKommAktG/Gach, 2. Aufl., § 20 MitbestG Rz. 13; Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 2. Aufl. § 20 Rz. 21; GroßKommAktG/Oetker, 4. Aufl., § 20 MitbestG Rz. 13) . Das ergibt sich zum einen daraus, dass die zu wählenden Aufsichtsratsmitglieder das Vertretungsorgan zu überwachen haben und es mit dieser Funktion nicht zu vereinbaren wäre, wenn das zu kontrollierende Vertretungsorgan Einfluss auf die Auswahl seiner Kontrolleure nehmen dürfte. Zum anderen liegt nach dem MitbestG und den zu diesem erlassenen Wahlordnungen die Leitung und Durchführung des Wahlverfahrens allein in der Hand der Arbeitnehmer-Seite, und dieses soll zur Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern führen, die gerade aus der Arbeitnehmer-Perspektive über die Wahrung des Unternehmensinteresses durch das Vertretungsorgan wachen sollen. Hiermit wäre es nicht vereinbar, wenn dieses Organ durch Werbung am Wahlkampf teilnehmen und kraft der Autorität, die es als oberster Vorgesetzter der Arbeitnehmer genießt, deren Stimmverhalten beeinflussen dürfte ( vgl. Wlotzke/Wißmann, a.a.O., § 20 MitbestG Rz. 32 ). Auch eine finanzielle Unterstützung der Wahlwerbung einer bestimmten Vorschlagsliste durch das Unternehmen, dessen Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat gewählt werden, ist verboten.

Die Wahlbeeinflussung ist auch dann verboten und begründet die Anfechtung der Wahl, wenn sie unabsichtlich erfolgt. Nicht erforderlich ist, dass der Fehler bewusst und gewollt herbeigeführt wird. Es reicht aus, dass sich der Handelnde darüber bewusst ist, dass er einen an der Wahl Beteiligten begünstigen oder benachteiligen will.

b) Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die von den Antragstellern behauptete tatsächliche und finanzielle Unterstützung einer Vorschlagsliste nicht etwa durch die Geschäftsführer der ...-Gesellschaft mbH - des Unternehmens also, zu dessen Aufsichtsrat die fragliche Wahl stattgefunden hat - erfolgt sein soll, sondern durch die Geschäftsführer eines konzernangehörigen Unternehmens, dessen Arbeitnehmer an der Wahl teilgenommen haben.

Allerdings richtet sich das Verbot der Wahlbeeinflussung nach wohl h. M. gegen jedermann und gilt daher nicht nur für das Vertretungsorgan desjenigen Unternehmens, dessen Aufsichtsrat zu wählen ist, sondern auch für die Vertretungsorgane aller anderen in das Wahlverfahren einbezogenen Unternehmen ( vgl. Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 2. Aufl.  § 20 Rz. 21 ). Auch insoweit treffen die vorstehend angeführten Erwägungen zu (vgl. II 2 a der Gründe).

§ 20 Abs. 2 MitbestG hindert das Unternehmen jedoch nicht daran, die Belegschaft in sachlicher Art und Weise über Anlass und Bedeutung der Wahl sowie den Ablauf des Wahlverfahrens zu unterrichten und dabei für eine Beteiligung an der Wahl zu werben ( vgl. Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, 2. Aufl. § 20 Rz. 21; Wlotzke/Wißmann, a.a.O., § 20 MitbestG Rz. 36 ).

c) Nach diesen Grundsätzen hat sich vorliegend eine unzulässige Wahlbeeinflussung seitens der Vertretungsberechtigten der S. E. AG nicht feststellen lassen. Soweit die Antragsteller behauptet haben, die S. E. AG hätten der Liste SWE finanzielle Unterstützung gewährt, indem die Wahlplakate dieser Liste auf Kosten bzw. mit Mitteln der S. E. AG hergestellt, gedruckt sowie vervielfältigt und verteilt worden seien, ist diese Behauptung nachweislich falsch gewesen. Die Antragsgegner haben vielmehr nachgewiesen, dass die Liste SWE ihre Wahlplakate auf eigene Kosten und auf eigene Rechnung hat herstellen und drucken lassen und dass die Listenführerin dieser Liste, Frau L.-L. , die diesbezüglich von dem beauftragten Unternehmen erstellte Rechnung auch per Überweisung persönlich beglichen hat. Entsprechendes gilt für die von der Liste SWE hergestellten Broschüren („ Flyer "), auch insoweit hat nachweislich die Listenführerin V. L.-L. die durch die graphische Erstellung und den Druck entstandenen Kosten selbst getragen.

d) Eine unzulässige Wahlbeeinflussung vermag die erkennende Kammer auch nicht darin sehen, dass die fraglichen Broschüren („ Flyer ") den Arbeitnehmern der S. E. AG zusammen mit den Gehaltsabrechnungen des Monats Oktober 2009 übersandt worden sind. Insoweit ist zuletzt unstreitig gewesen, dass die Beifügung von Informationsblättern aller Art zu den Gehaltsabrechnungen eine übliche Form der Arbeitnehmerinformation bei der S. E. AG darstellt. So sind in der Vergangenheit beispielsweise Borschüren von Versicherungen, Informationen zu Leasing-Fahrzeugen, Flyer zu Betriebsfesten oder ein Informationsblatt der betrieblichen Beratungsstelle „..." der Stadt Essen den Gehaltsabrechnungen beigefügt gewesen.

Die Nutzung von Kommunikationswegen wie Hauspost und Mitarbeiterzeitung muss vielmehr stattfinden dürfen, um die Wähler erreichen zu können, weshalb Arbeitgeber Wahlwerbung gerade zulassen und dulden müssen ( vgl. Wlotzke/ Wissmann, MitbestG § 20 Rz. 15 ). So ist anerkannt, dass wenn in einem Unternehmen ein internes Postsystem („Hauspost") besteht, zur Verteilung von Wahlwerbung auch dessen Nutzung zu gestatten ist, soweit dies nicht für den Arbeitgeber mit einem - wegen leichter Zugänglichkeit anderer Verteilungswege - unzumutbaren Aufwand verbunden ist; die Nutzung der Hauspost kommt danach besonders in stark verzweigten Unternehmen in Betracht.

Insofern kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, dass die Antragsgegner zudem darauf hingewiesen haben, die Nutzung der Hauspost sei auf alleinige Initiative der Wahlbewerber der Liste SWE und ohne Kenntnis oder gar Initiative des Vorstands der S. E. AG erfolgt und dass die Antragsteller Anhaltspunkte tatsächlicher Art aus denen sich ergeben hätte, dass den Vertretungsberechtigten der S. E. AG dieser Vorgang bekannt gewesen wäre oder diesen gar bewusst gewesen wäre, die Liste SWE hierdurch begünstigen zu wollen, nicht haben vortragen können.

e) Eine unzulässige Wahlbeeinflussung ist auch nicht in dem im Mitarbeitermagazin der S. E. AG „Wir über uns" erschienenen Artikel zu sehen.

Wie sich bereits aus dem Impressum des Magazin „Wir über uns" ergibt, handelt es sich um ein Mitarbeitermagazin, dessen Artikel - soweit sie nicht mit Namen gekennzeichnet sind - die Meinung der Redaktion - und nicht die des Arbeitgebers - wiedergeben. Zur Redaktion dieses Magazins gehören u. a. Frau L.-L. und Frau C. N. , die beide bekanntermaßen für die Liste SWE kandidiert haben. Den in Frage stehenden Artikel hat der Wahlbewerber K. N. verfasst. Anhaltspunkte dafür, dass die S. E. AG irgendeinen redaktionellen Einfluss auf die Inhalte dieses Magazins - und hier insbesondere auf den betreffenden Artikel - gehabt oder genommen hätten, haben die Antragsteller nicht vortragen können.

f) Schließlich ist eine unzulässige Wahlbeeinflussung seitens der S. E. AG auch nicht in dem Artikel „S.-Werker, geht wählen!" zu sehen, der ins Intranet der S. E. AG eingestellt war. Dem fraglichen Artikel ist ohne weiteres zu entnehmen, dass dieser von einer Arbeitnehmergruppierung ins Intranet gestellt worden ist, die die Wahl der Liste SWE befürwortet und unterstützt hat. Anhaltspunkte oder Hinweise dafür, dass die gesetzlichen Vertreter der S. E. AG irgendeine Einflussnahme oder Kontrolle hinsichtlich des Einstellens dieses Artikels ins Intranet der S. E. AG ausgeübt hätten, haben die Antragsteller nicht vortragen können.

Vielmehr ist gerichtsbekannt, dass z. B. im Vorfeld von Betriebsratswahlen Arbeitgeber in ganz Deutschland, soweit für ihr Unternehmen ein Intranet zur Verfügung steht, es Wahlbewerbern bzw. Gruppierungen von Wahlbewerbern gestatten, sich zum Zwecke der Wahlwerbung des Intranets des betreffenden Unternehmens zu bedienen. Dies ist auch in Rechtsprechung und Rechtslehre allgemein anerkannt ( vgl. zur Betriebsratswahl: ArbG Frankfurt a. M. vom 22. Januar 2003 - 9 Ca 5820/02 - RDV 2004, 179; ArbG Brandenburg vom 01. Dezember 2004 - 3 Ca 1231/04 - dbr 2005, Nr. 11, 38 = RDV 2005, 275; OVG NRW vom 10. November 2005 - 1 A 5076/04. PVL - PersV 2006, 138 = ZfPR 2006, 41 ).

Dem Vorwurf der Antragsteller, die S. E. AG habe durch ihr Verhalten die Wahl der Arbeitnehmervertreter zum Aufsichtsrat beeinflusst, indem sie der Liste SWE das hausinterne Intranet zum Zwecke der Wahlwerbung zur Verfügung gestellt habe, liegt die zutreffende Rechtsauffassung zugrunde, dass das Unternehmen sich in Bezug auf Wahlen der Arbeitnehmer zum Aufsichtsrat grundsätzlich neutral zu verhalten hat und insbesondere nicht einer Liste Vorteile gewähren darf, die sie einer anderen Gruppierung versagt. Die S. E. AG hat indes durch ihr Verhalten vor der Wahl nicht gegen ihre Neutralitätspflicht verstoßen; insbesondere hat sie der Liste SWE keine Nutzung ihres Intranets genehmigt, die sie nicht auch - wäre dies begehrt worden - den beiden anderen Listen genehmigt hätte. Darin, dass Letztere diese Präsentationsform nicht genutzt haben, liegt keine Bevorzugung der Liste SWE seitens der S. E. AG . Insoweit ist unstreitig gewesen, dass die beiden anderen Listen bis zur Wahl bei den S.-Werken keinen entsprechenden Antrag gestellt hatten.

Aus dem Vortrag der Antragsteller ergibt sich auch nicht, dass die S.-Werke einen entsprechenden Antrag, wäre er denn gestellt worden, abgelehnt hätten. Vielmehr ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb die S.-Werke einen entsprechenden Antrag der beiden anderen Listen hätten ablehnen sollen, haben sie diesen doch unstreitig - wie beantragt - den Aushang und das Verteilen entsprechender Wahlwerbung in ihrem Unternehmen gestattet. Entgegen der Annahme der Antragssteller ist es hingegen nicht Aufgabe der S. E. AG gewesen, im Vorfeld der anstehenden Wahlen auf sämtliche an der Wahl teilnehmende Listen zuzugehen und diese zu befragen oder gar zu bitten, ob sie nicht im Intranet und/oder der Mitarbeiterzeitung der S.-Werke eine Präsentation ihrer Listen und deren Ziele vornehmen wollten.

Die Nutzung von Kommunikationswegen wie Intranet, Hauspost und Mitarbeiterzeitung muss vielmehr stattfinden dürfen, um die Wähler erreichen zu können, weshalb Arbeitgeber Wahlwerbung gerade zulassen und dulden müssen ( vgl. Wlotzke/Wissmann, MitbestG § 20 Rz. 15 ). So ist, wie bereits ausgeführt, allgemein anerkannt, dass wenn in einem Unternehmen ein internes Postsystem („Hauspost") besteht, zur Verteilung von Wahlwerbung auch dessen Nutzung zu gestatten ist, soweit dies nicht für den Arbeitgeber mit einem - wegen leichter Zugänglichkeit anderer Verteilungswege - unzumutbaren Aufwand verbunden ist. Entsprechendes gilt für die Einstellung von Wahlwerbung in das im Betrieb vorhandene Intranet. Diese ist durch den Arbeitgeber dann zu ermöglichen, wenn die innerbetriebliche Kommunikation üblicherweise über dieses Medium erfolgt ( vgl. Däubler, AiB 2002, 82, 83; Wlotzke/Wissmann, MitbestG, 3. Aufl., § 20 Rz. 15 ). Die Üblichkeit dieser Kommunikationsform ist dann zu bejahen, wenn sich der Betriebsrat im Verkehr mit den Arbeitnehmern ihrer bedient. Dabei darf den einzelnen Wahlbewerbern bzw. Listen auch eine gewisse Eigenverantwortlichkeit bei der Organisation ihres Wahlkampfes und der Wahl ihrer Kommunikationswege zugemutet werden.

Hingegen wäre insbesondere in unternehmensübergreifenden Wahlverfahren - wie dem vorliegenden - das Verlangen, dass der Arbeitgeber aktiv auf die Vertreter sämtlicher Listen zugehen müsse, um ihnen die unternehmensinternen Medien für Werbemaßnahmen zu eröffnen, realitätsfremd und überzogen. Da es heute bei Wahlen in Unternehmen - sei es zum Betriebsrat, zur Jugend- und Auszubildendenvertretung oder der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat - allgemein üblich ist, dass die Wahlbewerber bzw. die hinter einer Liste stehenden Arbeitnehmer die vorhandene Infrastruktur, wie z. B. Intranet, Kopierer, Schwarzes Brett etc. für ihre Informationen über die Wahl oder für Wahlwerbung nutzen, hätten die Vertreter der beiden anderen Listen, denen bekannt sein musste, dass die S.-Werke über ein eigenes Intranet verfügen, diesen Kommunikationsweg - hätten sie ihn denn beschreiten wollen - auch ohne Weiteres beschreiten können. Hingegen ist eine Wahlbeeinflussung entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht im Ansatz darin zu sehen, dass die S.-Werke nicht ihrerseits auf die Vertreter der beiden anderen Listen zugegangen sind und nachgefragt haben, welche sonstigen Kommunikationswege - abgesehen vom Aushängen von Werbeplakaten am Schwarzen Brett - diese etwa außerdem zu nutzen wünschten und inwiefern die S.-Werke ihnen hierbei behilflich sein könnten.

g) Eine unzulässige Wahlbeeinflussung hat sich schließlich auch nicht dergestalt feststellen lassen, dass die Liste SWE die beiden Konkurrenzlisten etwa durch wahrheitswidrige Propaganda diffamiert hätte.

Die Tatsache, dass die beiden anderen Listen in dem Artikel im Mitarbeitermagazin „Wir über uns" unzutreffenderweise als Listen „ Konzernbetriebsrat " und „EVAG", statt als „Konzernliste" bzw. als Liste „ÖPNV Kommunal" bezeichnet worden sind, hat entgegen der Ansicht der Antragsteller keine wahrheitswidrige Wahlpropaganda der Liste SWE dargestellt. Die Bezeichnung der beiden konkurrierenden Listen ist zwar objektiv unrichtig gewesen, dies beruhte jedoch unstreitig darauf, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels im Mitarbeitermagazin die endgültige Bezeichnung der betreffenden Listen noch nicht festgestanden hat. Im Übrigen ist die Bezeichnung der beiden konkurrierenden Listen in dem in Frage stehenden Artikel auch nicht irreführend gewesen, denn jeder halbwegs vernünftige Arbeitnehmer im Konzernverbund konnte später ohne größere Schwierigkeiten nachvollziehen, dass die vom Konzernbetriebsrat initiierte „Konzernliste" die in dem Artikel als Liste „Konzernbetriebsrat" bezeichnete Liste sein musste, und auch die Identifizierung der als Liste „EVAG" in dem Artikel bezeichneten Liste mit der späteren Liste „ÖPNV Kommunal" lag für einen verständigen, an der Aufsichtsratswahl teilnehmenden Arbeitnehmer auf der Hand - unabhängig davon, ob dem einzelnen Wahlberechtigten dieser Unterschied anhand des ihm vorliegenden Stimmzettels überhaupt aufgefallen sein mag...

Insofern kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, dass selbst wahrheitswidrige Wahlwerbung eines Kandidaten oder einer Liste noch nicht den Begriff der Wahlbeeinträchtigung nach § 20 Abs. 2 MitbestG erfüllt hätte; Voraussetzung wäre vielmehr, dass durch die in Frage stehende Wahlwerbung die Entscheidungsfreiheit der Wahlberechtigten ernsthaft beeinträchtigt worden wäre. Eben dies ist vorliegend jedoch offenkundig nicht der Fall gewesen. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere für den auf der Wahlwerbung der Liste SWE angebrachten Hinweis, dass dies eine von Arbeitnehmern der S. E. AG initiierte Liste zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Beteiligten zu 3) sei, denn dies hat unstreitig den Tatsachen entsprochen.

Soweit die Antragsteller beanstandet haben, auf dem ursprünglich von der Liste SWE ausgehängten Wahlplakat habe sich die Aufschrift „Liste des Betriebsrats der S. E. AG für die ...-Aufsichtsratswahlen 2009" befunden, so haben die Antragsgegner - von den Antragstellern unwidersprochen - darauf hingewiesen, dieser Fehler sei bereits am ersten Tag des Aushangs des Plakates bemerkt worden, und daraufhin seien alle Plakate unverzüglich eingesammelt bzw. vernichtet worden. Die darauf neugedruckten Plakate hätten sodann die zutreffende Bezeichnung „Die Arbeitnehmer der S. E. AG ..." enthalten.

Abgesehen davon, dass für die erkennende Kammer auch insoweit nicht erkennbar ist, inwiefern durch diesen Fehler des Wahlplakats die Entscheidungsfreiheit eines Wahlberechtigten ernsthaft hätte beeinträchtigt sein können, so ist das fehlerhafte Plakat umgehend abgehängt und durch ein neues mit inhaltlich zutreffendem Text ersetzt worden, so dass auszuschließen ist, dass dieser Vorgang irgendeine Auswirkung auf das spätere Wahlergebnis gehabt haben kann.

Ebenso wenig ist aus Sicht der Kammer zu beanstanden, dass auf dem Plakat anschließend der Hinweis „Die Arbeitnehmer der S. E. AG gehen mit eigener Liste in die Wahl zum Aufsichtsrat der ..." gestanden hat, denn diese Aussage ist im Rahmen von Wahlwerbung noch unbedenklich zulässig, wenngleich die Initiatoren der Liste SWE - wie für jeden Arbeitnehmer der S. E. AG , der selbst nicht zu diesen gehörte, auch ohne weiteres erkennbar gewesen ist, nicht - „ die Arbeitnehmer" der S. E. AG gewesen sind, sondern nur die hinter der Liste SWE stehenden Arbeitnehmer der S.-Werke . Insofern ist es auch - anders als die Antragsteller angenommen haben - nicht irreführend gewesen, wenn die Liste 3 in der Wahlwerbung als „unsere Liste" bezeichnet worden ist, denn die Initiatoren der Liste SWE haben für sich ja gerade - und für den Wähler ohne weiteres erkennbar - in Anspruch genommen, die Interessen der Arbeitnehmerschaft der S.-Werke im Aufsichtsrat stärker zur Geltung zu bringen als die beiden konkurrierenden Listen. Wenn die Initiatoren der Liste SWE in der Formulierung ihrer Wahlwerbung dabei auf ein „ Wir-Gefühl " gesetzt haben, um so weite Teile ihrer Wähler, die sie - wohl nicht zu Unrecht - gerade innerhalb der Belegschaft der S. E. AG vermutet haben, hinter sich zu bringen, so ist dies im Rahmen zulässiger Wahlwerbung unbedenklich zulässig.

h) Soweit der Antragsteller zu 2) versucht hat anzunehmen, bei der Einreichung des Wahlvorschlags SWE habe es Unregelmäßigkeiten gegeben, so vermag die erkennende Kammer diese nicht im Ansatz nachzuvollziehen.

Die Zweifel des Antragstellers zu 2) an der Einlassung der Antragsgegner, die Initiatoren der Liste SWE hätten es geschafft, zwischen 14:30 Uhr und 16:15 Uhr insgesamt 116 Stützunterschriften zu sammeln, sind für das Gericht insbesondere dann nicht nachvollziehbar, wenn man berücksichtigt, dass die Kernarbeitszeit der betreffenden Mitarbeiter frühestens um 15:30 Uhr endete, so dass es unter rein tatsächlichen Gesichtspunkten kein größeres Problem sein dürfte, unter rund 300 anwesenden Arbeitnehmern 116 Stützunterschriften zu sammeln. Hierauf kommt es letztendlich jedoch nicht entscheidend an, denn die diesbezüglichen Ausführung des Antragstellers zu 2) sind rein spekulativ und ohne jeglichen Tatsachenhintergrund erfolgt, so dass sich das Gericht diesbezüglich weitere Ausführungen erspart.

Nach alledem konnte der Antrag keinen Erfolg haben.

III.

Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG i.V. m. § 2 a Abs. 1 ArbGG).

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